Profilbild von Wacaha

Wacaha

Lesejury Star
offline

Wacaha ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Wacaha über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.11.2020

Hat mich nicht gefesselt

Lügenpfad
2

Dorfpolizist Frank Liebknecht wirbelt alten Staub auf, als er eigentlich aus privaten und nichtigen Gründen im Vielbrunner Zeitungsarchiv stöbert. Vor über zwanzig Jahren gab es dort nämlich eine Friedensbewegung, ...

Dorfpolizist Frank Liebknecht wirbelt alten Staub auf, als er eigentlich aus privaten und nichtigen Gründen im Vielbrunner Zeitungsarchiv stöbert. Vor über zwanzig Jahren gab es dort nämlich eine Friedensbewegung, die gegen das amerikanische Munitionslager im Vielbrunner Wald demonstriert hat. Neugierig geworden stellt Frank im Dorf Fragen über diese Zeit voller explosiver Spannung und angespannter Stimmung und ahnt dabei nicht, dass er dadurch schlafende Hunde weckt. Wirklich bewusst, was er da ins Rollen gebracht hat, wird ihm erst, als sein Freund Marcel verschwindet – und es an Frank liegt, die noch unbekannten Fäden der Vergangenheit zusammenzuführen und bis in die Gegenwart weiter zu spinnen. Wird es ihm gelingen, das alte Rätsel rechtzeitig zu lösen, um Marcel zu retten?

„Lügenpfad“ ist der fünfte Band von Brigitte Pons Odenwald-Reihe um den Ermittler Frank Liebknecht. Ein Quereinstieg ist jedoch problemlos möglich, relevante Informationen aus den ersten Bänden werden gut in die Handlung eingeflochten, so dass die ersten Bände nicht gelesen werden müssen, um dem Geschehen zu folgen.

Der Einstieg in „Lügenpfad“ hat sich für mich leider etwas schwierig gestaltet, ich habe sehr lange nach Zusammenhängen gesucht und konnte über die Hälfte des Buches keine Verknüpfungen finden. Vielmehr gab es zahlreiche parallel verlaufende Handlungsstränge, die erst relativ spät und unspektakulär, teilweise zufällig und nicht besonders raffiniert zueinander gefunden haben. Für mich hatte das Buch leider keinen wirklichen Fokus, ich habe bis zum Schluss nicht wirklich verstanden, worum es eigentlich geht und was der Kernpunkt der Geschichte sein soll. Der rote Faden war nicht erkennbar. Die im Klappentext angekündigte Geschichte rund um das amerikanische Munitionslager hat kaum Beachtung gefunden. Da mich diese Ursprungsgeschichte aus den 80iger Jahren auf das Buch neugierig gemacht hatte, war ich hinsichtlich seiner kurzen, nebensächlichen Abhandlung enttäuscht. Auch der Bezug zur RAF schien erzwungen und wenig authentisch. Insgesamt hat sich die Geschichte nur sehr langsam weiterentwickelt und wurde eher verwirrend als aufregend. Es kam keinerlei Spannung auf und das Buch ist nur zäh zu Ende gegangen. Für mich las sich „Lügenpfad“ leider schwierig und ich bin weder mit den Figuren, noch mit der Story wirklich warm geworden.

Frank Liebknecht als Protagonist blieb für mich zunächst eher blass. Im Folgenden hat er mich durch sein unprofessionelles und wenig nachvollziehbares Verhalten eher genervt. Er erschien behäbig und launisch und nicht wie der junge, engagierte und beliebte Dorfpolizist, den er darstellen sollte. Auch die Nebenfiguren blieben blass und wenig greifbar, lediglich Isolde als Chefin hat mir imponiert.

Schade fand ich auch, dass „Lügenpfad“ als „Odenwald-Krimi“ angekündigt wurde, ich aber wenig bis gar kein typisches Lokalkolorit finden konnte. Nähere Beschreibungen zu Landschaft, Gegend und Menschen waren eher allgemein gehalten, so dass man das Buch auch in zahlreiche andere Regionen Deutschlands verorten könnte. Für den angekündigten Lokalkrimi war mir alles zu oberflächlich gehalten.

