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Veröffentlicht am 29.01.2021

Zu wenig Krimi für die Bezeichnung als Kriminalroman

Der Gin des Lebens
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Das Buch trägt den Untertitel „Kriminalroman“ und fällt hier ganz klar in die Kategorie gemütlicher Regionalkrimi, ist also auch für zartbesaitete Krimileser gut geeignet. Eine viel größere Rolle als der ...

Das Buch trägt den Untertitel „Kriminalroman“ und fällt hier ganz klar in die Kategorie gemütlicher Regionalkrimi, ist also auch für zartbesaitete Krimileser gut geeignet. Eine viel größere Rolle als der Kriminalfall spielt allerdings der Gin. Der Autor berichtet sehr viel und ausführlich über die die Herstellung und Zutaten von Gin. Da er diese Details sehr kurzweilig in seine Geschichte einbaut fand auch ich, als (bisher) kein Gintrinker, dieses Hintergrundwissen sehr interessant. Auch der Handlungsort, Plymouth, spielt eine zentrale Rolle und ebenso wie beim Gin bekommt der Leser auch zur Stadt viele Informationen, so dass man nur allzu gerne in den nächsten Flieger steigen möchte. Da auch eine Liebesgeschichte (zum Glück ohne großes Herzschmerzdrama) nicht fehlen darf, bleibt für den Krimi am Ende kaum noch Platz, was ich mit Blick auf das gewählte Genre dann doch ein wenig Schade fand. Erst im letzten Drittel fanden die Krimiaspekte mehr Platz, dennoch bleibt es eher gemütlich. Den großen Showdown fand ich dann leider etwas konstruiert und durch einige Logiklücken stellenweise sogar absurd. Hier hätte ich mir ein weniger spektakuläres, dafür aber sinnvolleres Ende gewünscht.

„Der Gin des Lebens“ liest sich sehr flüssig, dazu tragen auch die lockeren Dialoge und die leicht verständliche Sprache bei. Die Figuren sind teils etwas klischeehaft, die meiste Zeit über aber trotzdem sympathisch. Die Geschichte ist an einigen Stellen zwar unterhaltsam, bleibt insgesamt aber ohne richtig lustige Momente. Zu mehr als einem vereinzelten Schmunzeln reichte es bei mir daher nicht.

Die Aufmachung des Buches finde ich allerdings sehr gelungen. Das Cover ist großartig und absolut passend gestaltet, dazu kommen sehr treffende Zitate zu Beginn jedes Kapitels. An mehreren Stellen wird die Geschichte durch Einschübe unterbrochen, bei denen der Leser als Art Sachbuch im Roman etwas zur Geschichte des Gins oder den wichtigsten Zutaten erfährt. Am Ende des Buches warten dann noch ein paar Rezepte.

Fazit
Für einen Kriminalroman war für meinen Geschmack zu wenig Krimi enthalten, doch die interessanten Hintergründe und die sympathischen Figuren machten das Buch dennoch lesenswert. Kein must-read, aber durchaus ein Buch zu dem man zwischendurch greifen kann. Geeignet ist das Buch mehr für Gin- als für Krimifans.

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Veröffentlicht am 17.12.2020

Leider nur ein Liebesroman der kaum Wissen über die Kubanische Revolution vermittelt

Nächstes Jahr in Havanna
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»Nächstes Jahr in Havanna« entführt den Leser ins Kuba der Jahre 1958 und 2007. Die Geschichte ist aus der Sicht von Elisa und ihrer Enkelin Marisol erzählt, beide Frauen verlieben sich in einen Mann der ...

»Nächstes Jahr in Havanna« entführt den Leser ins Kuba der Jahre 1958 und 2007. Die Geschichte ist aus der Sicht von Elisa und ihrer Enkelin Marisol erzählt, beide Frauen verlieben sich in einen Mann der gegen die Ungerechtigkeiten im Land kämpft und sich dadurch in Gefahr bringt. Das Buch ist daher leider in erster Linie ein Liebesroman. Hier liegt meiner Meinung nach auch der Grund für das viele verschenkte Potential, denn durch den Fokus auf die Geschichte der beiden Frauen wird viel Erzählenswertes nicht berücksichtigt.

