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Veröffentlicht am 17.07.2020

Von Verbrechen, Gesetzen und Menschen

Die Elenden / Les Misérables
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Ein Mann wird zu einer Strafe von vier Jahren verurteilt, weil er Brot geklaut hat und dabei eine Scheibe eingeschlagen hat. Das Leben als Galeerensträfling ist hart – mehrmals versucht der Mann namens ...

Ein Mann wird zu einer Strafe von vier Jahren verurteilt, weil er Brot geklaut hat und dabei eine Scheibe eingeschlagen hat. Das Leben als Galeerensträfling ist hart – mehrmals versucht der Mann namens Jean Valjean zu fliehen und wird erwischt. Aus den vier Jahren wird eine Haftstrafe von insgesamt 19 Jahren.

Doch auch nachdem Valjean seine Strafe verbüßt hat, ist er kein freier Mann. Er muss sich an jedem Ort melden, an den er kommt. Seine Papiere brandmarken ihn als gefährlichen Ex-Sträfling. Trotz des Geldes, das er mühsam auf den Galeeren gespart hat, findet er keine Unterkunft und niemand, der ihm etwas zu Essen verkaufen möchte. Erst als er an das Haus des Bischofs Myriel von Digne gelangt, den Valjean durch seine sparsame Lebensweise nicht als solchen erkennt, bekommt er Essen und einen Schlafplatz. Doch Jean Valjean weiß, dass er wieder in die Welt hinaus muss und beschließt, das wenige Silber im Haus des Bischofs zu stehlen.

Valjean, der sein Glück mittlerweile kennen müsste, wenn er versuchte, eine Straftat zu begehen, wird erwischt und wieder in das Haus des Bischofs gebracht. Doch Myriel von Digne reagiert auf Valjeans Diebstahl auf eine Art, die Valjeans gesamtes Leben verändern wird.

»Gegen die Frauen und gegen die Armen, auf denen das Unrecht der Gesellschaft am schwersten lastete, war er stets nachsichtig. ›Die Sünden der Frauen, der Kinder, der Bedienten, der Schwachen, der Elenden und der Unwissenden‹, sagte er, ›sind immer die Schuld der Männer, der Eltern, der Brotgeber, der Starken, Reichen und Wissenden.‹«

Jean Valjean ist einer von jenen, nach denen dieser Roman benannt ist: ›Les Misérables‹ – ›Die Elenden‹. Menschen, die nicht das Glück haben, in ein wohlhabendes Haus geboren zu sein, sondern mit den erdenklich schlechtesten Startbedingungen auf diese Welt kommen, die keine sichere ist. Jean Valjean ist in diesem Strudel, der ihn weiter hinab reißt. Er stahl Brot, wurde zum Sträfling und damit zu einem von der Gesellschaft ausgeschlossenen. Als ein solcher stiehlt er nicht mehr nur Brot, sondern Silber.

»Wenn die Seele in Dunkelheit schmachtet, ist sie der Sünde zugänglich. Nicht der ist schuldig, der die Sünde begeht, sondern der die Finsternis erzeugt hat.«

bookcoverÄhnlich ergeht es den anderen Figuren in Victor Hugos Roman ›Les Misérables‹. Der jungen und schönen Fantine, der frechen und mutigen Eponine, dem kleinen Gavroche. Victor Hugo gelingt es, eine Welt um diese zu erschaffen, die berührt und in der ›die Elenden‹ in all ihrer Menschlichkeit sichtbar werden. Er zeigt sie verstrickt in ihre sozialen Umstände, die sie einengen und denen sie immer wieder bereit sind, etwas Leben abzutrotzen.

Die Zeit, in der der Roman ›Les Misérables‹ ist eine, in der sich ein Umbruch ankündigen will. 1815 setzen die Geschehnisse ein und begleiten die Figuren bis 1832.

