Profilbild von uli123

uli123

Lesejury Star
offline

uli123 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit uli123 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.10.2020

Fortsetzung von "Der Apfelbaum"

Ada
0

Dieser Roman ist die Fortsetzung von Christian Berkels biografisch geprägtem früherem Buch „Der Apfelbaum“, in dem er erzählte, wie seine Mutter von den Nationalsozialisten wegen ihrer (halb)jüdischen ...

Dieser Roman ist die Fortsetzung von Christian Berkels biografisch geprägtem früherem Buch „Der Apfelbaum“, in dem er erzählte, wie seine Mutter von den Nationalsozialisten wegen ihrer (halb)jüdischen Abstammung verfolgt wurde und sein Vater als Arzt im Zweiten Weltkrieg diente, dann in russische Kriegsgefangenschaft geriet und endlich mit der Frau zusammenzukam, die er schon als 17jähriger in den 30er Jahren geliebt hatte. In „Ada“ (vielleicht die ältere Schwester von Berkel?) lässt er diese Hauptfigur in der Ich-Perspektive davon erzählen, wie die Generation der nach Kriegsende Geborenen in den 1960er Jahren gegen das Schweigen der Eltern über die Zeit des Nationalsozialismus kämpft. Tabuthemen sind in Adas Elternhaus aber auch Angaben zu ihrem wahren Vater, zu ihrer jüdischen Herkunft und zur Sexualität. Ada selbst traut sich nicht zu fragen, erhält Informationen wenn überhaupt nur zufällig durch Dritte oder bruchstückhaft von ihrer Mutter. Der Autor verarbeitet wichtige geschichtliche Stationen wie den Mauerbau, die Studentenunruhen, die 68er Kommunen, Woodstock, den Mauerfall. Das Buch regt zum Nachdenken an und lehrt, wie wichtig es ist, miteinander zu sprechen. Diesen Aspekt hat die 68er Generation in Gang gebracht.
Geplant ist laut Angaben des Autors eine Trilogie, so dass ich mich schon jetzt auf den dritten Roman freue.


  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.09.2020

Das letzte Kriegsjahr in der Eifel

Winterbienen
0

Wer anspruchsvolle, zeitgenössische Literatur insbesondere mit Bezug zum Zweiten Weltkrieg mag, sollte unbedingt dieses Buch lesen.
Die Geschichte spielt 1944/45 in der Eifel. Dass der Autor von dort stammt, ...

Wer anspruchsvolle, zeitgenössische Literatur insbesondere mit Bezug zum Zweiten Weltkrieg mag, sollte unbedingt dieses Buch lesen.
Die Geschichte spielt 1944/45 in der Eifel. Dass der Autor von dort stammt, wird allenthalben sichtbar, vor allem in den detaillierten Landschaftsbeschreibungen. Protagonist ist ein aus dem Schuldienst entlassener, von der Bienenzucht lebender Gymnasiallehrer, Egidius Arimond, aus dem Bergarbeiterstädtchen Kall. Liebschaften, seine sich zusehends verschlimmernde Epilepsie und der Umstand, dass er Juden, versteckt in Bienenstöcken, nach Belgien rettet, noch dazu vermehrte Angriffe alliierter Bomber, bringen ihn in Gefahr.
Über all das erfahren wir auf von Egidius geführten Tagebuchblättern. Immer wieder lässt er sich über bestimmte Vorkommnisse aus, am häufigsten über seine Bienen. Insoweit hat sich der Autor wirklich fundiertes Wissen angeeignet. Weiteres wiederkehrendes Thema ist das anhand von Dokumenten nachvollzogene Leben über einen Vorfahren von Egidius, der im 15. Jahrhundert aus dem Tessin in die Eifel gekommen ist. Diese Teile haben philosophische Bezüge und sind am schwierigsten zu lesen. Schließlich ist der Bombenkrieg der Alliierten über der Eifel von Bedeutung. Die Flugzeuge sind sehr schön illustriert. Alles in allem ergibt sich ein anschauliches Bild über das letzte Kriegsjahr.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 31.08.2020

Herkunftssuche eines Jugendlichen

Pax
0

Auch bei weniger bekannten Verlagen lohnt sich die Suche nach gutem Lesestoff, wie das mich durchweg überzeugende vorliegende Buch zeigt.

Das Buch beschäftigt sich mit der Frage, wie die Ungewissheit ...

Auch bei weniger bekannten Verlagen lohnt sich die Suche nach gutem Lesestoff, wie das mich durchweg überzeugende vorliegende Buch zeigt.

