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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.07.2020

Handwerklich gut gemachter, unterhaltsamer Reihenauftakt – lediglich etwas mehr Island-Atmosphäre hätte ich mir noch gewünscht!

Das Netz
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Spoilerfreie Rezension!


Inhalt

Nach einer schmutzigen Scheidung hat Sonja das Sorgerecht für ihren Sohn verloren. Um sich finanziell abzusichern und es wieder zurückzubekommen, ist sie bereit, alles ...

Spoilerfreie Rezension!


Inhalt

Nach einer schmutzigen Scheidung hat Sonja das Sorgerecht für ihren Sohn verloren. Um sich finanziell abzusichern und es wieder zurückzubekommen, ist sie bereit, alles zu tun – auch Drogen zu schmuggeln. 3 Menschen verfangen sich in einem Netz der Kriminalität…

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Band 1 einer Trilogie (Band 2 erscheint im Oktober 2020)
Erzählweise: Figuraler Erzähler, Präteritum
Perspektive: weibliche und männliche Perspektive
Kapitellänge: sehr kurz
Tiere im Buch: - Es werden Hunde vergiftet, ein Tiger wird nicht artgerecht gehalten, eine Fliege stirbt. Zusätzlich wird Fleisch gegessen. Es werden keine Tiere gequält.
Triggerwarnung: Drogen, Alkoholismus, (auch sexualisierte und häusliche) Gewalt, Depression, Folter, Tod von Tieren;

Warum dieses Buch?

Die positiven Rezensionen auf Goodreads haben mich neugierig gemacht. Außerdem liebe ich Island!

Meine Meinung

Einstieg (4 Lilien)

„Die Sorgen und Nöte von damals wirkten in der Rückschau so unglaublich unbedeutend. Seit Sonja in die Falle geraten war.“ E-Book, Position 58

Im ersten Kapitel begleiten wir Sonja bei einem Drogenschmuggel. Man fiebert gleich mit ihr mit und ist gespannt, ob sie erwischt wird. Schon nach wenigen Seiten war ich in die Geschichte eingetaucht.

Schreibstil (5 Lilien ♥)

„Das Wasser spiegelte das Grau des Himmels, kräuselte ihn und warf ihn mit den Wellen hin und her.“ E-Book, Position 1691

Lilja Sigurðardóttirs Schreibstil hat mir sehr gut gefallen! Ihre Sätze haben eine nordische Kühle, die ich mochte, und weisen eine gewisse Komplexität auf, die einem aber kaum auffällt, weil sie so flüssig und angenehm lesbar sind. Die Autorin schreibt relativ schnörkellos und verzichtet großteils auf Metaphern und Vergleiche. Trotzdem gelingt es ihr, anschauliche Formulierungen zu finden und sowohl Spannung zu erzeugen als auch das Innenleben ihrer Figuren sehr greifbar und intensiv zu schildern.

Idee, Inhalt, Themen & Ende (4 Lilien)

„Die Falle, wie sie diesen ganzen Schlamassel im Stillen nannte, war in Wirklichkeit gar keine Falle. Es war ein Netz. Ein Netz, das sich immer weiter zuzog, je verzweifelter sie versuchte, sich daraus zu befreien.“ E-Book, Position 2898

„Das Netz“ ist ein rundum gelungener Krimi-Reihenauftakt, der mich wirklich gut unterhalten konnte und der auch die eine oder andere unerwartete Wendung zu bieten hat. Im Mittelpunkt stehen das Island der Jahre 2010-2011, das tief in der Wirtschaftskrise steckt, und ernste Themen wie Drogenschmuggel, gescheiterte Beziehungen, der Kampf ums Sorgerecht, Alkoholismus und andere menschliche Abgründe. Dieser Krimi geht der Frage nach, warum Menschen in die Kriminalität rutschen und was ihre Motive sind. Deshalb könnte das „Netz“ durchaus auch als tiefgründige Charakterstudie beschrieben werden.

Spannung entsteht durch das Entdecken dieser menschlichen Abgründe und durch das Mitfiebern, ob die Kriminellen wohl erwischt werden. Interessanterweise stellt man sich beim Lesen immer wieder auf die Seite der TäterInnen, weil man sie natürlich kennen und lieben gelernt hat und ihre Notlagen sehr gut verstehen kann. Großartig fand ich auch den Humor, der in einzelnen Momenten durchblitzt – manche Situationen haben mich echt zum Schmunzeln gebracht (vor allem jene mit der Nachbarin, die immer wieder ihren kaputten Computer zu Sonja bringt).

Dass das Buch relativ dünn ist, merkt man ihm vor allem am Schluss an: Dieser ist sehr offen. Alle Erzählstränge hängen in der Luft, enden in einem Cliffhanger. Ich hätte mir hier mehr Antworten und ein runderes, abgeschlosseneres Ende gewünscht, aber auch mit dem vorhandenen kann ich leben. Es macht auf jeden Fall neugierig auf die Fortsetzung, das steht fest!

ProtagonistInnen & Figuren (5 Lilien ♥ & 5 Lilien ♥)

„‘Wir sind alle Raubtiere, auch wenn wir etwas anderes vorgeben.‘“ E-Book, Position 1225

Eine der größten Stärken dieses Krimis sind mit Sicherheit seine liebevoll ausgearbeiteten und interessanten Figuren. Sie sind frei von Klischees und haben nicht diese „typischen“, schon hundertmal gelesenen, sondern erfrischend andere Probleme: Sonja kämpft um das Sorgerecht für ihren Sohn, Agla will sich ihre Bi- oder Homosexualität nicht eingestehen und ist in illegale Bankengeschäfte verwickelt und Bragi leidet darunter, seine demente Frau in ein Pflegeheim gegeben zu haben. Ich habe die drei sympathischen ProtagonistInnen sehr gerne begleitet und mit ihnen mitgefiebert, mitgefühlt und mitgelitten.

Die Nebenfiguren konnten mich ebenfalls durch die Bank überzeugen, auch wenn viele von ihnen nur eine kleine Rolle haben. Besonders gern mochte ich Sonjas patente und beherzte Nachbarin, um die ich sie ehrlich gesagt sogar ein bisschen beneide.

Spannung (4 Lilien) & Atmosphäre (2 Lilien)

Durch die vielen kurzen Kapitel erzeugt dieses Buch von Beginn an ein gewisses Tempo und eine unterschwellige Spannung. Insgesamt habe ich mich von diesem Krimi sehr gut unterhalten gefühlt. Trotzdem kommt die Geschichte ein wenig langsam in Schwung. Etwas mehr Spannung hätte es also durchaus noch sein dürfen.

Hauptsächlich habe ich diese Geschichte ausgewählt, weil sie in Island spielt und weil ich das Lebensgefühl dort und die kühle nordische Atmosphäre sehr schätze. Leider kam im Buch nur wenig Island-Atmosphäre auf. Sicher, das Land und seine Probleme werden immer wieder erwähnt, aber die Geschichte hätte im Prinzip überall spielen können. Hier hätte ich mir schon mehr erhofft.

Feministischer Blickwinkel (4 Lilien)

Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden!
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: Schlam++

Eine feministische Analyse führt bei diesem Krimi zu einem zufriedenstellenden Ergebnis, was vor allem an den starken Frauenfiguren liegt. Das Buch besteht zudem auch problemlos den Bechdel-Test. Gestört haben mich nur vereinzelte Geschlechterstereotypen und dass im professionellen Bereich verhältnismäßig wenige Frauen vertreten waren. Da war noch etwas Luft nach oben.

Mein Fazit

„Das Netz“ ist ein rundum gelungener Krimi-Reihenauftakt, der mich gut unterhalten konnte und der auch die eine oder andere unerwartete Wendung zu bieten hat. Überzeugen konnten mich der schnörkellose, kühle und angenehm lesbare Schreibstil, die liebevoll ausgearbeiteten Figuren und starken Frauen im Buch, der Humor und die ernsten und tiefgründig verarbeiteten Themen. Lediglich etwas mehr Spannung, ein weniger offenes Ende und mehr Island-Atmosphäre hätte ich mir gewünscht. Von mir gibt es für diesen handwerklich wirklich gut gemachten Krimi jedenfalls eine Leseempfehlung!

Bewertung

Idee: 4 Lilien
Inhalt, Themen, Botschaft: 4 Lilien
Umsetzung: 4 Lilien
Worldbuilding: 3,5 Lilien
Einstieg: 4 Lilie
Ende / Auflösung: 3 Lilien
Schreibstil: 5 Lilien ♥
ProtagonistInnen: 5 Lilien ♥
Figuren: 5 Lilien ♥
Spannung: 4 Lilie
Atmosphäre: 2 Lilien
Emotionale Involviertheit: 5 Lilien
Feministischer Blickwinkel: 4 Lilien

Insgesamt:

❀❀❀❀ Lilien

Dieses Buch bekommt von mir vier Lilien!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.05.2020

Solider, unterhaltsamer Spannungsroman mit unerwarteten Wendungen, unheimlicher Atmosphäre und kleinen Schwächen!

Verity
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Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Lowen bekommt die Chance, die Psychothriller der gefeierten Autorin Verity Crawford zu Ende zu schreiben, die seit einem Autounfall im Wachkoma liegt und nicht mehr ansprechbar ...

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Lowen bekommt die Chance, die Psychothriller der gefeierten Autorin Verity Crawford zu Ende zu schreiben, die seit einem Autounfall im Wachkoma liegt und nicht mehr ansprechbar ist. Verity braucht den Job dringend, da sie finanziell in großer Not ist. Doch im Haus der Schriftstellerin scheinen seltsame Dinge zu passieren – oder spielt ihre Fantasie Lowen nur einen Streich? Und ein bei ihren Recherchen gefundenes Tagebuch offenbart Schreckliches…

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband
Erzählweise: Ich-Erzähler, Präsens
Perspektive: weibliche Perspektive
Kapitellänge: kurz bis mittel
Tiere im Buch: + Es wird über den Tod einer Schildkröte gesprochen und Fleisch gegessen. Ansonsten werden keine Tiere verletzt, gequält oder getötet.
Triggerwarnung: Suizid, Tod von Menschen (auch von Kindern), Gewalt gegen Frauen, Blut, eventuell auch Medikamentenmissbrauch (?), Persönlichkeitsstörungen und psychische Krankheiten

Warum dieses Buch?

Zwei Dinge haben mich neugierig gemacht: einerseits der riesige Hype um dieses Buch und die vielen euphorischen Rezensionen und andererseits dass sich hinter diesem rosaroten New-Adult-Cover eine ganz und gar verstörende Geschichte verbergen soll.

Meine Meinung

Einstieg (5 Lilien ♥)

„Die meisten Leute, die nach New York kommen, legen es darauf an, entdeckt zu werden. Wir Übrigen kommen hierher, um uns zu verstecken.“ E-Book, Position 110

Ich habe sehr schnell und ohne Probleme ins Buch gefunden. Bereits das erste Kapitel, in dem Lowen Zeugin eines schrecklichen Unfalls wird, zog mich in seinen Bann, sodass ich unbedingt weiterlesen wollte!

Schreibstil (5 Lilien)

Es war mein erstes Buch von dieser Autorin und ich muss sagen, dass mich der Schreibstil auf ganzer Linie überzeugen konnte. Er ist zwar nicht hochkomplex oder poetisch, aber für einen kurzweiligen Spannungsroman (in diese Kategorie würde ich das Buch einordnen) ist er perfekt geeignet. Colleen Hoover schreibt nämlich unheimlich flüssig und anschaulich, sodass sich das Buch wirklich schnell lesen lässt. Man fliegt nur so durch die Seiten!

„Die linke Seite des Hauses ist von Efeu bewachsen, der hier aber nichts Märchenhaftes an sich hat, sondern so bedrohlich wirkt wie ein langsam wucherndes Krebsgeschwür.“ E-Book, Position 672

Idee, Inhalt, Themen & Ende (4 Lilien)

Da es so einen Hype um dieses Buch gibt, waren meine Erwartungen natürlich sehr hoch. Vielleicht liegt es daran, dass mich die Geschichte zwar gut unterhalten, aber nicht vollkommen begeistern konnte. „Verity“ ist ein solider Spannungsroman, der mit seinen unerwarteten Wendungen und seiner dichten Atmosphäre punkten kann. Besonders die Szenen zwischen Lowen und Jeremy – dieses Knistern zwischen ihnen! – beschreibt die Autorin gekonnt und intensiv. Hier merkt man, dass sie eigentlich aus dem Liebesroman-Genre kommt. Die Liebesgeschichte zwischen Lowen und Jeremy konnte mich auf jeden Fall überzeugen, auch wenn mir das Buch insgesamt (vor allem im Mittelteil) etwas zu viele explizite Sexszenen enthält. Etwas gestört haben mich auch manche Ungereimtheiten, unlogischen Verhaltensweisen der Figuren und Logiklöcher, die in Kauf genommen wurden, um die Geschichte voranzutreiben.

Das Cover ist auf jeden Fall irreführend. Wer normalerweise hauptsächlich im Liebesroman- oder New-Adult-Bereich unterwegs ist, den wird dieses Buch bestimmt verstören und schockieren. Eine abgebrühte Thriller-Liebhaberin wie mich schockt allerdings nichts so schnell! Daher fand ich das Buch auch nicht so verstörend, außergewöhnlich und spannend, wie ich mir das nach den positiven Rezensionen erhofft hatte. Den Hype kann ich also nur bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen. Dennoch ist der Spannungsroman gut gelungen, auch wenn meiner Meinung nach noch etwas Luft nach oben war. Wer ein Buch mit einem ähnlichen Spannungslevel sucht, dem kann ich übrigens „Der Kinderflüsterer“ von Alex North empfehlen!

Themen wie das Leben als AutorIn (inklusive Prokrastination), Selbstzweifel, schwierige moralische Entscheidungen, Liebe, Trauer und alte Wunden aus der Kindheit stehen im Mittelpunkt und werden mit angemessener Tiefe behandelt. Das Buch enthält außerdem auch einige humorvolle Momente, die mich zum Schmunzeln gebracht haben. Das Ende empfand ich als spannend, dramatisch und sehr gelungen. Besonders gut hat mir gefallen, dass es eine gewisse Offenheit aufweist, die Raum für eigene Interpretationen lässt.

