tolle Wohlfühlgeschichte
„Ein perfektes Ineinandergreifen von Form und Freiheit, Kontrolle und Zügellosigkeit, Vernunft und Impulsivität.“
(Link über die Musik in Love is loud)
Worum geht’s?
Franzis Leben ist vor allem von ...
„Ein perfektes Ineinandergreifen von Form und Freiheit, Kontrolle und Zügellosigkeit, Vernunft und Impulsivität.“
(Link über die Musik in Love is loud)
Worum geht’s?
Franzis Leben ist vor allem von einer Sache bestimmt: Sicherheit. Die junge Frau ist stets darauf bedacht, planvoll an Sachen heranzugehen, die sicherste Variante zu wählen und bloß nicht aufzufallen. Nach ihrem erfolgreichen Studium erlaubt sie sich jedoch einmal, aus der Sicherheit auszubrechen. Für ein freiwilliges soziales Jahr fliegt sie nach New Orleans, um den alten und sehr griesgrämigen Mann Hugo zu betreuen. Anfangs noch hochgradig überfordert von der Stadt, fängt New Orleans schon bald an, Franzi zu verändern. Und nicht nur die Stadt, auch ein verdammt gutaussehender Straßenmusiker namens Link stellt mit seiner lockeren Art Franzis Leben total auf den Kopf. Franzi ist fest entschlossen, das Beste aus diesem einen Jahr zu machen. Doch was ist, wenn ihr Herz danach nicht bereit ist, nach Deutschland zurückzukehren?
Love is loud ist Band 1 der „Love is“-Reihe. Die Geschichte ist in sich geschlossen, die Protagonisten der Folgebände sowie die alles verbindende Band kommen jedoch vor.
Schreibstil / Gestaltung
Das Cover ist mit seinen vielseitigen Verzierungen und bunten Farben sehr ansprechend und fröhlich. Die Gestaltung passt gut zu dem Handlungsort New Orleans. Das Cover ist ein Hingucker und erregt Aufmerksamkeit. Die Geschichte wird wechselnd durch Franzi und Link in der Ich-Perspektive erzählt. Die Geschichte verläuft linear, es gibt jedoch einige Zeitsprünge, meist mehrere Wochen umfassend. Der Schreibstil ist sehr locker, angenehm lesbar und kann einen mitreißen. Das Buch enthält mehrere Intimszenen.
Mein Meinung
Ich habe ja bekanntermaßen ein Herz für sämtliche Arten von Musiker-Geschichten. Daher war es wenig verwunderlich, dass diese Reihe von Kathinka Engel meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Von der Autorin habe ich bisher noch nichts gelesen, aber schon oft gehört, dass ihre Bücher wunderbar leicht und entspannt sein sollen. New Orleans als Setting fand ich auch ziemlich innovativ und freute mich sehr auf diese Reise. Und was soll ich sagen? Ich werde eindeutig wiederkommen!
Bei Love is loud stehen Franzi und Link im Vordergrund. Franzi ist gerade aus Deutschland nach New Orleans geflogen, um dort einen sozialen Job anzunehmen. Sie soll den Schwiegervater von Faye betreuen. Doch Hugo macht es ihr von Anfang an schwer. Er ist abweisend, hat eine große Klappe und stößt Franzi regelmäßig von den Kopf. Damit ist Franzi mehr als überfordert. Denn in ihrem Leben galt bisher: Bloß nicht auffallen, bloß keine Risiken eingehen. Dieses Jahr war eigentlich dafür gedacht, ein einziges Mal ein Abenteuer zu erleben, bevor sie in ihre sichere Zukunft mit dem sicheren Schreibtischjob zurückkehrt. Auf einmal zweifelt sie ihre Entscheidung an, denn das eindrucksvolle und lebhafte New Orleans, der Grießgram und das ganze Drumherum bringen sie an ihre Grenzen. Dann beginnt Hugo allerdings, Franzi das wahre Seele New Orleans zu zeigen: die Musik. Und so trifft Franzi auf Straßenmusiker Link, der sofort von der jungen Deutschen angetan ist. Link lebt nach einigen Schicksalsschlägen auf der Straße, hält sich mit den Auftritten in er Fußgängerzone über Wasser und springt nachts gern durch zahlreiche – zumeist touristische – Betten. Mit seiner „Es zählt das Hier und Jetzt“-Haltung ist er das genaue Gegenteil von „eine abgesicherte Zukunft ist das wichtigste“-Franzi. Er bedeutet Freiheit und Abenteuer, sie bedeutet Beständigkeit und Vernunft. Und natürlich heißt es, dass Gegensätze sich anziehen, aber kann diese Liebe Bestand haben? Denn immerhin hat Franzi nur ein Jahr in dieser pulsierenden Stadt…
