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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.11.2020

Ergreifende Gefühlswelt rund um den Tod

Sterben im Sommer
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In diesem Buch setzt sich die Autorin mit dem Tod des geliebten Vaters auseinander. Das Verhältnis zwischen Vater und Tochter war sehr intensiv und prägend. Die Tochter bewundert ihren Vater und sieht ...

In diesem Buch setzt sich die Autorin mit dem Tod des geliebten Vaters auseinander. Das Verhältnis zwischen Vater und Tochter war sehr intensiv und prägend. Die Tochter bewundert ihren Vater und sieht ihn als Vorbild an. Auch nach der Gründung der eigenen Familie bleibt die Tochter dem Vater sehr verbunden.
Die Familie ist in Ungarn verwurzelt, von wo die Eltern nach dem Aufstand nach Deutschland geflohen sind. Aber es ist zur Tradition geworden, dass alle im Sommer in die alte Heimat fahren und dort ein paar unbeschwerte Wochen genießen, Verwandte treffen und in Erinnerungen abtauchen. In diesem Sommer ist jedoch alles anders, denn der Vater erkrankt erneut an Krebs, nachdem man diesen für besiegt gehalten hatte, und muss mit dem Hubschrauber in eine Klinik geflogen werden. Und damit beginnt die Leidenszeit und die Auseinandersetzung mit dem Thema Tod.
Die heftigen Gefühle, aber auch Gefühlsschwankungen, sind alle nachvollziehbar und von der Autorin wortgewaltig geschildert. Wenn man selbst bereits geliebte Menschen verloren hat, fühlt man sich immer wieder erinnert an die derzeitige eigene Gefühlswelt. Das hat bei mir bewirkt, dass ich das Hörbuch nur in kleinen Abschnitten gehört habe, denn oft waren die Gedanken sehr erdrückend. Aber durchaus real!
Auch die Erinnerungen an die gemeinsame Zeit und die Unternehmungen mit dem Vater nehmen einen großen Raum ein. Gestört hat mich, dass manches wiederholt erzählt wurde und es dadurch bisweilen langatmig wurde.
Es geht nicht nur um die Zeit bis zum Tod, sondern auch um die Zeit danach, das Realisieren, dass der geliebte Mensch wirklich nicht mehr da ist. Sehr intensiv setzt sich die Autorin auch mit der praktischen Bewältigung der Situation auseinander, z.B. die Mitteilungen an die Verwandten oder der Umgang mit dem Beerdigungsinstitut. Was mir hier gefehlt hat, ist der Gedanke daran, dass das eigene alltägliche Leben ja auch weiter geht und man es irgendwie managen muss. Die Kinder werden zwar ab und an erwähnt, aber nur am Rande, der Ehemann überhaupt nicht, genauso wenig wie berufliche Verpflichtungen.
Dies ist ein Buch, das man nicht nebenbei hören kann, sondern es erfordert Stille und Zeit zum Nachdenken. Ein durchaus empfehlenswertes Buch, um sich mit dem Thema 'Tod' auseinanderzusetzen oder den Versuch einer Bewältigung zu starten.

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Veröffentlicht am 18.10.2020

Peggy Guggenheim - ein Leben fernab der Konventionen ihrer Zeit

Miss Guggenheim
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Leider handelt es sich bei diesem Buch nicht um eine Biographie, sondern nur um ein paar besonders turbulente Jahre im Leben dieser Kunstliebhaberin, die das Herz am rechten Fleck hat und mit ihrem Vermögen ...