Fazit:
Die Grundidee mit dem amerikanischen Munitionslager und der RAF-nahen Friedensbewegung im Odenwald war eine gute, an der Umsetzung hat es leider gemangelt. Mir fehlte eine nachvollziehbare, authentisch wirkende Geschichte, sympathische Protagonisten, eine stimmige Zusammenführung der Handlungsstränge und der Odenwald-Bezug. Ich werde deshalb keine weiteren Geschichten dieser Reihe lesen.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Charaktere
  • Erzählstil
  • Cover
  • Spannung
Veröffentlicht am 09.10.2020

Mysteriöse Brandunfälle und Verschwörungen in Russland

Incendium
0

Der Journalist Thomas Papst hat schon bessere Zeiten hinter sich – beruflich wie privat läuft es nicht besonders gut bei dem exzentrischen Einzelgänger und er benötigt dringend mal wieder eine wirklich ...

Der Journalist Thomas Papst hat schon bessere Zeiten hinter sich – beruflich wie privat läuft es nicht besonders gut bei dem exzentrischen Einzelgänger und er benötigt dringend mal wieder eine wirklich gute Story, um an frühere Erfolge anzuknüpfen und wieder auf die Beine zu kommen. Da erfährt er von dem Brandunfall eines Industriellen, der mehr Fragen als Anworten aufweist – niemand kann sich erklären, was mit Johannes Kottal passiert ist. Thomas´ journalistische Neugier ist geweckt und er findet bei seiner Recherche zahlreiche weitere Fälle, die ebenso mysteriös und unerklärbar sind. Die Spur führt nach Moskau und ohne zu ahnen, in welch gefährliche Machenschaften sich Thomas einmischt, macht er sich auf die Reise ins ferne, unwirtliche Russland.

Der Thriller „Incendium“ ist das Debüt des Heilbronner Autorenduos Thorsten Frank und Stefan Zörner. Das Cover stellt passend zur Übersetzung des Titels einen Feuerball im Schnee dar, allerdings wirkt das Motiv verschwommen und der Druck nicht besonders hochwertig. Die verbrannt anmutende Schrift hingegen ist absolut stimmig. Der Feuerball wirkt geheimnisvoll und gefährlich und lässt auf ein hochspannendes Buch hoffen.

Spannend ist das Buch auch durchaus, auch wenn es etwas langatmig beginnt, da zunächst die zahlreichen unterschiedlichen Handlungsstränge und Personen eingeführt werden. Die Perspektiv- und Zeitwechsel wirkten zunächst sprunghaft und haben mich verwirrt, erst ab ca. der Hälfte des Buches war mein Verständnis groß genug, dass ich zu Beginn der Kapitel diese Problemlos den Strängen und Personen zuordnen konnte. Solche Startschwierigkeiten habe ich beim Lesen selten und leider haben sie meinen Lesefluss doch sehr gestört. Auch die noch vorhandenen Schreib-, Grammatik- und Satzbaufehler fielen mir auf. Die Kapitel an sich sind eher lang gehalten und in einem erzählenden, temporeichen Schreibstil verfasst. Nach und nach hat mich die Handlung dann aber doch gepackt und der rote Faden wurde erkennbar. Zahlreiche überraschende Wendungen und neue Handlungsstränge erklären den Umfang des Buches und haben mich rätseln lassen, wie all diese Geschichten wohl am Ende zusammenhängen werden. Abstrus wurde es dann bei Thomas´ komischem Selbstfindungstrip bei den Tugusen, der die Gesamthandlung dann doch sehr verzögerte und das eigentliche Hauptthema fast vergessen ließ. Dies fand ich etwas weit hergeholt und nicht wirklich stimmig zur Gesamtgeschichte. Auch mit den mysteriösen, übernatürlichen Entitäten konnte ich wenig anfangen – sehr fantasievoll, aber für meinen persönlichen Geschmack zu unrealistisch und abgehoben. Der Showdown am Ende wäre auch ohne diese spannend genug gewesen, der Kampf auf dem Götzenberg war Action pur und hat für krasse, brutale Szenen gesorgt. Nicht ganz so glücklich war ich auch mit dem offenen Ende, da mir zu viele wichtige Fragen unbeantwortet blieben.

