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Veröffentlicht am 20.08.2020

Zwischen Beckett und Ernst

Peggy Guggenheim und der Traum vom Glück
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Sophie Villards (Pseudonym einer deutschen Autorin) Roman über Peggy Guggenheim beginnt 1937. Peggy lebt in der Pariser Bohème inmitten eines umfangreichen Bekanntenkreises. Zu ihren Freunden gehören die ...

Sophie Villards (Pseudonym einer deutschen Autorin) Roman über Peggy Guggenheim beginnt 1937. Peggy lebt in der Pariser Bohème inmitten eines umfangreichen Bekanntenkreises. Zu ihren Freunden gehören die Joyces, Hans Arp und Sophie Taueber, Marcel Duchamp, André Breton und viele mehr. Affären hatte Peggy nach ihrer Scheidung wohl einige, doch hier wird vor allem jene zu Samuel Beckett geschildert und später das Kennenlernen mit Max Ernst. In diesem Rahmen bewegt sich der Roman, der zwischendurch fast ein wenig leidenschaftslos rüberkam, mich aber trotzdem gut unterhalten hat.

Neben den unsteten Männern in Peggys Leben gibt es eine Konstante: die Kunst. Peggy beginnt Kunstwerke zu sammeln, eröffnet in London eine Galerie, die Guggenheim Jeune. Doch finanziell wirft der Laden nicht viel ab. Und Peggy hat schon wieder eine ganz andere Idee, wie sie Kunst anders zugänglich machen könnte.

Doch der Krieg steht vor der Türe, so dass es erstmal ums eigene Leben retten geht. Peggy blendet dieses Thema aber aus, vielleicht weil sie schon so viele Verluste in ihrem Leben verkraften musste. Irgendwann kann sie sich dem nicht mehr entziehen und muss sich überlegen, ob sie in England oder Frankreich ausharren will oder doch zurück nach Amerika gehen soll.

Bis zu ihrer Entscheidung sammelt sie munter weiter - ein Bild pro Tag. Das hat sie sich vorgenommen. Sie kauft vor dem Kriegsausbruch Bilder zusammen und zahlt bar, worüber die Künstler allesamt froh sind. So haben sie Geld für die (Heim-)Reise in die USA oder nach Spanien (z.B. Salvador Dali).

Die Autorin stellt Peggy Guggenheim als spendable Frau dar. Denn Peggy kauft nicht nur Bilder, sondern hilft Ausreisewilligen finanziell aus. Aber schon zuvor und später finanziert sie das Leben vieler ihrer Freunde. Auch solchen, die sehr undankbar rüberkommen, wie Djuna zum Beispiel. Peggy lässt sich, zumindest im Roman, davon nicht irritieren. Sie ist eine Frau, deren Herz für die Kunst und Künstler schlug und durch ihr Erbe finanziell immer unabhängig war und damit ihre Ideen umsetzen konnte.

Der Roman wird in drei Teile gegliedert, doch die hätten von mir aus nicht sein müssen, da sie sich zeitlich nahtlos einreihen. Aufgrund der Dreiteilung wurde ich in meinem Lesefluss fast ein wenig gestört, da ich erst dachte, es gäbe einen Zeitsprung, der dann (zum Glück) ausblieb. Manchmal hatte ich auch das Gefühl, dass die Ausdrucksweise nicht ganz zu den beschriebenen Jahren passte, aber es hielt sich im Rahmen, weswegen ich darüber hinwegsehen kann.

Der Roman endet Ende im Oktober 1942 mit einem passenden und für einen Roman finalwürdigen Ereignis. Peggys Leben war da noch lange nicht vorbei und sie sollte noch viel mehr erreichen - und wieder reisen, wie schon zuvor in Europa, wo sie öfters zwischen Paris und London pendelte, als ich in einige von mir nur eine Stunde entfernte Nachbarstädte.

Fazit: Interessanter Einblick in die Künstlerszene der Surrealisten und in Peggy Guggenheims Leben während der Vorkriegszeit.
4 Punkte.


Wem dieser Roman gefallen hat, dem empfehle ich, gleich in "Miss Guggenheim" von Leah Hayden weiter zu lesen, denn dort werden die Jahre 1941 bis 1943 rückblickend von 1958 aus erzählt. Zudem ist es interessant, überschneidende Begebenheiten in den beiden Jahren 1941 und 1942 aus einem anderen Sichtwinkel zu betrachten. Am Ende hat man einen tollen Überblick über Peggy Guggenheims Leben.

