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Veröffentlicht am 11.10.2020

Sperrige Erzählform

1000 Serpentinen Angst
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1000 Serpentinen Angst – Olivia Wenzel
Auf der Longlist 2020
Rassismus ist ein großes Thema, das auch immer wieder in Romanform verarbeitet wird. So auch hier: Die Geschichte einer „in der DDR geborenen, ...

1000 Serpentinen Angst – Olivia Wenzel
Auf der Longlist 2020
Rassismus ist ein großes Thema, das auch immer wieder in Romanform verarbeitet wird. So auch hier: Die Geschichte einer „in der DDR geborenen, schwarzen Frau, die in Berlin und New York, in Vietnam und Marokko…“ nach ihrer eigenen Identität sucht und immer wieder auf offenen oder latenten Rassismus stößt.
Der vermutlich eigentliche Grund, warum dieses Buch auf der Longlist gelandet ist, ist weniger die Handlung als vielmehr die Erzählform. Man kann dieses Werk kaum als Roman bezeichnen, denn es besteht aus einer Aneinanderreihung von Erzählschnipseln, Erinnerungsfetzen. Das macht einen sehr innovativen, modernen Eindruck, für den Lesefluss ist es nicht optimal. Es tauchen einige Stilmittel auf, die ich nicht unbedingt verstanden haben, bzw. nicht richtig einordnen konnte. Ich bin allerdings auch kein Leser, der für so etwas viel Geduld aufbringt. Was ich nicht verstehe, überlese ich.
Die Sprache selbst ist sehr direkt und aktuell. Die Autorin lebt in Berlin, man liest die Erlebnisse und die Ausdrucksweise einer Großstädterin. Ich fand das recht authentisch. Im Prinzip ist das Geschriebene auch sehr angenehm und gut zu lesen, wenn es denn nicht ständig auseinandergerupft und durcheinandergebracht worden wäre. Wie ein Puzzle.
Sehr viele der einzelnen erzählten Fragmente fand ich sehr interessant, anstrengend fand ich eher die Art des Erzählens. Der Leser muss sich teilweise mit drei unterschiedlichen Schriftarten (normal, Großbuchstaben, kursiv) gleichzeitig auseinandersetzen. Mir persönlich ist sowas ehrlich gesagt zu mühsam. Gestellte Fragen werden teils nicht beantwortet, teils einfach das Thema gewechselt. Es ist sehr unruhig zu lesen, mit vielen Orts- und Zeitwechseln. Da habe ich irgendwann den Überblick verloren, bzw. fand es dann auch gar nicht so wichtig.
Also insgesamt ein interessantes Werk, nur mit der Erzählform bin ich nicht ganz warm geworden. 3 Sterne.

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Veröffentlicht am 06.10.2020

Die Rakete

Die Erfindung des Countdowns
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Die Erfindung des Countdowns – Daniel Mellem
„Nichts kann rückgängig gemacht werden, was einmal gedacht wurde.“ Dürrenmatt, Die Physiker
Es ist eine spannende und zugleich schwierige Frage in der Wissenschaft. ...