Mit diesem als Protagonisten bin ich leider auch nicht warm geworden, da er mir durch und durch unsympathisch war. Ich empfand ihn als sehr selbstbezogen, undankbar, naiv und zynisch. Er ist nur an seiner Story interessiert und riskiert durch seine Unbedachtheit das Leben seines Freundes. Sehr unprofessionell, kein Wunder, dass er trotz guter Intuition beruflich erfolglos bleibt. Seine große Wandlung und Selbstfindung habe ich ihm überhaupt nicht abgenommen und gerade sein Abgang war schon sehr heroisch und pathetisch.

Insgesamt war ich mir lange Zeit nicht sicher, wohin die Geschichte möchte und was sie eigentlich ist: Handelt es sich um eine journalistische Enthüllungsstory, einen Thriller mit historischen Bezügen oder um Science Fiction? Gerade diese übernatürlichen Elemente in einem Thriller habe ich nicht erwartet und sie haben mir auch nicht besonders gut gefallen. Insgesamt gab es für meinen Geschmack zu viele zu unterschiedliche Handlungsstränge, deren Zusammenhänge teilweise etwas konstruiert wirkten und die sich über Seiten hinweg etwas lang dahinzogen. Einen Extrapunkt gibt es jedoch für die permanent hohe Spannung, die man dem Thriller keinesfalls absprechen kann.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 09.09.2020

Schnell abgehandelter Fall in ländlicher Idylle

Bunburry - Nur das Schaf war Zeuge
2

Im idyllischen Bunburry gibt es eine neue Attraktion: Der ortsansässige Neil Walker bietet ein Survival-Camp an, um insbesondere verwöhnten Städtern das Landleben nahe zu bringen. Doch einer seiner Teilnehmer ...

Im idyllischen Bunburry gibt es eine neue Attraktion: Der ortsansässige Neil Walker bietet ein Survival-Camp an, um insbesondere verwöhnten Städtern das Landleben nahe zu bringen. Doch einer seiner Teilnehmer stürzt nachts in einen Steinbruch und stirbt. Die Polizei geht von einem tragischen Unfall aus, doch die junge Polizistin Emma sowie das Bunburry-Trio rund um Alfie, Liz und Marge sind sich dessen nicht so sicher: Neil ist als sehr verantwortungsbewusst und vorsichtiger Lagerleiter bekannt und hätte seine Teilnehmer niemals in Gefahr gebracht. Um die Wahrheit herauszufinden nimmt Alfie selbst am Survival-Camp teil – und ist als unerfahrener Indoor-Fan absolut prädestiniert für Undercover-Ermittlungen inmitten von Schafen, Druiden und rauer englischer Natur.

Bei „Bunburry – nur das Schaf war Zeuge“ handelt es sich um die achte Folge der britischen Cosy-Crime-Serie rund um das Bunburry-Trio von Helena Marchmont. Auch ohne Kenntnis der Vorgängerbände war der Einstieg problemlos möglich. Viele Informationen, von denen nicht alle notwendig waren, wurden während der Geschichte kurz erwähnt, um Neueinsteiger wie mich abzuholen. Auch wurde ein neuer Handlungsstrang eröffnet, welcher in den Folgebänden sicherlich präsenter sein wird, da er hier nur eingeleitet, aber nicht mehr weiterverfolgt wurde.

Das Cover spiegelt dem Leser eine heile ländliche Idylle vor und beim humorvollen Titel musste ich Schmunzeln. Leider wurden bei beidem meine Erwartungen nicht erfüllt, da Schafe eigentlich nicht wirklich eine Rolle im Buch spielen. Cover und der Titel versprechen also mehr, als das Buch geben kann – schade!

