Kritik zu: "Grundlagen gesellschaftlicher Entwicklungen im 21. Jahrhundert"
Inhalt:
"Die Welt wandelt sich in rasender Geschwindigkeit. Alles dreht sich, wirkt aus den Fugen geraten. Eine Wirklichkeit, die nicht selten auf Unverständnis trifft und nach Erklärungen fordert. Diese ...
Inhalt:
"Die Welt wandelt sich in rasender Geschwindigkeit. Alles dreht sich, wirkt aus den Fugen geraten. Eine Wirklichkeit, die nicht selten auf Unverständnis trifft und nach Erklärungen fordert. Diese gelingen aber oft nicht befriedigend, was die Frage aufwirft, ob sie ausreichend sind, um die komplexen Veränderungen darzustellen. Können sie das noch?
Oder müssen sie weiterentwickelt werden? Bedarf es vielleicht anderer Ansätze, um das 21. Jahrhundert verstehen zu können?
Andreas Herteux schließt die offenen Lücken, offeriert eine Vielzahl von neuen bzw. weiterentwickelten Erklärungsansätzen für globale gesellschaftliche, politische sowie wirtschaftliche Phänomene und bietet damit eine faszinierende Sicht auf ein neues Zeitalter: das des kollektiven Individualismus."
Andreas Herteux versucht hier nichts weniger, als zu erklären wie die Gesellschaften im 21. Jahrhundert funktionieren, warum das so ist und was in Zukunft passieren wird. Das haben schon viele versucht. Der Unterschied ist, dass er sich lapidar ausgedrückt, neue Ursachen dafür überlegt hat, die ich so noch nie gelesen habe.
Dabei agiert der Wirtschaftswissenschaftler Andreas Herteux interdisziplinär. Soziologie, Psychologie, Philosophie, Politikwissenschaften & Co werden genauso integriert, wie die Wiwi. Geht bei dem Thema vermutlich auch nur so.
Eingehen möchte ich beim Inhalt auf die Kernthesen des Buches, die ich teilweise einfach abgeschrieben habe:
Kernthesen 1. Kapitel:
Die Gesellschaft zerfällt immer schneller in kleine Lebenswirklichkeiten/Milieus
Die Milieus haben teilweise völlig unterschiedliche Werte, Handlungsmuster und Einstellungen
Der Zerfall ist noch nicht abgeschlossen
Der Zerfall ist ein globales Phänomen
Ursächlich für den Zerfall ist ein dynamisierter Zeitenwandel
Kernthesen 2. Kapitel
Menschliches Verhalten ist ein nutzbarer Rohstoff.
Dieser Rohstoff entwickelte sich durch den technologischen Fortschritt zu einem Produktionsfaktor.
Besagter Produktionsfaktor hat zu neuen Geschäftsmodellen geführt, die inzwischen einen massiven Einfluss auf das wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Leben ausüben.
Daher ist von einer neuen Spielart des Kapitalismus zu sprechen: dem Verhaltenskapitalismus.
Diese neue Form des Kapitalismus wird noch nicht als eine solche begriffen, was die Gefahr mit sich bringt, dass sie Macht- und Marktverhältnisse schafft, die sich später kaum oder nur sehr schwer korrigieren lassen.
Kernthesen 3. Kapitel
Die Konfrontation der Bevölkerung mit künstlich erzeugten Stimuli hat sich in den letzten Jahrzehnten massiv erhöht.
Die technologische Entwicklung ermöglicht mittlerweile eine Reizsetzung in allen Bereichen des Lebens.
Es erfolgte eine Gewöhnung an schnelle und kurze Stimuli.
Diese werden nicht nur passiv konsumiert, sondern aktiv eingefordert und gestaltet.
Die moderne Reizgesellschaft ist entstanden.
Diese Reizgesellschaft hat daher einen neuen Menschen konditioniert: den Homo stimulus.
Die Reizgesellschaft hat – in Kombination mit dem Verhaltenskapitalismus und dem Zeitenwandel – das Zeitalter des kollektiven Individualismus eingeleitet.
Kernthesen 4. Kapitel:
Es gibt einen Konflikt zwischen der Milieurolle und dem Individualisierungsprozess (siehe Kapitel 2 und 3), die eine moderne Identifikationsdissonanz bewirken
Der Zerfall der Gesellschaft führt zu vielen neuen Milieus (siehe Kapitel
Die Milieus geraten in Konflikt miteinander
Diese Konflikte können zu Milieukämpfen führen
Ein großer Teil gesellschaftlicher Konflikte im 21. Jahrhundert sind auf diese Milieukämpfe zurückzuführen
Kernthesen Kapitel 5:
Kapitel 5 ist eine Zusammenfassung und Einordnung
Es wirft einen langen Blick in die Zukunft, wie das Leben in ein paar Jahrzehnten sein kommen. Demonstrationsobjekt ist ein 0815
Anhang Glosar:
Herteux gibt noch einmal eine Übersicht über zahlreiche von ihm geschaffene Definitionen
Herteux stellt damit eine Unmengen von neuen Theorien auf, die die LeserInnen für sich betrachten können. Das schöne ist, dass man einen Teil vollkommen ablehnen kann, ohne, dass ein anderer dabei an Wert verliert. Sie passen aber alle perfekt zusammen und zeichnen ein Gesamtbild.
Autor:
Andreas Herteux ist ein deutscher Forscher, der laut Wikipedia Wirtschaftswissenschaften studiert hat und laut Internet viele Jahre Verkaufsleiter bei einem DAX-Konzern war, bevor er das zugunsten seiner Forschung aufgeben hat. Schriftstellerisch hat er ein knappes Duzend Bücher veröffentlicht. Insgesamt in 10 Sprechen und ca. die Hälfte im Sach- und Fachbuchbereich. Er publiziert regelmäßig Beiträge in Mainstreammedien und Fachjournalen. Herteux ist Leiter der Erich von Werner Gesellschaft, einer unabhängigen Forschungsgesellschaft.
Verlag:
Der Erich von Werner Verlag ist ein Kleinverlag. Der Schwerpunkt ist die Veröffentlichungen von wissenschaftlichen Ausarbeitungen der Forschungsergebnisse der Erich von Werner Gesellschaft. Es gibt aber auch Belletristik. Einige Publikationen externer Autoren wurden laut Pressemeldung wegen Corona zurückgestellt.
Cover:
Für Deutschland recht ungewöhnlich.Ich bin sehr viel global unterwegs und würde es als amerikanischen Stil beschreiben. Mir gefallen Farbgebung und der Hintergrund, der aus Grafiken, die auch im Buch zu finden sind, besteht.
Meinung:
Das Buch hat eine´gewisse Sogwirkung. Es zieht die LeserInnen hinein. Erst vorsichtig über die Milieus und dann immer schneller, bis es sie spätestens im 5 Kapitel hat. Das ist sehr ungewöhnlich für so ein Brett aus dem Sachbuchbereich.
Das Buch ist flüssig geschrieben und für alle LeserInnen gut verständlich, die ihren Schulabschluss nicht auf der Baumschule gemacht haben und halbwegs über die Weltlage informiert sind.
Andreas Herteux betont immer wieder, dass er nur DIksussionsgrundlagen schaffen möchte. Er möchte hier und da etwas verbessern und Impulse geben.
In Wahrheit präsentiert er aber ein Weltbild des 21. Jahrhunderts. Das ist so interessant, dass es sich die LeserInnen anschauen sollten.