Protagonistin (5 Lilien) & Figuren (5 Lilien)

„Viele Autorinnen und Autoren genießen den direkten Kontakt mit ihren Lesern, aber ich bin sozial so unbeholfen, dass ich Angst habe, meine Leser könnten meinen Büchern für immer abschwören, sobald sie mich einmal ‚in echt‘ erlebt hätten.“ E-Book, Position 374

Menschenscheu, emotional kompliziert und sarkastisch – so beschreibt sich die Protagonistin selbst. Schon auf den ersten Seiten wusste ich daher, dass wir zwei Freundinnen werden würden! Lowen ist sehr gut ausgearbeitet und wirkt dreidimensional. Sie ist intelligent und hilfsbereit, aber nicht perfekt, hat Schwächen im Umgang mit anderen Menschen und leidet immer noch unter ihrer schwierigen Kindheit und der unterkühlten Beziehung zu ihrer Mutter. Mir war sie gleich sympathisch und ich habe sie sehr gerne in der Geschichte begleitet, auch wenn sie sich im Laufe des Buches meiner Meinung nach negativ verändert hat. Die Autorin beschreibt ihre Innenwelt (ihre Gedanken und Gefühle) so greifbar und überzeugend, dass ich mich sehr gut in sie hineinversetzen und mit ihr mitfühlen konnte.

Auch die anderen Figuren konnten mich durch die Bank überzeugen, auch wenn viele nur kleine Rollen spielen. Besonders gut gelungen ist meiner Meinung nach Jeremy, ein fürsorglicher, liebevoller Vorzeige-Vater, passionierter Haus- und selbstbewusster Traummann, der Lowen ständig mit leckerem Essen verwöhnt und dessen Charme man auch als LeserIn recht schnell erliegt.

Spannung (4 Lilien) & Atmosphäre (5 Lilien ♥)

„Das Manuskript liegt jetzt schon seit zwei Tagen unangetastet ganz unten in der Schreibtischschublade versteckt. Aber ich spüre, dass es da ist. Es ist, als würde ich es unter den Blättern, zwischen denen ich es begraben habe, leise atmen hören.“ E-Book, Position 1661

„Verity“ ist von einer durchgehenden, unterschwelligen psychologischen Spannung durchzogen. Der Spannungsbogen bricht auch im schwächeren Mittelteil niemals ganz ein, sondern schnellt immer wieder punktuell in die Höhe. Dennoch war meiner Meinung nach vor allem im mittleren Drittel noch Luft nach oben. Die Geschichte konzentriert sich da auf die Liebesgeschichte und plätschert etwas dahin, ohne dass wirklich viel passiert. Mehr Tempo hätte dem Buch an dieser Stelle gutgetan. Das Potential der Geschichte konnte also nicht vollständig genutzt werden. Da es sich aber offiziell um einen Roman handelt, bin ich hier nicht so streng.

Die Atmosphäre im Buch konnte mich hingegen vollkommen überzeugen! Die Autorin weiß das Setting – ein abgeschiedenes, altes, düsteres Haus – perfekt zu nutzen und erzeugt eine unheimliche, beklemmende Atmosphäre. Zudem gibt es einige unerwartete Wendungen und manche gruselige Momente, die einem das Blut in den Adern gefrieren lassen (für alle die das Buch schon gelesen haben: die Bettszene!)!

Feministischer Blickwinkel (4 Lilien)

Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden!
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: Schlam++ (einmal für Frau und einmal für Mann verwendet), Fo+++

Das Buch besteht den Bechdel-Test und hat einige starke, intelligente und erfolgreiche weibliche Figuren zu bieten. Großartig fand ich natürlich, dass hier einmal die Frau die Familie finanziell erhält und dass sich der Vater so engagiert um die Kinder und den Haushalt kümmert und dabei trotzdem als sehr sexy dargestellt wird! Die Denkweise von Verity war mir allerdings manchmal etwas zu unterwürfig und auch die vereinzelten Genderstereotypen („Männer sind so, Frauen sind so“) haben mich gestört. Schade ist auch, dass das Buch nicht ganz ohne gegenderte Beleidigungen auskommt. Trotzdem bin ich insgesamt mit „Verity“ sehr zufrieden und vergebe hier vier Lilien!

Mein Fazit

Meine Erwartungen an dieses Hype-Buch waren sehr hoch. „Verity“ ist ein solider Spannungsroman, der mich zwar gut unterhalten, aber nicht vollkommen begeistern konnte. Ich mochte den unheimlich flüssigen, anschaulichen Schreibstil (man fliegt nur so durch die Seiten!), dieses intensive Knistern und die Liebesgeschichte zwischen Lowen und Jeremy, die humorvollen Momente, die beklemmende, dichte und unheimliche Atmosphäre, die unerwarteten Wendungen, die gruseligen Momente, das interessante Setting, die unterschwellige, psychologische Spannung und die angemessen tiefgründige Behandlung von Themen wie Trauer, Selbstzweifel und Liebe. Auch einer feministischen Analyse hält das Buch stand. Die Figuren sind ebenfalls sehr gut ausgearbeitet und haben glaubwürdige Schwächen. Die Autorin beschreibt die Innenwelt der intelligenten, menschenscheuen, aber sympathischen Protagonistin sehr greifbar und überzeugend. Gestört haben mich manche unlogischen Verhaltensweisen der Figuren und die Logiklöcher. Auch etwas weniger explizite Sexszenen und mehr Spannung hätten es im Mittelteil sein dürfen. Meiner Meinung nach war insgesamt noch Luft nach oben, ich habe mehr erwartet. Den Hype kann ich nur bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen. Wenn ihr hauptsächlich Liebesromane oder New Adult lest, kann ich euch dieses Buch uneingeschränkt empfehlen, wenn ihr aber Thriller-Fans seid, solltet ihr nicht mit zu hohen Erwartungen an „Verity“ herangehen, damit ihr nicht enttäuscht werdet!

Wer ein Buch mit einem ähnlichen Spannungslevel sucht, dem kann ich übrigens „Der Kinderflüsterer“ von Alex North empfehlen!

Bewertung

Idee: 5 Lilien ♥
Inhalt, Themen, Botschaft: 4 Lilien
Umsetzung: 4 Lilien
Worldbuilding: 4 Lilien
Einstieg: 5 Lilien ♥
Ende / Auflösung: 5 Lilien
Schreibstil: 5 Lilien
Protagonistin: 5 Lilien
Figuren: 5 Lilien
Spannung: 4 Lilien
Atmosphäre: 5 Lilien ♥
Emotionale Involviertheit: 5 Lilien ♥
Feministischer Blickwinkel: 4 Lilien

Insgesamt:

❀❀❀❀ Lilien

Dieses Buch bekommt von mir vier Lilien!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.04.2020

Spannender, kurzweiliger Thriller mit Mystery-Elementen und atmosphärischem Setting – perfekt für zwischendurch!

Heimgesucht
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Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Lucas Radcliffe ist Anfang 40 und hat einen Horror-Bestseller geschrieben. Nun steht er unter Druck, einen ebenso erfolgreichen Nachfolger nachzulegen. Um intensiv und ...

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Lucas Radcliffe ist Anfang 40 und hat einen Horror-Bestseller geschrieben. Nun steht er unter Druck, einen ebenso erfolgreichen Nachfolger nachzulegen. Um intensiv und ohne Störungen an seinem neuen Buch arbeiten zu können, mietet er sich in einem abgelegenen Hotel für Schriftsteller in Wales ein. Irgendwann erfährt er, dass der Ehemann der Hausbesitzerin vor zwei Jahren im nahen Fluss ertrunken ist, als er die gemeinsame Tochter retten wollte. Die Leiche des Mädchens wurde allerdings nie gefunden. Im Haus passieren zunehmend rätselhafte und unheimliche Dinge. Lucas will Julia helfen und beginnt, gefährliche Nachforschungen anzustellen...

