Spannendes Jugendbuch, auch für Erwachsene!
Wer nicht hören will muss fühlen, genau das erlebt die Protagonistin Gonzo kurz vor der Wende. Gonzo hatte nie ein Zuhause, ihr Leben führte von Heim zu Heim, von Entweichung zu Entweichung, bis hin zu ...
Wer nicht hören will muss fühlen, genau das erlebt die Protagonistin Gonzo kurz vor der Wende. Gonzo hatte nie ein Zuhause, ihr Leben führte von Heim zu Heim, von Entweichung zu Entweichung, bis hin zu einem in der DDR real existierenden Spezialheim – dem geschlossenen Jugendwerkhof Torgau. Folter, Willkür und Gewalt sind Alltag und prägen die Umerziehung in diesem Heim, um aus (vermeintlich) rebellischen Jugendlichen sozialistische Persönlichkeiten zu kreieren. Gonzo hilft, wo sie nur kann dem einzigen Menschen, dem sie vertraut, Anja. Dafür sitzt sie in Dunkelhaft, ohne Toilette, ohne ordentliches Essen, hilflos den „Erziehern“ ausgeliefert und ohne zu wissen, ob und wann sie der Hölle entkommt. Gonzos Willen ist trotz allem nicht gänzlich gebrochen und so nimmt sie ihr Schicksal selbst in die Hand. Sie verstümmelt sich, in der Hoffnung auf einen Fluchtweg im Krankenhaus. Die Hoffnung auf ein Leben ohne physische und psychische Folter treibt Gonzo an, die Flucht gelingt, auch wenn nicht alles nach Plan verläuft. Auf ihrer Flucht lernt sie René kennen, der mit ihr gemeinsam einen Weg in den Westen finden möchte. Gonzos Flucht scheint nicht enden zu wollen, wem kann sie trauen? Gelingt die Flucht über die Prager Botschaft in den Westen und wird dann alles besser? Wird sie jemals wieder wirklich frei sein?
Eigene Meinung: Der Roman geht unter die Haut und an die Substanz! Es ist schon schrecklich davon zu lesen, welches Schicksal die Menschen in der DDR hatten. Unvorstellbar! Grit Poppe ist gelungen die unmenschlichen Geschehnisse in der DDR authentisch und durchweg spannend in ihrem kurzweiligen Werk wieder zu geben. Man leidet und hofft mit! Doch es ist auch eine Geschichte über Freundschaft und Solidarität, wie sich beispielsweise in der Prager Botschaft zeigt.
Die Autorin hat Fiktion und Realität gekonnt miteinander verbunden und so einen großen Beitrag gegen das Vergessen und Verleugnen geschaffen. Die kurze Chronik der Ausreisewelle und Friedlichen Revolution 89/90 und den Glossar mit den wichtigsten Begriffen tragen zum weiteren Verständnis bei.
Fazit: Ein spannendes Jugendbuch, welches vom Stil und Thema auch für Erwachsene absolut geeignet ist und zum Nachdenken anregt!