Die Erfindung des Countdowns – Daniel Mellem
„Nichts kann rückgängig gemacht werden, was einmal gedacht wurde.“ Dürrenmatt, Die Physiker
Es ist eine spannende und zugleich schwierige Frage in der Wissenschaft. Wie weit darf man im Namen der Forschung gehen. Was ist ethisch vertretbar?
Daniel Mellem hat sich das Leben und Schaffen Hermann Oberths vorgenommen. Ein genialer Geist im Bereich der Astrophysik. Vordenker und Begründer wichtiger Grundlagen der Raketentechnik. Ein spannendes Fachgebiet. Interessierte sich Hermann vorrangig für eine Rakete zum Zweck einer Mondreise, wird ihm nach und nach klar, dass eine Rakete für Kriegszwecke weitaus mehr internationales Interesse hervorruft. Brisantes Gedankengut, fertig gerade zum Beginn des Zweiten Weltkrieges. Leider leider hat Hermann große Defizite. Zum Einen im emotionalen Bereich (seine Frau Tilla ist zu bemitleiden), zum Anderen ist er nicht fähig, die Gefahren seiner Arbeit vorauszusehen. Er ist total besessen von seiner Rakete und schafft es nicht, auch nur ein kleines bisschen, über den eigenen Tellerrand zu blicken. Und so kommt es, dass das große Dilemma seiner Arbeit, das eigentliche Thema dieses Romans, für Hermann eben überhaupt kein Thema ist. Er macht sich einfach keine Gedanken darüber. In der Realität brandgefährlich, für dieses Buch irgendwie schade.
Wie bereits erwähnt gab es die Person Hermann Oberth tatsächlich. So ist dies vorliegende Buch eine Mischung aus Biografie und Roman. Es sind viele Fakten mit eingeflossen, Lücken wurden mit schriftstellerischer Freiheit gefüllt. Leider gibt es oft ziemlich krasse Sprünge in der Handlung, Hermann hatte eine bewegtes Leben mit vielen Ortswechseln. Offensichtlich hatte der Autor gut damit zu tun, die Fakten der Reihe nach abzuerzählen.
Schriftstellerisch ist das Ganze tatsächlich kein großer Wurf. Die Sprache ist unauffällig, sachlich, ohne schöne Sätze. Das passt aber sehr wohl zum recht spröden Charakter Hermanns und der naturwissenschaftlichen Thematik. Dazu sei angemerkt, dass der Autor selber Physiker ist.
Hermann ist an und für sich einfach kein Sympathieträger. Er ist absolut auf sich selbst und seine Rakete bezogen. Seine Mitmenschen nimmt er teilweise kaum wahr. Auch Politisches scheint ihm nicht wichtig zu sein. Aus der tatsächlichen Vita ist ersichtlich, dass er mit den Nazis liebäugelte, im Roman kommt auch das wieder kaum wirklich zur Geltung. Eben das ist einer meiner Kritikpunkte. Vieles wird doch recht oberflächlich behandelt, die Gesamtzusammenhänge sind schwer zu erfassen. Vermutlich liegt es daran, dass man eben Hermanns Sicht der Dinge erfährt.
Ein interessantes Thema, ein spannender Roman, der sich gut lesen ließ, mich aber kaum bis zum Schluss fesseln konnte. Das große Dilemma, das im Klappentext versprochen wurde, wurde für mich leider praktisch kaum angeschnitten. Viele Sprünge in der Handlung und scheinbar fehlende Informationen ließen die Charaktere blass und nicht stimmig erscheinen. Möglicherweise wäre der Autor mit einer Biographie besser beraten gewesen.
Trotzdem ein lesenswertes Buch, das zu Recherchen anregt und den Horizont erweitert. 3 Sterne.

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Veröffentlicht am 18.09.2020

Schöne Sprache, spärlicher Inhalt

Die Unschärfe der Welt
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Die Unschärfe der Welt – Iris Wolff
Auf der Longlist des Deutschen Buchpreises
Das ist die generationenübergreifende Geschichte einer Familie aus dem Banat (Rumänien) zur Zeit des zusammenbrechenden Ostblocks. ...

Die Unschärfe der Welt – Iris Wolff
Auf der Longlist des Deutschen Buchpreises
Das ist die generationenübergreifende Geschichte einer Familie aus dem Banat (Rumänien) zur Zeit des zusammenbrechenden Ostblocks. Es geht um Liebe, um Freundschaft, Unterdrückung durch das System und um das Schicksal.
Leider hat dieser Roman nur 213 Seiten. Die Autorin hat sich entschieden, jeweils nur Bruchstücke, Fragmente aus den Leben der sieben Personen zu erzählen. Diese Momentaufnahmen sind wunderbar und fesselnd erzählt. Leider wird man, kaum in der jeweiligen Geschichte angekommen, im nächsten Kapitel herauskatapultiert und muss sich in einer neuen Zeit, an einem neuen Ort, auf jeden Fall bei einer neuen Figur zurechtfinden. Ja, es gibt eine Person, die sie alle verbindet, gehören sie doch auch einer Familie an. Über alle von ihnen hätte ich so gerne noch viel mehr erfahren.
Genau so hält Iris Wolff es mit den doch durchaus interessanten politischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten dieser Zeit im Umbruch. Vieles wird angerissen, nichts ausgearbeitet.
Ich finde das sehr schade, denn das Thema hätte riesiges Potenzial gehabt, einen Schmöker mit mindestens 600 Seiten zu füllen. So bleiben mir leider sowohl die Umstände als auch sämtliche Figuren fremd.
Die Geschichte war für mich sehr unruhig. Ein ständiger Wechsel von Personen, riesige Zeitsprünge, viele fesselnde Handlungen, die einfach nicht zu Ende erzählt werden.

Die Autorin legte wohl Wert darauf, sich von der Masse der Romane abzuheben. Und das tut sie. Zum einen in der Erzählform, wie oben aufgeführt. Aber auch die Sprache ist außergewöhnlich. Mir persönlich hat sie gut gefallen, man könnte sie aber auch gezwungen poetisch, überladen finden. Ich mochte diese Sprache gerne, diese genauen Beschreibungen von Natur und Gefühlen. Als würde man mit allen Sinnen lesen. Nur leider kann mich das nicht vom lückenhaften Inhalt ablenken.