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband
Erzählweise: Figuraler Erzähler, Präteritum
Perspektive: männliche und weibliche Perspektive
Kapitellänge: kurz bis mittel
Tiere im Buch: Es werden einige bereits tote Tiere beschrieben und einmal wird davon gesprochen, dass ein Mann früher Katzen getötet hat, ansonsten werden im Buch keine Tiere verletzt, gequält oder getötet. Von einer Figur wird eine Katze allein gehalten, allerdings darf diese wenigstens in Freie, weswegen es nicht ganz so schlimm ist. Prinzipiell und besonders für Wohnungskatzen gilt aber: Katzen sind alleine niemals glücklich (sie sind EinzelJÄGER, keine EinzelGÄNGER), sondern sehr einsam und unglücklich. Sie können verschiedene Verhaltensstörungen entwickeln und depressiv und/oder aggressiv werden. Wer seine Katze liebt, schenkt ihr deshalb mindestens einen Gefährten.
Triggerwarnung: Tod von Menschen und Tieren, Alkoholismus, Missbrauch wird angedeutet, Gewalt, Drogenkonsum

Warum dieses Buch?

Der Klappentext hat mich (in Verbindung mit den positiven Rezensionen) so neugierig gemacht, dass ich dieses Buch unbedingt lesen musste!

Meine Meinung

Einstieg (4 Sterne)

„‘Kennst du das nicht? Dieses Gefühl, beobachtet zu werden, aber wenn du dich umdrehst, ist das niemand?`“ E-Book, Position 761

Am Beginn wirkte es kurz, als würde der Einstieg schwierig werden, aber das täuschte! Es dauerte nicht lange, bis ich in der Geschichte angekommen war und das Buch kaum mehr aus der Hand legen konnte.

Schreibstil (4 Lilien)

„Etwas versteckt hinter dem Haus stand ein kleines Cottage, das wie ein schüchternes Kind hinter dem Rockzipfel seiner Mutter hervorschaute.“ E-Book, Position 111

Ich mag den schlanken Schreibstil von Mark Edwards, der niemals weitschweifig ist, denn hier wird auf Nebensächliches und Überflüssiges gänzlich verzichtet! Der Autor schreibt anschaulich und unheimlich flüssig und angenehm lesbar. Ich bin nur so durch die Seiten geflogen! Für einen Thriller ist seine Sprache also perfekt geeignet. Trotzdem hätte ich mir manchmal etwas mehr Tiefe (zum Beispiel bei den Beschreibungen der Landschaft, der Figuren und ihrer Gefühle) und kreativere Satzanfänge (für meinen Geschmack beginnen die Sätze zu oft mit „ich“) gewünscht.

Idee, Inhalt, Themen & Ende (4 Lilien)

„‘Ich habe sie mal gesehen‘, sagte er.
Jetzt wurden die Mädchen neugierig.
‚Hast du nicht‘, widersprach Megan.“ E-Book, Position 2818

Trotz des überzeugenden Klappentextss und der positiven Rezensionen waren meine Erwartungen an das Buch eher niedrig, weil es bei uns noch recht unbekannt zu sein scheint. Vielleicht konnte mich „Heimgesucht“ gerade deshalb so positiv überraschen und mitreißen. Tiefgründige, lebensverändernde philosophische Reflexionen sollte man nicht erwarten, aber wenn ihr der Realität für einige Stunden entfliehen möchtet, dann ist dieses Buch perfekt für euch. Es entwickelt einen richtigen Sog und bietet kurzweilige Unterhaltung für zwischendurch.

Thematisch steht nicht nur die gefährliche Suche nach der Wahrheit im Mittelpunkt, sondern auch Trauer, Familie, Liebe, Selbstzweifel, Bücher und das Leben als Autor (inklusive leidenschaftlichem Prokrastinieren!). Auch alte Legenden (wie die Geschichte von der roten Witwe) und die Macht des Aberglaubens sind ganz zentral. Lange weiß man nicht, ob der Thriller übernatürliche Elemente enthält oder ob es für die seltsamen Vorkommnisse im Haus (singende Stimmen, Türen, die sich nachts öffnen) eine rationale Erklärung gibt, was mir sehr gut gefallen hat. Das Miträtseln hat mir nämlich großen Spaß gemacht. Eine kleine Liebesgeschichte gibt es auch – die fand ich zwar ok, aber mir hätte eine Freundschaft hier eigentlich besser gefallen.

Die Geschichte wird auf zwei Zeitebenen und aus zwei verschiedenen Perspektiven erzählt, wobei sich der Schreibstil spürbar der Sichtweise anpasst. Der Autor überrascht seine LeserInnen mit einigen unerwarteten und kreativen Twists, danach führt er die Geschichte zu einem gelungenen Ende, das mich das Buch mit einer Gänsehaut zuschlagen ließ. Übrigens scheint der Autor auf Facebook und Instagram sehr aktiv zu sein. Seine Figuren hat er interessanterweise nach Fans und LeserInnen benannt, was ich wirklich cool finde.

ProtagonistInnen (4,5 Lilien ) & Figuren (3,5 Lilien)

Das Protagonistenpaar, das aus dem Schriftsteller Lucas und Lily, der verschwundenen Tochter von Julia besteht, hat mir sehr gut gefallen. Beide wirkten auf mich sympathisch, greifbar, lebendig und dreidimensional und ich habe mit ihnen mitgefühlt und mitgefiebert. Lucas habe ich zudem sehr gerne bei seinen gefährlichen Nachforschungen begleitet.

Das Problem „mangelnde Tiefe“ zieht sich allerdings leider durch alle Aspekte des Buches. Auch mit den anderen Figuren bin ich zwar insgesamt zufrieden, da sie gut gelungen und interessant sind, gleichzeitig war aber auch hier noch Luft nach oben. Es hätte den Charakteren sicher gut getan, wenn der Autor noch etwas mehr Zeit und Liebe in ihre Ausarbeitung investiert hätte, anstatt sich hauptsächlich auf die Handlung zu konzentrieren. Etwas mehr Tiefe hätte sie noch dreidimensionaler und das Buch noch besser gemacht.

Spannung & Atmosphäre (5 Lilien ♥)

„Von draußen kroch die Dunkelheit in die Fenster.“ E-Book, Position 159

Die größte Stärke des Thrillers sind mit Sicherheit die durchgehende, teilweise atemlose Spannung – wodurch das Buch zum Pageturner wird! – und die dichte, unheimliche Atmosphäre. Das vage Gefühl, dass etwas nicht mit diesem Haus stimmt, die kleinen Cliffhanger am Ende der Kapitel und die unerwarteten, großartigen Twists haben mich Seite um Seite umblättern lassen und mich auf ganzer Linie überzeugt. Großartig fand ich auch das Setting (abgelegenes Haus in Waldnähe, regnerisches Wetter), das der Autor eindrucksvoll zu nutzen weiß, um uns eine Gänsehaut zu bescheren. Meine Empfehlung: Lest das Buch am besten an regnerischen Tagen und wenn es draußen schon dunkel ist – erst dann entfaltet dieser Thriller sein volles Gruselpotential!