Der Handlungsstrang von Marisol, der in der Gegenwart spielt, ist hierbei viel besser gelungen. Es gelingt der Autorin sehr gut, das Dilemma der Nachkommen der Exilantenfamilien darzustellen. Marisol ist in den USA geboren, sie wächst aber auch mit der Sprache, dem Essen und den Geschichten ihrer Großmutter auf. Doch in Kuba angekommen muss sie feststellen, dass sie als Touristin, und da ihre Familie geflohen ist teilweise auch als Verräterin, angesehen wird. Sie entdeckt die Orte von denen die Großmutter ihr so viel erzählt hat und doch erkennt sie das Land aus den Erzählungen nicht wieder, denn es hat sich viel verändert. Das alles schafft die Autorin sehr gut zu vermitteln und so ist der Handlungsstrang um Marisol sehr bewegend zu lesen.

Elisas Geschichte hingegen hat sehr viel verschenktes Potential. Ihr Handlungsstrang spielt zu Zeiten der Revolution unter Fidel Castro und Che Guevara, hier wären also viele Möglichkeiten für eine spannende Erzählung vorhanden gewesen. Leider wird jedoch nur aus Elisas Sichtweise berichtet und so kann der Leser lediglich erleben wie sie zu Hause im prunkvollen Anwesen sitzt oder Einkaufsbummel macht, die Kämpfe in die ihr Geliebter verwickelt ist, das entbehrungsreiche Leben der Rebellen in den Bergen und auch die finale Schlacht bleiben jedoch Randnotizen. So weiß der Leser nach Beenden des Buches kaum mehr über die Kubanische Revolution als zuvor und auch Fidel Castro oder Che Guevara werden lediglich erwähnt, bleiben aber letztendlich nur zwei Namen auf dem Papier. Die politischen Umwälzungen spielen für meinen Geschmack also eine viel zu kleine Rolle, gemeinsam mit Elisa sitzt der Leser im goldenen Käfig und bekommt kaum etwas von den Vorgängen im Land mit.

Fazit
Das Buch ist eine gute Urlaubslektüre, gibt jedoch keinen tieferen Einblick in die Kubanische Revolution. Mir haben viele Hintergründe und vor allem Details zur Revolution gefehlt. Den zweiten Band werde ich nicht mehr lesen.

Veröffentlicht am 18.09.2020

Viel Naivität und Unwissenheit

Die weiße Massai
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Bei der Bewertung von autobiografischen Romanen tue ich mich immer schwer, denn natürlich bildet man sich eine Meinung über die Personen, sollte aber auch immer bedenken, dass Kritik hier nicht die Ideen ...

Bei der Bewertung von autobiografischen Romanen tue ich mich immer schwer, denn natürlich bildet man sich eine Meinung über die Personen, sollte aber auch immer bedenken, dass Kritik hier nicht die Ideen eines Autors sondern die wahren Handlungen einer Person betrifft. Auch bei diesem Buch bin ich wieder zwiegespalten inwiefern mein Unverständnis und Entsetzen über viele Entscheidungen in die Bewertung einfließen sollten.

Schon bei Hofmanns Begegnung mit Lketinga beginnt mein Unverständnis. Ein Kennenlernen zwischen den beiden findet eigentlich nicht statt, sie entdeckt ihn auf einer Fähre und ist wegen eines Aussehens sofort von ihm fasziniert, ja fast besessen. Den Rest des Urlaubs verbringt sie damit nach diesem ihr eigentlich völlig unbekannten Mann zu suchen um ihn kennenzulernen. Endlich vereint stellen beide dann fest, dass sie mangels Englischkenntnissen kaum Worte miteinander wechseln können. Doch für Hofmann steht fest nach Kenia zu diesem Mann zu ziehen. Sie beherrschen zwar weder eine gemeinsame Sprache, noch weiß sie etwas über die Lebensumstände, Tradition und Kultur in dem fremden Land, doch für sie zählt nur wie „schön“ dieser Mann ist und damit steht der Entschluss fest. Dass sie ihren Mann nur auf das exotische Äußere reduziert hat mich an mehreren Stellen sehr gestört.

