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Veröffentlicht am 14.09.2020

Tragik pur

Das Gewissen der Toten
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Diese Rezension behandelt das Hörbuch.

Dieses Buch ist Teil einer Reihe, kann aber ohne Kenntnis des Vorgängers gelesen und verstanden werden.

Zum Inhalt:
Der Polizist Carter McLean hat die Reise organisiert, ...

Diese Rezension behandelt das Hörbuch.

Dieses Buch ist Teil einer Reihe, kann aber ohne Kenntnis des Vorgängers gelesen und verstanden werden.

Zum Inhalt:
Der Polizist Carter McLean hat die Reise organisiert, welche er als Einziger von fünf Freunden überlebte. Traumatisiert sieht er seine toten Freunde und meint, deren verbranntes Fleisch zu riechen. Als er beginnt, ihre letzten Wünsche zu erfüllen, verschwindet einer nach dem anderen. Suein bester Freund Tom nennt nur einen Namen,- den von Susan, Toms verschwundener Frau.
Carters Kollegen Jackman und Evans untersuchen diesen Fall und durch eine Intervention der leitenden Beamtin wird Carter der Sache zugeteilt.

Mein Eindruck:
Das allererste Riesenlob gebührt Uve Teschner, welcher Ellis‘ Text hervorragend intoniert. Teschner vermag die Personen gegeneinander abzugrenzen und verleiht selbst den Frauenstimmen Charme ohne jedweden Travestieeinschlag.
Doch selbst der beste Sprecher wäre verschwendet, wenn die Geschichte nichts hergäbe. Aber mit der Vertonung von diesem Krimi hat sich der Verlag einen Gefallen getan und den Hörer/inne/n ein Geschenk gemacht: Die Haupthandlung ist klug hergeleitet (selbst der übersinnliche Part findet seine Erklärung), die Nebenfälle machen Spaß, die Charaktere besitzen Tiefe und das Privatleben der Polizisten findet statt, ist nicht immer rosig, jedoch oft mit trockenem Humor und gerade so viel Einfluss auf die Ermittlungen, dass es glaubhaft ist und trotzdem nicht nervt.
Sprachlich ist Ellis ebenfalls sehr gut aufgestellt: Die Gedanken und die wörtliche Rede gestaltet die Autorin lebensnah, die Beschreibungen sind bildhaft, aber nicht überladen. Ihre Geschichte lässt sich dadurch gut anhören, ohne zu herausfordernd zu sein; trivial ist sie deshalb jedoch auch nicht.
Insgesamt lässt sich Einiges erahnen, doch das Ende bietet noch einen guten, dramatischen Aspekt.

Mein Fazit:
Vier Bücher in einem: Krimi, Drama, Humor und ein kleines Bisschen Psychologieratgeber

Veröffentlicht am 03.09.2020

Everybody's darling is everybody's fool

Wer auf dich wartet
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Zum Inhalt:
Aidan beobachtet via Webcam den Mord an seiner On/Off-Freundin Zoe. Da er Einiges zu verbergen hat, teilt er dieses nur anonym mit. Trotzdem wird der Polizei schnell der Urheber der Meldung ...

Zum Inhalt:
Aidan beobachtet via Webcam den Mord an seiner On/Off-Freundin Zoe. Da er Einiges zu verbergen hat, teilt er dieses nur anonym mit. Trotzdem wird der Polizei schnell der Urheber der Meldung bekannt und Aidan gerät nicht nur in das Fadenkreuz der Ermittlungen, sondern sieht seine Existenz gefährdet. Doch auch andere haben ihre Schwierigkeiten mit Zoe gehabt, obwohl sie durch ihr hilfsbereites Wesen der rettende Anker für viele Freunde und Familienmitglieder war.