Leider handelt es sich bei diesem Buch nicht um eine Biographie, sondern nur um ein paar besonders turbulente Jahre im Leben dieser Kunstliebhaberin, die das Herz am rechten Fleck hat und mit ihrem Vermögen nicht nur Bilder kauft und ein Museum errichtet, sondern auch ihren Zeitgenossen finanziell unter die Arme greift.
Viel Leid entstand dadurch, dass sie sich in Max Ernst verliebte, der aber ihre Gefühle nicht so erwiderte, wie sie es sich erhofft hatte. Irgendwann holt diese Einsicht sie ein, aber bis dahin muss sie einige Enttäuschungen ertragen.
Das Hörbuch wird abwechslungsreich vorgetragen und bietet ein interessantes und amüsantes Hörerlebnis. Allerdings schleichen sich bisweilen ein paar Längen ein, die die Autorin hätte vermeiden können, z.B. belanglose Plaudereien oder die ständige Wetterbeschreibung (es war Winter und sehr kalt.....).
Peggy ist eine Frau, die sich nicht an Konventionen festhält, sie liebt Grenzüberschreitungen. Sie mag das freie Leben in New York, liebt Bars und Theater, und natürlich die zahlreichen Treffen mit der Künstlerelite. Hier ist so mancher Name zu lesen, den ich nicht erwartet hätte, z.B. André Breton oder Marcel Duchamp, und ich fand es interessant, hier einen Einblick in die Charaktere dieser bekannten Künstler zu bekommen, wenn auch nur flüchtig. Besonders beachtlich finde ich, dass Miss Guggenheim, obwohl sie mit so vielen Künstlern befreundet ist, in ihrer Galerie auch bislang unbekannte Maler fördert, und dies lässt sie sich einiges kosten. Sie erntet dafür hohe Anerkennung von Seiten der Kunstkritiker. Außerdem fördert sie die weiblichen Künstlerinnen, die bislang i.A. keine große Rolle spielten. Ich denke, man kann Peggy in die Riege der 'starken Frauen' einordnen, denn sie war mutig und hatte Durchsetzungsvermögen, auch in der Männerwelt der New Yorker Bohème.
Was mir nicht verständlich wird, sind die Abschweifungen nach Venedig (1958). Sie haben mit der Haupthandlung nichts zu tun. Aber wahrscheinlich war Venedig Peggys Ruheort, wo sie sich vom turbulenten Leben in NY erholen konnte. Darüber erfahren wir leider nichts Näheres.
Ein hörenswertes und informatives Hörbuch!

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Veröffentlicht am 17.10.2020

Das große Glück in Anatolien und sein drastisches Ende

Die zitternde Welt
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Maria ist schwanger und möchte sich nicht den Erniedrigungen aussetzen, die in ihrem kleinen Heimatdorf auf sie warten, denn der Vater des Kindes hat sich überraschend nach Anatolien begeben, um am Bau ...

Maria ist schwanger und möchte sich nicht den Erniedrigungen aussetzen, die in ihrem kleinen Heimatdorf auf sie warten, denn der Vater des Kindes hat sich überraschend nach Anatolien begeben, um am Bau der Bagdadbahn mitzuwirken. Ausgestattet mit einem starken Willen und einer gehörigen Portion Mut beschließt die Hochschwangere, Wilhelm in Anatolien zu suchen und ihn mit der Situation zu konfrontieren. Hier findet diese Frau meinen höchsten Respekt, denn wir befinden uns in der Zeit um 1900, als Frauen in der Gesellschaft eine untergeordnete Rolle zugewiesen bekamen und sich zu fügen hatten.
Maria erreicht ihr Ziel, ein kleines Dorf in Anatolien, und eine traumhafte Zeit beginnt: ein großes Haus, Bedienstete, ein schöner Garten, Kindersegen, ein eigenes Pferd usw. Wilhelm hat es zwar nicht leicht mit dieser rebellischen Frau, aber er liebt sie und sorgt für sie und die Kinder. Maria ist klug und stark, sie agiert in Ruhe, um ihre Ziele zu erreichen. In ihrer Ruhe liegt die Kraft!
Der erste Teil des Buches beschreibt dieses herrliche Leben in Anatolien, in dem es Höhen und Tiefen gibt, wo aber die Lebensfreude Marias deutlich spürbar ist.
Alles gerät jedoch ins Wanken, als der erste Weltkrieg ausbricht und das Verbleiben im osmanischen Reich unmöglich wird. Maria und Wilhelm haben Angst um die Zukunft ihrer wehrpflichtigen Söhne und verschaffen ihnen eine neue Identität, wodurch der Fortbestand der Familie zu zittern beginnt. Es wird viel schlimmer als erwartet....die beiden Söhne erleiden einen totalen Identitätsverlust. Türke? Franzose? Deutscher? Erich und Hans haben keine Wurzeln mehr und verlieren sich selbst. Hans überlebt den Krieg nicht, Erich bleibt körperlich unversehrt, ist aber ein seelisches Wrack.
Der ganze zweite Teil des Buches dreht sich überwiegend um Erich und seine Versuche, im Leben wieder Fuß zu fassen. Hier hätte ich gern noch mehr Informationen zu Marias Entwicklung gelesen, denn sie entwickelt sich zu einer gehässigen, tyrannischen und lethargischen Frau. Gern hätte ich mehr darüber erfahren, wie es dazu kommen konnte. Dazu werden leider nur Andeutungen gemacht.
Der Schreibstil der Autorin ist sehr ansprechend und flüssig, die Charaktere der einzelnen Protagonisten sind präzise gezeichnet, so dass man sie leibhaftig vor Augen und im Kopf hat. Sehr informativ fand ich den historischen Hintergrund, denn über diese Zeit und die politischen Entwicklungen, besonders im Nahen Osten, wusste ich nicht viel. Hier hat die Autorin intensive Recherchearbeit geleistet.
Alles in allem: Eine Familiensaga der etwas anderen Art, sehr lesenswert und informativ, auch wenn es nicht um den Zusammenhalt der Familie geht, sondern um ihr Zerbrechen!

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Veröffentlicht am 03.10.2020

Hart erkämpfter und teuer bezahlter Ruhm

Madame Curie und die Kraft zu träumen (Ikonen ihrer Zeit 1)
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Dieses Buch musste ich unbedingt lesen, da es mich an die Lektüre eines Buches über Mileva Marić, die erste Ehefrau Albert Einsteins, erinnert hat, die großen Anteil an seinen Studien hatte, aber als Frau ...

Dieses Buch musste ich unbedingt lesen, da es mich an die Lektüre eines Buches über Mileva Marić, die erste Ehefrau Albert Einsteins, erinnert hat, die großen Anteil an seinen Studien hatte, aber als Frau nicht als Wissenschaftlerin akzeptiert wurde. Da beide Frauen ungefähr zur selben Zeit gelebt haben, war für mich ein Vergleich interessant. Ich habe festgestellt, dass zwar einige Parallelen da sind, aber Marie durch ihren Ehemann Pierre nicht eingeschränkt, sondern im Gegenteil immer wieder ermutigt und inspiriert wurde.
Marie Curie hat sich einen Namen gemacht als Physikerin und Chemikerin, denn sie prägte den Begriff 'Radioaktivität' und erarbeitete sich zwei Nobelpreise. Ihr gelang die Entdeckung der chemischen Elemente Radium und Polonium, außerdem war sie die erste Frau, die einen Lehrstuhl an der Sorbonne inne hatte.
Ein großer Teil des Buches widmet sich ihrer Kindheit und Jugend, in meinen Augen ein wenig zu sehr, denn ich hätte gern mehr über ihr späteres Leben erfahren, z.B. über ihr Leben als alleinerziehende Mutter, nachdem ihr Mann Pierre bereits mit 46 Jahren verstorben war. Zwar denke ich, dass Maries frühe Phasen sie stark geprägt haben, denn sie hatte es nicht leicht als ehrgeiziges junges Mädchen im russisch besetzten Polen. Sie wollte unbedingt studieren, aber das war zu der Zeit nicht der Normalfall. Sie musste immer wieder kämpfen, und dies hat sie stark gemacht. Von daher kann ich die detaillierte Schilderung dieser frühen Jahre verstehen. Allerdings empfand ich einiges hier als langatmig, z.B. die Beschreibung der Festlichkeiten und Bräuche im ländlichen Polen.
Marie hatte zu kämpfen, um ihre Träume zu verwirklichen, immer wieder kämpfen, auch für die Rechte als Frau, für die gemeinhin keine wissenschaftliche Karriere in Frage kam, erst recht nicht in den Naturwissenschaften. Sie erlitt Demütigungen und Enttäuschungen, realisierte aber trotzdem ihre Träume. Dies allerdings zu einem hohen Preis, denn der ständige Umgang mit den Chemikalien machte die Curies krank, womit der frühe Tod Pierre Curies zu erklären ist. Ich denke, Marie hat dann einiges an ihrem Lebensstil geändert, um für ihre Töchter erhalten zu bleiben. Darüber hätte ich gern mehr erfahren, das fehlt mir in diesem Buch.
Ansonsten war das Buch sehr informativ und interessant, auch der historische Aspekt des besetzten Polens. Der Schreibstil der Autorin ist flüssig, gut verständlich und anschaulich. Die naturwissenschaftlichen Grundlagen sind einfach und klar beschrieben, so dass ich als Laie alles gut verstanden habe.
Alles in allem kann ich das Buch wirklich empfehlen, denn Marie hatte ein sehr bewegtes Leben, reich an Enttäuschungen, aber auch voller Liebe. Und irgendwie schwebt über allem die Botschaft, dass es sich lohnt zu kämpfen....