Sprachlich hat mir dieser Roman sehr gefallen, leider finde ich diese Erzählform inhaltlich alles andere als befriedigend. Insgesamt reicht es bei mir deshalb nur für 3 Sterne.

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Veröffentlicht am 30.08.2020

Trotz seiner Tiefsinnigkeit recht oberflächlich

Es war einmal ein blauer Planet
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Lelord - Es war einmal ein blauer Planet

Die Geschichte an sich ist eine Dystopie. Die Erde wurde vor Generationen nach einer Atomkatastrophe praktisch unbewohnbar zurückgelassen. Robin lebt in einer ...

Lelord - Es war einmal ein blauer Planet

Die Geschichte an sich ist eine Dystopie. Die Erde wurde vor Generationen nach einer Atomkatastrophe praktisch unbewohnbar zurückgelassen. Robin lebt in einer Weltraumkolonie auf dem Mars, die von der künstlichen Intelligenz Athena geführt wird. Nun wird er auf eine Mission zur Erde geschickt. Geplant ist eine Rückkehr in die Heimat. Dort lernt er verschiedene indigene, sehr unterschiedliche Gesellschaftsformen kennen und macht sich seine Gedanken darüber. Wie wollen wir leben und welche Form des Zusammenlebens kann auf Dauer überhaupt funktionieren?

Ein inspirierendes und nachdenklich stimmendes Abenteuer, das trotz seiner Tiefsinnigkeit ziemlich oberflächlich bleibt.

Lelord hat um schöne, berechtigte Gedanken gewaltsam eine dünne Geschichte gezimmert. Manche Wendungen kommen dann doch eher mit der Brechstange. Natürlich darf eine unmögliche Liebesgeschichte nicht fehlen.

Das Ganze ist wirklich sehr nett zu lesen, wahrscheinlich liegt mir diese Art von Büchern einfach nicht. Ich fand es auch nicht wirklich spannend, es überwiegt oberflächliches Geschwurbel. Man muss es wohl als psychologische Gedankenspiele, eingebettet und übertragen in ein Abenteuer im Stil des kleinen Prinzen von Saint Exupery lesen.

Mich konnte Lelord damit nicht ganz überzeugen.

3 Sterne


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Veröffentlicht am 20.07.2020

Drei Leben

Drei Leben lang
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Drei Leben lang – Felicitas Korn
Drei Leben, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Da ist der 14-jährige Michi, der sich nach dem Unfalltod der Eltern um seine kleine Schwester kümmern muss und alles ...

Drei Leben lang – Felicitas Korn
Drei Leben, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Da ist der 14-jährige Michi, der sich nach dem Unfalltod der Eltern um seine kleine Schwester kümmern muss und alles tut, um zu verhindern, dass sie getrennt werden. Dann King, tief im Drogensumpf steckend und ständig in illegale Geschäfte verwickelt. Und Loosi, der gegen seine Alkoholsucht ankämpft und jemanden sucht, den er lieben kann.
Die drei Handlungsstränge laufen getrennt nebenher, bis ganz zum Schluss. Jede dieser Geschichten ist für sich spannend, obwohl mich der ständige Wechsel doch etwas im Lesefluss gestört hat. Alle drei bewegen sich am Rande der Gesellschaft und drohen ständig abzustürzen. Dazu passt die Sprache, die mir persönlich teilweise etwas zu derb war, aber natürlich absolut authentisch zu einem Drogensüchtigen passt. So ist das Ganze durchaus gut geschrieben und der Leser fiebert mit, ob die Protagonisten die Kurve kriegen. Ab der Mitte des Romans fragt man sich aber dann doch, wie denn das wohl alles zusammenhängen mag.
Tatsächlich wird erst im Epilog aufgeklärt, wie diese drei Leben zusammenhängen. Und auch dann musste ich dieses abschließende Kapitel, gerade dreieinhalb Seiten lang, zweimal lesen, um zu verstehen, was da offenbart wird. Dann ist es tatsächlich ein Knaller, der den ganzen Roman in neuem Licht erscheinen lässt. Es ist eines jener Bücher, die den Leser weniger während der Lektüre beschäftigen als vielmehr hinterher. Nach Beendigung des Romans begann mein Gedankenkarussel zu kreisen und ich rekapitulierte die komplette Handlung noch einmal. Wirklich berührend und ergreifend, aber erst im Nachgang. Tatsächlich kam mir diese Auflösung etwas zu spät. Ein bisschen fühle ich mich an der Nase herumgeführt, obwohl die Konstruktion dieses Werkes eigentlich doch ziemlich genial ist.
Insgesamt ein toller Roman, der mich persönlich aber trotzdem nicht ganz überzeugen konnte. Ich hätte mir gewünscht, dass man schon etwas früher zumindest eine Ahnung bekommt, worauf die Geschichte hinauslaufen könnte.
3 Sterne

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