Das Buch beschäftigt sich mit der Frage, wie die Ungewissheit über die eigene familiäre Herkunft das gesamte Leben prägt. Der Protagonist Pax macht diese Erfahrung durch. Als Kleinkind wurde er von seinen Eltern für die Dauer einer Auslandsreise in die Obhut einer Tante gegeben. Die Eltern kamen ums Leben und Pax wird von der Tante pflichtbewusst adoptiert und großgezogen. Über die Eltern hat sie nie erzählt, obwohl Pax Informationsbedarf hat. Selbst ist die Tante altjüngferlich und verklemmt, klammert sich an Pax. Umso schwieriger wird es für ihn, als er seine sexuelle Ausrichtung erkennt und seine Tante erkrankt.

Leicht liest sich das Buch nicht. Auffällig sind lange verschachtelte Sätze, die oftmals Bezüge zu zeitlich versetzten Geschehnissen haben. Das passt aber gut zu dem Inhalt der Geschichte, weil so die besondere Zerrissenheit der Hauptfigur wiedergegeben wird. Diese wird gelungen charakterisiert, wie ich finde. Pax ist hin und her gerissen von Dankbarkeit seiner Tante gegenüber und Sorge für sie, die sich selbst so aufopferungsvoll um ihn gekümmert hat, und dem Drang, sich von ihr zu lösen und ein eigenes Leben zu führen. Das gibt dem Leser viel Gelegenheit zum Nachdenken. Gefallen hat mir auch, wie nur auf einige wesentliche Lebensabschnitte im Leben von Pax eingegangen wird, so dass bei der gebotenen Kürze und dennoch hinreichend vollständig alles zwischen Kindheit und jungem Erwachsenenleben erzählt wird.

Ein sehr lesenswerter Roman.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 09.08.2020

Mehr aus dem chaotischen Familienleben der Bundschuhs

Andere machen das beruflich
0

Dieses Buch der als Fernsehschauspielerin bekannten Autorin gehört in die Reihe rund um die Familie Bundschuh, zu der auch “Von Erholung war nie die Rede“ und „Tief durchatmen, die Familie kommt“ gehören. ...

Dieses Buch der als Fernsehschauspielerin bekannten Autorin gehört in die Reihe rund um die Familie Bundschuh, zu der auch “Von Erholung war nie die Rede“ und „Tief durchatmen, die Familie kommt“ gehören. Die chronologische Reihenfolge ist mir gar nicht bekannt, das Buch kann aber ohne weiteres allein gelesen werden. Wiederum versammeln sich bei der Berliner Familie Bundschuh uneingeladen Mutter, Schwiegermutter, Bruder und Schwägerin, und das zu einer Zeit, als Gundula eingespannt ist aufgrund ihrer Tätigkeit als Aushilfslehrerin in der Theater-AG der Schule ihrer Kinder. Alle Verwandten geraten auf amüsante Art aneinander, auch Gundula und Ehemann Gerald in ihrer eingefahrenen Ehe. Das alles ist so amüsant geschrieben, dass man sich ein Dauerschmunzeln nicht verkneifen kann, umso mehr, wenn man wie ich die Schauspieler aus der zugehörigen Verfilmung vor Augen hat. Sicherlich, einiges ist klischeehaft und überzogen dargestellt. Aber nichts ist so, als dass es nicht im wirklichen Leben auch passieren könnte. Und so wird der eine oder andere vielleicht Parallelen in seinem eigenen Familienleben finden.
Ein herrliches Buch zum Entspannen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 29.07.2020

Portrait eines Ausnahmemusikers

Der letzte Satz
0

Das Thema Tod und Sterben scheint Seethaler umzutreiben. Nach „Das Feld“ widmet er sich ihm nun erneut.
Seethaler erstellt ein gelungenes, knappes Porträt des zu Beginn des 20. Jahrhunderts berühmten ...

Das Thema Tod und Sterben scheint Seethaler umzutreiben. Nach „Das Feld“ widmet er sich ihm nun erneut.
Seethaler erstellt ein gelungenes, knappes Porträt des zu Beginn des 20. Jahrhunderts berühmten Komponisten und Dirigenten Gustav Mahler, der – inzwischen todkrank – sich auf seiner letzten Schiffsreise von New York nach Europa befindet. Wehmütig erinnert er sich an schöne und traurige Momente in seinem Leben: seine gefeierte Arbeit an der Wiener Hofoper und der New Yorker Met; seine wunderschöne Frau, die trotz Hinwendung zu einem anderen Mann wegen seiner Krankheit bei ihm bleibt; den Tod seiner kleinen Tochter. Immer wieder spricht aus den Zeilen Mahlers Bedauern, nicht intensiver gelebt zu haben und stattdessen so versessen von seiner Arbeit gewesen zu sein. Somit passt auch gut der melancholische Grundton des Romans.
Das Buch ist sehr informativ und ein Anreiz, sich mit Mahlers Musik zu beschäftigen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere