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Veröffentlicht am 08.09.2020

Familiengeschichte mit Krimianteil

Ihr Königreich
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Außerhalb der kleinen Stadt Os wohnt Tankstellenwart Roy zurückgezogen auf dem Familien-Hof. Der Vater nannte das karge Land stets stolz „Königreich“. Der jüngere Bruder Carl kehrt nach langer Abwesenheit ...

Außerhalb der kleinen Stadt Os wohnt Tankstellenwart Roy zurückgezogen auf dem Familien-Hof. Der Vater nannte das karge Land stets stolz „Königreich“. Der jüngere Bruder Carl kehrt nach langer Abwesenheit aus den USA zurück, begleitet wird er von seiner Frau Shannon. Im Gepäck haben die beiden eine Geschäftsidee, die ihnen viel Geld einbringen soll, auch der Ort könnte hiervon profitieren.
Jo Nesbo erzählt hier auf sehr ruhige Art aus der Sicht von Roy eher eine Familiengeschichte, denn einen Kriminalroman, die sich nach und nach entwickeln.
Die Beziehung der Brüder wird schrittweise beleuchtet. Roy hat seinem kleinen Bruder oft den Rücken freigehalten, wie wird das zukünftig sein? Roy verliebt sich in Shannon, dies bringt eine gewisse Brisanz in das Bruderverhältnis.
Nesbos Erzählstil ist wie immer gehoben, aber schön und auch leicht zu lesen. Wie immer weiß er mit besonderen Wendungen zu überraschen, seine Charaktere sind vielschichtig und gut angelegt.
Mal ein anderer Nesbo, der mich aber sehr gut unterhalten hat.

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Veröffentlicht am 29.08.2020

Leben im Bus

Adresse unbekannt - Nominiert zum Deutschen Jugendliteraturpreis
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Felix liebt seine Mutter Astrid sehr, aber es ist nicht immer leicht mit ihr. Sie ist unstet, manchmal depressiv, trägt aber auch ihr Herz auf der Zunge und eckt so manches Mal an. Durch ihre Art behält ...

Felix liebt seine Mutter Astrid sehr, aber es ist nicht immer leicht mit ihr. Sie ist unstet, manchmal depressiv, trägt aber auch ihr Herz auf der Zunge und eckt so manches Mal an. Durch ihre Art behält sie leider keine Arbeit besonders lange, was den sozialen Abstieg der Beiden noch begünstigt. Schließlich leben sie in einem Bus, sind obdachlos. Das soll ein Geheimnis bleiben, damit die Behörden Felix nicht in eine Pflegefamilie stecken. Diese Angst und die Sorge um die Mutter lassen den Jungen über sich hinauswachsen. Zum Glück ist Felix ein starker Junge, der es schafft, schwierigen Situationen noch mit Humor zu begegnen. Er übernimmt aber mehr Verantwortung, als er in seinem Alter tragen sollte. Seine Freunde stehen ihm zur Seite, und es fällt ihm schwer diese über seine Situation zu belügen, es dauert, bis er sich anvertraut.
Die einzelnen Charaktere sind sehr unterschiedlich, aber vielschichtig und liebevoll angelegt. Das Buch ist spannend und lustig zugleich, der Spagat ist hier geglückt, man kann es schlecht aus der Hand legen. Die Schilderung der sozialen Probleme ist sehr gut gelungen und wurde kindgerecht nachvollziehbar umgesetzt. Das schwierige Thema der Obdachlosigkeit und der Gefahren, die dies mit sich bringt, kann Kindern ab 11 Jahren hier aufgrund der Themenumsetzung und Erklärungen zugemutet werden. Es gibt auch noch Anreize, sich mehr mit dem Thema auseinanderzusetzen.

Es wird transportiert, dass jeder in eine Notlage geraten kann. Es lohnt sich immer genau hinzusehen, Freundschaft und Hilfsbereitschaft sind wichtig und könne Vieles ausgleichen.
Ein sehr gutes Kinder-Jugendbuch, das wir gerne weiterempfehlen.

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Veröffentlicht am 27.08.2020

besondere Freundschaften

Der beste Notfall der Welt
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Bens Eltern machen eine Reise zu zweit, daher muss Ben zu einer befreundeten Familie. Mit dem gleichaltrigen Gustav soll er sich das Zimmer teilen. Die Eltern freuen sich, aber die Kinder mögen sich gar ...

