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Veröffentlicht am 31.08.2020

Eingehend und tiefgreifend

Meine dunkle Vanessa
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Dinge spielen sich direkt vor ihrer Nase ab. Es ist, als wären sie alle zu gewöhnlich, um etwas mitzubekommen.

Meine dunkle Vanessa ist der Debütroman von Kate Elizabeth Russell und handelt von der sexuellen ...

Dinge spielen sich direkt vor ihrer Nase ab. Es ist, als wären sie alle zu gewöhnlich, um etwas mitzubekommen.

Meine dunkle Vanessa ist der Debütroman von Kate Elizabeth Russell und handelt von der sexuellen Beziehung eines erwachsenen Lehrers mit einer minderjährigen Schülerin und den Folgen für das Leben der Misshandelten.
Vanessa ist gerade fünfzehn Jahre alt, als sie zum ersten Mal mit ihrem Englischlehrer Mr Strane schläft. Für sie ist er der einzige Mensch, der sie versteht und gut zu ihr ist, der sie wirklich liebt – und so passiert alles mit ihrem Einverständnis. Als Strane zwanzig Jahre später von anderen ehemaligen Schülerinnen wegen sexuellen Missbrauchs angezeigt und auch Vanessa um Unterstützung gebeten wird, steht sie vor einer bedeutenden Entscheidung: Stillschweigen bewahren oder ihrer Beziehung zu Strane auf den Grund gehen und ihre wahre Rolle identifizieren.

Die Geschichte ist der Perspektive von Vanessa als Minderjährige und als erwachsene Frau im Jahr 2017 geschrieben. Emotionslos und platt schildert sie die Anfänge der Beziehung zu ihrem Lehrer, erste Annäherungen, erste Berührungen, und wie sehr sie auf seine Aufmerksamkeit angewiesen ist. Gegenüber anderen Menschen schützt sie ihn, wehrt Vorwürfe der Misshandlung ab und nimmt die Konsequenzen auf ihre Schultern, kann die Bedenken und die Sorge nicht verstehen. Als sie schließlich das Internat verlässt, hält sie weiterhin Kontakt zu ihm und trifft Strane heimlich in seinem Haus. Auch Jahre später, unterbewusst gezeichnet vom Trauma der Vergangenheit, hält sie weiterhin zu ihm, und hinterfragt erst mit der öffentlichen Missbrauchsanschuldigung ihre Beziehung zu ihm, und ob sie nicht doch auch ein Opfer war.
Vanessas Handlungen und Gedanken sind für den Leser nicht nachvollziehbar und scheinen absurd, und doch handelt sie realistisch naiv. Auch die Beziehung zu ihren Eltern spielt sicher eine große Rolle in der Art und Weise des Copings, und dass sie all diese Übergriffe einvernehmlich zugelassen hat und daran schnell Freude fand.
Der Roman ist ein wichtiger Bestandteil der Gegenwartsliteratur im Zuge der #metoo-Debatte und stellt die Auswirkungen sexuellen Missbrauchs, die Frage nach Zustimmung und Mitschuld treffend dar. Der Handlungsverlauf konnte mich nicht komplett überzeugen, und doch hat mir der Roman insgesamt gut gefallen.

Herzlichen Dank für das Rezensionsexemplar!

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Veröffentlicht am 27.07.2020

Tiefgründig und nachdenklich stimmend

Palmen in Dublin
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Stille ist nicht gleich Leere. Sie bedeutet nicht Abwesenheit von Materie. Sie ist ein greifbarer Zustand, sie ist voller Liebe, erfüllt von Sprachen und Dingen (…). [S. 14]

Palmen in Dublin (OT: Tearful ...

Stille ist nicht gleich Leere. Sie bedeutet nicht Abwesenheit von Materie. Sie ist ein greifbarer Zustand, sie ist voller Liebe, erfüllt von Sprachen und Dingen (…). [S. 14]

Palmen in Dublin (OT: Tearful Traveller), der neue Roman von Hugo Hamilton, ist am 27. Juli 2020 im Luchterhand Verlag erschienen. Als Sohn einer deutschen Mutter und eines irischen Vaters wuchs der Ich-Erzähler inmitten drei verschiedener Sprachen auf, und musste sich so seinen eigenen Weg finden, sich Stimme und Ausdruck zu verleihen. Inzwischen ist er erwachsen und kehrt mit seiner Frau sowie seinen beiden Töchtern aus Berlin nach Dublin zurück, um dort heimisch zu werden und zu arbeiten. Doch das Leben ist nicht einfach, wird er immer öfter von Erinnerungen und Zweifeln heimgesucht – ganz im Gegenteil zu den tief verwurzelten Palmen am Straßenrand.
Der Roman ist aus der Perspektive eines Mannes erzählt, dessen Name nicht genannt wird. Er beschreibt autobiographisch seine Kindheit, sein Aufwachsen in Irland und von seinem Leben als Ehemann und Vater. Die Darstellungen ergänzt er an passender Stelle durch Vorkommnisse aus der Vergangenheit, um die der Gegenwart näher zu erläutern. Kurz gefasst, dabei aber tiefgründig und eingehend erzählt er von der Geburt seiner Töchter in Berlin, von Partys und Fremdgehen, der Arbeit seiner Frau als Journalistin und Yoga-Lehrerin sowie die Probleme damit und seiner Unverwurzeltheit im Leben. Die Sprache ist dabei das zentrale Thema, denn wie lassen sich Handlungen ausdrücken, wie sie in jeder Sprache doch eine andere, nicht sinngemäße Übersetzung finden?
Obgleich der teils abstrusen Erzählstränge hat mich der Roman mit seinem anschwellenden Spannungsbogen und der Komplexität der konstruierten Welt und Handlungen gefesselt und nachdenklich gestimmt. Er erfordert gewiss einen aufmerksamen und interessierten Leser, doch wenn man sich auf die Geschichte einlässt, wird sie einen so schnell nicht wieder loslassen.
Herzlichen Dank an den Luchterhand-Verlag für das Rezensionsexemplar!

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Veröffentlicht am 23.12.2019

Uuuuund... Action!

Das Kino am Jungfernstieg
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Im November 1946 geht die Filmcutterin Lili Paar aus Berlin zurück in ihre Heimatstadt Hamburg. Ihre Familie besitzt dort ein Kino, das sie nach dem verhängnisvollen Zweiten Weltkrieg schließen wollen, ...

Im November 1946 geht die Filmcutterin Lili Paar aus Berlin zurück in ihre Heimatstadt Hamburg. Ihre Familie besitzt dort ein Kino, das sie nach dem verhängnisvollen Zweiten Weltkrieg schließen wollen, doch Lili setzt alles daran, den Ort ihrer Kindheit und damit Geburtsstätte ihrer Leidenschaft zum Lichtspiel zu erhalten. Bei der Suche nach verlorenen Filmstreifen triffst sie den britischen Offizier John Fontaine und den Regisseur Leon Caspari, mit denen sie gemeinsam die Vergangenheit erkundet.

Eindrucksvoll erzählt Micaela Jary die Geschichte der jungen Lili Paal, die aufgrund der Nachricht ihrer Halbschwester von Berlin nach Hamburg reist, um dort nach ihrer im Sterben liegenden Mutter zu sehen. Mithilfe des britischen Offiziers gelingt ihr die Überfahrt und im Verlauf entwickelt sie starke Gefühle für ihn, die bei einem gemeinsamen Ausflug auf der Suche nach den Negativen in größter Intimität endet. Die Kulisse ist sehr bildhaft beschrieben und führen dem Leser die Gefahren und die Schwere der Nachwirkungen des Zweiten Weltkriegs vor Augen. Trotz einiger spannenden Passagen wirkt der Roman nun allein stehend sehr unfertig, ist er schließlich der Beginn einer Trilogie und umreißt den Beginn der unterschiedlichen Handlungen nicht bis zur Gänze. Dadurch wird allerdings auch die Freude auf die kommenden Bände geschürt.

