über das Rittertum des mitteleuropäischen Raums hinaus
Mit diesem Roman schließt die Autorin unmittelbar an den vorhergehenden Roman „Die Maurin“ an. Erneut entführt Sie uns in die Welt von 1001 Nacht. Es geht nicht weniger abenteuerlich als in den originalen ...
Mit diesem Roman schließt die Autorin unmittelbar an den vorhergehenden Roman „Die Maurin“ an. Erneut entführt Sie uns in die Welt von 1001 Nacht. Es geht nicht weniger abenteuerlich als in den originalen Märchen zu. Im Gegenteil, „Das Geheimnis der Maurin“ ist ein klassischer Abenteuerroman durch und durch. Er enthält romantische Passagen genauso wie Schlachten und Gemetzel, so wie es in diesem Genre üblich ist. Doch zunächst zum Inhalt: Wir befinden uns in Andalusien auf der iberischen Halbinsel im Jahre 1491. Zahra, die Protagonistin aus dem ersten Band, und ihre Familie müssen vor den christlichen Eroberern nach Portugal fliehen. Wir erinnern uns, dass die Mauren durch die christlichen Könige Isabel und Fernando besiegt worden sind. Die Familie Zahras hat die Seidenfarm verkauft und sucht jetzt nach einem neuen Fleckchen Erde, auf dem sie sich niederlassen kann. Sie wird jedoch auf ihrer Flucht von Soldaten überfallen, Zahras Tochter Chalida wird entführt. Die Familie bricht die Flucht nach Portugal ab und Jaime, der christliche Liebhaber der Muslima Zahra, außerdem ist er der Vater all ihrer Kinder, macht sich auf die Suche nach seiner jüngsten Tochter. Anfangs noch optimistisch, das kleine Mädchen schnell wieder zu seiner Mutter zurückzubringen, kehrt er immer wieder mit leeren Händen von seinen Suche zurück. In letzter Verzweiflung wendet er sich an seinen Bruder Gonzalo. Doch Gonzalo war vor Jaime der Verlobte der wunderschönen Zahra. Die beiden Brüder haben jahrelang nicht miteinander gesprochen, weil Gonzalo es nicht verwunden hat, dass sich Zahra in seinen Bruder verliebte.
Mit viel Gespür für Abenteuer und Liebe beschreibt Lea Korte in diesem fiktiven Roman das Aufeinandertreffen dreier Religionen auf der iberischen Halbinsel. Während zu Beginn des 15. Jahrhunderts die Gläubigen der Religionen des Judentums, der Christen und des Islam friedfertig und sich gegenseitig Kraft gebend zusammengelebt hatten, so brach mit der Machtübernahme der katholischen Kirche ein großes Morden auf der iberischen Halbinsel aus. Der Roman erzählt von den Gräueltaten der katholischen Kirche und ihrer Handlanger. Er erzählt von der Verfolgung der Juden, die als erstes nach der Machtübernahme durch die Christen dran glauben mussten. Und das, obwohl den Machthabern bekannt war, dass die Juden das Geld geliefert hatten, mit denen sie die Mauren besiegen konnten. Der Roman erzählt von der Verfolgung der Moslems, nachdem die Juden zwangsgetauft oder aus dem Land getrieben worden waren. Er erzählt davon, dass es den Moslems letztendlich nicht anders ergehen sollte als den Juden. Als allein gültigen Glauben wollten die Herrscher nur das Christentum sehen. Dieser historische Konflikt wurde von der Autorin hervorragend mit der Familie Zahras in ein fiktives Abenteuer umgewandelt. Denn wie kann ein solcher Konflikt besser dargestellt werden als in diesem Roman. Die starke, und aus heutiger Sicht sehr emanzipierte, Protagonistin ist islamischen Glaubens, ihr Mann hingegen, mit dem sie nicht verheiratet sein darf, gehört dem christlichen Glauben an. Er ist christlich getauft und erzogen worden ist. Während der großen Kämpfe gegen das Christentum (im ersten Roman) kämpfte Jaime auf der Seite der Mauren gegen die christlichen Herrscher. Im vorliegenden Roman ist er von Strafen verschont geblieben und dient als Leibwächter eines den Mauren tolerant gegenüberstehenden Erzbischofs. Der Konflikt zwischen Christentum und Islam besteht also unmittelbar innerhalb der Familie der Protagonistin. Dies ist Konfliktstoff pur, der die Höhen und Tiefen, das Auf und Ab der Gefühle des Lesers erzeugt. Es stellt sich immer wieder aufs Neue die Frage, ob die Liebe zwischen Zahra und Jaime daran zerbricht.
Der Roman lässt den Leser eintauchen in eine Welt voller Exotik, in eine Welt voller orientalischer Gerüche und Düfte, voller orientalischer Geräusche, und dennoch bleibt er gefangen in einer Handlung, bei der er ständig wissen möchte, wie es weitergeht. Lea Kortes Schreibstil ist vergleichbar dem orientalischer Märchenerzähler. Alle Sinne werden mit passenden Vergleichen oder Metaphern bedient, so dass die Gefühlswelt des Lesers freien Lauf nehmen kann. Gleichzeitig werden dabei die notwendigen Genreelemente der Romantik und Spannung so perfekt bedient, dass dem Leser kaum etwas anderes bleibt, als das Buch schnell und zügig bis ans Ende zu lesen. Dabei hat sie mit der Familie der as-Sulamis das Thema des Buches, Toleranz für ein friedliches Zusammenleben aller Religionen, hervorragend übertragen.
Für Liebhaber historischer Abenteuerromane, die einmal über das Rittertum des mitteleuropäischen Raums hinausschauen möchten, ist „Das Geheimnis der Maurin“ ein unbedingtes Muss.
© Detlef Knut, Düsseldorf 2013