Mein Eindruck:
Lodge liefert mit „Wer auf dich wartet“ ein perfektes Whodunnit ab. Dazu lässt sie einen Teil ihres Buches in der Gegenwart spielen; der andere bewegt sich vom Kennenlernen Zoes und Aidans auf das Hier und Heute zu. In der Vergangenheit gefällt dabei insbesondere, wie die Stärke, Fürsorglichkeit und Freundlichkeit Zoes von der dunklen Seite ihrer Beziehung aufgefressen wird, wenn Aidans Lügen eine nach der anderen deutlich werden. Die Beschreibung der Ermittlungen in der Gegenwart besticht durch die Charakterzeichnungen des Teams, deren Mitglieder zwar auch einige Päckchen zu tragen haben, welche jedoch nicht zum Störfaktor werden. Denn sie schlagen zwar einen Band um die Reihe von Lodge, behindern aber nicht den Fall als solchen, der als Einzelstück gut lesbar ist. Die Zahl der Charaktere ist so angelegt, dass diese genügend Tiefe für die Möglichkeit bekommen, als „Verdächtige“ zu gelten, jedoch nicht zu klein geraten, so dass ein Ratespiel über die mordende Person gelingt.
Die Auflösung ist schlüssig, gut hergeleitet, die Nachgeschichte bietet eine Perspektive auf das Leben „nach Zoe“, welches für Freunde und Bekannte durchaus vielfältig gestaltet ist. Der Cliffhanger zum Schluss ist ein zusätzliches Schmankerl.

Mein Fazit:
Ein sehr guter Psychothriller mit viel Tiefgang und wenig Blut

Veröffentlicht am 02.09.2020

Mit Liebe zu Landschaft und Menschen

Rauchland
3

Zum Inhalt:
Ein bekannter Gauner wird dabei beobachtet, als er einen Einsiedler aus dessen brennender Kate zieht und danach flieht. Es handelt sich um Brandstiftung und um Mord, - doch warum sollte man ...

Zum Inhalt:
Ein bekannter Gauner wird dabei beobachtet, als er einen Einsiedler aus dessen brennender Kate zieht und danach flieht. Es handelt sich um Brandstiftung und um Mord, - doch warum sollte man sein Opfer vor den Flammen retten sollen, nachdem man es erschlagen hat? Das Team um Maik Bertram beginnt zu ermitteln und stellt fest, dass sich die Gründe für die Tat wahrscheinlich in der Vergangenheit verorten lassen.

Mein Eindruck:
Mit viel Geschick baut Finnek eine komplette Familiensaga um eine alte Kate im Münsterland, - Geheimnisse, Verbrechen und Todesfälle inklusive. Dazu spinnt er die Geschichte um seine aus den Vorgängerbänden bekannten Gesichter weiter: Mit Humor, Herz und einer Portion Tragik, ganz wie das Leben so spielt.
Seine Personen haben Ecken und Kanten und es macht wirklich Spaß, wie die Einheimischen (oft mit Dialekt) ihre Eigenheiten ausspielen dürfen. Das Privatgedöns der Beamten passt sich dabei zumeist gut ein, - es interessiert, aber es erdrückt nicht die Ermittlungen.
Ein weiteres Plus zeigt sich in den detailgetreuen, liebevollen Beschreibungen der Umgebung, - falls der Autor noch nicht von der örtlichen Touristik-Agentur gesponsert wird, sollte er sich um einen Zuschuss bemühen.
Obwohl es sich bei „Rauchland“ um den vierten Teil einer Reihe handelt, kommen auch unbeleckte Leser gut in das Geschehen, denn Finnek versteht es, seine Reminiszenzen geschickt mit Informationen zu versehen, welche Verweise auf ältere Bücher erklären.
Das Ende ist absolut folgerichtig und erklärt sich von selbst (immer wieder schön, wenn eine Lösung nicht einfach vom Himmel vor die Füße der Polizisten fällt) und genügend offenes Material – insbesondere im Privatleben – bietet eine Aussicht auf den fünften Fall.

Mein Fazit:
Gut entwickelt, mit trockenem Humor – passend zur Gegend

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Charaktere
  • Erzählstil
  • Cover
  • Spannung
Veröffentlicht am 20.08.2020

Glanz und Elend der 20er Jahre

Die letzte Geliebte
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Zum Inhalt:
Hardy Engel bekommt seinen dritten großen Fall im Hollywood des Stummfilms: Im Auftrag der Witwe von Wallace Reid soll er Will Hays zu Fall bringen, den großen Zensor Hollywoods, der hinter ...

Zum Inhalt:
Hardy Engel bekommt seinen dritten großen Fall im Hollywood des Stummfilms: Im Auftrag der Witwe von Wallace Reid soll er Will Hays zu Fall bringen, den großen Zensor Hollywoods, der hinter den Kulissen der Filmstudios alle Strippen zieht. Bald deckt Hardy Verwicklungen von Hays mit dem aufkommenden Ku-Klux-Klan auf, aber ist Hays auch so schuldig, wie es auf den ersten Blick scheint? Oder ist er nur der Ausputzer?

