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Veröffentlicht am 06.08.2020

Duffy in den Neunzigern

Alter Hund, neue Tricks
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„Flaschen gibt es auch nicht mehr, glaube ich. Jetzt gibt es nur noch Milch im Karton. Und was nehmen die Kinder dann für die Molotow-Cocktails?“ [167]
Detective Inspector Sean Duffy, aktuell eigentlich ...

„Flaschen gibt es auch nicht mehr, glaube ich. Jetzt gibt es nur noch Milch im Karton. Und was nehmen die Kinder dann für die Molotow-Cocktails?“ [167]
Detective Inspector Sean Duffy, aktuell eigentlich Teilzeitpolizist und Protagonist, ermittelt wieder in einem Fall. Dass dieser Fall interessanter ist, als anfangs vermutet, stellt sich bei den Ermittlungen heraus. Interessanter ist manchmal gefährlich. Und so bleibt es nicht aus, dass sich die Hauptfigur in der einen oder anderen brenzligen Lage wiederfindet. „Sean, du besitzt die Gabe, dich in größere Schwierigkeiten zu bringen, als du bewältigen kannst.“ [193]
„Sie haben keine Ahnung, Duffy. Sie sind nur ein verfluchter Amateur. Ein Teilzeitpolizist, der sich in gefährlichen Gewässern aufhält.“ [265]
„Alter Hund, neue Tricks“ von Adrian McKinty macht unglaublich viel Spaß. Es ist eine Reise zurück in die Neunziger. Wunderbar geschrieben und mit einem starken Charakter. „Schlampige Polizisten aus den Siebzigern, die wie ich ihren Intuitionen folgten, waren auf dem absteigenden Ast.“ [245] Aber genau das macht die Geschichte interessant und glaubwürdig und anhand Duffys Reflektionen wird der Wandel der Zeit sehr gut dargestellt.
Die Seiten fliegen förmlich durch die Finger, an vielen Stellen gibt es tolle Anspielungen, zum Beispiel auf die damalige Musik. McKinty bringt die damalige vorherrschende Stimmung sehr gut zu den Lesern herüber. Er skizziert die gute alte Zeit, die in manchen Bereichen doch nicht so gut war. Wenn man bedenkt wie oft Duffy alleine unter seinen BMW schaut, ob nicht die IRA doch einen Sprengsatz platziert hat.

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Veröffentlicht am 30.07.2020

Der unabänderliche Verlauf der menschlichen Dinge

Menschliche Dinge
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„Auch das war Gewalt: die Lüge, das verfälschte Bild des eigenen Lebens.“ [215]
Es ist ein hervorstechendes Werk, das Karine Tuil meisterhaft erzählt. „Menschliche Dinge“ ist eine Gesellschaftskritik, ...

„Auch das war Gewalt: die Lüge, das verfälschte Bild des eigenen Lebens.“ [215]
Es ist ein hervorstechendes Werk, das Karine Tuil meisterhaft erzählt. „Menschliche Dinge“ ist eine Gesellschaftskritik, die die aktuellen vorherrschenden Themen rund um #MeToo oder die Strauss-Kahn-Affäre zu einem fesselnden Roman verwebt. Es geht um die Beziehung zwischen Männern und Frauen, aber auch um die Selbstdarstellung und das Ausnutzen von Einfluss und Macht.
Tuil skizziert einen Schauplatz, der seinen Höhepunkt im Gerichtssaal findet. Als Leser* in ist man sofort gefesselt. Zum einen liegt dies am Schreibstil, modern und direkt, zum anderen sind dies die herangezogenen Vergleiche aus dem realen Leben, die das Ganze so authentisch erscheinen lassen. Man hat das Gefühl, es wäre ein Bericht über die spannend dargestellten Charaktere, ein Blick hinter die Fassaden jener einzelnen.
„Sie brauchten einen Kick. Adrenalin. Ein Männlichkeitsritual. Angst. Ein moralisches Dilemma.“ [116]
Eindrucksvoll zeigt die Autorin, dass das gesellschaftliche Bild aus vielen Rissen besteht und es nur einer Aktion bedarf, die alles auf den Kopf stellt. „Alles, ausnahmslos alles im Leben konnte von einem Moment auf den anderen aus den Fugen geraten.“ [51]
Pointiert zeigt Tuil soziale Machtverhältnisse auf und hält uns damit einen Spiegel vor. „Die scheinbare Unterwerfung, um die potenzielle Gewaltbereitschaft des Angreifers nicht zu schüren.“ [207] Ihre Worte kommen teils leise, schleichen sich ins Unterbewusstsein, ins Gedächtnis und fangen an zu wirken. Sie lassen einen auch nach dem Abschluss des Romans nicht los.
„Für Gewalt gibt es nicht immer eine vernünftige Erklärung, davon verstehe ich etwas.“ [138]
Obwohl der Roman viele Abgründe unserer heutigen Zeit offenbart, lässt er sich wunderbar lesen. Man schweift, bei den von Tuil aufgeführten Geschehnissen der Gegenwart, oft in die reale Welt ab, reflektiert und kommt noch aufmerksamer zu den menschlichen Dingen zurück.
„Da Rechtswesen offenbarte den schicksalhaften Verlauf von Biografien, die sozialen Bruchstellen, das Scheitern der Politik – all das, was der Staat im Namen der nationalen Einheit gern unter den Tisch kehrte.“ [209]
Die Überschrift ist ein Zitat [Seite 297] des Romans.

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Veröffentlicht am 27.07.2020

Wunderbare Umsetzung eines düsteren Kapitels der Geschichte

Bald sind wir wieder zu Hause
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„Bald sind wir wieder zu Hause“ von Jessica Bab Bonde und Peter Bergting ist ein beeindruckendes Buch und das in vielerlei Hinsicht. Zum einen sind da die bewegenden Geschichten, Erzählungen, Eindrücke ...

„Bald sind wir wieder zu Hause“ von Jessica Bab Bonde und Peter Bergting ist ein beeindruckendes Buch und das in vielerlei Hinsicht. Zum einen sind da die bewegenden Geschichten, Erzählungen, Eindrücke von sechs Überlebenden des Holocaust; und das ungeschönt. Zum anderen ist da das Gestalterische der Graphic Novel, welches düster, hart und schonungslos den Leser* innen präsentiert wird. So düster die Illustrationen auch sein mögen, so passend wurde dies für diese dunkle Zeit Deutschlands umgesetzt. Und gerade durch diese Umsetzung, die Verbindung der Berichte und Visualisierung derer, erzeugen einen bleibenden, bildhaften Eindruck.
Zielgruppe sind hier vor allem jüngere Menschen, die an der Vergangenheit interessiert sind und etwas über den zweiten Weltkrieg erfahren möchten. Nicht nur, dass man etwas von den Augenzeugen liest, auch was sie heute machen, sondern auch das Glossar, die Zeittafel und die farbige Karte – auf den Innenseiten des Covers – tragen dazu bei, dass man viele Informationen erhält.
Das Buch rüttelt wach, zeigt, dass man immer, zu jeder Zeit, aufpassen muss, dass Rechtsextremismus und Antisemitismus nie wieder Fuß fassen dürfen. Es ist ein besonderes Werk gegen das Vergessen.

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Veröffentlicht am 23.07.2020

Der Fahrstuhl-Geist

Rille aus dem Luftschacht
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„Rille aus dem Luftschacht“ von Maike Siebold erzählt eine spannende und originelle Geschichte mit einem Setting, das so außergewöhnlich ist wie die Namen der auftretenden Charaktere. Es ist eine Geschichte, ...

„Rille aus dem Luftschacht“ von Maike Siebold erzählt eine spannende und originelle Geschichte mit einem Setting, das so außergewöhnlich ist wie die Namen der auftretenden Charaktere. Es ist eine Geschichte, die die Kinder sofort fesselt, wer glaubt schon an einen Geist im Fahrstuhl? Zugleich ist es auch eine Geschichte, welche die Themen Zusammenhalt, Hilfe und Schikane anspricht.
Als Vorleserin und auch als Zuhörerin (ab 5 Jahren) folgt man der außergewöhnlichen Geschichte, in der Freundschaft groß geschrieben wird. Der Schreibstil ist flüssig, die Sprache klar, die Kapitel haben eine angenehme Länge, so dass auch geübte Leserinnen ab ca. 8 Jahren ihre Freude an dem Abenteuer haben.
Die Illustrationen sind sehr gut, tragen dazu bei, dass das Gelesene auch visuell zum Leser transportiert wird. Die kleineren Leser
innen bekommen so zusätzliche Informationen zu den Charakteren. Apropos Charaktere, die gefallen mir persönlich sehr gut, da sie sich mit fortlaufender Geschichte immer weiterentwickeln.

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Veröffentlicht am 09.07.2020

Zwischen Angst und Hoffnung gefangen

Der Behüter: Thriller
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„Ein Monster war nicht pausenlos ein Monster. Es besaß verschiedene Gesichter, und das Böse blitzte erst dann auf, wenn das Opfer in der Falle saß.“ [44]

Mit „Der Behüter“ von Catherine Shepherd bekommen ...

„Ein Monster war nicht pausenlos ein Monster. Es besaß verschiedene Gesichter, und das Böse blitzte erst dann auf, wenn das Opfer in der Falle saß.“ [44]

Mit „Der Behüter“ von Catherine Shepherd bekommen Max Hartung und Laura Kern vom LKA wieder einen neuen Fall. Die Leser* innen dürfen mit analysieren, spekulieren wer hinter dem Behüter steckt.
Der Start in das neueste Buch gelingt wieder sehr gut. Bereits nach den ersten Sätzen ist man gefesselt, liest weiter, merkt, wie die Spannung und das Tempo mit zunehmender Zeitenzahl allmählich ansteigen. Der flüssige Schreibstil trägt dazu bei, dass die Seiten sehr schnell durch die Finger fliegen. Man begibt sich mit den Protagonisten auf die Suche nach dem Täter, verwirft die Idee, die man gerade hatte und verfolgt eine neue Spur.
Die verschiedenen Sichtweisen tragen dazu bei, dass das Ganze so fesselnd ist, dass man den Thriller in einem Rutsch liest und von der Geschichte gefesselt ist.

Die Überschrift ist ein Zitat aus „Der Behüter“.

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