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Veröffentlicht am 17.08.2020

Zum Erinnern, Erfahren und niemals vergessen, was Terror bewirken kann

Und auf einmal diese Stille
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Fast jeder, der am Dienstag, den 11.09.2001 über ein gefestigtes Erinnerungsvermögen verfügte, weiß wo und wann er an diesem Tag von den Terroranschlägen in den U.S.A. erfahren hat, so wie ich. Ich hörte ...

Fast jeder, der am Dienstag, den 11.09.2001 über ein gefestigtes Erinnerungsvermögen verfügte, weiß wo und wann er an diesem Tag von den Terroranschlägen in den U.S.A. erfahren hat, so wie ich. Ich hörte die Nachrichten im Autoradio und konnte es nicht glauben, ich sah die Türme im Fernsehen wie Butter zerfließen und konnte es nicht glauben und erfuhr noch von einem Anschlag auf das Pentagon und einem weiteren abgestürzten Flugzeug und konnte es ebenfalls nicht glauben. Es war unvorstellbar und doch war es geschehen. Es gab Fakten, aber die direkt an den Anschlägen beteiligten Menschen blieben zum großen Teil unsichtbar und ungehört. Das hat der Garret M. Graff mit seinem Buch „Und auf einmal diese Stille – Die Oral History des 11. September“ geändert.

Der Autor hat etwa drei Jahre lang die Erzählungen von Zeitzeugen gesammelt, die darüber berichteten, wie sie den Tag erlebt haben. Es sind unter anderem Arbeitnehmer aus den beiden Türmen des World Trade Centers und dem Pentagon, Politiker, Feuerwehrleute, Polizisten und Angehörige der Opfer. Einige der Interviews hat Garret M. Graff selbst geführt. Er hat die Aussagen in eine zeitliche Reihenfolge gebracht und thematisch aufgearbeitet. Beginnend mit dem 10.09.2020 entstand auf diese Weise bei mir beim Lesen ein Stimmungsbild von den späteren Schauplätzen der Geschehen bei dem nichts auf das folgende Chaos, die Konfusion und die Wucht der Eindrücke hindeutete. Für viele waren gerade die Ferien vorbei und der Arbeitsalltag hatte wieder begonnen, dienstags morgens zeigte sich der Himmel in einem wolkenlosen blau. Wenig später versank New York in eine graue Wolke, die sogar vom All aus zu sehen war.

„Und auf einmal diese Stille“ wird der Captain eines Einsatzfahrzeuges der Berufsfeuerweht im Buch zitiert. Ihm fiel auf, dass nach den Einschlägen der beiden Flugzeuge in die Türme, viele Einsatzkräfte mit großer Geräuschkulisse eintrafen. Während er aber in der Lobby im Erdgeschoss des Nordturms steht und viele zu diesem Zeitpunkt schon zur Hilfe ausgeschwärmt sind, hängt die plötzliche Ruhe wie eine Bedrohung in der Luft. Stille herrscht auch in der riesigen grauen Staubwolke, die sich nach dem Einsturz der Türme bildet und alles bedeckte. Die Luft ist zum Schneiden dick und gibt Laute nicht weiter. Auch hierzu finden sich Augenzeugenberichte im Buch.

Aber Garrett M. Graff fängt nicht nur die Stimmen rund um das Geschehen am Vormittag ein, sondern beschäftigt sich auch mit den weiteren Rettungsaktionen, die sich über Stunden, Tage und Wochen hinzogen. Am Rande versucht er auch die politischen Hintergründe einzubinden und seine gesammelten Stimmen beschreiben die Mechanismen, die in einer solchen Bedrohungslage einsetzen, um bedeutende Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens wie beispielsweise den Präsidenten zu schützen.

Meine Erinnerungen an diesen verheerenden Tag kehrten beim Lesen wieder, allerdings rückten die bewegten Bilder, die man aus dem Fernsehen kannte durch die Berichte näher als je zuvor. Ich empfehle das Buch jedem zum Erinnern, Erfahren und niemals vergessen, was Terror bewirken kann.

