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Veröffentlicht am 11.09.2020

Fusion rules!

Veggie kann auch anders
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Mit "Veggie kann auch anders" hat sich Kochbuchautorin Anne-Katrin Weber vorgenommen, nicht das x-te Rezept für Linsenbolognese zu präsentieren, sondern bekannte Gerichte in ungewöhnlichen Kombinationen ...

Mit "Veggie kann auch anders" hat sich Kochbuchautorin Anne-Katrin Weber vorgenommen, nicht das x-te Rezept für Linsenbolognese zu präsentieren, sondern bekannte Gerichte in ungewöhnlichen Kombinationen aufzupeppen. Bei der Durchsicht der Rezepte finde ich: das ist ihr gut gelungen! In dieser Rezeptsammlung haben Fusion und crossover kochen klar die Nase vorn. Das gilt sowohl für die Verbindung von mediterranen und südostasiatischen Geschmacksrichtungen wie auch für ungewöhnliche Zutatenkombinationen.

Eine Art "Mauerfall im Kochtopf" strebte die Autorin an: "Traditionelle Rezepte aus den unterschiedlichsten Kulturen werden zerlegt, neu gemischt oder anders kombiniert. Die Zutaten und Aromen der Welt verschmelzen zu ganz neuen Gerichten. Und: Experimente sind nicht nur erlaubt, sondern ausdrücklich erwünscht."

Und gerade mit frischen Kräutern wird aufgetrumpft. Zum Beispiel beim Puy-Linsensalat mit Pimentos de Padrón, in dem außer den spanischen Pimentos Koriander und Sesam Akzente setzen. Oder: Zitrusfrischer Rosenkohlsalat mit Nussdressing - das verspricht ein ganz neues Geschmackserlebnis. Das gilt auch für den Quinoa-Röstgemüsesalat, in dem Zitronengras und Kakonibs eine unerwartete Verbindung eingehen. Die scharfe Ofentomatensuppe mit Harissa ist ganz klar eine Kandidatin für kalte Herbst- und Winterabende, auch das Zitronenrisotto mit Kardamon-Möhren oder die Backofen-Kürbisfritten mit Chermoula-Mayo sind meine heißen Kandidaten aus dieser Rezeptsammlung für kühlere Tage. Der Herbst kann kommen!

Die 75 Gerichte in diesem Buch machen nicht nur neugierig, sie regen auch die eigene Experimentierbereitschaft an. Langweilig kocht anders.

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Veröffentlicht am 01.09.2020

Das Schuldgefühl des Davongekommenen

Kein Ort ist fern genug
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Manches ist geschrieben worden über die „survivors guilt“, das Schuldgefühl derjenigen, die den Holocaust überlebt hatten, während so viele andere sterben mussten, das Gefühl, gewissermaßen ohne eigenen ...

Manches ist geschrieben worden über die „survivors guilt“, das Schuldgefühl derjenigen, die den Holocaust überlebt hatten, während so viele andere sterben mussten, das Gefühl, gewissermaßen ohne eigenen Verdienst davongekommen zu sein mit so viel anderen Verlusten. Der Protagonist von „Kein Ort ist fern genug“ entwickelt dieses Schuldgefühl aus weiter Ferne in Argentinien, wenn er auf die Situation in Warschau im Zweiten Weltkrieg blickt. Von hier ist Vicente, eigentlich Wincenty, ein polnischer Jude, in den späten 20-er Jahren nach Südamerika ausgewandert.

Santiago Amigorena hat seinen Roman im französischen Original „Das innere Ghetto“ genannt, und dieser Titel trifft die Essenz des Buches. Denn während Vicente eigentlich mit seiner europäischen Vergangenheit abgeschlossen hat, in Argentinien eine Familie und eine geschäftliche Existenz gegründet hat, ist seine Mutter mit dem älteren Bruder in Warschau geblieben. Anfangs reagiert Vicente genervt auf die Wünsche der Mutter nach regelmäßigen Briefen, lässt die Schreiben, die ihn erreichen, auch längere Zeit unbeantwortet. Selbst der Beginn des Zweiten Weltkriegs ändert daran zunächst wenig.

Erst nach und nach macht sich Vicente klar, dass die beunruhigenden Zeitungsberichte, die sein ebenfalls aus Polen stammender Freund Ariel im Kaffeehaus diskutiert, für seine Mutter einen ganz persönlichen Bezug haben. Der Mann, der sich längst als Argentinier betrachtet hat, der auch in Polen mit dem orthodoxen Judentum wenig am Hut hatte und sich eher als Pole gefühlt hatte, entwickelt angesichts der Vorgänge in Europa ein Bewusstsein für seine eigene jüdische Identität als Konfrontation mit dem Antisemitismus, wobei dies eine eher schmerzlich-ambivalente Erfahrung ist:

„Mit am schlimmsten am Antisemitismus ist die Tatsache, dass Juden sich zwangsläufig als Juden zu fühlen haben, dass man sie auf eine Identität jenseits ihres Willens festlegt und kurzerhand für sie beschließt, wer sie wirklich sind. … Wie viele Juden verstand Vicente allmählich, dass der Antisemitismus Semiten braucht, um existieren zu können.“

Die Deportationen, die Einrichtungen von Ghettos, die „Sonderaktionen“ – vor Argentinien aus ist das weit weg, sprengt auch die Vorstellungskraft von Vicente, Ariel und ihren Freunden, um so mehr die der argentinischen Nachbarn. Doch mehr noch als die Zeitungsartikel und Wochenschauberichte sind es die immer spärlicher werdenden, die immer sehnsüchtiger erwarteten Schreiben der Mutter, die Vicente die Augen öffnen.

Gewiss, er hatte davon gesprochen, die Mutter nach Argentinien zu holen, war aber doch erleichtert zu wissen, dass sie bestimmt nicht seine Geschwister zurücklassen würde. Hätte er drängen müssen, hätte er die Zeichen der Zeit erkennen müssen? Während seine Mutter aus dem Ghetto von Hunger und dem allgegenwärtigen Tod auf den Straßen berichtet, begibt sich Vicente in das „innere Ghetto“, in eine von der Umgebung abgeschottete Gedankenwelt, in der kein Platz mehr für die Liebe seiner Frau und seiner Kinder, für die Arbeit ist. Glücksspiel, Pferdewetten, Nächte im Kaffeehaus sind einer Flucht aus dieser Realität wie auch aus der Realität in Europa.

Der Brief seiner Mutter hatte Vicente die Augen geöffnet und ihn zum Schweigen gebracht angesichts des Unsagbaren. „Sein Blick ist inzwischen gesprächiger geworden, als es seine Lippen je waren“ konstatiert sein Freund Ariel. Aus dem inneren Ghetto gibt es keinen Ausweg, so wie auch der Weg der Mutter aus dem Warschauer Ghetto nur vom berüchtigten Umschlagplatz in das Vernichtungslager Treblinka gehen konnte.

Auch Vicente ist ein Überlebender, ein Davongekommener, der von Schuldgefühlen niedergedrückt und zum Verstummen gebracht wurde. Es ist sein Enkelsohn Amigorena, der sich sein Bild der Familiengeschichte erschreibt.

„Kein Ort ist fern genug“ ist keine klassische Holocaustliteratur und doch untrennbar mit der Erfahrung der Schoah verbunden. Das Buch erzählt langsam, eher unspektakulär. Es ist sowohl ein Psychogramm wie eine Warnung von Gleichgültigkeit angesichts scheinbar ferner Ereignisse.

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Veröffentlicht am 17.08.2020

Eiskalt, dunkel, spannend

Teufelszeug
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Der Zeitpunkt der Veröffentlichung von "Teufelszeug"von Katja Ivar ermöglicht gewissermaßen antizyklisches Lesen: Mitten in einer Hitzewelle im heißen Sommer 2020 geht es in ein finnisches Dorf an der ...

Der Zeitpunkt der Veröffentlichung von "Teufelszeug"von Katja Ivar ermöglicht gewissermaßen antizyklisches Lesen: Mitten in einer Hitzewelle im heißen Sommer 2020 geht es in ein finnisches Dorf an der Grenze zur damaligen Sowjetunion, kurz vor Einbruch des Winters, in dem das Dorf mehr als ein halbes Jahr lang von der Außenwelt abgeschnitten sein wird. Obendrein spielt die Handlung im Jahr 1952, mitten im Kalten Krieg. Mit Kälte ganz anderer Art muss sich Helle Mauser auseinandersetzen, die als erste weibliche Ermittlerin bei der Mordkommission Helsinki gearbeitet hat.

Doch nun ist Helle buchstäblich abgeschoben, in eine Kleinstadt ganz oben im Norden. Weder ihr Chef noch dessen Stellvertreter kommen damit klar, dass sie plötzlich eine Kollegin haben. Um so mehr, als Helle tatsächlich Fälle aufklären will, während die beiden Männer eine ruhige Kugel schieben wollen. Den Brief einer Pfarrersfrau aus dem entlegenen Dorf, die sich Sorgen um einen seit Tagen verschwundenen Nachbarn macht, der seinen kleinen verwaisten Enkel alleine zurückgelassen hat, wollen sie ebenfalls ignorieren - Helle dagegen spürt ihre Neugier geweckt. Sie glaubt nicht, dass der Vermisste einfach über die Grenze auf sowjetisches Gebiet gelaufen ist, um sich dort volllaufen zu lassen. Um überhaupt in den Norden aufbrechen zu dürfen, muss sie Urlaub einreichen. Die Architektur des Dorfes solle ja ganz schön sein.

Die Welt des Dorfes ist archaisch, doch zugleich ist das Klima der Zeit allgegenwärtig. Helle erhält nicht nur die spärliche Fakten des Vermisstenfalls, sondern auch das Dossier der Sicherheitsdienste über die Menschen, die sie dort trifft. So nahe an der Grenze zur Sowjetunion ist es schließlich beachtenswert, ob jemand Kommunist sein könnte. Helle wiederum wirkt spröde und unnahbar, der komplette Gegensatz zu der mütterlich-sanften Pfarrersfrau. Erst nach und nach erschließt sich, dass Helles Verhalten die Folge eines tiefen Traumas ist und sie im hohen Norden auch auf der Flucht vor ihrer eigenen Vergangenheit ist.

Katja Ivar, die selbst in Moskau geboren wurde und nach einer Jugend in Texas mittlerweile in Paris lebt, versteht es, Verdachtshinweise und Spuren zu legen, die gewissermaßen aus Schnee und Eis freigelegt werden müssen. Persönliches und politisches sind eng verstrickt, doch das ganze Ausmaß der Vorgänge, denen sie auf der Spur ist, erschließt sich Helle erst ganz zuletzt. In einer Situation, in der Menschen zu Spielbällen von Mächten geworden sind und Wissen eine Gefahr, muss sich auch Helle entscheiden. Die Dunkelheit und Kälte des finnischen Winters ist da nur die sichtbare Entsprechung des persönlichen Eiseskälte, mit der sich die Polizistin konfrontiert sind. Entscheidungen und Mut sind gefragt. Spannend, atmosphärisch dicht und mit einem Plot, der bis zum Ende für neue Wendungen sorgt - so lässt sich die antizyklische Winterlektüre bei 35 Grad allemal genießen.

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Veröffentlicht am 13.08.2020

Trump und andere Autokraten

Autokratie überwinden
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Viel ist schon über Donald Trump und seine Präsidentschaft geschrieben worden - von Beobachtern innerhalb und außerhalb der USA, von ehemaligen Regierungsmitgliedern und Enthüllungsjournalisten, von Whistleblowern. ...

Viel ist schon über Donald Trump und seine Präsidentschaft geschrieben worden - von Beobachtern innerhalb und außerhalb der USA, von ehemaligen Regierungsmitgliedern und Enthüllungsjournalisten, von Whistleblowern. Jetzt hat Masha Gessen mit „Autokratie überwinden“ ihre eigene Analyse geschrieben und geht darin auch mit jenen kritisch zu Gericht, die ihre Ablehnung von Trumps Politik teilen.
Interessant an Gessens Buch ist insbesondere der internationale Vergleich, den sie aufgrund ihrer eigenen Lebensgeschichte mit einer besonderen Perspektive ziehen kann – in der damaligen Sowjetunion geboren, ihre Familie wanderte in die USA aus, Gessen arbeitete als Journalistin in Russland, Ungarn und Israel, schrieb ein Buch über Wladimir Putin. Sie beschreibt Trumps Regierung als Entwicklung autokratischer Herrschaft, zieht Parallelen zum Demokratieabbau in Russland und in Orbans Ungarn, zu den Nepotismus- und Korruptionsvorwürfen gegen Netanyahu.
Und in der Tat – Trump mag mit seinen Tweets, seinen selten kohärenten Äußerungen, seinem Auftreten belächelt und augenrollend abgetan werden, aber er ist nun mal in einer Position, die ihn zum mächtigsten Mann der Welt macht. Und auch wenn man ihm nicht die Intelligenz für eine wirklich große Schurkenrolle zutrauen mag: Der Kampf gegen Medien und Gerichte, gegen Einwanderer oder LGBT-Rechte wird nicht nur von den Orbans undKaczynskis geführt. Trump bemüht sich schließlich gar nicht erst, seine Verachtung für diejenigen zu verstecken, die nicht zu seinen Bewunderern gehören.
Mit dem politischen Establishment und den etablierten Medien geht Gessen dabei kritisch um, wirft ihnen mangelndes Profil und eine gewisse Komplizenschaft vor. Die Selbstverpflichtung politischer Journalisten zu Neutralität und ausgewogener Berichterstattung scheint ihr hier falsch. Klare Ansage sei gefragt. Allerdings – nicht umsonst wird im Journalismus zwischen Nachricht und Kommentar getrennt. Was parteiliche Berichterstattung heißt, ist schließlich bei Trumps Hausssender Fox oder bei Breitbart News zu sehen. Aus der Position eigener moralischer Überlegenheit (und in der sehen sich vermutlich genauso dieTrump-Anhänger) nur noch auf Stimmungsmache zu schreiben, könnte vielleicht Trump ein paar Nadelstiche versetzen (aber der Mann hält die etablierten Medien eh für fake news-Verbreiter) – besseren Journalismus macht das meiner Meinung nach nicht.
Allerdings: Es ist schon depremierend, zu lesen, wie Trump in den Medien als „präsidial“ gelobt wird, wenn er gelegentlich tatsächlich einmal nicht als eitler Selbstdarsteller mit wirrem Wortsalat auftritt, sondern tatsächlich einmal der Würde des Amtes halbwegs gerecht wird
Dennoch, auch mit Trump im Weißen Haus stehen die USA nicht kurz vor der Diktatur, darauf legt Gessen wert Doch auch ein autokratisches Regime, eine Regierung des schlechtesten und inkompetentesten, die manches bisher Unvorstellbare „normal“ gemacht hat, kann in nur wenigen Jahren lang anhaltende und erhebliche Folgen haben, befürchtet die Autorin.
Auch ohne staatlichen Terror wie in einem diktatorischen Regime sei so manchen nicht nur wegen des Umgangs mit Corona-Pandemie einer mitunter lähmenden Angst ausgesetzt. Andere könnten die Option wählen, die auch Einwohnern totalitärer Staaten vertraut ist: der Rückzug ins Privatleben, gewissermaßen eine Vogel Strauß-Politik, die politische Ereignisse einfach nicht mehr zur Kenntnis nimmt. Für Trump wäre da ein Sieg „in seinem Kampf gegen die Politik“
Die Erholung vom Trumpismus werde kein Prozess der Rückkehr zu einem Regierungsgssystem sein, wie es früher war, zu einem fiktiven Normalzustand, wie er vor Trump bestanden hatte, warnt Gessen. „Der Erholungsprozess wird nur als Wiedererfindung der Institutionen möglich sein, eine Neubestimmung all dessen, was es bedeutet, eine Demokratie zu sein, wenn es denn das ist, was wir sein wollen.“
Was die Amerikaner wollen – spätestens im November werden wir es erfahren.

