Humorvoll und bewegend zugleich
Brüssel, 2015. François ist Mitte Dreißig und als deutsch-französischer Journalist gerade bei den Verhandlungen um die Schuldenlast Griechenlands. Da lernt er durch Zufall Agapi kennen, die im Stab des ...
Brüssel, 2015. François ist Mitte Dreißig und als deutsch-französischer Journalist gerade bei den Verhandlungen um die Schuldenlast Griechenlands. Da lernt er durch Zufall Agapi kennen, die im Stab des griechischen Finanzministers tätig ist. Die beiden kommen sich schnell näher, doch dann beginnen Leben und Karriere sich zwischen die beiden zu drängen. Denn 2015 ist auch das Jahr zahlreicher terroristischer Anschläge und riesiger Flüchtlingsströme, die vor allem in das Lager Moria auf der griechischen Insel Lesbos strömen. Und wie, das fragt sich der Protagonist, kann die Liebe in solchen Zeiten noch funktionieren?
Alexander Oetker war bisher hauptsächlich für seine Kriminalromane bekannt. Mit "Und dann noch die Liebe" beweist er, dass er auch anders kann. Den Journalisten merkt man ihm definitiv an, eindrucksvoll schreiben, das kann er. Mal unglaublich witzig und ironisch über die Abläufe in solchen politischen Verhandlungen, mal mitreißend, wenn er beschreibt, wie das Dorf Mytilini auf Lesbos unter der Menge an Flüchtenden zu ersticken droht, die Bevölkerung dennoch aber nicht ihre Menschlichkeit verliert. Dem gegenüber stellt der Autor gekonnt die wachsende Angst vor dem Terrorismus. Er erklärt nicht und natürlich entschuldigt er nicht, dennoch gelingt es ihm, Ängste und Widersprüchlichkeiten aufzudecken.
Und dann wird dieser grandiose Roman noch um eine weitere Perspektive ergänzt, die einzige übrigens, so sagt Oetker selbst, die nicht erfunden ist. Parallel zum Geschehen in den Jahren 2015 und 2016 schildert er die Flucht seiner Großmutter Ilse in den Wirren des zweiten Weltkriegs. Dabei erzählt er von Hunger, von Übergriffen auf Frauen und von einer Liebe, die zur falschen Zeit am falschen Ort entsteht. So wird nicht nur die Verbindung zu François gezogen, dessen Liebe zu Agapi in der Gegenwart zu scheitern droht. Nein, Alexander Oetker macht auch noch einmal klar, dass viele unserer Vorfahren auch einmal Geflüchtete waren und wie wichtig es ist, diesen Gedanken im Hinterkopf zu behalten. Und das ganz ohne moralischen Zeigefinger. Bitte mehr davon!