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Veröffentlicht am 01.08.2020

Obsession ohne Ausweg

Ich will dein Leben
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Schon seit ihrer Kindheit ist Tamsyn (16) von dem Haus auf den Klippen fasziniert, denn hier ist sie oft mit ihrem Vater gewesen. Dieser ist nun seit Jahren tot, aber die Faszination ist geblieben, mehr ...

Schon seit ihrer Kindheit ist Tamsyn (16) von dem Haus auf den Klippen fasziniert, denn hier ist sie oft mit ihrem Vater gewesen. Dieser ist nun seit Jahren tot, aber die Faszination ist geblieben, mehr noch entwickelt sich die Begeisterung in eine regelrechte Obsession, denn die Beobachtung dieses Hauses von einem Felsplateau aus wird zum Lebensinhalt für das Mädchen. Eine reiche Londoner Familie, die Davenports, benutzt das Haus als Ferien- und Wochenendhaus, und Tamsyn beobachtet mit Begeisterung das luxuriöse Leben der Familie und träumt sich in ihre Mitte. Als sie deren Tochter Edie kennenlernt und sich sogar etwas wie Freundschaft entwickelt, fühlt sich Tamsyn im siebten Himmel, denn nun ist sie oft Gast im Haus auf den Klippen und sieht sich schon fast als Familienmitglied. Doch die schöne Fassade bröckelt, und das Schicksal nimmt seinen Lauf....
Mir hat das Buch weitgehend gut gefallen, denn es ist spannend geschrieben, nicht im kriminalistischen Sinne durch ständige Action-Elemente, sondern durch Tamsyns Steigerung in die Obsession ergeben sich immer wieder neue Überraschungsmomente und psychosoziale Aspekte. Auch die Stimmung ist sehr atmosphärisch, und man hat von Beginn an das Gefühl, dass etwas Unberechenbares passieren wird. Ich habe immer ins nächste Kapitel hineingelesen, bevor ich das Buch beiseite legte, um zu sehen, wie es weitergeht.
Die Autorin hat viel Herzblut in die Darstellung der verschiednen Protagonisten gelegt, um ihre Charaktere herauszuarbeiten, z.B. die unglaubliche Naivität und Gutgläubigkeit Tamsyns wie auch die Arroganz und Hinterhältigkeit Edies. Leider ist ihr dies nur zum Teil gelungen, denn manches wirkt aufgesetzt und unglaubwürdig. Sympathisch wirkt auf mich keine der Hauptfiguren, denn alle haben ihre abgründigen Geheimnisse.
Der Schreibstil ist flüssig und anschaulich. Die Autorin bedient sich der Perspektivenwechsel, so dass der Plot von allen Seiten beleuchtet wird, was die Geschehnisse erklärt bzw. abrundet. Nach und nach erschließen sich dem Leser so Details aus der Vergangenheit, als der Vater Tamsyn versprach, dass sie eines Tages im Haus auf den Klippen wohnen würden. Außerdem wird allzu deutlich, dass Tamsyn psychiatrische Hilfe dringend braucht, weil sie den Tod des Vaters nicht allein verarbeiten konnte.
Alles in allem hat mich das Buch gut unterhalten und in Spannung versetzt, auch wenn mir nicht alles authentisch vorkam. Ich vergebe deshalb vier Sternchen.

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