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Veröffentlicht am 16.08.2020

Das faszinierende und bewegende Leben der Anita Gariabaldi, realistisch erzählt

Tage des Aufbruchs
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In ihrem Roman „Tage des Aufbruchs“ erzählt Karin Seemayer das Leben der Brasilianerin Ana Maria de Jesus Ribeiro da Silva, kurz Aninha oder auch Anita genannt, die später in Italien eingebürgert wurde. ...

In ihrem Roman „Tage des Aufbruchs“ erzählt Karin Seemayer das Leben der Brasilianerin Ana Maria de Jesus Ribeiro da Silva, kurz Aninha oder auch Anita genannt, die später in Italien eingebürgert wurde. Ihre Eltern waren in Brasilien eingewanderte Portugiesen, ihr Vater, ein Gaucho, verstarb als sie 13 Jahre alt war, mit 14 Jahren wurde sie verheiratet.

1839, das ist vier Jahre nach ihrer Hochzeit, setzt die Erzählung ein. Aninah ist inzwischen 18 Jahre alt und lebt allein in Laguna im Haus ihres Ehemanns, der sie vor zwei Jahren verlassen hat, um sich der kaiserlichen Armee anzuschließen. Sie führt ein zurückgezogenes, recht unabhängiges Leben. Ein Onkel von ihr setzt sich vor Ort für eine liberale republikanische Regierung und die Abschaffung der Sklaverei ein, Aninah stellt sich politisch auf seine Seite. Als sie bei einem geheimen Treffen der Rebellen den italienischen Widerstandskämpfer Guiseppe Garibaldi trifft, vergisst sie bald in Bezug auf ihre Ehe ihren Anstand und steht ihm in jeder Lebenssituation zur Seite, was auch beinhaltet, dass sie mit ihm in den Kampf zieht.
Aninha ist unerschrocken, mutig und wenig auf Konventionen bedacht. Sie kämpft für ihre Ansichten mit Herz und Verstand. Schnell wurde sie mir sympathisch. Karin Seemayer füllt die vorliegenden Fakten mit so viel Leben aus, dass ich mir die beschriebenen Situationen sehr gut vorstellen konnte und die Handlungen lebendig wirkten. Die Autorin hat mit viel Liebe zu einzelnen Details die damalige Zeit heraufbeschworen und Aninhas Weg an der Seite der Rebellen nachvollziehbar ausgestaltet.

Auch bei Aninhas späteren längeren Aufenthalten in Uruguay und Italien, die verbunden waren mit der Geburt ihrer Kinder zeigt Karin Seemayer ihre Protagonistin, die inzwischen mit Giuseppe verheiratet ist, als unverdrossen weiterkämpfend für ihre Ideale. Die historischen Daten hat die Autorin bestens recherchiert. Sie versteht es, immer wieder Spannung aufzubauen und Kämpfe mitreißend zu schildern. Glücklicherweise konnte ich die biografischen Daten von Aninha nachlesen, so dass ich beim Lesen bis zuletzt nicht um ihr Leben fürchten musste. Dennoch werden reale und fiktive Personen in der Geschichte nicht verschont. Karin Seemayer bindet geschickt Informationen über Kultur und Politik der jeweiligen Länder in ihre Erzählung ein. Sensibel beschreibt sie auch die möglicherweise manchmal widerstreitenden Gefühle Aninhas, die Frauen beobachtet, die näheren Kontakt zu ihrem als allgemein gutaussehend geltender Ehemann haben.

In ihrem Roman „Tage des Aufbruchs“ schildert Karin Seemayer das faszinierende und bewegende Leben der Aninha beziehungsweise Anita Garibaldi von 1839 bis zu ihrem Tod 1849, die wie so viele ihrer Zeit unermüdlich für den Traum von Freiheit und Gerechtigkeit kämpfte. Die Autorin lässt Zeit und Figuren so lebendig wirken, als wäre man als Leser selbst dabei. Gerne vergebe ich hierfür eine Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 13.08.2020

Antonia Brico - ein Lebenstraum in einer von Männern beherrschten Domäne

Die Dirigentin
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Wilhelmina Wolthuis, kurz Willy, ist 24 Jahre alt und arbeitet neben ihrem täglichen Bürojob im Jahr 1926 als Platzanweiserin in der Konzerthalle in New York. Ihren Lohn aus beiden Jobs muss die junge ...