Den Schreibstil Helena Marchmonts fand ich hingegen sehr unterhaltsam, da das Buch flüssig und humorvoll geschrieben ist. Insbesondere der britische Humor Oscar de Linnets war einfach nur köstlich! Ebenfalls wurde die entschleunigte, ländliche Atmosphäre Bunburrys gut dargestellt. Das Bunburry-Trio mag sehr sympathisch und vertraut miteinander sein, allerdings gab es doch sehr viele Protagonisten für wenige Buchseiten, so dass ich zwar nicht durcheinandergekommen bin, aber auch nicht das Gefühl hatte, irgendeinen Person wirklich kennengelernt zu haben. Auch hat das berühmte Bunburry-Trio sehr wenig zur Aufklärung des Falles beigetragen.

Des Weiteren empfand ich das Buch mit nur 116 Tolino-Seiten als extrem kurz. Dementsprechend schnell war der eigentliche Fall dann auch abgehandelt, gerade zum Ende hin musste noch viel Story auf wenigen Seiten untergebracht werden – sehr zum Leidwesen des Inhalts. Die Aufklärung des Falles war zwar im Ganzen schlüssig, aber für meinen Geschmack etwas zu einfach und unspektakulär. Ich war enttäuscht vom eigentlichen Inhalt.

Insgesamt war „Bunburry – nur das Schaf war Zeuge“ eine nette, kurzweilige Geschichte, die mich aber keinesfalls vom Hocker gerissen hat.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Charaktere
  • Erzählstil
  • Cover
  • Spannung
Veröffentlicht am 31.08.2020

Die furchtbar passive Ex-Ehefrau

Tagebuch einer furchtbar langweiligen Ehefrau
0

Die Kanadierin Diane hat alles, um sich ein erholsames Leben zu gestalten: Ein Häuschen in der Vorstadt, einen ganz angenehmen Job, drei erwachsene Kinder und ihre beständige Ehe mit Jacques, in der sie ...

Die Kanadierin Diane hat alles, um sich ein erholsames Leben zu gestalten: Ein Häuschen in der Vorstadt, einen ganz angenehmen Job, drei erwachsene Kinder und ihre beständige Ehe mit Jacques, in der sie es sich bequem gemacht hat. Doch von einen Tag auf den nächsten gerät ihr Leben aus den Fugen: Jacques gesteht ihr, dass er sich in eine jüngere Frau verliebt hat und Diane verlassen wird, da er sie als zu langweilig empfindet. Diese kann es nicht fassen und reagiert ganz und gar nicht so auf die Nachricht, wie man es von einer braven, biederen Ehefrau erwarten würde.

Das freche und frische Cover hat mich direkt angesprochen, da der gähnende Frauenmund im wilden Muster definitiv Aufmerksamkeit erregt. Auch der Titel des Buches hat mich zum Lachen gebracht und meine Neugier war definitiv geweckt. Ich habe mir einen bitterbösen, bissigen Blick auf die Ehe als Institution versprochen und unkonventionelle Verhaltensweisen, um mit deren Ende umzugehen.

Leider hat das „Tagebuch“ diese Erwartungen nicht wirklich erfüllt. Natürlich verfügt das Buch über humorvolle Stellen und sarkastische Selbstironie der Protagonistin, verliert sich aber leider häufig in Alltagsbelanglosigkeiten und weißt nicht wirklich einen roten Faden oder eine zusammenhängende Handlung auf. Der Schreibstil ist neutral gehalten und lässt sich flüssig lesen, an einigen Stellen werden schöne Metaphern eingebaut und der trockene Humor hat mich einige Male zum Lachen gebracht. Auch hat mir die Situationskomik einiger Szenen gut gefallen. Demgegenüber stehen Szenen, über die ich nur mit dem Kopf schütteln konnte, da ich sie eher als bedenklich und makaber als witzig empfunden habe. Hervorzuheben sind dabei die Überschriften der einzelnen Kapitel, da diese den jeweiligen Inhalt prägnant-ironisch zusammenfassen und somit sehr passend gewählt wurden. Das Ende war irgendwie unbefriedigend für mich, ich habe die ganze Zeit das Gefühl, dass die Trennung für Diane noch nicht ausgestanden ist – es fehlt ein richtiger Abschluss und die tatsächliche Verarbeitung des Erlebten.

Ich-Erzählerin Diane ist eine typische Durchschnittsfrau. Ich war ihr gegenüber häufig zwiegespalten: Einerseits tut sie mir leid, da sie an sich eine sympathische, nette und etwas verrückte Person ist. Ich konnte mit ihr mitfühlen und angesichts ihres Verlustes auch mitleiden. Andererseits hat sie mich genervt, da sie vor Selbstmitleid schier zerflossen ist und häufig für mich nicht nachvollziehbar gehandelt hat, beispielsweise durch kurzentschlossene Übersprungsreaktionen. Nach der Nachricht ihres Ehe-Aus war sie zudem sehr passiv und hat nur auf das reagiert, was ihr wiederfahren ist, anstatt Dinge von sich aus voranzutreiben. Der Ex-Mann Jacques an sich tritt selbst gar nicht in Erscheinung und bleibt somit blass.

Insgesamt hat mich das Buch zwar ganz nett unterhalten, mehr aber nicht. Die erhoffte bitterböse und erfrischend andere Sichtweise über die Ehe blieb leider aus, auch wenn der humorvoll-sarkastische Schreibstil an vielen Stellen doch durchaus amüsant war.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 04.08.2020

Feministischer Rache-Roman

Wings of Silver. Die Rache einer Frau ist schön und brutal (Golden Cage 2)
0

Die erfolgreiche Geschäftsfrau Faye ist am Ziel: Ihren skrupellosen und brutalen Ex-Mann Jack hat sie hinter Gitter gebracht, ihre kleine Tochter ist in Sicherheit und ihr Unternehmen „Revenge“ expandiert. ...

Die erfolgreiche Geschäftsfrau Faye ist am Ziel: Ihren skrupellosen und brutalen Ex-Mann Jack hat sie hinter Gitter gebracht, ihre kleine Tochter ist in Sicherheit und ihr Unternehmen „Revenge“ expandiert. Sie hat die Vergangenheit hinter sich gelassen und sich ein neues Privatleben fernab der schwedischen Heimat in Italien aufgebaut. Doch plötzlich häufen sich seltsame Aktienverkäufe ihrer Aktionärinnen und Faye muss um das Bangen, was sie gemeinsam mit ihrer verstorbenen Freundin Chris aufgebaut hat. Zu allem Unglück gelingt es Jack auch noch, aus dem Gefängnis auszubrechen – und urplötzlich ist nicht nur Fayes Geschäft, sondern darüber hinaus ihr Leben in Gefahr.

„Wings of Silver“ ist der zweite Band der „Golden-Cage“-Reihe der schwedischen Autorin und Unternehmerin Camilla Läckberg. Der Titel für ihr Buch ist sehr passend gewählt und der Untertitel „Die Rache einer Frau ist schön und brutal“ hat mich direkt angesprochen und neugierig gemacht. Auch das Cover ist hochwertig und sehr schön gestaltet: Das Motiv des abgebrochenen „Revenge-Lippenstiftes“, mit dem Fayes Name geschrieben ist, symbolisiert sowohl die Gefahr, in der sie persönlich sich befindet und repräsentiert ihr strauchelndes Unternehmen. Die silberne Schriftfarbe ist ein absoluter Hingucker und passt perfekt zum Titel. Ein absolut gelungenes Cover!