Willkommen in dieser bunten Stadt! Die Autorin entführt in diesem Buch in eine lebendige Welt, die die Protagonistin Franzi ziemlich schnell zur Anpassung zwingt. Bei diesem Buch geht es viel um Entwicklung und um die Einflüsse, die durch unser Umfeld auf uns wirken. Es geht um die Vergangenheit, wie sie uns prägt und wie sie uns manchmal vielleicht auch zurückhalten kann. Es geht um prägende Erlebnisse, die unser Jetzt in einem anderen Licht erscheinen lassen. Das erste Drittel des Buches ist vor allem vom Entdecken und „Ankommen“ beeinflusst. Gemeinsam mit Franzi lernen wir New Orleans kennen, erhalten Einblicke in die (Straßen-)Musik und die Lebensweise der Einwohner. Durch Link erhalten wir einzigartige Einblicke und durch Hugo zumeist lustige Kommentierungen, die zusammengewürfelt eine wirklich mitreißende Geschichte präsentieren. Wirklich von Anfang an war ich gut gelaunt, habe mich in den Bann ziehen lassen und es einfach genossen. Leider flacht die Geschichte dann in der Mitte recht stark ab. Im Fokus stehen Link und Franzi, die gemeinsam die Stadt und auch sich gegenseitig erkunden. In der Mitte des Buches kam es mir dann fast so vor, als wäre die Leichtigkeit und Magie verflogen und es nur noch darum gehen, hier und da und überall übereinander herzufallen und Franzi möglichst vielseitig aus ihrer Comfort Zone und ihrem Schamgefühl herauszulocken. Ich gebe zu: Kurzzeitig fand ich das wirklich nur noch nervig und flach. Ein Glück kann die Geschichte dann aber im letzten Drittel wieder einiges an Fahrt aufnehmen und mit so manchen Twists in den verschiedenen Storylines auch teilweise überraschen. Love is loud ist ein bunter Haufen, bei dem es um Träume und Visionen geht, um Aufopferung und das Für-Sich-Selbst-Einstehen, um die Liebe zur Musik und die Liebe zur Stadt. Der Autorin ist eine gute Mischung aus all dem gelungen.
Mein absolutes Highlight in dieser Geschichte ist aber definitiv New Orleans. Der Autorin ist es gelungen, die Stadt wirklich absolut großartig zu beschreiben. Es war, als wäre man selbst vor Ort, würde durch Franzis und Links Augen die Stadt erkunden, Einblicke in die Lebensweise gewinnen. Die Energie von New Orleans ist fast schon unbeschreiblich und ich bin wirklich begeistert davon, wie toll die Autorin das eingefangen hat. New Orleans ist bunt und lebhaft und laut und voller Energie. Ich konnte die jazzigen Melodien beim Lesen fast hören, die Sonne auf der Haut spüren und mir das Gewusel auf den Straßen vorstellen. Hiervor ziehe ich wirklich den Hut. Zugleich hat die Autorin aber auch – vor allem durch Hugo – hier und da kritische Stimmen einfließen lassen, die den Wandel der Stadt zeigen. Außerdem erzählen Hugo und Link auch immer wieder Teile aus der Geschichte von New Orleans, etwa die verheerende Wirkung der Hurrikane. Allein schon wegen der ganzen Thematik um New Orleans habe ich große Lust, die Folgebände zu lesen. Das Setting war einfach großartig.
Dafür war es leider so, dass die zentrale Liebesgeschichte um Link und Franzi mich nicht wirklich catchen konnte. Das fand ich sehr schade. Das Problem war ja von Anfang an, dass man wusste, dass Franzi nur ein Jahr bleibt. Auch Link wird als wahrer Aufreißer beschrieben, der mehr als einmal darüber nachdenkt, Avancen anzunehmen. Die beiden lernen sich kennen und Link fängt an, Franzi sein New Orleans zu zeigen. An irgendeiner Stelle überschreiten sie den Punkt von Freunden zu Liebenden, aber dieser war für mich irgendwie nicht nachvollziehbar, nicht greifbar. Zwar konnte ich die beidseitige Attraktion schon verstehen und auch, dass sich da eine gewissen sexuelle Spannung aufgebaut hat, aber mehr leider auch nicht. Es war so, dass Link für mich von Anfang an als willkommenes Abenteuer für Franzi ins Buch kam. Link lockt sie aus der Reserve, lässt sie ihren Zukunftsplan überdenken und sie in irgendeiner Form leben. Es ist die Magie, dass in New Orleans alles einfach ist. Aber es fehlte mir irgendwie die Ernsthaftigkeit der Beziehung, die vor allem für das letzte Drittel des Buches aber von zentraler Bedeutung wäre. Leider war es öfter auch so, dass man Franzi ihr Unbehagen sehr angemerkt hat und ich Link dann irgendwie teilweise auch zu forsch fand, was mich besonders in der Mitte auch etwas angenervt hat. Es wirkte, als hätte die Autorin hier dann etwas zu viel gewollt, was leider die Glaubwürdigkeit etwas leiden lässt. Auch ist es so, dass die beiden für mich nie eine solide Beziehung aufbauen konnten, weil einfach fast überall die Tiefe fehlt. Links Geheimnis führt auch nicht zu tiefgründigen Gesprächen, sondern zu Franzis nächstem Abenteuer.
Natürlich haben sowohl Link als auch Franzi ihre Päckchen zu tragen und somit ihre eigene Geschichte. Bei Franzi geht es hierbei vor allem um das Thema Entwicklung. Als sie nach New Orleans kommt, ist sie eine recht unsichere junge Frau, die nicht auffallen möchte, alles richtig machen möchte und durch familiäre Erfahrungen auf Sicherheit gepolt ist. Von Anfang an wirkt sie wirklich sehr vorsichtig, hinterfragt ihre eigene Entscheidung laufend selbst und möchte regelrecht unsichtbar sein. Während ihrer Zeit in New Orleans geht es nun vor allem darum, dass sie ein neuartiges Lebensgefühl kennenlernt. Das Konzept von Freiheit und von Leichtigkeit kennt sie nicht und Stück für Stück entwickelt sie sich. Durch Hugo und durch Link, aber auch generell durch die Lebensfreude in New Orleans wird sie immer wieder vor Herausforderungen gestellt. Sie schwört sie selbst, dieses eine Jahr dafür zu nutzen, alles zu genießen und nicht an die Konsequenzen zu denken, bevor ihre festgefahrene Lebensvorstellung sie wieder einfängt. Zwar gibt es immer wieder Situationen, wo sie über ihren Schatten springt, ohne es wirklich zu wollen, aber zugleich sind es diese Sachen, die ihr helfen, eine andere Sichtweise zu gewinnen. Dies führt mehr und mehr zu Entscheidungen, die sie am Anfang nicht getroffen hätte. Mir hat ihre Entwicklung wirklich gut gefallen, auch wenn ich Franzi gerade am Anfang extrem anstrengend fand und sie manchmal gern geschüttelt hätte.