»Es war schwer, sich einen herabgekommeneren Menschen als diesen vorzustellen. Er war von mittlerem Wuchse, stämmig, und bei Kräften. Sein Alter hätte man mit sechsundvierzig oder achtundvierzig Jahren angeben können.«

Obwohl mehr als eineinhalb Jahrhunderte vergangen sind, seitdem Hugo diesen Roman veröffentlicht hat, sind die Kämpfe der Protagonisten nicht verstaubt. Er lädt den Leser ein, diese ›Elenden‹ bei dem Versuch zu begleiten, über sich hinauszuwachsen, in einer Zeit, die von Hunger und Armut geprägt war. Eine definitive Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 17.07.2020

Die Sünden der Vergangenheit

Der Besuch der alten Dame
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Wer sich nicht unbedingt freut, dem Ex-Freund oder der Ex-Freundin über den Weg zu laufen, der wird mit Alfred Ill mitfühlen können. Vor allem, wenn der oder die Ex in der Zwischenzeit steinreich geworden ...

Wer sich nicht unbedingt freut, dem Ex-Freund oder der Ex-Freundin über den Weg zu laufen, der wird mit Alfred Ill mitfühlen können. Vor allem, wenn der oder die Ex in der Zwischenzeit steinreich geworden ist und man selbst keinen so luxuriösen Werdegang vorweisen kann.

Der Ort Güllen, in dem Alfred Ill lebt, ist wirtschaftlich am Ende. Doch die Bewohner sind überzeugt, dass finanzielle Hilfe von Alfreds Ex-Freundin, die in ihren jungen Jahren ebenfalls im Ort gelebt hat, ausreichen würde, um wieder in Schwung zu kommen.

Und klingt es dabei nicht nach einer guten Idee, dass Alfred seine ehemalige Verbundenheit zu Claire nutzt – immerhin ist die Trennung lange her –, um die Möglichkeit auf das Geld zu steigern?

»Vom Städtchen her der Bürgermeister, der Lehrer, der Pfarrer und Ill, ein Mann von fast fünfundsechzig Jahren, alle schäbig gekleidet.«

Bei ihren Plänen scheinen die Damen und Herren von Güllen jedoch nicht bedacht zu haben, dass die nun reiche Claire Zachanassian ihren Geburtsort damals nicht ohne Grund verlassen hat.

Und währen die Bewohner von Güllen sich von ihre Beruf finanzielle Mittel erhoffen, hat Claire eigene Vorstellungen davon, wie der Ort wieder blühen könnte. Die Bewohner von Güllen müssen sich der Entscheidung stellen, wie weit sie bereit sind zu gehen.

»Du wolltest, daß die Zeit aufgehoben würde, eben, im Wald unserer Jugend, voll von Vergänglichkeit. Nun habe ich sie aufgehoben, und nun will ich Gerechtigkeit, Gerechtigkeit für eine Milliarde.«

Als Dürrenmatt 1956 ›Der Besuch der alten Dame‹ veröffentlichte, selbst noch in seinen 30ern, war das Stück überaus erfolgreich. Mit dem Untertitel ›Tragische Komödie‹ versehen, verfügt es über beide Elemente. Die Tragik, die sich in der Gestalt von Claires und Ills gemeinsamer Vergangenheit über die Stadt legt, und nur für die beiden wirklich begreifbar scheint. Eine Komik, da die anderen Bewohner Güllens, sich schon an den Gedanken einer Milliarde zu gewöhnen scheinen, bevor die Voraussetzungen dafür geschaffen sind.

Während die Lösung für Güllen zu Beginn des Dramas auf der Hand zu liegen scheint, wird bald deutlich, dass der Ort nicht nur wirtschaftliche Probleme hat. Dürrenmatt denkt seine Stücke und Geschichten strikt zu Ende. Die Wunden und die Schuld seiner Charaktere sitzen tief.

Dürrenmatts Dramen zeichnen sich durch originelle Ideen, Tiefe und Kürze aus. Kaum ein Wort scheint belanglos, alles arbeitet auf den Höhepunkt zu. Auch 30 Jahre nach dem Tod des Schriftstellers überzeugen seine Stücke und sollten unbedingt gelesen werden.