Feministischer Blickwinkel (4,5 Lilien)

Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden!
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: Schlam++, Miststück, Schwa++lu++++++

Einer feministischen Analyse hält dieser Thriller (überraschenderweise, denn ich habe aus irgendeinem Grund ein eher konservatives Buch erwartet) problemlos stand. Er besteht den Bechdel-Test, überzeugt mit vielen starken, intelligenten, selbstbewussten und eigenwilligen weiblichen Figuren, kritisiert Chauvinismus und ist frei von Slut Shaming und großteils auch von Geschlechterstereotypen. Ganz „gechillt“ wird auch über Tampons gesprochen, ohne dass es unserem männlichen Protagonisten plötzlich ganz unangenehm wird, was ich echt erfrischend fand! Getrübt hat die Idylle nur, dass meistens die Mütter beim Kochen oder der Kinderbetreuung gezeigt wurden und dass das Buch leider doch nicht ganz ohne frauenfeindliche Beleidigungen auskommt. Insgesamt hat der Autor aber in „Heimgesucht“ hat der Autor (besonders in Bezug auf das Frauenbild) ziemlich viel richtig gemacht, weswegen ich bestimmt noch mehr von ihm lesen werde!

Mein Fazit

„Heimgesucht“ ist ein Thriller, der mich positiv überraschen konnte. Er entwickelt einen richtigen Sog, sodass ich ihn kaum mehr aus der Hand legen konnte. Thematisch steht nicht nur die gefährliche Suche nach der Wahrheit im Mittelpunkt, sondern auch Trauer, Selbstzweifel und das Leben als Autor. Auch alte Legenden und die Macht des Aberglaubens sind ganz zentral. Lange weiß man nicht, ob der Thriller übernatürliche Elemente enthält oder ob es für die seltsamen Vorkommnisse im Haus (singende Stimmen, Türen, die sich nachts öffnen) eine rationale Erklärung gibt. Das Miträtseln hat mir hier großen Spaß gemacht. Einer feministischen Analyse hält dieser Thriller auch problemlos stand, was unter anderem an den vielen starken, intelligenten, selbstbewussten und eigenwilligen weiblichen Figuren liegt. Vieles an diesem Thriller hat mir sehr gut gefallen: der unheimlich flüssige und angenehme Schreibstil, der wendungsreiche Plot, die sympathischen, dreidimensionalen Protagonist_innen und die interessanten, gelungenen Nebenfiguren. Bei all diesen Aspekten hätte ich mir allerdings mehr Tiefe gewünscht – das hätte das Buch für mich perfekt gemacht. Die größte Stärke des Thrillers sind aber mit Sicherheit die durchgehende, teilweise atemlose Spannung und die dichte, unheimliche Atmosphäre. Das vage Gefühl, dass etwas nicht mit diesem Haus stimmt, die kleinen Cliffhanger am Ende der Kapitel und die vollkommen unerwarteten, kreativen Twists haben mich Seite um Seite umblättern lassen und dieses Buch zu einem Pageturner gemacht. Großartig fand ich auch das Setting (abgelegenes Haus in Waldnähe, regnerisches Wetter), das der Autor eindrucksvoll zu nutzen weiß, um uns eine Gänsehaut zu bescheren. Ich kann euch „Heimgesucht“ daher als kurzweiliges Lesevergnügen für zwischendurch nur empfehlen. Lest das Buch am besten an regnerischen Tagen und wenn es draußen schon dunkel ist – erst dann entfaltet dieser Thriller sein volles Gruselpotential!

Bewertung

Idee: 5 Lilien ♥
Inhalt, Themen, Botschaft: 4 Lilien
Umsetzung: 4 Lilien
Worldbuilding: 4 Lilien
Einstieg: 4 Lilien
Ende / Auflösung: 4 Lilien
Schreibstil: 4 Lilien
ProtagonistInnen: 4,5 Lilien
Figuren: 3,5 Lilien
Spannung: 5 Lilien ♥
Atmosphäre: 5 Lilien ♥
Emotionale Involviertheit: 4 Lilien
Feministischer Blickwinkel: 4,5 Lilien

Insgesamt:

❀❀❀❀ Lilien

Dieses Buch bekommt von mir vier Lilien!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 10.04.2020

Direkte, offene, humorvolle, tabulose Mischung aus Sachbuch und Autobiografie, die einem die Augen öffnet!

Sie hat Bock
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Inhalt

Die Feministin und Autorin stellt weibliches Begehren in den Mittelpunkt und fragt, wie sexistisch unser Sex eigentlich ist.

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband (Sachbuch)
Tiere im ...

Inhalt

Die Feministin und Autorin stellt weibliches Begehren in den Mittelpunkt und fragt, wie sexistisch unser Sex eigentlich ist.

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband (Sachbuch)
Tiere im Buch: ♥ Es werden im Buch keine Tiere verletzt, gequält oder getötet.
Triggerwarnung: sexualisierte Gewalt (u. a. Vergewaltigung), Sexismus, Body Shaming, Suizid (in einem Nebensatz erwähnt)

Warum dieses Buch?

Als Frau und Feministin interessiere ich mich sehr für feministische Literatur, die auf strukturelle Ungerechtigkeiten zwischen Mann und Frau aufmerksam macht und diese diskutiert und kritisiert. Da ich noch kein Buch zum Thema weibliches Begehren gelesen hatte, weckte „Sie hat Bock“ meine Neugier. Gelesen habe ich es vor allem wegen der vielen positiven Buchbesprechungen und weil unter anderem geschrieben wurde, dass jede/r dieses Sachbuch gelesen haben sollte.

Meine Meinung

Einstieg (4 Sterne)

„Weibliche Sexualität als normaler Bestandteil des Lebens scheint in der öffentlichen Wahrnehmung nicht zu existieren.“ E-Book, Position 381

Der Einstieg ins Buch verlief problemlos. Obwohl ich auf den ersten Seiten manchmal bei der Wortwahl der Autorin zusammengezuckt bin, traf sie so oft den Nagel auf den Kopf, dass ich nur still nicken konnte und unbedingt weiterlesen wollte.

Inhalt (4 Lilien)

„Sexualität ist keine Einbahnstraße ohne Anhalte- und Umkehrmöglichkeit. Und doch wird sie allzu oft genau so gelebt und für normal befunden.“ E-Book, Position 1321

In ihrem Sachbuch kombiniert Autorin Katja Lewina auf gelungene Weise Ratgeber, feministisches Manifest und Autobiografie und spricht Dinge aus, die dringend einmal gesagt werden müssen. Sie klärt auf, zitiert Studien, öffnet uns die Augen und berichtet auf beeindruckend direkte und tabulose Weise aus ihrem eigenen Leben. Wo es nämlich Tabus gibt, können Missstände (die gravierend sein können) nicht angesprochen werden. Gerade das ist das Problem, das es im Bereich Sexualität gibt. Der Gender Pay Gap wird in der Gesellschaft mit gewisser Regelmäßigkeit diskutiert und kritisiert, doch wenn es um weibliches Begehren und sexistischen Sex geht, werden Ungerechtigkeiten immer noch totgeschwiegen. Mit diesem Buch bricht Katja Lewina das Schweigen und spricht so unaufgeregt und offen über ihr Liebesleben, dass es einem selbst nach ein paar Seiten ganz selbstverständlich vorkommt!