Veröffentlicht am 11.08.2020

Allein unter Pinguinen

Unverfrorene Freunde
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Klemens Pütz erforscht seit Jahrzehnten Pinguine, und die Faszination für sein Spezialthema - und für die Feldforschung - ist ihm auch nach all den Jahren deutlich anzumerken. Eine Pinguinkolonie mag dreimal ...

Klemens Pütz erforscht seit Jahrzehnten Pinguine, und die Faszination für sein Spezialthema - und für die Feldforschung - ist ihm auch nach all den Jahren deutlich anzumerken. Eine Pinguinkolonie mag dreimal so schlimm riechen wie ein "Fischmarkt am Abend", aber trotzdem geht der Biologe noch immer gerne auf Augenhöhe, buchstäblich, und kommt in der Bauchlage seinen Forschungsobjekten ganz nahe.

Für den Leser von "unverfrorene Freunde" ist dabei ein großer Vorteil, dass Pütz regelmäßig auf Kreuzfahrtschiffen über seine einst als Brikettersatz verfeuerten Freunde Vorträge hält, denn er schreibt so, dass auch ohne ornithologisches Fachwissen der "Normalleser" den Anschluss nicht verliert. Locker-flockig beschreibt er das Leben der Frackträger, ihre Gewohnheiten, Speiseplan und Familiendasein. Die Faszination an seinen gefiederten Freunden im ewigen Eis und in den subpolaren Küstengebieten versucht er gar nicht erst zu verbergen.

Die Freude, die ihm die Pinguinforschung macht und die Sorge um den schwindenden Lebensraum der durch Klimawandel, Umweltverschmutzung und menschliche Eingriffe bedrohten Vögel ist Pütz anzumerken, die Freude an der Feldforschung ebenso.

Gut möglich, dass andere Wissenschaftler ein wenig die Nase rümpfen über den, sagen wir mal extrem laienfreundlichen Schreibstil des Forscherkollegen. Denn Pütz ist ein "freier Wissenschaftler", dessen Arbeiten über eine Stiftung finanziert werden. Eine sehr glückliche Lage, wie jeder Wissenschaftler weiß, der sich zwischen Drittmitteleinwerbung, Forschungsanträgen und Pflichtveröffentlichungen notgedrungen mehr am Schreibtisch als auf einer Forschungsstation herumtreibt.

Der Nicht-Ornithologe erfährt jedenfalls so einiges aus dem Arbeitsalltag, über Magensonden und Frischhaltefunktion in Pinguinmägen, über den Gestank von Pinguinkotze, gegen die selbst Guano noch dezent duftet und über die bedauerliche Tatsache, dass Schokoriegel in der Antarktis ebenso unangebracht sind wie feuchtes Toilettenpapier: Beide sind im Nu untauglich, da bretthart gefroren.

Doch auch, wenn die Lektüre von "Unverfrorene Freunde" überwiegend heiter ist, der Ernst nicht nur des Pinguinlebens bleibt nicht ausgeklammert, Klimawandel, Verschmutzung und Überfischung der Meere sowie Plastikpartikel machen vor den Heimatregionen der Pinguine nicht Halt. Menschliche Eingriffe und Essgewohnheiten lassen die Zukunft der Pinguine düsterer aussehen. Weltschmerz und Resignation will Pütz dabei nicht zulassen, er zeigt Projekte etwa auf den Falkland-Inseln auf, von denen letztlich auch die Pinguine profitieren dürften. Doch es bleibt viel zu tun.

Ein unterhaltsam geschriebenes Sachbuch für Natur- und Tierliebhaber, mit Fotos, die gewissermaßen als Charmeoffensive der "unverfrorenen Freunde" angesehen werden können.