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Veröffentlicht am 17.07.2020

Von einem Jungen ohne Namen

Lodernde Schwingen
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Es gibt Bücher, die gewinnen mich schon nach der ersten Seite für sich. So ging es mir mit ›Goldene Flammen‹ von Leigh Bardugo, das ich in kürzester Zeit verschlungen habe. Auch ›Eisige Wellen‹ habe ich ...

Es gibt Bücher, die gewinnen mich schon nach der ersten Seite für sich. So ging es mir mit ›Goldene Flammen‹ von Leigh Bardugo, das ich in kürzester Zeit verschlungen habe. Auch ›Eisige Wellen‹ habe ich wirklich gerne gelesen, doch hat mich dieser 2. Band der Reihe ›Legenden der Grisha‹ nicht darauf vorbereitet, wie sehr ich den 3. Band mögen würde. Hatte ich schon nach dem 1. Band keine Zweifel mehr daran, dass Leigh Bardugo eine begnadete Schriftstellerin ist, würde ich mittlerweile jedes Buch von ihr ohne zu zögern lesen.

Bardugos Bücher sind düster, ihre Welten voller Gefahren, Geheimnisse und Abgründe. Und in diesem düsteren Setting können nicht nur charmante Nebencharaktere strahlen.

Nachdem 2. Band liegt die Welt der Grisha, wie die Lesenden sie kannten, in Trümmern. Sowohl der Dunkle als auch Alina sind nur knapp ihrem Tod entronnen. Viele andere hatten dieses Glück nicht. Doch während der Dunkle die Zeit danach genutzt hat, um den Thron des Zaren für sich zu beanspruchen, lebt Alina tief unter der Erde, weggesperrt vom Sonnenlicht. Doch Alina hat etwas, das der Dunkle nicht hat: Freunde, die ihr helfen wollen, sich zu befreien.

»Das Ungeheuer heißt Izumrud, und manche sagten, es habe die Gänge unterhalb von Ravka geschaffen. Von einem unersättlichen Hunger getrieben, habe dieser gewaltige Wurm Schlick und Gestein verschlungen, sich immer tiefer gebohrt, bis er zu weit vorgedrungen sei und sich am Ende in der Finsternis verirrt habe.«

Dabei ist Alina Starkov im Besitz zweier Kräftemehrer. Obwohl die junge Frau spürt, dass diese sie verändern und ihr Wunsch, den dritten Kräftemehrer an sich zu bringen, nicht nur positiven Ursprungs ist, kann sie die Suche nicht aufgeben. Auch der Dunkle lässt ihr keine Ruhe, ihr bleibt kaum genug Zeit, ihre Verbündeten um sich zu sammeln.

Doch spätestens nach dem 1. Band ist klar, dass Freunde und Verbündete oft nur schwer von Feinden und Verrätern zu trennen sind. Es gibt wenige, auf die sich Alina glaubt, verlassen zu können, doch diese wenigen haben es in sich. Und hinter den Geschehnissen um Alina wird eine weitere Geschichte in ihren Ansätzen freigelegt: die Geschichte einer Familie, aus der ein Mann wie der Dunkle hervorgehen konnte.

»Er hatte um diesen Thron gekämpft, hatte Hunderte von Jahren gefochten und gedient, um ihn endlich für sich beanspruchen zu können. Ich musste zugeben, dass er wie geschaffen dafür war.«

Wer also wissen will, wie es im Kampf um Ravka weitergeht, wie der Dunkle mit seinem wirklichen Namen heißt und wie ein Prinz, der sein Leben lang keine Not kannte, doch noch lernen muss, was Hunger ist, der sollte den finalen Band der Trilogie der ›Legenden der Grisha‹ unbedingt lesen. Es wird spannend!

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Veröffentlicht am 17.07.2020

Charmante Verbündete und grausame Feinde

Eisige Wellen
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Dass große Macht nicht unbedingt ein bequemes und einfaches Leben mit sich bringt, musste Alina Starkov in der Vergangenheit lernen. Wie schwer und gefährlich es genau werden würde, hätte sie jedoch vermutlich ...

Dass große Macht nicht unbedingt ein bequemes und einfaches Leben mit sich bringt, musste Alina Starkov in der Vergangenheit lernen. Wie schwer und gefährlich es genau werden würde, hätte sie jedoch vermutlich ebenso wenig erwartet wie, dass sie überhaupt über derartige Kräfte verfügte.

Bereits im ersten Band der Grisha-Trilogie ›Goldene Flammen‹ ist es Leigh Bardugo gelungen, eine Welt und eine Geschichte zu erschaffen, die dem Leser den Atem raubt. Wer den ersten Band noch nicht gelesen hat, dem sei empfohlen, dies zu tun, bevor er diese Rezension liest. Es wäre schade, zu viele Details und Wendungen der Geschichte im Vorfeld zu verraten.

Alina Starkov ist noch nicht lange Teil der Grisha, die sich um den Dunklen scharen, als die Regeln und die Welt der Grisha durcheinandergeraten. Jäh wird sie aus dieser besonderen Welt herausgerissen, noch bevor sie richtig darin angekommen war. Doch die Gefahr, die ihr drohte, kommt nicht von außen. Obwohl die Grisha genug Feinde haben.

»Kein Grisha konnte etwas Körperliches hervorbringen; wir konnten kein Leben erschaffen. Trotzdem kam dieses Geschöpf auf uns zu, und die Grisha aus dem Gefolge des Dunklen drückten sich ängstlich gegen die Zimmerwände.«

Auch im zweiten Band der Trilogie schafft es die Autorin, an die Spannung des ersten Bandes anzuknüpfen. Ihre Sprache ist eindringlich, ihre Bilder stark und ihre Helden und Heldinnen facettenreich.

Alina Starkov will zugleich weg von alldem – von Grishas, Magie und der Zarenfamilie – und zu ihnen hin. Sie will ein friedliches Leben führen, ohne Gefahr, mit dem Mann, den sie liebt. Doch sie lernt auf grausame Weise, dass ein solch friedliches Leben für sie nicht möglich scheint. Ganz gleich, wohin sie geht.

»Früher, lange bevor sie die Wahre See befuhren, hatten der Junge und das Mädchen immer wieder von Schiffen geträumt: Schiffe, randvoll mit Geschichten, verzauberte Schiffe mit Masten aus wohlriechendem Zedernholz und mit Segeln aus purem Gold, von Jungfrauen gesponnen.«

So wird Alina Teil eines Kampfes, der älter ist als sie. Sie erlebt die Schrecken Ravkas, die schon viel zu lange andauern und was mit jenen geschieht, die zwischen die Fronten dieses Kampfes geraten.

Bardugos Charaktere sind vielfältig, einzigartig und alles andere als Abziehbilder von Stereotypen. Nicht nur Alinas Feinde haben es in sich – auch ihre Verbündeten müssen sich nicht verstecken.

»Ivan erstarrte, sein Grinsen verflog. Hinter ihm stand ein junger, hochgewachsener Mann, der ungefähr in meinem Alter war, vielleicht ein paar Jahre älter – Strubbelhaare, eine krumme Nase, die bestimmt schon ein paarmal gebrochen worden war.«

Bardugos Roman ›Eisige Wellen‹ ist definitiv nicht nur für eingefleischte Fantasy-Fans ein Muss und vor allem auch für Erwachsene empfehlenswert. So bleibt nach dem zweiten Band der Reihe nun nur noch auf den dritten zu warten, um das große Finale um Ravka zu erleben. Ich bin jedenfalls gespannt.

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Veröffentlicht am 17.07.2020

Die Krähen und ihre toten Götter

Knochendiebin (Die zwölf Kasten von Sabor 1)
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Namen wie ›Scheusal‹, ›Galgenstrick‹ oder ›Stur‹ sind es, die die Angehörigen der Krähen-Kaste tragen. Der einzigen, der zwölf Kasten von Sabor, der kein Geburtsrecht zusteht. Sie sind Geächtete und Vogelfreie, ...

Namen wie ›Scheusal‹, ›Galgenstrick‹ oder ›Stur‹ sind es, die die Angehörigen der Krähen-Kaste tragen. Der einzigen, der zwölf Kasten von Sabor, der kein Geburtsrecht zusteht. Sie sind Geächtete und Vogelfreie, denen man jedes erdenkliche Leid zufügen kann, ohne sich dafür verantworten zu müssen.

Doch zugleich sind sie in diesem Land, in dem seit Generationen eine Seuche wütet, die einzigen, die sich um die Bestattung der von dieser Befallenen kümmern können. Fast jede Krähe in Sabor hat durch die anderen Kasten Angehörige oder Freunde verloren, nur wenige Krähen werden alt.

Doch während die Ausgrenzung der Krähen ebenso fest zu Sabors Gesellschaft gehören wie die Sündenseuche selbst, für die viele die Krähen verantwortlich machen, halten die Krähen fest zusammen. ›Beschütze die Deinen!‹ ist die Regel, nach der sie leben.

»Stur hatte während ihrer sechzehn Lebensjahre viele Lektionen gelernt, meist auf die harte Art: immer die Menge im Blick behalten; immer einen Fluchtweg parat haben; keine Stadt allein betreten.
Und in den Nächten, in denen sie Sünder verbrannten, in den Sandalen schlafen.«

Die junge Hexe und zukünftige Flügelherrin Stur ist alles andere, als auf den Mund gefallen. Weder wenn es darum geht, um Zähne zu feilschen, noch in Bezug auf die Männer ihrer Rotte. Doch plötzlich mit einem Phönix-Prinzen und seinem Habicht-Leibwächter durch das Land zu reisen, um den Prinzen zu schützen, ist selbst für die aufgeweckte Stur Neuland.

Denn während sie sich mit der Frage auseinandersetzen muss, ob sie Mitgliedern der Phönix- oder der Habicht-Kaste trauen kann, die sie und die ihren stets wie Dreck behandelt haben, müssen Prinz und Leibwächter ebenfalls neue Erfahrungen machen. In das Gewand der Krähen gehüllt, spüren sie zum ersten Mal die Ausgrenzung und den Hass der anderen. Müssen mit der Angst leben, die dies erzeugt, und der Ungerechtigkeit.

»Sie konnte nicht sprechen, nickte aber. Habichte baten nicht. Stur wusste nicht, wie sie mit einem umgehen sollte, der es trotzdem tat.«

Während es für den Prinzen Jasimir und seinen Leibwächter Tavin ums Überleben geht, steht für Stur die Zukunft ihrer Kaste auf dem Spiel. Wenn es ihnen gelingt, den Prinzen lebend zu seinen Verbündeten zu bringen, müssen die Habichte zukünftig die Krähen schützen.

Doch diese Abmachung ist alles andere als einfach zu erfüllen. Schienen die Krähen doch bislang vom Glück und den tausend toten Göttern verlassen zu sein.

»Eine Krähe hätte gewusst, wie man sich verhielt. Man ließ die Leute höhnen. Man ließ die Leute fluchen und pöbeln und ging weiter, denn wenn man sich wehrte, mussten auch andere dafür büßen.«

Margaret Owen gelingt es, in ihrem Debüt ›Knochendiebin‹ eine Welt zu erschaffen, die von der ersten bis zur letzten Seite zwingt, den Atem anzuhalten. Das Leben, das die Krähen führen müssen, ist düster und voller Not. Und doch gelingt es den Krähen durch ihren Zusammenhalt untereinander innerhalb dieser Düsternis ein Leben zu führen, das mitreißt. Owens Schreibstil ist eindringlich und lässt nicht nur beim Mammon-Tanz die Nackenhaare zu berge stehen.

Die Sündenseuche ist ein für die Krähen allgegenwärtiges Grauen in Sabor und es bleibt spannend, im zweiten Band der Reihe ›Die zwölf Kasten von Sabor‹ hoffentlich zu erfahren, wie diese einst ihren Anfang nahm.

›Knochendiebin‹ gehört zu jenen Büchern, die nicht nur für Jugendliche geschrieben sind, sondern auch Erwachsene fesseln können. Eine starke, berührende Protagonistin, witzige und kluge Dialoge und eine düstere Welt voller Geheimnisse machen Owens Debüt mehr als lesenswert.

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