Die Autorin beschäftigt sich dabei mit vielen verschiedenen Themen (hier ist garantiert für jede und jeden etwas dabei!) wie offene Beziehungen, Verhütung, Jungfräulichkeit, Doppelmoral, Sexismus, Rasierzwang, sexualisierte Gewalt, Victim Blaming und Rape Culture. Dabei werden auf spannende Weise viele Mythen widerlegt. Ich jedenfalls konnte das Buch kaum mehr aus der Hand legen und beim Lesen viel Neues dazulernen – über manche Dinge hatte ich mir bis dahin noch gar keine Gedanken gemacht. Immer wieder dachte ich „Yes!“ und nickte beim Lesen zustimmend mit dem Kopf. Anderes war mir schon vorher bekannt und in manchen Kapiteln hätte die Autorin gerne noch in die Tiefe gehen können. Ich denke deshalb, dass sich dieses Buch besonders gut als Einführungswerk zum Thema „Feminismus und weibliches Begehren“ eignet.

Nur selten konnte ich die Meinung der Autorin nicht teilen: Zum Beispiel ist für mich Prostitution eben keine Arbeit wie jede andere (meiner Meinung wurde das Problem etwas verharmlost) und ein Wunschkaiserschnitt ist nicht „hirnverballert“, sondern in einer Zeit, in der schätzungsweise immer noch die Hälfte aller Gebärenden Opfer von Gewalt unter der Geburt wird, eine legitime Entscheidung, die akzeptiert werden sollte. Durch diese Wahlmöglichkeit können Frauen selbstbestimmt entscheiden, wie sie gebären möchten, und das sollte von FeministInnen doch gutgeheißen werden.

Als Frau wird man zwangsläufig mit Sexismus und Misogynie konfrontiert – ich bin da natürlich keine Ausnahme. Männer werden gefeiert, wenn sie ein selbstbestimmtes, aktives Liebesleben haben, Frauen beschimpft. Sie sind Schlam++, Hu++ oder Dorfmatratzen, ihr Wert wird auch im Jahre 2020 von manchen Leuten immer noch an der Anzahl ihrer LiebhaberInnen bemessen. Von einem jungen Mann in meinem Alter bekam ich zum Beispiel zu hören, dass eine junge Frau, die gerne One-Night-Stands hat, als Mensch wertlos sei. Mir wurde gesagt, dass es Vergewaltigung in einer funktionierenden Ehe nicht gibt (oder wohl eher das sie nicht so genannt werden soll!) und wenn man sich mal in den Kommentarspalten von Zeitungsartikeln umsieht, wenn wieder Vergewaltigungsvorwürfe gegen einen gefeierten Promi auftauchen, steht da nicht: „Was können wir gegen sexualisierte Gewalt tun? Warum wurde er zum Täter?“, sondern „Aber hatte sie einen kurzen Rock an? Warum hat sie so viel getrunken? Wieso musste sie auch durch diese dunkle Gasse gehen? Hat sie ihn nicht vorher in die Wohnung gelassen? Sie hat doch gewusst, was dann passieren würde, oder nicht? Bestimmt wollte sie es doch!“. Und solange Sexismus und Misogynie so weit in unserer Gesellschaft verbreitet sind, brauchen wir Bücher wie „Sie hat Bock“, die Frauen helfen, Mythen von der Wahrheit zu unterscheiden, sich auch sexuell zu emanzipieren und sich nicht mehr so viel gefallen zu lassen! Deshalb ein großes „Danke!“ an Katja Lewina dafür, dass sie dieses Buch geschrieben hat!

„Ich persönlich kenne keine einzige Frau, die von der Verletzung ihrer sexuellen Grenzen verschont geblieben wäre.“ E-Book, Position 1209

Schreibstil & Verständlichkeit (4 Sterne)

„Auf der Straße, in der Koje, bei der Arbeit, selbst auf dem verdammten Kinderspielplatz – als Frau bin ich daran gewöhnt, dass mein Aussehen in jeder Lage ungefragt von Männern bewertet und kommentiert wird. Sie nennen mich Göttin, Abschaum oder irgendwas dazwischen, heben mich hoch oder trampeln auf mir rum […].“ E-Book, Position 1372

Eines kann man mit Sicherheit nicht sagen: dass „Sie hat Bock“ sehr ästhetisch oder poetisch geschrieben wäre. Im Gegenteil, Katja Lewina nimmt kein Blatt vor den Mund, nennt die Dinge beim (oft wenig eleganten) Namen und kennt keine Tabus. Einerseits fand ich ihre offene, schonungslose, direkte, nahbare und lockere Sprache perfekt für dieses Buch. In einer anderen Besprechung wurde geschrieben, dass die Autorin „mit der Faust auf den Tisch haut“ – ich denke, besser kann man den Schreibstil nicht beschreiben. Genau das haben wir alle bei diesem Thema mal gebraucht! Nicht jemanden, der zurückhaltend argumentiert, sondern jemanden, der Augen öffnet und zu den Leuten durchdringt, indem er sagt: „So ist das im Moment und das ist unfair, verdammt noch mal!“

Andererseits war der Schreibstil für mich – eine Liebhaberin von ästhetischer, „schön“ geschriebener Literatur – nach einer Weile etwas anstrengend zu lesen. Ich habe das Buch aber auch an einem Tag durchgelesen, daher mein Tipp: Häppchenweise lesen und sich genügend Zeit nehmen, die Zeilen wirken zu lassen – dann findet man das Buch sicher noch besser.

Humor (4 Lilien)

Auch der Humor, mit dem die Autorin von eigenen Erfahrungen erzählt, konnte mich überzeugen. Auch wenn es nur selten lustige Passagen gibt, haben diese mir dafür immer ein Schmunzeln oder kurzes Auflachen entlockt.

Feministischer Blickwinkel (5 Lilien ♥)

Mit diesem Augen öffnenden, tabulosen Werk über wichtige Themen – weibliches Begehren und sexistischen Sex – hat die Feministin Katja Lewina viel für den Feminismus und somit auch für die Gleichberechtigung getan. Deshalb gibt es hier natürlich auch alle Punkte!

Mein Fazit

In ihrem Sachbuch kombiniert Autorin Katja Lewina auf gelungene Weise Ratgeber, feministisches Manifest und Autobiografie. Sie widerlegt Mythen, zitiert Studien, öffnet uns die Augen und spricht sehr unaufgeregt, offen, humorvoll und tabulos über ihr Liebesleben. Die Autorin beschäftigt sich dabei mit vielen verschiedenen Themen wie Verhütung, Doppelmoral, Sexismus und sexualisierte Gewalt. Ich jedenfalls konnte beim Lesen viel Neues dazulernen. Anderes war mir schon vorher bekannt und in manchen Kapiteln hätte die Autorin gerne noch in die Tiefe gehen können. Ich denke deshalb, dass sich dieses Buch besonders gut als Einführungswerk zum Thema eignet. Nur selten konnte ich die Meinung der Autorin nicht teilen (z. B. was Prostitution und Kaiserschnitt betrifft). Einerseits fand ich ihre offene, direkte und nahbare Sprache perfekt für dieses Buch, andererseits war der Schreibstil für mich als Liebhaberin von ästhetischer, „schön“ geschriebener Literatur – nach einer Weile etwas anstrengend zu lesen. Ich habe das Buch aber auch an einem Tag durchgelesen (ich konnte es kaum aus der Hand legen!), daher mein Tipp: Lieber häppchenweise lesen und sich genügend Zeit nehmen, die Zeilen wirken zu lassen – dann findet man das Buch sicher noch besser. Solange Sexismus und Misogynie so weit in unserer Gesellschaft verbreitet sind, brauchen wir Bücher wie „Sie hat Bock“, die Frauen helfen, Mythen von der Wahrheit zu unterscheiden, sich auch sexuell zu emanzipieren und sich nicht mehr so viel gefallen zu lassen. Damit hat die Autorin viel für den Feminismus und somit auch für Gleichberechtigung getan. Deshalb ein großes „Danke!“ an Katja Lewina dafür, dass sie dieses Buch geschrieben hat! Natürlich gibt es eine uneingeschränkte Leseempfehlung – besonders auch für Männer!