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Veröffentlicht am 18.08.2020

Schön ruhig, trotz viel Musik und Wortwitz

This Is (Not) a Love Song
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Was für ein schönes Cover ziert die Story von Christina Pishiris! Der Vogelkäfig hat zwar nichts mit der Geschichte ihrer Protagonistin Zoë zu tun, aber der Titel passt einigermassen.

Zoë ist Musikjournalistin ...

Was für ein schönes Cover ziert die Story von Christina Pishiris! Der Vogelkäfig hat zwar nichts mit der Geschichte ihrer Protagonistin Zoë zu tun, aber der Titel passt einigermassen.

Zoë ist Musikjournalistin in einem Musikmagazin, das gerade von neuen Besitzern übernommen wurde. Diese machen Druck, aber die Absatzzahlen sind nicht mehr so hoch wie früher. Um ihren Job und auch den ihrer Mitarbeiter zu retten, versucht Zoë ein Interview mit der legendären Sängerin Marcie Tyler zu erhaschen. Doch Zoës Lieblingssängerin lebt seit zehn Jahren mehr oder weniger versteckt und hat seither auch keine neue Songs mehr veröffentlicht.

Eventuell könnte PR-Manager Nick ihr helfen, doch dafür müsste Zoë erst eine Boygroup mit einem furchtbar eingebildeten Leadsänger ins Magazin bringen. Das geht gegen Zoës Würde, aber was macht man nicht alles, um Jobs zu erhalten?

Dafür sieht es liebesmässig auf einmal wieder positiv auf, denn ihr ehemaliger Nachbar Simon ist zurück in London! Simon war ihre heimliche Liebe und sie fragt sich immer wieder "was wäre gewesen, wenn". Nun bekommt sie ihre zweite Chance. Es sieht gut aus, denn auch Simon scheint sich in Zoë verguckt zu haben.

Der Roman scheint auf den ersten Blick mit seinem ansprechenden Cover und der Inhaltsangabe sehr freundlich und leicht zu sein. Doch die Story ist nicht so rosarot wie man auf den ersten Blick denken könnte. Mir hat die Geschichte gut gefallen, gerade weil sie halt nicht so happy clappy daher kommt. Der Schreibstil überzeugt durch seinen Humor, trotz allem muss man bei Pishiris Wortwitz immer wieder schmunzeln.

Zoë kam mir nicht so nahe, aber ich mochte sie. So wie die dargestellt wurde, wirkte sie echt und sehr ehrlich. Auch die anderen Charaktere fand ich glaubhaft dargestellt.

Den griechischen Anteil in der Geschichte empfand ich nicht so extrem griechisch. Aber ich bin mich mediterrane Familienstrukturen auch gewöhnt. Im Film "My Big Fat Greek Wedding", der im Klappentext als Vergleich herhalten muss, kommt das enorm mehr chaotischer und sippenmässiger rüber. Zoës Familie ist nett, hat ihre Eigenheiten, hält zusammen, sie sind griechischer Abstammung - das wars für mich, einfach eine normale Familie mit kleinen Spleens, wie man sie überall findet und ich jetzt nicht als speziell griechisch einordnen würde. Die beschriebenen Familienszenen sind aber sehr nette und oft auch total witzige Hintergrundgeschichten, die die Hauptgeschichte perfekt umranden.

Musik wurde im Roman stark mit einbezogen, ganz klar und logisch bei Zoës Beruf. Doch ein wenig anders als es der Klappentext suggeriert. Vor allem werden ältere Titel erwähnt, die jüngeren Leser*innen wahrscheinlich nicht so bekannt sind. Musikfan zu sein, hilft hier beim Lesen unheimlich, wie ich finde. Mir hat der Musik-Plot super gefallen. Witzig fand ich die Def Leppard Story, denn die hab ich vor über 30 Jahren einmal live gesehen.

Fazit: Unterhaltender Roman, der im Musik-Milieu spielt - überzeugt!
4 Punkte:

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Veröffentlicht am 05.08.2020

Auch heute noch selten

Die Dirigentin
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Dicht gedrängt wird in "Die Dirigentin" die Geschichte von Willy, Wilhelmina Wolthius, erzählt. Angefangen bei ihrer furchtbaren Mutter, der sie noch mit 23 Jahren ihr ganzes Geld aus zwei Jobs abgeben ...

Dicht gedrängt wird in "Die Dirigentin" die Geschichte von Willy, Wilhelmina Wolthius, erzählt. Angefangen bei ihrer furchtbaren Mutter, der sie noch mit 23 Jahren ihr ganzes Geld aus zwei Jobs abgeben musste. Wie sie es schaffte, trotz allen Widrigkeiten zum Trotz Musikunterricht zu bekommen, ans Konservatorium zu gehen, in einer Band zu spielen, ihre Familiengeschichte zu enthüllen, und und und.

Nicht ganz alles davon ist wahr. Maria Peters nahm sich fiktionale Freiheiten heraus und so ist dieser Roman zum gleichnamigen Film extrem spannend geraten. Ich empfehle deswegen den Roman zu lesen ohne zuerst (oder mittendrin, so wie ich) Antonia Brica und ihr wahres Leben zu googeln. Man macht sich sonst vielleicht zu viele Gedanken darüber, wie gewisse Buchszenen in Willys Leben ohne diese Zusätze gewesen wären, was von der spannenden Lektüre ablenkt. Das Lesen ohne Vorab-Info ist in diesem Fall einiges entspannender, obwohl alle Ereignisse eng aneinander gereiht die Seiten füllen und man als Leserin kaum zum Luft holen kommt.

Auch dann noch, als Willy es schafft und sie als Antonia Brico als erste Frau am Dirigentenpult steht. Denn nun steht die Frage im Vordergrund, ob die Musikwelt bereit ist, in dieser Männerdomäne eine Frau vor einem Orchester akzeptieren, ob die Musiker die Frau vor ihnen respektieren. Aber auch, ob die Menschen bereit sind, ihr überhaupt zuzuhören.

Das erste Konzert mit einem "Dirigenten, der zufällig eine Frau ist" - so Antonia Brico über sich selbst - war damals ein aufsehenerregendes Ereignis. Für uns heutzutage theoretisch total normal, auch wenn es immer noch eine Seltenheit ist, wenn eine Frau die Leitung eines Orchesters innehat.

Es ist ein Roman über eine Frau, die hart arbeitete, um ihren Lebenstraum Wirklichkeit werden zu lassen. Eine Frau, die aber nie ganz aus sich heraus kommen konnte, was ihrer fast schon gefängnismässigen Kindheit in der sie sich immer fügen musste, anzurechnen ist. So jedenfalls wirkt Antonia in "Die Dirigentin", mit der ihrer Landsfrau Maria Peters ein eindrücklicher Einblick in die starre Männer-Musikwelt der 20er, 30er und 40er Jahre gelingt.

Doch nicht nur die Frage nach der Stellung der Frau, auch die allgemeine Toleranzfrage wird in einigen Figuren-Beispielen sehr gut eingearbeitet, teilweise fast ein wenig zu klischeehaft überzogen. Auch hier wieder vielleicht etwas zu komprimiert, aber die Leser
innen bekommen einen guten Eindruck der damaligen Zeit. So ist "Die Dirigentin" nicht nur für Klassik-Interessierte ein toller Roman.

Fazit: Spannende und interessante Geschichte über eine willensstarke Frau, die sich ihren Platz vor dem Orchester durch entbehrungsreiche Jahre erobert.
4 Punkte.

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Veröffentlicht am 30.07.2020

Love is in the air

Je höher die Flut
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Ich war ja so neugierig auf diesen 5. Fall! Denn auch nach dem sehr spannenden vierten Band ist eine Sache in Mags Vergangenheit ist noch offen: der Verbleib ihrer Mutter.

Doch um darüber nachzudenken ...

Ich war ja so neugierig auf diesen 5. Fall! Denn auch nach dem sehr spannenden vierten Band ist eine Sache in Mags Vergangenheit ist noch offen: der Verbleib ihrer Mutter.

Doch um darüber nachzudenken hat Mags nicht viel Zeit. Ihren Arm kann sie nach dem Unfall noch immer kaum bewegen, somit kann sie beim Dorffest nicht viel helfen. Das Glück ist Mags aber hold, sie gewinnt einen Rundflug über die Küste.

Leider kann sie und Pilot Tim den Flug nicht geniessen, denn sie müssen notlanden. Ein Sabotageakt - so gar nicht lustig, denn ihr Leben stand auf dem Spiel. Als kurz darauf an der Küste die Leiche einer Frau gefunden wird, weiss Mags, dass das kein Zufall sein kann. Doch was haben beide Dinge gemeinsam? Wer will verhindern, dass Tim in die Luft geht, und warum? Und wieso fühlt sich Mags oft beobachtet?

Nicht ganz so spannend wie frühere Fälle, doch auf jeden Fall interessant ist die Story von "Je höher die Flut". Mags beweist einmal mehr den richtigen Riecher und löst mit ihrer raschen Auffassungsgabe den Fall.

Aber auch hier geht es nicht ohne die Hilfe ihrer Freunde aus Rosehaven, jeder trägt etwas bei. Privat läuft es auch ganz gut, denn wenn gerade Sam nicht bei Mags wohnt, ist Mary nicht weit, auch ohne dass Inspector Eric die junge Polizistin (und mittlerweile gute Freundin) Mags zur Seite stellt. Mary scheint sich in Rosehaven auch immer wohler zu fühlen, wie dieser fünfte Band beweist. Love is in the air, vielleicht.

Fazit: Nicht sehr spannend, aber ein interessanter Fall und noch interessantere News in Mags Privatleben!
4 Punkte.

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Veröffentlicht am 30.06.2020

Schlicht und einfach: gut!

Time to Love – Tausche altes Leben gegen neue Liebe
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Auch der zweite Roman von Beth O'Leary hat mit dem Thema Wohnen zu tun. Dieses Mal wird keine Wohnung geteilt, sondern die Wohnung geteilt.

Leena tauscht ihr Leben in London mit dem ihrer Grossmutter ...

Auch der zweite Roman von Beth O'Leary hat mit dem Thema Wohnen zu tun. Dieses Mal wird keine Wohnung geteilt, sondern die Wohnung geteilt.

Leena tauscht ihr Leben in London mit dem ihrer Grossmutter Eileen in einem kleinen Dorf. Eileen will wieder Liebe in ihrem Leben, doch geeignete Männer sind in ihrem Dorf knapp. London müsste doch sicher mehr Auswahl bieten. Und Leena, die eine zweimonatige Jobpause verschrieben bekomm will raus aus der Stadt, wo sie doch nur ans Arbeiten denkt. Also verschieben die beiden ihren Lebensmittelpunkt für die nächsten zwei Monate.

Doch auch in Hamleigh-in-Harksdale geht Leena die Arbeit nicht aus. Sie übernimmt alle Jöblis ihrer Grossmutter. Das wöchentliche Nachbarschaftstreffen, das Organisieren des Maifestes, einmal in der Woche spazieren gehen mit einem Hund, etc. Leena möchte sich selbst beweisen, dass sie diese eigentlich einfachen Dinge bewältigen kann und nimmt dafür einiges auf sich. Ganz langsam muss sie sich eingestehen, dass ihr das Leben hier sogar gefallen könnte - auch wenn ihre Mutter im gleichen Dorf lebt, und sie mit ihr seit dem Tod ihrer Schwester im Streit liegt.

Derweil lebt Eileen sich in London ein. Sie teilt die grosse Wohnung mit Leenas Mitbewohnern: eine lesbische Schwangere und ein gutaussehender zuvorkommender junger Mann, der sich mit Nebenjobs über dem Wasser hält. Doch was ist das für ein Haus, bei dem man die Nachbarn nicht kennt und sich nicht mal grüsst? Schnell sorgt Eileen mit ihren Ideen für Abhilfe. Ausserdem hat sie eine Dating-App auf das Smartphone geladen und getraut sich sogar, einige davon zu daten.

Beide Ladys haben Abenteuer in ihrem neuen Lebensabschnitt zu bestehen. Die zu verfolgen machte Spass. Denn beide begegnen schrulligen, liebenswerten oder missmutigen Menschen und erweitern dabei ihren Horizont. Die meisten der Charaktere muss man einfach gern haben. Bei anderen wiederum verstand man nicht, was Leena oder Eileen an ihnen fanden, oder wieso sie gewisse Leute nicht mochten. Doch am Ende sehen auch unsere beiden Protas hinter die Fassade jener Leute.

Eileen in London hat mir dabei besser gefallen als Leena in Yorkshire. Wie Eileen die Grossstadt aufwirbelte war fantastisch zu lesen, da kam Leena mit ihrer Landentschleunigung kaum dagegen an, auch wenn wir dabei viele witzige Szenen miterleben.

"Time to Love" vermochte es aber nicht mich so stark zu begeistern, wie es "Love to Share" tat. Vielleicht hatte ich unbewusst zu viele Erwartungen, denn ein klitzekleines bisschen enttäuscht war ich schon, obwohl es erstens ein Wunder wäre, auf solch eine geniale Geschichte wie "Love to Share" nochmals eine Schippe drauf zu hauen, und zweitens ist auch "Time to Love" schlicht und einfach gut und bietet alles was ein Roman braucht. Es ist halt einfach nicht "Time to Love". Wobei auch Leena und Eileen ihre Zeit zum Lieben bekommen - lasst euch überraschen!

Fazit: Schlicht und einfach: ein guter und gelungener Rollentausch!
4 Punkte.

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