Mein Eindruck:
Möglicherweise ist der dritte Einsatz von Hardy Engel auch sein letzter, - der Leserschaft von Christof Weigold wäre das jedoch nicht zu wünschen. Denn auch in „Die letzte Geliebte“ versteht er es meisterhaft, echte und vor allen Dingen mysteriöse Todesfälle mit fiktiven Figuren und Vorkommnissen zu verweben, bis ein komplett neuer, interessanter und vor allen Dingen lesenswerter Teppich entsteht.
Zwar hätte sich sein Ich-Erzähler die eine oder andere unheilschwangere Äußerung zum Ende eines Kapitels verkneifen können; - im Großen und Ganzen gefällt die Hauptperson des desillusionierten und sich trotzdem gegen alle widrigen Umstände (und sein Glasauge) durchsetzenden Exil-Deutschen.
Dass ein Buch, welches sich in großen Teilen mit dem Ku-Klux-Klan befasst, ausgerechnet in Zeiten einer großen Rassismus-Debatte veröffentlicht wird, ist ein Glücksfall für Verlag und Autor, der bestimmt nicht geplant war, - so viele Seiten schreiben sich nicht einmal eben schnell aus dem rechten Handgelenk. Doch dieser Glücksfall ist zu gönnen, denn das Buch ist brillant, gut recherchiert und lässt einen die „Roaring Twenties“ gut miterleben. Und das in Glanz und Elend gleichermaßen.

Mein Fazit:
Spannend, mitreißend und farbenprächtig – der perfekte Hollywood-Film!

Veröffentlicht am 12.08.2020

Atemlose Spannung

Geburtstagskind (Ewert Grens ermittelt 1)
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Zum Inhalt:
Überlautes Kinderfernsehen und ein durchdringender Geruch rufen den schwedischen Kommissar Grens auf den Plan und in eine Wohnung. Dort findet er die komplette Familie eines fünfjährigen Mädchens ...

Zum Inhalt:
Überlautes Kinderfernsehen und ein durchdringender Geruch rufen den schwedischen Kommissar Grens auf den Plan und in eine Wohnung. Dort findet er die komplette Familie eines fünfjährigen Mädchens ermordet vor, - hingerichtet mit jeweils zwei Kopfschüssen; nur das in einem Kleiderschrank versteckte Kind hat überlebt.
Viele Jahre später werden mehrere Männer auf die gleiche Art getötet und die Polizeiakten zu dem Mädchen sind verschwunden. Zeitgleich wird Piet - ein ehemaliger Informant der Polizei - erpresst, ein großes Waffengeschäft einzufädeln. Grens und Piet bündeln ihre Fähigkeiten, als klar wird, dass beide Fälle zusammenhängen und die Fäden zur albanischen Mafia führen.

Mein Eindruck:
Was für ein packender Thriller! Roslund hat zwar schon mit anderen Autoren Thriller verfasst, „Geburtstagskind“ ist aber sein Erstling als Einzelautor eines Buches. Das mag man gar nicht glauben, wenn man sich die Geschichte um albanische Waffenhändler und ihr gnadenloses Tun hüben wie drüben zu Gemüte führt. Denn wenn man meint, alles schon gelesen zu haben, was es in dieser Richtung zu lesen gibt, führt er einem mit einem Countdown tief hinein in das böse Herz des organisierten Verbrechens. Rot und blutig.

Zusätzlich zu seiner spannenden Geschichte stellt Roslund fast schon philosophische Fragen: Was macht uns aus, - Herkunft oder Erziehung? Gibt es Teile in unserer Persönlichkeit, die so in den Genen angelegt sind, dass sie auf jeden Fall zu Tage treten werden? Oder gibt es besondere Umstände, die uns zu dem machen, was wir sind? Und was passiert, wenn diese beiden Ansätze völlig gegenläufig sind?

Roslunds Aufbau mit Perspektivwechseln auf Grens, Piet und das Mädchen peitscht seine Leserschaft durch diese Geschichte, die niemals verschnaufen lässt, ihre Figuren mit viel Tiefe versieht und zum Schluss zweifeln lässt, was Gut und Böse sind und wo die Grenzen verwischen. Bis zur Unkenntlichkeit.


Mein Fazit:
Knallhart