Bewertung

Einstieg: 4 Lilien
Inhalt: 4 Lilien
Verständlichkeit: 5 Lilien ♥
Schreibstil: 4 Lilien
Humor: 4 Lilien
Feministischer Blickwinkel: 5 Lilien ♥

Insgesamt:

❀❀❀❀ Lilien

Dieses Buch erhält von mir vier Lilien!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 04.04.2020

Spannender, wendungsreicher, unterhaltsamer Jugendthriller mit kleinen Schwächen

A Good Girl’s Guide to Murder
1

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Der Schüler Sal hat seine Freundin Andie Bell vor fünf Jahren ermordet, da sind sich alle sicher. Der Fall ist eigentlich schon abgeschlossen, obwohl die Leiche des Mädchens ...

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Der Schüler Sal hat seine Freundin Andie Bell vor fünf Jahren ermordet, da sind sich alle sicher. Der Fall ist eigentlich schon abgeschlossen, obwohl die Leiche des Mädchens nie gefunden wurde. Für Pippa ist Sal aber, seit er sie als junges Mädchen einmal vor ihren Mobbern beschützt hat, ein Held. Sie kann nicht glauben, dass er zu solch einer Tat fähig gewesen wäre. Daher nimmt sie ein Schulprojekt als Vorwand, um den Fall neu aufzurollen und tief darin nach der Wahrheit zu graben. Doch nicht alle wollen, dass diese Wahrheit ans Licht kommt – wie weit sind sie bereit zu gehen, um es zu verhindern?

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Band

1 der Reihe um Heldin Pip; Band

2 ist auf Englisch bereits erschienen (einen deutschen Erscheinungstermin gibt es aber noch nicht), Band

3 und

4 sind laut Recherchen bereits in Planung
Erzählweise: Figuraler Erzähler und Ich-Erzähler, Präteritum und Präsens
Perspektive: weibliche Perspektive
Kapitellänge: lang, jedoch sind die Kapitel noch in weitere kürzere Unterkapitel aufgeteilt
Tiere im Buch: +/- Ein Tier wird als Druckmittel eingesetzt und ein Hund stirbt im Buch bei einem Unfall, ansonsten werden keine Tiere im Buch verletzt, gequält oder getötet, sondern sehr liebevoll umsorgt. Fleisch wird aber gegessen. Außerdem lebt eine Katze in Einzelhaltung. Hierzu ein wichtiger Hinweis: Katzen sind alleine niemals glücklich (sie sind EinzelJÄGER, keine EinzelGÄNGER), sondern sehr einsam und unglücklich. Sie können verschiedene Verhaltensstörungen entwickeln und depressiv und/oder aggressiv werden. Wer seine Katze liebt, schenkt ihr deshalb mindestens einen Gefährten.

Warum dieses Buch?

Dieses Buch hat mich sofort vage an „Sadie“ von Courtney Summers erinnert, einen Jugendroman, den ich absolut geliebt habe und den ich euch nur wärmstens ans Herz legen kann. Der Klappentext klang (in Verbindung mit den vielen positiven Rezensionen) so vielversprechend und spannend, dass ich nicht widerstehen konnte!

Meine Meinung

Einstieg (4 Sterne)

„Obwohl Sal nie eine Chance gehabt hatte, sich zu verteidigen, galt er als schuldig. Nicht im rechtlichen Sinne, aber in jedem anderen, auf den es ankommt.“ E-Book, Position 370

Ich weiß nicht genau, warum ich das erste Kapitel mehrmals angelesen und das Buch dann wieder weggelegt habe. Beim dritten Mal war ich nämlich nach wenigen Seiten in der Geschichte angekommen und gespannt, wie es weitergehen würde.

Schreibstil (4 Lilien)

Mir hat der lockere, humorvolle, lebendige und jugendlich freche Schreibstil von Holly Jackson insgesamt gut gefallen. Die einfache, leicht verständliche, aber trotzdem anschauliche Sprache ist für das jugendliche Zielpublikum perfekt geeignet. Mir persönlich erschien der Schreibstil streckenweise aber leider auch etwas oberflächlich.

Inhalt, Themen & Ende (4 Lilien)

„‘Wenn du rumläufst und gefährliche Fragen stellst, Mädchen, wirst du einige gefährliche Antworten finden.‘“ E-Book, Position 3413

Mit „A Good Girl‘s Guide to Murder” ist Holly Jackson ein runder, unterhaltsamer und wendungsreicher Jugendthriller gelungen, der für Teenager perfekt geeignet ist. Außergewöhnlich und erfrischend fand ich den Aufbau der Geschichte: Diese setzt sich nämlich nicht nur aus klassisch verfassten Kapiteln zusammen, sondern enthält auch Protokolle, transkribierte Interviews, Listen mit Verdächtigen und einzelne Beweisfotos. Da Pippa die neuen Informationen immer in ihren Protokollen zusammenfasst, kam es auch zu einigen Wiederholungen. Das hat mich jedoch nicht allzu sehr gestört, da sich das Buch ja primär an Jugendliche richtet. Diese sind vielleicht gerade dafür dankbar, weil ihnen so auch wirklich keine wichtige Entwicklung entgeht. Aufgrund dieses Aufbaus hat mich das Buch am Beginn stark an „Sadie“ von Courtney Summers erinnert, das ja teilweise aus einem transkribierten Radio-Podcast besteht. Leider reicht „A Good Girl‘s Guide to Murder“ in fast allen Punkten nicht ganz an das Meisterwerk von Summers heran, weswegen ich euch „Sadie“ (das mir das Herz gebrochen hat!) an dieser Stelle noch einmal wärmstens empfehlen möchte.

Holly Jackson spricht in ihrem Thriller ernste Themen wie Drogen, sexualisierte Gewalt, Rassismus, schwierige moralische Entscheidungen, Erwachsenwerden, Trauer und Schuldgefühle an. Streckenweise gelingt es ihr auch, diese Themen tiefgründig zu verarbeiten, manchmal blieb mir die Geschichte aber auch zu sehr an der Oberfläche. Sehr gestört hat mich, dass etwas verschwiegen wurde, um jemanden zu schützen. Jedoch hätte die schützenswerte Person vermutlich gar nicht so viel zu befürchten gehabt und das Opfer der ganzen Angelegenheit hätte es verdient, die Wahrheit zu erfahren und zu sehen, dass es Konsequenzen für die schuldige Person gibt. Hier konnte ich Pip, die ja ihre Werte und Prinzipien immer hochhält, nicht wirklich verstehen. Und an noch einer Stelle fällt die eigentlich intelligente Pip aus der Rolle: Warum müssen sich gegen Ende eines Thrillers die HeldInnen immer sinnlos alleine in Gefahr begeben, obwohl es Leute gibt, die ihnen helfen würden, und obwohl es sehr, sehr gefährlich und folglich auch sehr, sehr dumm ist? Ich kann die Ausreden langsam nicht mehr lesen, die sich ausgedacht werden, damit es am Ende noch einmal spannend wird. Liebe AutorInnen, bitte lasst das doch endlich sein!