Wilhelmina Wolthuis, kurz Willy, ist 24 Jahre alt und arbeitet neben ihrem täglichen Bürojob im Jahr 1926 als Platzanweiserin in der Konzerthalle in New York. Ihren Lohn aus beiden Jobs muss die junge Frau, die noch bei ihren Eltern wohnt, zu Hause abgeben. Doch sie ist genügsam, denn ihr Leben ist die Musik und ihr ganzer Stolz ist ein Klavier, das ihr Vater, der bei einem Entsorgungsunternehmen beschäftigt ist, beim Müll gefunden und ihr zum zehnten Geburtstag geschenkt hat. In der kleinen Wohnung im Mehrfamilienhaus ist das Klavierspiel wegen der Nachbarn schwierig, doch sie wendet ihre gesamte Freizeit dafür auf, denn sie wünscht sich nichts mehr, als eines Tages ein Orchester zu dirigieren. Der Weg ist nicht nur schwer, weil sie aus einfachen Verhältnissen kommt, sondern vor allem, weil sie eine Frau ist. Das Verhältnis zu ihrer Mutter ist getrübt und als sie eines Tages erfährt, dass sie adoptiert ist, gelingt es ihr, sich vom Elternhaus zu lösen und einzig ihrem Traum nachzugehen. Dafür ist sie bereit, Opfer zu bringen, die darin bestehen, auf viele Dinge des Konsums, aber auch auf eine feste Partnerschaft zu verzichten.

Maria Peters schreibt in ihrem Roman „Die Dirigentin“ über die historische Figur der Antonia Brico, die als Willy Wolthuis heranwächst, und ihren steinigen Weg, der sie zur ersten Dirigentin eines Orchesters von Weltruf macht. Für ihre Erzählung hat sie eine weniger bekannte Persönlichkeit gewählt, die mir vorher nicht präsent war. Bei ihrer Geschichte hat die Autorin sich einige künstlerische Freiheiten in Bezug auf die Fakten genommen, was zu einer abwechslungsreicheren Unterhaltung führt. In den einzelnen Kapiteln wechselt sie die Protagonisten, so dass auch zwei Freunde von ihr zu Wort kommen. Auch die Lebenswege von Frank und Robin sind interessant. Ihre Perspektive bietet nochmal einen anderen Blickwinkel auf die Karriere von Antonia und die Wirkung ihres Engagements auf ihr Umfeld. Durch sie bezieht die Autorin auch weitere, in den 1920ern und 1930er aktuelle Themen mit ein.

Wie besonders ihr Lebensweg war zeigt auch eine heutige Sicht auf die Musikwelt, in der Dirigentinnen bedeutender Orchester nach wie vor unterrepräsentiert sind. Lange war es ihnen sogar vielerorts verboten, bei ihren Auftritten Hosen zu tragen. Vor dem Schreiben ihres Romans hat Maria Peters bereits einen Film über Antonia Brico gedreht. Es gelingt ihr nun auch in schriftlicher Form, das Leben von Antonia wirklichkeitsnah darzustellen. Als Leserin war ich den Gedankengängen der Protagonistin als Ich-Erzählerin mit all ihren Zweifeln und Ängsten ganz nah. Obwohl die Autorin eine historische Figur beschreibt, deren Lebensweg sich in den Medien nachlesen lässt, konnte sie mich durch die fiktionalen Elemente ihres Romans immer wieder überraschen

„Die Dirigentin“ von Maria Peters ein Buch über eine junge Frau, die für ihren Lebenstraum in einer von Männern beherrschten Domäne kämpft. Auch wenn sie manches Mal in ihren Szenen einiges Klischee einbringt, so ist dieser Kunstgriff der Autorin auch der Darstellung geschuldet, die auftretenden Probleme auf dem Weg der Antonia Brico herauszustellen. Gerne empfehle ich den Roman weiter.

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Veröffentlicht am 04.08.2020

Vollgepackt mit Geschichten aus dem Leben der 4 Protagonistinnen

Die Wunderfrauen
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Im Roman „Die Wunderfrauen“ führt Stephanie Schuster den Leser mittenrein in eine Turnstunde, die erstaunlicherweise im Gemischtwarenladen von Luise Dahlmann in Starnberg stattfindet. „Alles, was das Herz ...

Im Roman „Die Wunderfrauen“ führt Stephanie Schuster den Leser mittenrein in eine Turnstunde, die erstaunlicherweise im Gemischtwarenladen von Luise Dahlmann in Starnberg stattfindet. „Alles, was das Herz begehrt“ ist der Untertitel des ersten Band der Trilogie über vier junge Frauen, die nach den harten Jahren des Zweiten Weltkriegs nun neben anderen Wünschen der gemeinsame Traum eint, wieder glücklich zu sein.

Es ist Herbst 1953 und Luise ist eine der Protagonistinnen. Zur Turngruppe gehört auch Marie Wagner, die aus Niederschlesien vertrieben wurde und jetzt in der Landwirtschaft von Luises Bruder im nahen Leutstetten mithilft sowie Helga Knaup, die aus betuchtem Hause kommt, sich aber gegen eine arrangierte Hochzeit auflehnt und das Erlernen eines eigenen Berufs anstrebt. Annabel von Thaler, die Ehefrau des Chefarztes der nahen Geburtsklinik und die vierte der Wunderfrauen des Romans, ist in dieser ersten Szene allerdings eine stille Beobachterin bis sie den anderen durch ein ungeschicktes Manöver auffällt, das noch lange für Gesprächsstoff sorgt. Schon im Prolog fällt auf, dass die vier Frauen aus ganz unterschiedlichen Verhältnissen kommen und verschiedene Meinungen und Auffassungen haben.

Es ist eine neue Generation von Frauen, die da heranwächst. Anders als ihre Mütter noch sich nach dem Willen ihrer Eltern und Ehemänner zu richten hatten, regt sch bei ihnen der eigene Wille und sie hinterfragen die bisher üblichen Konventionen. Statt zu resignieren setzen sie ihre Worte in Taten um mit allen Konsequenzen. Das Glück, das sie zu finden hoffen, besteht darin, so zu leben, wie sie es für sich selbst als gut befinden. Wenn dabei der ein oder andere Traum in Erfüllung geht ist das umso besser.

Der Roman ist vollgepackt mit Geschichten, nicht nur aus Mitte der 1950er, sondern auch im Rückblick auf die Vergangenheit der Protagonistinnen, auf ihre Kinder- und Jugendzeit zu Hause bei ihren Eltern. Manches wird dabei nur angerissen, denn der Fokus liegt auf den aktuellen Entwicklungen im Leben der Frauen. Jeder hat sein Päckchen an Not und Leid zu tragen, ohne dass sie je die Hoffnung an eine schöne Zukunft verloren hätten. Auf ihrem Weg in die Selbstbestimmtheit erfahren sie Missgunst und Neid, gewinnen aber auch Vertrauen und manchmal unerwartete Unterstützung und erfahren so wie nah Liebe und Hass, Freude und Leid beieinander liegen.

Die Autorin ließ mich die 1950er Jahre auch in Film, Literatur und Musik erleben. Viele Themen der damaligen Zeit baut sie in den Roman ein wie beispielsweise Flucht und Vertreibung, Vormundgestellung bei ledigen Müttern, das Ansehen von Ärzten gegenüber dem von GIs, Traumata von Kriegsteilnehmern und vieles mehr.

In ersten Teil ihrer Trilogie der Wunderfrauen setzt Stephanie Schuster für jede ihrer Protagonistinnen den Grundstein für ein erfülltes Leben. Ich warte schon ungeduldig auf die Fortsetzung, um zu erfahren, ob Luise, Helga, Marie und Annabel ihrem Traum vom Glücklichsein näherkommen. Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 31.07.2020

Hör niemals auf zu träumen!

Wo die Sterne tanzen
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In ihrem Roman „Wo die Sterne tanzen“ räumt Katharina Herzog aka Katrin Koppold Tänzern einen breiteren Raum ein, denn einerseits ist ihre Protagonistin Nele Musicaldarstellerin und andererseits ist eine ...

In ihrem Roman „Wo die Sterne tanzen“ räumt Katharina Herzog aka Katrin Koppold Tänzern einen breiteren Raum ein, denn einerseits ist ihre Protagonistin Nele Musicaldarstellerin und andererseits ist eine Tanzschule ein Teil des Geschehens. Die Haupthandlung spielt auf Juist, wo die Autorin auch die fiktive Schule zum Tanzenlernen ansiedelt. Sterne zieren das Cover des Romans und versinnbildlichen das oft für uns Unerreichbare von dem wir träumen.

Nele und der gleichaltrige Henry lernen sich im Sommer 1991 im Alter von sieben Jahren kennen. Neles Eltern haben sich gerade getrennt. Gemeinsam mit ihrer Mutter ist sie zu Gast bei ihrer Oma Lotte, die auf Juist im sogenannten Deichschlösschen lebt. Auch Henry wohnt auf Juist. Seine Großmutter betreibt die Tanzschule und ist eine Freundin von Lotte. Seitdem verbringen Henry und Nele ihre Ferien zusammen, wenn Nele zu Besuch bei ihrer Oma ist.

18 Jahre nach ihrer ersten Begegnung trifft Nele gemeinsam mit ihrer achtjährigen Tochter Annika wieder einmal auf Juist ein. Der Anlass ist traurig, denn Lotte ist verstorben und Nele, die gemeinsam mit ihrer Mutter das Haus ihrer Oma geerbt hat, sucht einen Käufer für das Deichschlösschen.

Vieles hat sich im Laufe der Jahre im Leben von Nele und Henry ereignet, Katharina Herzog ließ mich als Leserin daran teilhaben. In der Gegenwart war ich an Neles Seite und verfolgte ungeduldig die Geschehnisse, bei denen allerdings weniger der Verkauf des Hauses im Mittelpunkt steht, sondern dass sich Henry ebenfalls auf Juist aufhält. Während dieser Umstand eher banal klingt, erfuhr ich mit und mit, warum Nele wegen dieser Tatsache mit ihren Gefühlen kämpft. Die Autorin schiebt immer wieder Kapitel ein, in denen sie zurückblickt auf Ereignisse der vergangenen Jahre, die für Nele von Bedeutung waren. Diese Einschübe erklärten manche Zusammenhänge, die sich in der Jetztzeit als Rätsel darstellten. Weil ich neugierig war und sie schnell aufdecken wollte, stellte sich bald ein Lesesog ein.

Auch wenn Katharina Herzog ihre Geschichte auf einer Insel spielen lässt, die bis heute hauptsächlich vom Tourismus lebt, so finden dort dennoch genügend Aktivitäten statt, die attraktiv für Gäste und Einheimische sind und ihren Figuren genügend Möglichkeiten geben, sich zu entfalten. Nele träumt schon als Kind davon, eines Tages Musicaldarstellerin zu werden. Aus ihrer Umgebung erhält sie viel Zuspruch und Unterstützung, aber ihr Weg fordert auch ihr ganzes Engagement und sie ist bereit für ihren Traum viele Dinge ihres bisherigen Lebens aufzugeben.

Katharina Herzog schreibt realistisch und nachvollziehbar. Ihre Charaktere sind interessant gestaltet und es macht Freude, ihre Entwicklung zu verfolgen. Die Insel Juist wandelt sich ebenfalls im Zeitablauf mit ihren Gästen. Die Autorin macht in einer Nebenhandlung berührend auf die Sorgen von Flüchtlingen aufmerksam.

Wieder einmal ist es Katharina Herzog gelungen, mit ihrem Roman „Wo die Sterne tanzen“ eine Geschichte voller Liebe, mit kleinen Geheimnissen, Humor, aber auch Trauer zu schreiben, der dazu aufmuntert, niemals mit dem Träumen aufzuhören, seine Angst zu überwinden und zu versuchen, seine Wünsche zu verwirklichen. Das Buch bietet beste Unterhaltung und daher vergebe ich gerne ein uneingeschränkte Leseempfehlung.

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