Cover-Bild Die Wahnsinnige
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20,00
inkl. MwSt
  • Verlag: DuMont Buchverlag
  • Themenbereich: Geschichte und Archäologie - Geschichte
  • Genre: Romane & Erzählungen / Historische Romane
  • Seitenzahl: 208
  • Ersterscheinung: 18.08.2020
  • ISBN: 9783832181277
Alexa Hennig von Lange

Die Wahnsinnige

Roman
Spanien, 1503: In der Festung La Mota soll Johanna von Kastilien endlich zur Vernunft kommen. Zu viel steht für ihre Mutter, Isabella die Katholische, auf dem Spiel. Die Königin regiert das Land mit unerbittlicher Härte, sie hat die Mauren vertrieben und lässt Tausende als Ungläubige auf den Scheiterhaufen der Inquisition verbrennen. Sie kann ihr Reich nicht in die Hände einer Tochter geben, die nicht betet, nicht beichtet und der Macht nichts bedeutet. Johanna will nicht über andere herrschen. Alles, was sie will, ist, über sich selbst zu bestimmen. Aber das scheint eine Freiheit zu sein, die nur Männern vorbehalten ist. Als sie mit Philipp dem Schönen ins ferne Flandern verheiratet wird, sieht es für einen Moment so aus, als sei das Unwahrscheinliche möglich: ein Leben in Liebe in einer Welt aus Verrat. Doch auch als sich diese Hoffnung nicht erfüllt, hält Johanna unbeirrbar an dem fest, was alle um sie herum für Wahnsinn halten – dem unerhörten Wunsch, dass die Welt anders sein könnte als sie ist.
Vor dem historischen Hintergrund der Biografie von Johanna der Wahnsinnigen stellt Alexa Hennig von Lange eine sehr moderne Frage:
Wie können wir die werden, die wir sind, wenn das nicht für uns vorgesehen ist?

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.08.2020

Von Gefühlen überwältigt

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Der Roman lässt mich betroffen und vielleicht auch in gewisser Weise ohnmächtig zurück. In den vergangenen Tagen habe ich an der Seite von Johanna um Liebe gekämpft, Gefühle unterdrückt, Kinder bekommen, ...

Der Roman lässt mich betroffen und vielleicht auch in gewisser Weise ohnmächtig zurück. In den vergangenen Tagen habe ich an der Seite von Johanna um Liebe gekämpft, Gefühle unterdrückt, Kinder bekommen, Macht verloren, um ein Leben gefürchtet, einen Platz in der Welt eingenommen - und bin darin bestätigt worden, dass die Maßstäbe für einen gesunden Geist von Männern gemacht werden. Immer wieder kommt mir der Satz in den Sinn, der über Johannas ganzer Geschichte steht, und den man ausschließlich Frauen gegenüber verwendet: "Nun sei doch nicht so emotional." Dies ist schlussendlich Johannas einziges Vergehen in dieser fiktionalen Aufarbeitung ihrer Ehe: sie lässt sich von ihren Gefühlen leiten und oftmals beherrschen.

Alexa Hennig von Lange ist eine äußerst intensive Charakterstudie gelungen, die durchgehend die klaustrophobische Abhängigkeit Johannas, ihr Leben in Unfreiheit und und mit Einschränkungen, fühlbar macht. Bereits die erste Seite zeigt diesen Mangel an Selbstbestimmung in klaren, treffenden Worten deutlich auf. Zu keiner Zeit vergisst der Roman, wie verfahren Johannas Situation ist. Jeder noch so kleine Moment, den Johanna als Sieg verbuchen möchte, wird von ihren Feinden zum weiteren Beleg ihres ungesunden Geisteszustands umgedeutet. Johannas begrenzte Aktionsmöglichkeiten werden dadurch verstärkt, dass sie ihrem Mann verfallen ist, und sie ihm ein Kind nach dem anderen schenkt - ein weiterer Umstand, der sich vortrefflich dazu eignet, Johanna einzusperren, zu kontrollieren und einzuschränken.

Neben diesem außerordentlichen Gefühl der Unfreiheit, das der Roman beständig transportiert, erkennt der Leser, dass Johanna vor allem sehr einsam ist. Sie hat keine Freunde und kaum Verbündete, ihre "engste Vertraute" wird ihr von ihrer Mutter zugeteilt und soll Johannas Verhalten in die richtigen Bahnen lenken. Die Beziehung zu ihrem Mann ist emotional einseitig und wenig vertrauensvoll, denn Philipp der Schöne lebt das typische Leben eines Renaissancefürsten mit allem, was dazu gehört. Für ihre Eltern ist sie lediglich ein Machtpfand und die Beziehung zu ihren eigenen Kindern bleibt trotz aller Bemühungen zerrissen. All diese Aspekte sind ausgezeichnet und sehr authentisch in die Erzählung eingebettet. Johanna und ihre Familie sind sind so plastisch dargestellt, dass die Lektüre durchweg von dem Eindruck bestimmt wird, man habe es mit realen Menschen zu tun und nicht nur mit literarischen Figuren, die auf einer historischen Vorlage beruhen. Erzählerisch ist dies sehr stark, weil es dem Roman tatsächlich gelingt, immer wieder auch Distanz zu Johanna aufzubauen. Der Leser zweifelt so ab und an, ob Johanna nicht vielleicht doch einen Hang zum Wahnsinn haben könnte und stellt ihr Verhalten infrage.

Auch wenn die Charakterstudie im Vordergrund steht, so ist der Autorin darüber hinaus ein sehr authentisches Bild der Renaissancezeit gelungen. Man wird mit Johanna in alte, kalte Gemäuer eingesperrt und arbeitet sich an den patriarchalische Machtstrukturen ab. Als Bonus wird der Kleidung der Zeit sehr viel Aufmerksamkeit geschenkt und so der zeitliche Kontext noch stärker herausgearbeitet. Auch der politische Hintergrund und die dynastischen Verhältnisse finden ihren Platz in diesem Roman. Dies alles hat mir ausgesprochen gut gefallen.

Trotz meines absolut positiven Fazits habe ich zwei Punkte zu bemängeln. Die Autorin neigt zu einigen Redundanzen. Johannas rotes Haar, ihre blasse Haut, Philipps Kinn und noch ein paar weitere Details werden zu gehäuft angesprochen. Dadurch tritt der Erzählfluss etwas auf der Stelle. Und: das Nachwort hätte dringend um den letzten Absatz gekürzt werden müssen. Es ist leider überhaupt nicht gut, wenn ein Autor dem Leser abschließend erklären möchte, wie er den Text hätte verstehen sollen. Ein guter Roman kann und muss für sich selbst sprechen. Dieser könnte es.

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Veröffentlicht am 24.08.2020

Wahnsinnig oder denkend

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Johanna von Kastilien ist die Protagonistin dieses historischen Romans, der die belegten Fakten ihrer Herkunft, Ehe und Nachkommen geschickt in eine Form bringt, die nicht nur attraktiv zu lesen ist, sondern ...

Johanna von Kastilien ist die Protagonistin dieses historischen Romans, der die belegten Fakten ihrer Herkunft, Ehe und Nachkommen geschickt in eine Form bringt, die nicht nur attraktiv zu lesen ist, sondern auch die besondere Situation der angeblich Wahnsinnigen klar werden lässt.

Johanna war eigentlich nie als Erbin für die Krone vorgesehen, trotzdem überdurchschnittlich gut ausgebildet. Sie sprach mehrere Sprachen, spielte Clavichord, las viel. Sie nutzte ihre Intelligenz für politische und philosophische Gedankenspiele. In ihrem Glauben war Johanna gefestigt. Sie versuchte eine gute Christin zu sein. Nachdem alle in der Thronfolge vor ihr verstorben waren, als Kronprinzessin, wollte sie eine bessere, gnädigere Königin werden. Isabella „der Katholischen“ ging Johanna‘s Ausübung des Glaubens allerdings nicht weit genug. Sie hätte ihn wohl öffentlichkeitswirksam mehr nach außen tragen sollen. Zudem konnte Johanna ihre Gefühle insbesondere bei Konfrontationen nicht verbergen, was ihrem Umfeld missfiel.

Waren es diese, aus heutiger Sicht vernachlässigbaren Schwächen, die ihr den Beinamen einbrachten oder waren diese kleinen Fehler aus machtpolitischen Kalkül aufgebauscht worden? Genau mit dieser Frage setzt sich Alexa Hennig von Lange intensiv auseinander. Dabei konzentriert sie sich zunächst auf die Beziehung zwischen Königin und Kronprinzessin, die wenig von Liebe geprägt zu sein scheint. Nach dem Ableben der Mutter treten Johanna‘s Vater Ferdinand und ihr Ehemann, Philipp „der Schöne“, in den machtpolitischen Vordergrund. Auch dieses Beziehungsgeflecht leuchtet die Autorin genau aus.

Erschreckend dabei empfand ich Johanna‘s Chancenlosigkeit. Als Kronprinzessin und auch später als Königin wird sie von ihrer Familie dermaßen unterdrückt, dass es nie zur Ausübung des Amtes kommt. Die Angst vor sich verändernden Werten und eigene Machtinteressen waren offensichtlich zu groß.

Aus meiner Sicht hat Alexa Hennig von Lange einen hervorragenden Roman geschrieben. Er wirkt ordentlich recherchiert. Der Leser kann ahnen, wie tief sich die Autorin in ihre Protagonistin hineinversetzt hat. Die literarische Aufbereitung der Persönlichkeit von Johanna von Kastilien empfinde ich als überdurchschnittlich. Herausragend ist für mich die Offenlegung des mentalen Innenlebens der Hauptfigur, weil sie deren Intelligenz zu Tage fördert, die ihr gerade durch den Beinamen abgesprochen werden soll. Der geschmeidig lesbare, aber nicht triviale Schreibstil verleiht der Auseinandersetzung zusätzlich Glaubwürdigkeit.

Alexa Hennig von Lange schließt ihren mehr als gelungenen Roman mit einem recht philosophischen Nachwort ab, für mich das Tüpfelchen auf dem i.

Fazit: Ganz klare Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 19.08.2020

Wahnsinnig oder Widerspenstig?

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+ + Kein historischer Roman im klassischen Sinne, sondern eine Auseinandersetzung mit der zeitlosen Frage: Wer oder was will oder darf ich sein? + +

Ich lese sehr gerne historische Romane und die Kurzbeschreibung ...

+ + Kein historischer Roman im klassischen Sinne, sondern eine Auseinandersetzung mit der zeitlosen Frage: Wer oder was will oder darf ich sein? + +

Ich lese sehr gerne historische Romane und die Kurzbeschreibung zu diesem Buch hat mich neugierig gemacht. "Johanna die Wahnsinnige" war mir bis jetzt nicht bekannt. Sie lebte von 1479 bis 1555, war mit Philipp dem Schönen ( Erzherzog von Burgund, später König von Spanien ) verheiratet und hatte mit ihm 6 Kinder. Nach dem Tod ihres Mannes war sie die alleinige Herrscherin über einen großen Teil von Europa.

In diesem Buch stellt sich die Autorin, mit Hilfe der historischen Figur Johanna von Kastilien, die Frage: Was ist, wenn der eigene Lebensentwurf nicht mit dem Anspruch von Familie und Gesellschaft zusammenpasst?

Johanna lehnte schon früh das Handeln ihrer Mutter ab, die sich als 'Isabella die Katholische' mit der Ejnführung der Inquisition in Spanien einen Namen machte. Sie lehnte u.a. die Beichte ab und versuchte sich mit aller Kraft von den Einflüssen ihrer Mutter zu befreien. Es war wohl der rote Faden in ihrer Lebensgeschichte, dass sie ihren engsten Familienmitgliedern nicht vertrauen konnte, egal ob Vater, Gemahl oder später der eigene Sohn, jeder hat sie in irgendeiner Art hintergangen oder in ein schlechtes Bild gerückt.
Alexa Hennig von Lange hält sich in ihrer Erzählung an die historischen Eckdaten, lässt aber Johanna sehr modern denken und sprechen. So bekommt die Handlung einen zeitlosen Charakter. Das fand ich gut gemacht. In wie weit Johanna wahnsinnig, rebellisch oder vielleicht sogar ihrer Zeit voraus war, wird wohl nicht endgültig geklärt werden können.