Die Auflösung selbst war überzeugend und hielt einige überraschende Twists bereit. Das runde Ende, das alle offenen Fragen klärt, ließ mich zufrieden das Buch zuschlagen. Ob ich die Fortsetzung lesen werde, weiß ich zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht, da für mich die Geschichte eigentlich abgeschlossen ist.

Protagonistin (4 Lilien) & Figuren (4 Lilien)

Die Geschichte heißt „A Good Girl’s Guide to Murder“ – und Protagonistin Pippa ist dieses „brave Mädchen“. Sie ist ein sympathischer, ehrgeiziger, intelligenter Bücherwurm, der sich für Partys nicht interessiert. Mir war Pippa manchmal etwas zu glatt, zu genial und perfekt. Sie hätte noch etwas vielschichtiger und dreidimensionaler sein dürfen. Insgesamt mochte ich sie aber gerne: Ich liebte ihren trockenen Humor, konnte ihre Handlungen meistens nachvollziehen und habe vor allem in traurigen Momenten sehr mit ihr mitgelitten und mitgefühlt. Ich habe sie gerne begleitet.

Auch manche der anderen Figuren hätten noch etwas besser ausgearbeitet werden können – einige blieben bis zum Schluss blass. Andere hingegen konnten mich auf ganzer Linie überzeugen wie zum Beispiel Ravi, bei dem mir besonders gefallen hat, dass er kein klischeehafter, harter Bad Boy ist, sondern ein authentischer junger Mann mit Unsicherheiten, Schwächen und Gefühlen, die er auch zeigt. Auch die sich langsam von einer Freundschaft zu einer Liebesgeschichte entwickelnde Beziehung zwischen Pip und einer anderen Figur fand ich sehr unaufgeregt, authentisch und süß beschrieben – selbst wenn das Kribbeln bei mir ausblieb.

Spannung & Atmosphäre (4 Lilien)

„Hier drinnen hatte die Luft eine eigenartige Schwere. In der Stille gefangene Geheimnisse umschwebten sie wie unsichtbare Staubkörnchen.“ E-Book, Position 3611

Schon am Beginn gelingt es der Autorin, Spannung aufzubauen. Es ist eine „Ein-Mädchen-gegen-den-Rest-der-Welt“-Situation, bei der man sich sofort auf Pippas Seite stellt. Der Spannungsbogen kann durch gezielte Cliffhanger und immer neue Spuren, die sich auftun, auch den ganzen Thriller hindurch gehalten werden. Irgendwann jedoch übertreibt es die Autorin mit ihren vielen falschen Fährten, Wendungen und Verdächtigen. Hier hätte man kürzen können, denn in diesem Fall wäre weniger tatsächlich mehr gewesen. Was die Atmosphäre betrifft, gab es einige sehr starke Momente (in denen die Autorin z. B. den ganz normalen Teenager-Wahnsinn auf Partys treffend und amüsant einfängt), manchmal war aber noch Luft nach oben. Detailliertere Beschreibungen von Gefühlen und Umgebung wären hier wünschenswert gewesen.

Feministischer Blickwinkel (3 Lilien)

Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden!
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: Schlam++ (6x)

Was diesen Aspekt betrifft, bin ich etwas zwiegespalten: Einerseits ist Pip eine sehr mutige, intelligente und starke weibliche Figur, die sich von Ravi nichts gefallen lässt, den Ton bei den Ermittlungen angibt und Sexismus immer wieder kritisiert, andererseits werden fast nur Frauen im Buch beim Kochen und Putzen beschrieben (Pips Mutter wirkt außerdem seltsam abwesend) und Geschlechterstereotype werden immer wieder reproduziert. Das Jugendbuch besteht ohne Probleme den Bechdel-Test und kritisiert sexualisierte Gewalt, gleichzeitig verwendet es aber ohne jegliches Bewusstsein für Slut Shaming ganze 6x die frauenfeindliche Beleidigung Schlam++, was ich sehr problematisch finde. Ich habe mich entschieden, hier 3 Lilien zu vergeben, weil es zwar viele Dinge gibt, die die Autorin richtig gemacht hat, ihr teilweise aber (vor allem bei den kleinen Dingen) noch das Bewusstsein für Geschlechterstereotypen und Sexismus fehlt.

Mein Fazit

Mit „A Good Girl‘s Guide to Murder” ist Holly Jackson ein runder, unterhaltsamer und wendungsreicher Jugendthriller gelungen, der für Teenager perfekt geeignet ist. Mir hat der einfache, anschauliche und lockere Schreibstil von Holly Jackson gut gefallen, auch wenn er mir streckenweise etwas zu oberflächlich war. Außergewöhnlich und erfrischend fand ich den Aufbau der Geschichte, die sich aus klassischen Kapiteln, Protokollen und transkribierten Interviews zusammensetzt. Holly Jackson spricht in ihrem Thriller ernste Themen wie Trauer, sexualisierte Gewalt und Rassismus an, die sie allerdings nur teilweise tiefgründig verarbeitet. Die mutige, intelligente Protagonistin (und ihren Humor!), mochte ich sehr, auch wenn sie gerne noch etwas dreidimensionaler und vielschichtiger hätte sein dürfen. Gestört hat mich, dass sie gegen Ende dreimal aus der Rolle fällt und sich nicht nachvollziehbar verhält. Die meisten der anderen Figuren konnten mich überzeugen, manche blieben allerdings etwas blass. Bereits am Beginn baut die Autorin Spannung auf, die den ganzen Thriller hindurch gehalten werden kann. Irgendwann jedoch übertreibt sie es mit den vielen falschen Fährten, Wendungen und Verdächtigen. Hier wäre weniger tatsächlich mehr gewesen. Was die feministische Analyse des Thrillers betrifft, bin ich zwiegespalten, weil es zwar viele Dinge gibt, die die Autorin richtig macht (starke Protagonistin, sexualisierte Gewalt wird kritisiert), ihr teilweise aber (vor allem bei den kleinen Dingen) noch das Bewusstsein für Geschlechterstereotypen und Sexismus fehlt (nur Frauen werden beim Putzen und Kochen gezeigt, es fällt ganze 6x die frauenfeindliche Beleidigung Schlam++). Die überzeugende Auflösung (mit ihren überraschenden Enthüllungen) und das runde Ende, das alle offenen Fragen klärt, ließen mich zufrieden das Buch zuschlagen. Ob ich die Fortsetzung lesen werde, weiß ich noch nicht, da für mich die Geschichte eigentlich abgeschlossen ist. Trotz kleinerer Schwächen kann ich das Buch auf jeden Fall weiterempfehlen. Wer als Kind immer gerne Detektiv oder Detektivin gespielt hat, dem wird es großen Spaß machen, gemeinsam mit Pippa zu ermitteln und nach der Wahrheit zu graben!

Bewertung

Idee: 5 Lilien ♥
Inhalt, Themen, Botschaft: 4 Lilien
Umsetzung: 4 Lilien
Worldbuilding: 3,5 Lilien
Einstieg: 4 Lilien
Ende / Auflösung: 5 Lilien ♥
Schreibstil: 4 Lilien
Protagonistin: 4 Lilien
Figuren: 4 Lilien
Spannung: 4 Lilien
Atmosphäre: 3 Lilien
Emotionale Involviertheit: 4 Lilien
Feministischer Blickwinkel: 3 Lilien

Insgesamt:

❀❀❀❀ Lilien

Dieses Buch bekommt von mir vier Lilien!

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  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere