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Veröffentlicht am 01.09.2020

Würdiger Abschluss der Trilogie

Feuerrache
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„Feuerrache“ ist nach „Blutblume“ und „Scheintod“ der Abschlussband von Louise Boije af Gennäs‘ Trilogie um Sara, eine junge Frau, die von einer einflussreichen Organisation verfolgt wird, deren Mitglieder ...

„Feuerrache“ ist nach „Blutblume“ und „Scheintod“ der Abschlussband von Louise Boije af Gennäs‘ Trilogie um Sara, eine junge Frau, die von einer einflussreichen Organisation verfolgt wird, deren Mitglieder offenbar an den Schaltstellen der Macht sitzen. Dreh- und Angelpunkt sind die brisanten Informationen, die ihr Vater ausgegraben und schlussendlich mit dem Leben bezahlt hat und deren Veröffentlichung mit aller Macht verhindert werden soll. Und dabei schrecken die Mächtigen auch nicht vor Mord zurück, um Sara einzuschüchtern. Ihr persönliches Umfeld ist permanent bedroht, Freunde, Familie, alle stehen im Fokus. Und dann ist da noch die geheime Widerstandsgruppe, die ihre eigenen Ziele verfolgt und Sara zum Spielball ihrer Sache machen will. Kann sie ihnen wirklich vertrauen?

Romane, in deren Zentrum Verschwörungstheorien stehen, gibt es zuhauf, aber die Guten kommen im Wesentlichen aus dem skandinavischen Raum. Das mag daran liegen, dass sich diese Nationen gerne als offen, tolerant und sozial präsentieren und ihren Dreck lieber unter besagten Teppich kehren. Louise Boije af Gennäs spielt in ihrer Trilogie mit der Realität, orientiert sich an zeitgenössischen Ereignissen und verknüpft diese mit Fiktion. Oder etwa doch nicht?

Es ist ein spannendes Szenario, das sich in diesem finalen Band rund um die sympathische Hauptfigur entfaltet. Vor allem, weil man davon ausgehen kann, dass die Autorin authentisches Material verwendet hat, um den Sumpf zu beschreiben, in dem auch die schwedische Gesellschaft watet. Aber das wissen wir ja bereits seit Stieg Larssons Milleniums-Trilogie, dem Meilenstein der skandinavischen Spannungsliteratur.

Noch eine kurze Schlussbemerkung: Die drei Bände sollte man unbedingt in Reihe lesen, da immer wieder Bezug auf vorhergehende Ereignisse genommen wird.

Veröffentlicht am 31.08.2020

Ein Protagonist, der im Gedächtnis bleiben wird

Kalmann
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Seit die Heringsschwärme ausgeblieben sind und die Fischfabrik geschlossen hat, ist es mit Raufarhöfn nur noch bergab gegangen. Die Bewohner sind abgewandert, sodass das Örtchen ganz im Nordosten Islands ...

Seit die Heringsschwärme ausgeblieben sind und die Fischfabrik geschlossen hat, ist es mit Raufarhöfn nur noch bergab gegangen. Die Bewohner sind abgewandert, sodass das Örtchen ganz im Nordosten Islands mittlerweile noch nicht einmal mehr 200 Einwohner hat. Einer von ihnen ist der Jäger und letzte Haifischer Kalmann Odinsson, der mit Cowboyhut, Sheriffstern und seiner Mauser im Gürtel dafür sorgt, dass alles seinen geregelten Gang geht. Bis er eines Tages eine Blutlache im Schnee findet. Eigentlich nicht weiter beachtenswert, wäre nicht zeitgleich Róbert McKenzie verschwunden, ein zwielichtiger Geschäftsmann mit dubiosen Kontakten. Als die Polizei eintrifft, um sich ein Bild vor Ort zu machen, sieht sich Kalmann genötigt, sie im Rahmen seiner Möglichkeiten zu unterstützen.

Kalmann ist speziell, naiv und fast schon so ehrlich, dass es schmerzt. Aber wenn es darauf ankommt ist er durchaus in der Lage, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Und er ist einsam, ganz besonders, seit sein Großvater im Pflegeheim ist, von dem er alles über die Welt und die Herstellung von Gammelhai gelernt hat und für den das Handicap seines Enkels nie ein Problem war.

Es ist ein leise erzählter Roman mit grandiosen Naturschilderungen und einer Hauptfigur, die im Gedächtnis bleiben wird. Mit viel Liebe zum Detail lässt uns der Autor an dem täglichen Leben seines Protagonisten teilhaben, zeigt uns die verschiedenen Facetten seiner Persönlichkeit und entfaltet nach und nach das Panorama eines isländischen Dorfes, das vom Aussterben bedroht ist. Und nicht zuletzt flicht Joachim B. Schmidt die Auswirkungen des Klimawandels auf die isländische Fischerei ein und übt Kritik an der Quotenregelung, die die Konzentration der Fischereirechte in den Händen weniger Geschäftemacher ermöglicht und somit den kleinen Fischern die Lebensgrundlage entzieht.

