Porträt der „Champagner-Witwe“ – unterhaltsam und prickelnd
Madame Clicquot und das Glück der ChampagneDas orangefarbene Etikett mit der schwungvollen Unterschrift ist bekannt und ein Hingucker. Und genauso schwungvoll wie diese Signatur präsentiert Susanne Popp die „Champagner-Witwe“ Barbe-Nicole Clicquot ...
Das orangefarbene Etikett mit der schwungvollen Unterschrift ist bekannt und ein Hingucker. Und genauso schwungvoll wie diese Signatur präsentiert Susanne Popp die „Champagner-Witwe“ Barbe-Nicole Clicquot in ihrer Romanbiografie.
Die Erzählung startet im Jahr 1805, kurz vor dem Tod ihres Ehemannes, als Barbe-Nicole 27 Jahre alt ist. Ihre Kindheit und Jugend wird nur in kurzen Sequenzen angerissen, das Buch konzentriert sich auf ihre ersten 10 Witwenjahre und ihr Unternehmertum in dieser Zeit.
Der Name „Veuve Clicquot“ wird im Allgemeinen verbunden mit einer starken Frau, die sich in der von Männern dominierten Geschäftswelt des 19. Jahrhunderts durchsetzt und so ihr Unternehmen zum Erfolg führt. Dazu muss man wissen, dass sie als Unternehmerin nur im Witwenstatus tätig werden durfte. Vorher gehörte die Firma ihrem Mann und hätte sie wieder geheiratet, hätte sie damit ebenfalls die Geschäfte automatisch wieder an ihren Ehemann „abgegeben“. Da Madame Clicquot aber ihre Geschicke auf jeden Fall selbst lenken wollte, blieb sie Zeit ihres Lebens im Witwenstatus.
Die hier erzählten ersten 10 Jahre als Unternehmerin waren geprägt von vielen Rückschlägen, zeichnen aber dennoch ein sehr entschiedenes Bild von Barbe-Nicole, die sich nie unterkriegen ließ. Weder Kriege noch Handelssperren hielten sie auf, man hat eher den Eindruck, dass sie umso mehr in ihren Geschäften aufging, je schwieriger die Umstände wurden. Sie scheint eine Frau mit viel Wagemut gewesen zu sein, entscheidungsfreudig und scharfsinnig. Ebenso war sie interessiert an den physikalischen und chemischen Vorgängen, die die Champagnerherstellung begleiteten. Sie tüftelte mit ihrem Kellermeister so lange, bis die ohnehin schon guten Schaumweine aus ihrer Sicht „königlich“ waren und hoffte, sich durch die Qualität ihrer Erzeugnisse ein Alleinstellungsmerkmal und somit Umsatzsteigerungen zu verschaffen. Zu Recht, wie man letztlich feststellen muss.
Die opulenten Schilderungen von der kühnen Unternehmerin waren mir persönlich jedoch ein wenig zu „glatt“. Es wird ja auch von Zeiten berichtet, in denen das Unternehmen kurz vor dem Bankrott stand und die Umsätze um 80 % zurück gingen. Dennoch kam mir etwas zu kurz, womit Madame Clicquot diese Krisen meisterte. Wovon bezahlte sie ihre Arbeiter? Musste sie sich persönlich ebenfalls einschränken? Was hatten diese schweren Krisen für Auswirkungen auf ihre Persönlichkeit? Offenbar hat sie sich ja trotz allem nie Existenzsorgen gemacht (zumindest wird das im Buch nicht deutlich). Hier hätte ich mir mehr Details gewünscht.
Die im Buch eingeflochtene Liebesgeschichte zwischen ihr und Georg („Georges“) Kessler, ihrem Prokuristen, ist wohl historisch nicht belegt, hier aber für die Dramatik des Buches verwendet worden. Das macht den Roman zu einer rundum unterhaltsamen Geschichtsstunde mit einem gewissen Prickeln. Man sollte sich allerdings bewusst sein, dass das Gelesene Fiktion und wohl eher keine Tatsache ist.
Da Madame Clicquot ein langes und – wie ich aus Internetrecherchen erfahren habe – auch nach ihrem 40. Lebensjahr spannendes Leben hatte und ihr geschäftliches Wirken letztlich eine Firma von Weltruhm hinterließ, hätte ich mich gefreut, wenn das Buch nicht nur eine so begrenzte Zeitspanne ihres Lebens beleuchtet hätte. Dann wäre es zwar sicher ein „Wälzer“ geworden – aber ein toller Wälzer!
Mich hat das Buch sehr gut unterhalten und mir dabei auch die Entstehungsgeschichte des Champagners auf kurzweilige Weise nähergebracht. Ein interessanter und absolut lesenswerter Roman!