Ein Extra-Lob verdient das Cover. Hier zeigt sich ganz genau der Inhalt des Buches. Die historische Johanna trifft auf die moderne Neonfarbe.

Man kann sich am Ende des Buches fragen: Sind wir den Umständen ausgeliefert oder können wir unser Leben bewusst und eigenmächtig gestalten?

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Veröffentlicht am 16.08.2020

Gefühlvolles Frauenporträt

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Vorab: wer einen historischen Roman erwartet, liegt falsch. Alexa Hennig von Lange hat anhand der historischen Figur Johanna von Kastillien (die Wahnsinnige) und deren biografischen Eckdaten ein berührendes ...

Vorab: wer einen historischen Roman erwartet, liegt falsch. Alexa Hennig von Lange hat anhand der historischen Figur Johanna von Kastillien (die Wahnsinnige) und deren biografischen Eckdaten ein berührendes Porträt geschaffen, das weniger der Frage nachgeht, ob Johanna tatsächlich verrückt gewesen ist, als mehr, woran sie es denn geworden sein könnte. Der Autorin ist es gelungen, die Gefühle nachvollziehbar und authentisch darzustellen. Die Seiten blättern sich quasi von alleine um, während man mit Johanna mitfühlt, die doch nur ihren Weg finden und gehen möchte und doch an das gesellschaftliche Korsett ihrer Zeit und ihres Standes gebunden ist. Als Spielball ihrer Eltern, Mutter und ihres Mannes ist es ihr nicht vergönnt, sie selbst sein zu dürfen. Und für mich stellt sich immer wieder die Frage, ob wir heutzutage freier sind, wenn wir nicht der Norm bzw den Erwartungen entsprechen,

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Veröffentlicht am 01.09.2020

Was (Ohn)Macht mit Menschen macht

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Eine Charakterstudie am Beispiel von Johanna von Kastilien, die ihren Wunsch nach Freiheit und Selbstbestimmung mit grausamer Missachtung bezahlen muss.

Weil ich die Bücher „Kampfsterne“ und „Die Weihnachtsgeschwister“ ...

Eine Charakterstudie am Beispiel von Johanna von Kastilien, die ihren Wunsch nach Freiheit und Selbstbestimmung mit grausamer Missachtung bezahlen muss.

Weil ich die Bücher „Kampfsterne“ und „Die Weihnachtsgeschwister“ dieser Autorin bereits mit Vergnügen gelesen habe, musste ich auch hier bei der Neuerscheinung gleich zugreifen. Milieustudien und Charakterstudien liegen Alexa Hennig von Lange, und so hat sie auch hier einen wunderbaren Roman zustande gebracht. Waren es bei den o.g. Bücher wohl eher fiktive Personen, die im Mittelpunkt ihrer Geschichten stehen, haben wir es diesmal mit einer historisch realen existierenden Person zu tun: Johanna von Kastalien, die auch Johanna die Wahnsinnige genannt wurde.
Johanna von Kastalien wurde 1479 in Toledo (Spanien) geboren und starb 1555 in Tordessillas (Spanien). Der Roman widmet sich aber nur einem kleinen Lebensausschnitt von Johanna und zwar beleuchtet er die Jahre 1503 bis 1506. Ein Großteil ihres Lebens (ab 1509 bis zu ihrem Tod) aber verbrachte sie eingesperrt in Obhut von Ordensschwestern im Kloster von Tordessillas.

Für mich war der Roman, diese Charakterstudie so eine Art „Fallbeispiel“, wie ein Mensch auf einmal in eine Rolle ‚gestoßen‘ wird, die er unter anderen Umständen nicht eingenommen hätte, denn so heißt es auch im Klappentext: „Wie können wir werden, die wir sind, wenn das nicht für uns vorgesehen ist?“
Nur aufgrund der Tatsache, dass sämtliche Thronerben sterben, wird Johanna Thronfolgerin eines gigantischen Weltreiches. Johanna möchte aber nicht die grausamen Machenschaften ihrer Eltern, für die Inquisition und Ausbeutung Ausdruck ihrer Macht sind, fortsetzen. Sie hat andere Vorstellungen von der Welt, eine ‚liebevolle Welt‘ und sie kann sich mit der damaligen Rolle der Frau in Ehe nicht abfinden, denn „Frauen haben in der Ehe keine Eigenständig (S.58)“. Johanna hegt zu der damaligen Zeit revolutionäre Gedanken, denn sie fordert „eine komplette Neuordnung des altbekannten Verhältnisses zwischen Mann und Frau“ (S.58). Und sie will über sich selbst bestimmen. Doch das ist zu der damaligen Zeit, in der patriarchalische Machtstrukturen dominieren, nicht möglich. Johanna, die aufgrund ihrer sozialen Rolle auch eine einsame Frau ist, hat auch keine Freunde / Vertraute und somit auch keine Verbündete. Somit ist es ein leichtes, sie als verrückt zu erklären. Auch aufgrund bestimmter Verhaltensweisen, die sie als Ehefrau an der Seite von Philipp dem Schönen an den Tag legt, trägt sie selbst dazu bei, dass ihr gesellschaftliches Umfeld sie als „Wahnsinnige“ tituliert. Aus unserem heutigen Verständnis ist es befremdlich, aber damals war es nicht unüblich, dass der Ehemann (vor allem in der gehobenen Gesellschaft) seine Maitressen hatte und seine sexuellen Gelüste anderweitig auslebte. Johanna will dies nicht akzeptieren, sie ist verliebt; ihr Mann ist ihr Mann, und kann dieses Verhalten ihres Mannes nicht dulden. Ausschreitungen mit den Liebschaften sind daher nicht selten.
Im Roman wird gut veranschaulicht, wie die Welt damals gestrickt war: Ehen werden aufgrund politischer und herrschaftlicher Ansprüche geschlossen, Intrigen werden gesponnen, Angehörige - wie auch Johanna - werden zum Spielball im Konflikt verschiedner konkurrierender Interessenvertreter. Auch hat die Kirche einen enormen Macht-Einfluss auf Entscheidungen aller Art. Und Mutter-Kind-Beziehungen waren eher nur faktisch.

Da wir es hier aber nicht mit einem klassischen historischen Roman zu haben, darf man sich hier auch nicht einen tiefen Einblick in die Biographie von Johanna erwarten. Für mich war es daher hilfreich, mich vorab über diese Person - von der ich bis dato noch nichts gehört hatte - zu informieren, um auch einen Einblick in bzw. einen Überblick über die historischen, politischen und gesellschaftlichen Hintergründe zu bekommen. So bekam der Roman eine Basis, so dass ich einen guten Zugang zur Geschichte und zu den Personen - insb. zu Johanna bekam.

Mir hat das Buch sehr gut gefallen, da in meinen Augen Johanna mit ihrem Verhalten und Gedanken gut dargestellt wird. In meinen Augen ist sie mutig, sich gegen das System zu stellen. Der Brief, mit dem der Roman beginnt, hat mich extrem mitgenommen, da hier gleich am Anfang veranschaulicht wird, wie viel Leid diese starke - wenn auch sture - Frau ertragen musste und wie zäh und widerstandsfähig sie trotz dieser Erniedrigungen geblieben ist.

Der gut recherchierte Roman ist flüssig und leicht verständlich geschrieben, so dass man das Gelesene gleich auf sich wirken lassen kann. Die kurzen Kapitel laden dazu ein, zwischendurch das Gelesene zu reflektieren.
Nachwörter werden von mir oft überflogen, aber hier ist es ein wirklich gutes „Kapitel“, das ich zugegebener Weise gleich am Anfang gelesen habe.

Wer Lesefutter sucht, das nicht so leicht zu verdauen ist, ist mit diesem Roman gut beraten.

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