Camilla Läckbergs Schreibstil ist fesselnd und spannend, sie beschreibt anschaulich und sorgt für Tempo. Lediglich die erotischen Szenen waren mit teilweise etwas zu vulgär beschrieben, aber das ist bekanntlich Ansichtssache. Das Buch ist in vier Teile gesplittet, die jedesmal enden, wenn ein neuer, lebensverändernder Vorfall in Fayes Leben geschieht. Zwischen den erzählenden Parts zu Fayes Gegenwart werden regelmäßig Szenen von „damals“ in Fjällbacka aus der „Ich-Perspektive“ eingeschoben, die teilweise so brutal und ekelerregend waren, dass mir vor Mitleid und Grauen Tränen in die Augen getreten sind. Ziemlich schnell ergeben diese Szenen für den Leser aber ein stimmiges Bild zur eigentlichen Geschichte, falls die Autorin hier für ein Rätsel sorgen wollte, war dieses leider sehr schnell gelöst. Insgesamt erschien mir der Roman an vielen Stellen leider sehr vorhersehbar und wenig überraschend.

Insgesamt war die Story an sich gut und die Idee dahinter toll. Leider hat sie sich aber nicht in sich abgeschlossen angefühlt, mir fehlten teilweise Informationen aus dem ersten Band, so dass nicht alle Handlungsstränge voll nachvollziehbar oder verständlich waren. Auch endet die Geschichte offen, so dass noch genug Stoff für einen dritten Band bleibt. Gut beschrieben wurde die Businesswelt, in der sich Faye bewegt, wobei allerdings leider das Produkt der Firma und Details zum entscheidenden Twist leider zu allgemein und oberflächlich blieben.

Faye als Protagonistin wurde für mich leider nicht greifbar, vielmehr hat sie mich in weiten Teilen des Buches eher genervt. Ich habe sie als sehr widersprüchlich wahrgenommen: Einerseits ist sie eine knallharte, intelligente Geschäftsfrau, dann auch wieder liebende Mutter und zuverlässige Freundin, auch starke Feministin, die den Männern nicht wiederstehen kann. Ebenfalls ist sie eine skrupellose, fast psychopathisch-berechnende Mörderin, dann aber auch wieder ein naives und gutgläubiges kleines Mädchen, das geliebt und bewundert werden möchte. Mir waren das leider zu viele Charakterzüge innerhalb einer Person, so dass ich mit Faye nicht warm geworden bin und sie als unauthentisch empfunden habe. Andere Personen spielen eher eine untergeordnete Rolle, obwohl beispielsweise auch ihre Freundinnen Alice und Ylva interessant gewesen wären. Ex-Mann Jack wird ebenfalls kaum erwähnt, obwohl man nach dem Klappentext erwartet, ihn im Fokus zu finden. Jedoch taucht er erst nach der Hälfte des Buches überhaupt auf und nimmt eher kleine Rolle ein, man lernt ihn als Leser überhaupt nicht kennen. Vor der Überrepräsentation Fayes ist auch deren Leben in Italien, das sie ja verteidigen möchte, völlig außen vor geblieben.

Hin- und hergerissen bin ich zum Thema Feminismus, das ständig und an vielen Stellen thematisiert wurde. Schön war es, die zahlreichen starken Frauen kennenzulernen und mitzuverfolgen, wie sie sich verbündet und Freundschaften entstanden sind. Hier wird Frauenpower wirklich spürbar!
Andererseits war mir das Thema zu omnipräsent und zu fanatisch, es herrschte ein striktes Schwarz-weiß-Denken vor: Männer sind entweder brutale Vergewaltiger oder versuchen hinterlistig Frauen übers Ohr zu hauen und auszunutzen, während Frauen alle gut und vertrauenswürdig sind und Schwesternschaft das höchste Gut ist. Dies ist nicht nur falsch, sondern auch absolut unfair der Männerwelt gegenüber, es gab im Buch keinen einzigen ehrlichen Mann.

Schade, dass in Fayes Welt Männer insgesamt nicht gut wegkommen, denn Story und Schreibstil hatten durchaus Potenzial. Die Umsetzung hat mich leider aber nicht überzeugt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere