Wer die Gefahr unterschätzt ...
Vor dem Abgrund„...Das Ding ist von einer Marktreife soweit entfernt wie die Erde vom nächsten bewohnbaren Planeten...“
Diese Worte von Ayaz fassen das Prüfergebnis der Studenten glasklar zusammen. Was aber war dem ...
„...Das Ding ist von einer Marktreife soweit entfernt wie die Erde vom nächsten bewohnbaren Planeten...“
Diese Worte von Ayaz fassen das Prüfergebnis der Studenten glasklar zusammen. Was aber war dem vorausgegangen?
Wir schreiben das Jahr 2031. Stephanie Ruber hat einen Termin bei Dr. Dr. Ing. Labner an der Universität Wien. Der lässt an ihrer Diplomarbeit keinen guten Faden. Das würde das Ende ihrer wissenschaftlichen Karriere auf dem Gebiet der Robotik und Nanotechnologie bedeuten. Dann macht er ihr erstaunlicherweise ein Angebot, das sie nicht ablehnen kann. Sie soll zusammen mit einem Team die Marktfähigkeit der Nanobots einer japanischen Firma überprüfen.
In den letzten Jahren hatte Stephanie bei unterschiedlichen Gelegenheiten Miriam, Ayaz, Ralph und Steven kennengelernt. Die bilden nun das Team für den Test. Das Ergebnis zeigt das Eingangszitat.
Der Autor hat einen fesselnden Wissenschaftsthriller geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen.
Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Er passt sich gekonnt dem entsprechenden Inhalt an. Die technische Seite der Geschichte wird allgemeinverständlich erklärt, setzt aber, meiner Meinung nach, gewisse Grundkenntnisse in der Informatik voraus, um hinter die Feinheiten der Geschichte zu kommen. Logischerweise dominiert hier ein sachlicher Schriftstil.
Als besonderes Stilmittel gewährt mir der Autor ab und an einen Blick in Ralphs Gedankenwelt. Dies wird kursiv wiedergegeben.
„...Das war unsere Chance! Wir spürten ein Lodern der Begeisterung in uns. Bedenken gab es zu diesem Zeitpunkt keine. Wir waren gierig auf die Perspektive, die sich uns bot. Wir würden Teil der technischen Revolution sein...“
Mit dem Testergebnis verfliegt die Begeisterung, denn eines ist ihnen klar: Schreiben sie die Wahrheit, können sie sich einen neuen Job suchen. Bestätigen sie die Marktreife, dann bekommt der Kunde ein Produkt, dessen Software keinesfalls dem Preis entspricht und gravierende Sicherheitsrisiken aufweist.
Sie finden einen dritten Weg. Sie lassen die Markteinführung zu und bieten kurze Zeit später eine App an, die die Fehler ausbügelt. Noch ahnen sie nicht, auf was für ein Abenteuer sie sich einlassen.
Wichtige Etappen der technischen Entwicklung werden durch Zeitungsberichte unterstrichen. Auch ein reger Mailverkehr an einem Kernpunkt des Geschehens fehlt nicht.
Ab und an trifft ein feiner Humor meinen Nerv als Leser. Dazu gehören Melniks Worte:
„...Sie können alles planen, doch nicht, wann und wie Ihre Mandanten Fehler begehen, um die Sie sich kümmern müssen. Eines habe ich in fünfzig Berufsjahren gelernt: So richtig dampft die Kacke meist am Freitagabend...“
Schön zu lesen, wie sich nach dem Angebot der App in der Öffentlichkeit die Verantwortlichen der Firma gegenseitig die Schuld in die Schuhe schieben. Plötzlich hat es jeder schon gewusst, das die Zeit zu kurz und ein Studententeam für den Test ungeeignet sei. Nur einer findet eine sehr pragmatische Lösung – und damit beginnt der Aufstieg der Studenten.
Die Geschichte dieses Teils endet im Jahre 2042. Es ist spannend, zu verfolgen, wie sich die Protagonisten mit zunehmenden Erfolg auch in ihrer Persönlichkeit ändern.
Gegen Ende unterstützt der Schriftstil den nun rasanten Handlungsablauf.
Im Kopf jeden Kapitels wird der Name des Protagonisten, der Ort, Datum und Uhrzeit genannt. Eingerahmt wird das Ganze mit stilisierten Leitungen.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Das liegt auch an der Ausgewogenheit der Darstellung. Anfangs geht es um die Vorteile der Nanobots, bevor die Handlung kippt. Das folgende Zitat einer der Protagonisten steht ganz am Anfang vor dem ersten Kapitel. Es sollte uns Mahnung sein.
„...Alle streben nach Wachstum. Der Hunger nach mehr ist grenzenlos und es ist offensichtlich, dass diese maßlose Gier, von der unsere Welt getrieben wird, viele für die Realität blind macht. Jedes Wachstum hat Grenzen, natürliche oder künstlich geschaffene. Dort, wo der Ausbreitung keine Grenzen gesetzt werden, spricht man nicht mehr von Wachstum, sondern von Krebs...“