Erschütternd
Ein neuer HimmelMargit Steinborn widmet sich in ihrem Debütroman dem dunkelsten Teil unseres geschichtlichen Erbes. Ihr historischer Roman erzählt stellvertretend für die unzähligen verfolgten Juden in Deutschland vom ...
Margit Steinborn widmet sich in ihrem Debütroman dem dunkelsten Teil unseres geschichtlichen Erbes. Ihr historischer Roman erzählt stellvertretend für die unzähligen verfolgten Juden in Deutschland vom fiktiven Schicksal der jüdischen Musiklehrerin Hannah Rosenberg. 1939 kann sie nicht mehr länger in ihrer Heimat Berlin bleiben und reist mit ihrer kleinen Tochter Melina nach Würzburg, wo sie bei der Freundin ihrer Nachbarin unterzukommen hofft. Als diese Unterbringung nicht zustande kommt, ist Hannah froh und dankbar auf dem Sandnerhof eine dauerhafte Bleibe zu finden. Während die Welt dank des Verrückten aus Berlin, wie Großvater Friedrich Sandner zu sagen pflegt, aus den Fugen gerät, können Hannah und Melina noch unbehelligt unter dem Schutz des Bürgermeisters auf dem Hof leben. Als dieser stirbt , ist auch der Sandnerhof kein sicherer Ort mehr für die junge Mutter und ihre kleine Tochter, und die beiden verlassen schweren Herzens die Menschen, die ihnen in der Not eine 2. Familie geworden sind. Die Flucht in die Schweiz mißlingt. Geistesgegenwärtig gelingt es Hannah bei ihrer Verhaftung ihre Tochter einem fremden Ehepaar anzuvertrauen, so daß zumindest der kleinen Melina die Deportation nach Auschwitz erspart bleibt. Im 2. Teil des Buches geht es um die Zusammenführung der Familie nach dem Krieg. Jetzt herrscht zwar Frieden, aber der Krieg hat seine Spuren hinterlassen und die Menschen leiden noch jahrelang an den Folgen. Diejenigen, die der Tötungsmaschinerie des NS Regimes entgangen sind, werden die schrecklichen Bilder wohl trotzdem nie mehr vergessen können. Hannah, die den Holocaust knapp überlebt hat, sucht jetzt verzweifelt ihre Tochter. Die Familie Sandner betrauert einen Sohn und wartet sehnsüchtig auf die Rückkehr des anderen.
Margit Steinborn verknüpft immer wieder geschichtliche Eckdaten und historische Figuren in ihrer Geschichte. Auch der Widerstand fordert seine Opfer. Am Ende kennt der Krieg nur Verlierer. Am Anfang war mir der Schreibstil der Autorin etwas zu sachlich. Je tiefer ich jedoch in die Geschichte eingetaucht bin, desto emotionaler wurde auch der Roman. Es ist immer wieder erschütternd mit welcher Abgebrühtheit die Nazis gegen die Juden vorgegangen sind. Eine beschönigende Sprache machte das Grauen nur noch furchtbarer. Ein wenig Hoffnung gab es lediglich durch Personen, die sich selbst in Gefahr brachten um den Juden zu helfen. Dazu gehörten in dieser Geschichte 2 Pfarrer, die sich als Fluchthelfer engagierten und Melina's Vater Peter, der zunächst bei den Nazis Karriere macht und dann aber doch sein Gewissen nicht länger ignorieren kann.
Die Autorin erzählt aus verschiedenen Perspektiven in recht kurzen Kapiteln. Das hat mir gut gefallen.Ich konnte dieses erschütternde Buch zum Ende hin gar nicht mehr an die Seite legen, weil ich mir unbedingt ein Happy End soweit man das in diesem Fall überhaupt sagen kann für Hannah und auch für Melina gewünscht habe. Diese Mutter -Tochter Geschichte macht die Schrecken des Nazideutschlands sehr viel greifbarer als es ein Geschichtsbuch tut und ist auf jeden Fall lesenswert.