Bens Eltern machen eine Reise zu zweit, daher muss Ben zu einer befreundeten Familie. Mit dem gleichaltrigen Gustav soll er sich das Zimmer teilen. Die Eltern freuen sich, aber die Kinder mögen sich gar nicht leiden, unglaubliche schlimme 12 Tage scheinen wie eine Unendlichkeit vor ihnen zu liegen. Der Autor schafft es hier zwei sehr unterschiedliche liebenswerte Charaktere anzulegen, die sich allmählich annähern, auch wenn sie es nicht wahrhaben wollen. Das sich Unterschiede ergänzen können und sich nicht zwangsläufig ausschließen, lernen die beiden Kinder nach und nach nebenbei.
Gustavs Eltern gehen sehr gut mit der Rivalität um, sie mischen sich wenig ein und unterstützen damit die Annäherung mehr als gedacht.
Ein Fund auf dem Hinweg führt die beiden Jungen in ein fantastisches Abenteuer, dass sie zusammen bestehen. Trotz dieses Ausflugs in den Fantasy Bereich ist es hauptsächlich eine sehr schöne authentische Freundschaftsgeschichte, die es versteht, auch erwachsene Leser zu berühren. Die teils tiefgründigen Gedanken der Jungen wirken aufgrund ihrer Formulierung sehr echt. Gedanken zu einem echten Lächeln, Heimat, Mut, Akzeptanz, Hilfsbereitschaft, Freundschaft und Ehrlichkeit kreisen kurz durch die Köpfe der Jungen und werden durch Ablenkung wieder fallen gelassen. Authentisch ist, dass diese Themen nur angerissen werden.
Die 12 Tage gemeinsam mit den Ben und Gustav haben viel Spaß gemacht, es war schön zu lesen, wie sie sich anfreunden. Tolle Bilder begleiten die Geschichte, die liebevollen Zeichnungen sind eine schöne Ergänzung, ebenso wie der Spleen des Vaters fremde Einkaufslisten zu sammeln.
Von uns gibt es volle 5 Sterne

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Veröffentlicht am 27.08.2020

Zeitgeschehen im Berlin der 50er

Kinder ihrer Zeit
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„Es gibt nur eine Sache im Leben, die wichtig ist – dass du dir jeden Tag im Spiegel in die Augen schauen kannst.
Lass dir das von einem sagen, der das hässliche Gesicht dieses Landes besser kennengelernt ...

„Es gibt nur eine Sache im Leben, die wichtig ist – dass du dir jeden Tag im Spiegel in die Augen schauen kannst.
Lass dir das von einem sagen, der das hässliche Gesicht dieses Landes besser kennengelernt hat, als du es hoffentlich jemals wirst.“ Zitat Seite 305

Erst im letzten Moment wagt die junge Mutter Rosa mit ihren Zwillingen Emma und Alice im tiefsten Winter die Flucht von Ostpreußen nach Westen, um den immer näher rückenden Russen zu entkommen. Auf tragische Weise werden Emma und Rosa von Alice getrennt. Die Beiden glauben viele Jahre, dass Alice umgekommen ist, doch das stimmt nicht: Sie wurde von einem Russen gerettet und kam in ein Kinderheim.
So wachsen die Zwillinge getrennt voneinander in verschiedenen politischen Systemen und Verhältnissen auf, die sie sehr prägen. Alice lebt in Osten und Emma in Westen Berlins. Die Stadt ist geteilt, aber die Menschen können die Grenze recht problemlos passieren.
Der kalte Krieg ist durch viele Spionen und Agenten in der Stadt allgegenwärtig.

Bespitzelungen, Erpressungen, Ausspielen von Beziehungen, Entführungen, Nazis in hohen Ämtern, KGB, Propaganda bestimmten diese Zeit und werden in diesem Roman gekonnt und glaubhaft verarbeitet, so dass ein eindrucksvolles Zeitporträt im Kopf des Lesers entsteht.

Jahre später, als junge Erwachsenen begegnen die Schwestern sich wieder. Während sie sich langsam wieder annähern und kennenlernen, schmieden schon verschiedene Parteien Pläne, wie sie diese Beziehung ausnutzen können.
Diese Ränkespiele sind sehr spannend. Der Leser erlebt die Geschichte durch verschiedene Perspektiven der Beteiligten und bekommt so immer einen sehr guten Einblick. Die einzelnen Kapitel greifen immer mehr ineinander und enden oft mit einem Cliffhanger, so dass man das Buch kaum aus der Hand legen mag. Der Spannungsbogen steigt unaufhaltsam und im letzten Viertel des Buches überschlagen sich die Geschehnisse bis zur Schließung der Grenze durch die DDR.
Neben den Schwestern spielen auch deren Freunde eine große Rolle, die jeweils unterschiedliche politische Überzeugungen haben. Auf diese Weise gelingt es der Autorin die verschiedenen Seiten mit ihren jeweils positiven und negativen Aspekten gleichermaßen gegenüberzustellen und einen recht umfassenden historischen Überblick in den Roman mit einzubetten.
Wieder ein sehr gelungenes Buch von Claire Winter, dass ich nur empfehlen kann.

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Veröffentlicht am 16.08.2020

Vergiss nie mit dem eigenen Kopf zu denken

Es war einmal ein blauer Planet
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Zitat von Seite 49„ „Vergiss nie, mit deinem eigenen Kopf zu denken, vor allem, wenn alle Welt um dich herum eine Einheitsmeinung hat.“ „Aber Papa, ich doch nur ein Neutrum.“…“oft sind es die intelligentesten ...

Zitat von Seite 49„ „Vergiss nie, mit deinem eigenen Kopf zu denken, vor allem, wenn alle Welt um dich herum eine Einheitsmeinung hat.“ „Aber Papa, ich doch nur ein Neutrum.“…“oft sind es die intelligentesten Leute, die die größten Dummheiten anstellen.“ Ein anderes Hobby von Papa war nämlich die Weltgeschichte.“

Nachdem die Zivilisation auf der Erde ein Ende gefunden hat, waren die Menschen in der Kolonie auf dem Mars entsetzt. Aber dann haben sie sich dort eine neue Gesellschaft aufgebaut, die technischen Systeme weiterentwickelt und eine neue Zivilisation geschaffen. Hier gelten andere Regeln, es zählt die Intelligenz. Embryonen können bearbeitet werden, durchschnittlich begabte Menschen sind nicht wünschenswert, man versucht diese sogenannten Neutren zu vermeiden, auch der Alterungsprozess konnte stark verlangsamt werden. Eine künstliche Intelligenz überwacht das Leben in allen Bereichen und lenkt die Geschicke.
Allerdings gibt es noch immer das Ziel eines Tages auf den blauen Planeten zurückzukehren.

Eines Tages wird ausgerechnet das Neutrum Robin Normandie ausgewählt, um eine Expedition zur Erde zu unternehmen. Schon der Eintritt in die Erdatmosphäre läuft nicht so wie geplant.
Robin landet auf der Erde und erlebt für ihn wundersames: echte Natur. Nach und nach lernt er verschiedene Lebensgemeinschaften kennen und vergleicht die Ansätze.
Ganz anders als gedacht verläuft allerdings auch seine Rückkehr auf den Mars.

Der Autor versteht es immer wieder Wendungen zu vollziehen, die Spannung aufkommen lassen.
Ein wunderbar ruhiges Buch über verschiedene Systeme der Gesellschaft, den Wert des Denkens und der Selbstbestimmtheit des Individuums, dass mich sehr zum Nachdenken angeregt hat und auch nach Beenden des Buches noch nachhallt. Was ist Glück, was macht wen glücklich und wie tolerant sind wir anderen Einstellungen und Lebenseinstellungen gegenüber? Wie viel Macht sollten andere bzw. ein System über die Menschen haben?
Lelord bringt gewohnt viel Stoff zum Nachdenken in einer wunderbaren Geschichte unter. Er erzählt abwechselnd von dem hoch technisierten Leben in der Marskolonie, und dem Leben auf der Erde durch verschiedene Perspektiven. Das bringt Abwechslung und gute Einblicke für den Leser.
Für mich ein Lese-Highlight, das mir viel Spaß gemacht hat und auch optisch ein Vergnügen ist, das Cover setzt sich in einem farbigen Buchschnitt fort.
Ein sehr empfehlenswertes Buch!

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