Veröffentlicht am 21.08.2020

Plädoyer gegen die Duldsamkeit

Wilde Freude
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Schmerzen, die Untersuchung, die Diagnose. Brustkrebs. Von einem Moment auf den anderen ändert sich ein Leben. Zerbricht in seine Einzelteile. Fragil war es schon immer. Seit dem Tod des eigenen Kindes ...

Schmerzen, die Untersuchung, die Diagnose. Brustkrebs. Von einem Moment auf den anderen ändert sich ein Leben. Zerbricht in seine Einzelteile. Fragil war es schon immer. Seit dem Tod des eigenen Kindes in Stücke gebrochen und nur notdürftig wieder zusammengesetzt. Aber wie soll es weitergehen? Wie mit der Diagnose leben? Wie die Behandlung überstehen? Ohne die unterstützende Hand des Mannes an ihrer Seite? Dieses Feiglings, der damit nicht umgehen kann, der sich plötzlich vor ihr ekelt. Die Flucht ergreift, sie alleine zurücklässt. Mit ihrem Schmerz und ihrer Verzweiflung.

Aber Jeanne hat Glück im Unglück. Sie findet Unterstützung. Drei Frauen, die das gleiche Schicksal teilen, aber sich von dem Kampf gegen die Krankheit nicht unterkriegen lassen. Ihr Leben in die Hand genommen haben und das Beste aus der Zeit machen wollen, die ihnen noch bleibt. Jeden Tag willkommen heißen. Leben, als wäre es der letzte. Und Jeanne ergreift die Hände, die ihr von ihren „Schwestern im Krebs“ angeboten werden und wandelt sich von der Fügsamen zur Kämpferin.

Leider trifft der Klappentext nicht im Entferntesten den Inhalt. Chalandons Roman ist kein Roadmovie, und den Vergleich zu Thelma & Louise kann ich nur in Ansätzen nachvollziehen. „Wilde Freude“ ist nicht nur ein bittersüßer Roman über persönliche Tragödien sondern auch über die weibliche Solidarität im Angesicht des Todes. Ein Aufruf zur Lebenslust und zum Widerstand gegen diese tückische Krankheit, bei der das Ende ungewiss ist. Er leiht den Frauen seine Stimme, beschönigt nichts, aber behandelt die Auswirkungen dieser tückischen Krankheit, sowohl auf die Patientinnen als auch auf die Menschen in ihrer Umgebung, mit viel Fingerspitzengefühl. „Wilde Freude“ ist ein schonungsloses Plädoyer gegen die Duldsamkeit, ein Aufruf, das Leben und die wilde Freude, die es auch in einer scheinbar ausweglosen Situation bieten kann, willkommen zu heißen. Eine beeindruckende, Mut machende Lektüre. Nachdrücklich empfohlen!

Veröffentlicht am 18.08.2020

Faktenreicher Augenöffner

Lecker-Land ist abgebrannt
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Bio, Vegan, Vegetarisch, Superfood – die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Ernährung ist ein Thema, das uns alle angeht und überall präsent ist. Und wenn man sich die Vielzahl der Kochsendungen im ...

Bio, Vegan, Vegetarisch, Superfood – die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Ernährung ist ein Thema, das uns alle angeht und überall präsent ist. Und wenn man sich die Vielzahl der Kochsendungen im TV, die Food Blogs und das Angebot an Kochbüchern und Zeitschriften anschaut, sollte man davon ausgehen können, dass sich die Mehrzahl der Konsumenten damit auseinandersetzt, was schlussendlich auf dem Teller landet. Weit gefehlt.

Bei den einen fehlt die Zeit, bei den anderen die Lust am Selbermachen, denn noch nie wurde so wenig gekocht wie heute. Dafür steigt der Verbrauch an Produkten aus dem Convenience-Bereich kontinuierlich an. Weitaus problematischer scheinen mir allerdings die Wissenslücken zum Thema Ernährung, und genau hier setzt Manfred Krieners „Lecker-Land ist abgebrannt“ an. Der Autor sagt uns nicht, was wir essen sollen, sondern gibt uns Informationen an die Hand, damit wir eine Entscheidungsgrundlage dafür haben, was wir essen WOLLEN.

Ohne erhobenen Zeigefinger, nicht wertend und teilweise auch mit Augenzwinkern, bietet Kriener seinen Lesern jede Menge nützliche Informationen. Allerdings sind diese in erster Linie für Verbraucher interessant, die sich noch nicht im Detail mit der Thematik beschäftigt haben. Zucker, Aquakultur und Tierhaltung sind hier die Reizworte, wobei es für die Produktion entsprechender Nahrungsmittel kaum einen Unterschied macht, ob man sich Bio- oder konventionelle Qualität anschaut. Ähnliches gilt für die gehypten Superfoods wie z.B. Chia, Goji, Weizengras etc., die ohne Problem durch heimische Samen und Früchte ersetzt werden können und die Inhaltsstoffe der Exoten meist sogar übertreffen. Und allemal eine besserer Ökobilanz haben. Das allerdings nur als Beispiel, entscheiden muss jeder Verbraucher für sich. Aber Kriener schaut sich auch die aktuellen Strömungen innerhalb unserer Esskultur an: bio, vegetarisch, regional und vegan. Gerade der Veganismus hat eine kulinarische Zeitenwende eingeläutet und eine neue Ernährungswelt geschaffen, die die Essgewohnheiten weltweit auf lange Sicht verändern könnte.

Ein gut recherchierter und faktenreicher Augenöffner, mit ausführlichen Anmerkungen und Quellenverweisen sowie einem detaillierten Register, der hoffentlich nicht nur dazu motiviert, sich mit dem Thema Ernährung auseinanderzusetzen, sondern auch den Rat des Autors zu beherzigen: „Kochen Sie selbst so oft wie möglich, meiden Sie jeden Industriefraß, misstrauen Sie den Fertiggerichten der Ernährungskonzerne.“

Veröffentlicht am 07.08.2020

Ein Highlight der Reihe

Der Bluthund
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Mit schöner Regelmäßigkeit erscheint jedes Jahr ein neuer Roman aus dem Reacher-Universum. Ob das zukünftig so bleiben wird sei dahin gestellt, hat Lee Child doch kürzlich bekanntgegeben, dass er nun seinen ...

Mit schöner Regelmäßigkeit erscheint jedes Jahr ein neuer Roman aus dem Reacher-Universum. Ob das zukünftig so bleiben wird sei dahin gestellt, hat Lee Child doch kürzlich bekanntgegeben, dass er nun seinen Ruhestand genießen möchte und deshalb den Staffelstab an seinen Bruder weiterreicht, der die Reihe fortführen soll. Zunächst mit ihm als Co-Autor, später allein.

„Der Bluthund“ stammt allerdings noch aus seiner Feder, obwohl er sich, zumindest inhaltlich, von den Vorgängern unterscheidet. Der einsame Wolf zeigt zu Beginn seine emotionale Seite, die wir so nicht von ihm kennen. Auch wenn sie nur von kurzer Dauer war, trauert er der Begegnung mit einer außergewöhnlichen Frau hinterher. Ja, richtig, er hat Liebeskummer, aber keine Angst, kurz nach der Eröffnungssequenz verfällt er wieder in alte Muster und schlägert, was das Zeug hält.

Wesentlich überraschender als Reachers Melancholie ist allerdings die eigentliche Storyline. In einem Kaff in Wisconsin entdeckt er in einer Pfandleihe einen Westpoint-Ring, Symbol für die erfolgreiche Absolvierung der Ausbildung an der renommierten Militärakademie. Die ehemalige Besitzerin - dass es eine Frau sein muss, schließt er aus der Größe des Rings - muss in einer großen finanziellen Notlage gewesen sein, wenn sie sich von ihm getrennt hat. Reacher, selbst hochdekorierter Ex-Militär, beschließt, den Ring der Eigentümerin zurückzugeben, aber das gestaltet sich schwieriger als erwartet.

Und da wären wir schon bei der zweiten Überraschung, mit der dieser Roman (im Original 2017 erschienen) aufwartet. Auch wenn er die alten Verhaltensmuster des Protagonisten beibehält, beschäftigt sich der Autor mit einem für die Vereinigten Staaten gesellschaftlich relevanten Thema, denn die im Irak-Einsatz schwerverletzte Veteranin ist abhängig von Schmerzmitteln und musste für deren Beschaffung den Ring versetzen.

Dass die Opioid-Krise ein großes, ein flächendeckendes Problem in den USA ist, dürfte mittlerweile bekannt sein. Ob Stadt oder Land, reich oder arm, die Schmerzmittel-Sucht zieht sich durch alle Schichten. Zur Information, zwischen 1999 und 2017 sind nach Behördenangaben fast 400.000 Menschen in den USA an den Folgen von Opioid-Missbrauch gestorben. Und das sind nur die offiziellen Zahlen, die Dunkelziffer dürfte weit höher sein.

Lee Child hat dieses wichtige Thema in eine gewohnt actionreiche Handlung gepackt, spannend und unterhaltsam inszeniert. Für mich ohne Frage ein Highlight der Reihe. Gerne mehr davon, Mr Child!