Vielen Dank an den Goldmann-Verlag für das kostenfreie Rezensionsexemplar!

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Veröffentlicht am 12.12.2019

Eine süße Geschichte

Redwood Dreams – Es beginnt mit einem Lächeln
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Willkommen zurück in Redwood!
Ella Sinclair würde am liebsten unsichtbar sein, und meidet seit ihrer Rückkehr nach Redwood jeglichen intimen Kontakt. Doch als Feuerwehrmann Jason durch einen gefährlichen ...

Willkommen zurück in Redwood!
Ella Sinclair würde am liebsten unsichtbar sein, und meidet seit ihrer Rückkehr nach Redwood jeglichen intimen Kontakt. Doch als Feuerwehrmann Jason durch einen gefährlichen Einsatz in den Fokus des Stadtgesprächs rückt, versuchen die Stadtbewohner die beiden zu verkuppeln. Nach einigen Schwierigkeiten funkt es zwischen den beiden, aber Jason weiß nicht von Ellas dunkler Vergangenheit und ihren Ängsten... Kelly Moran hat ein Händchen dafür, Protagonisten zu kreieren, die einfach anders sind. So stellt sie in jedem Buch der Reihe ein medizinisches oder soziales Defizit in den Fokus; Ella hat als Kind schwerwiegende Verbrennungen und PTSD erlitten. Durch die daraus resultierende Unsicherheit und Scham bereiten ihr jegliche sozialen Interaktionen Bauchweh und nur der Liebe wegen kann sie sich öffnen und werden ihre seelischen Wunden geheilt. Ein wunderbar herzliches Buch, wenn auch phasenweise zu sehr romantisiert.

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Veröffentlicht am 10.12.2019

Knistern mit Hindernissen

The Difference Between Us
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The Difference Between Us von Rachel Higginson ist der zweite Band der Foodie-Reihe und handelt von Molly Maverick und Ezra Baptiste.
Molly arbeitet als Grafikdesignerin in einer Agentur und wartet immer ...

The Difference Between Us von Rachel Higginson ist der zweite Band der Foodie-Reihe und handelt von Molly Maverick und Ezra Baptiste.
Molly arbeitet als Grafikdesignerin in einer Agentur und wartet immer noch auf den großen Auftrag, der ihr den Durchbruch ermöglicht. Als sie schließlich an einer großen Kampagne mitarbeiten darf, legt sie sich enorm ins Zeug. Doch nebenbei muss sie sich auch um die Vorbereitung der Verlobungsparty ihrer besten Freundin kümmern und kann nicht umhin, mit Ezra Baptiste zusammenzuarbeiten, dem das Restaurant gehört, wo diese stattfinden soll. Sie lernen sich besser kennen und schließlich beauftragt er sie sogar, die Image-Kampagne seiner Restaurants neu zu gestalten und auch das Wandbild in einem der Restaurants zu erstellen. Was alles nicht ganz reibungslos verläuft...

Der Erzählstil hat mir gut gefallen, wenngleich mir die häufigen Wiederholungen im Verlauf der Geschichte immer mehr missfielen. Die Autorin verwendet bewusst aktuelle kulturelle Themen und moderne Sprache und verleiht der Geschichte damit einen großen Identifikationsfaktor. Ezra wuchs mir immer mehr ans Herz und verwandelte sich von einem Miesepeter zu einem richtigen Loverboy. Aber auch Molly ist ungemein gewachsen in ihrer neuen Rolle und lernt sich am Ende durchzusetzen.
Ihre gemeinsame Geschichte war teils ein wenig abwegig und die Pace zu schnell, aber die Intention war deutlich und herzergreifend.

Insgesamt ein starker zweiter Band mit einigen wenigen Schwächen, der Lust auf mehr macht!

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