Link hingegen ist das alles nicht. Zu oft hat das Schicksal ihn bereits mit Füßen getreten, dass er festgestellt hat, dass es besser ist, im Hier und Jetzt für den Moment zu leben. Link ist ein bisschen ein kleiner Herumtreiber, unter seiner sehr freilebigen Oberfläche steckt aber auch viel Herz. Es kümmert sich um den Mann seiner verstorbenen Schwester und deren gemeinsame Kinder, um seine Band After Hours, um Franzi. Er hat ein großes Herz, ist aber auch sehr impulsiv und gerät so hin und wieder in Schwierigkeiten. Link hat eine tiefgründige Hintergrundgeschichte, die für meinen Geschmack aber ziemlich in den Hintergrund gerät. Generell hatte ich das Gefühl, dass Franzis Entwicklung zur selbstständigen und mutigen Frau Links eigene Geschichte oftmals überlagert hat. Auch Links Geheimnis wurde für mich nicht wirklich gewürdigt, die Konsequenzen von seinen Schwindeleien wurden etwas zu fix abgehandelt. Das führte unweigerlich dazu, dass ich das Gefühl hatte, Link ist nur dafür da, Franzi zu unterstützen, sein eigenes Übel geht aber etwas zu sehr unter. Das war wirklich schade, weil ich doch das Gefühl hatte, er hätte mehr zu erzählen als Franzi, deren Vergangenheit eher blass ist. Generell hat mich Link aber tatsächlich sehr an den Jack aus Titanic erinnert. Seine Energie, das beständige Beeinflussen von Franzi, das Auflockern von festgefahrenen Strukturen, aber auch seine Haltung gegenüber hatten genau diesen Vibe wie ihn der legendäre Jack hatte.
Neben Link und Franzi, zu denen ich ja schon einiges gesagt habe, gibt es auch noch einige Nebencharaktere. Besonders erwähnenswert sind hierbei die anderen After Hours Mitglieder, die zum Teil in den Folgebänden vorkommen werden und daher hier zwar vorkamen, aber noch recht eindimensional behandelt wurden. Und dann gibt es natürlich noch die Familie, bei der Franzi unterkommt. Faye, ihr Mann Victor und der alte Mann Hugo, Victors Sohn. Faye ist von Anfang an sehr lieb und man schließt sie direkt ins Herz, Victor kommt sehr wenig vor und spielt nur für einige Wendungen eine Rolle. Aber mein Lieblingscharakter? Eindeutig Hugo. Der schrullige alte Mann, der oft barfuß rumläuft, mehr als nur freche Sprüche auf der Zunge trägt, Franzi immer wieder ärgert, aber auch seinen Sohn permanent zur Weißglut treibt. Anfangs könnte man meinen, dass Hugo ein verbitterter Mann ist, der einfach nur griesgrämig daherkommt. Doch da steckt viel mehr hinter und im Verlaufe der Story schließt man diesen unkonventionellen Herren immer mehr ins Herz. Ich hoffe sehr, ihn in den Folgebänden noch regelmäßig wiederzusehen.
Ein paar Worte möchte ich noch zum letzten Drittel des Buches loswerden. Hier wird einiges angebracht und es gibt einige Wendungen und Twists. Ich muss sagen, dass mich die meisten überrascht, einige hingegen nicht verwundert haben. So gibt es zu Link und seinem Geheimnis Enthüllungen, das Verhältnis zu Links Schwager Jasper leidet sehr, auch Hugo muss einige Enthüllungen hinnehmen und Franzi steht vor einem großen Gewissenskonflikt. Es sind alles keine lauten Dramen und generell verlaufen sie alle recht solide und gradlinig, sie konnten mich aber dennoch abholen und haben mich das Buch mit einem zufriedenen Gefühl beenden lassen. Ich mochte es sogar, dass hier jetzt kein übermäßiges Drama hingeknallt wurde, sondern es vor allem viel darum ging, dass die Charaktere für sich und ihre Überzeugungen einstehen müssen. Das very end war mir dann fast schon etwas zu fix und passt auch zu meiner Lovestory-Kritik, aber da es noch zwei weitere Bücher gibt, schau ich da mal gekonnt drüber hinweg.
Mein Fazit
Love is Loud ist ein wirklich toller Roman, bei dem die Autorin ein wunderschönes und unglaublich lebendiges New Orleans in beeindruckender Art und Weise wiedergibt. Von Anfang an kann die Geschichte mitreißen und man die Energie spüren. In der Mitte flacht die Story leider etwas ab, kann aber mit einem starken Finale und etwas Herzschmerz wieder überzeugen. Leider konnte mich die Liebesgeschichte von Link und Franzi nicht ganz abholen und vereinzelt hätte ich mir mehr Tiefe gewünscht, vor allem aber Franzis Entwicklung und Links unkonventionelle Art haben mich glücklich gestimmt. Insgesamt ist es ein wunderbares Buch für einen lauen Sommerabend. Wohlfühlatmosphäre garantiert!
[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]