Auch gibt es einige Stellen an denen ich entsetzt war wie naiv und realitätsfremd Corinne Hofmann sich verhalten hat. Zugutehalten muss man ihr, dass sie sehr ehrlich über ihre falschen Entscheidungen schreibt. Doch da sie diese Fehler regelmäßig wiederholt ist man mit der Zeit recht genervt über das weiterhin blauäugige Verhalten. So vergisst sie bei den Bus- und Autofahrten regelmäßig Wasser mitzunehmen und das obwohl sie bereits mehrmals Pannen miterlebt hat bei denen es teilweise die ganze Nacht nicht weiterging. Auch hätte ich erwartet, dass sie über die Kultur und die Traditionen zumindest grundlegend informiert ist, doch sie stolpert völlig unwissend von einem Ereignis zum nächsten und so werden gefühlt jedes zweite Kapitel bittere Tränen vergossen. Auch Krankheiten gegenüber ist Hofmann sehr unwissend, auf die Gefahren von Malaria, Aids oder Hepatitis ist sie nicht mal grundlegend vorbereitet.

Ich hatte ein Buch über eine starke Frau erwartet, die trotz des harten Lebens und vieler Widrigkeiten ihren Weg geht und ein Leben in einer fremden Kultur führt. Doch durch das Buch habe ich nur den Eindruck einer sehr naiven Frau erhalten, die jegliche Probleme mit Geld löst, stetig mit den Eigenheiten einer fremden Kultur hadert und sich zwischendurch immer wieder tränenreich selbst bemitleidet.

Letztendlich habe ich mich dafür entschieden drei Sterne zu vergeben. Der Leser erhält einen interessanten Einblick in die Traditionen und Kultur der Massai und deren einfaches und entbehrungsreiches Leben. Für eine bessere Bewertung fehlt mir aber, dass ich für mich als Leser aus dem Buch etwas mitnehme oder durch die handelnden Personen inspiriert oder von ihnen zumindest beeindruckt wurde.

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Veröffentlicht am 18.08.2020

Ein bewegendes Thema, doch leider sehr emotionslos vermittelt

Die Sommer
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»Die Sommer« ist ein Buch mit sehr viel Potential, doch die Umsetzung konnte mich leider so gar nicht überzeugen und auch mit der Protagonistin bin ich nicht warm geworden. Letztendlich ließ mich das Buch ...

»Die Sommer« ist ein Buch mit sehr viel Potential, doch die Umsetzung konnte mich leider so gar nicht überzeugen und auch mit der Protagonistin bin ich nicht warm geworden. Letztendlich ließ mich das Buch sehr unzufrieden zurück, zwar behandelt es ein sehr ernstes Thema, konnte mich inhaltlich aber nicht so sehr berühren wie es die Thematik eigentlich sollte.

Leyla wächst zwischen zwei Kulturen auf und keine davon versteht die jeweils andere. Erzählt sie in der Schule, dass ihre Großeltern in Kurdistan leben, bekommt sie zu hören, dass es dieses Land gar nicht gibt. Die kurdische Verwandtschaft hingegen kann nicht nachvollziehen warum Leyla nur schulterlange Haare trägt oder warum das Mädchen nicht endlich ans Heiraten denkt. Ergänzt wird Leylas Geschichte von den Erzählungen des Vaters. Der berichtet von seiner eigenen Kindheit und von Erlebnissen seiner Verwandten, Freunden oder Bekannten. Immer wieder spielen in diesen Geschichten Unterdrückung, Gewalt und Krieg eine Rolle. Das Buch regt sehr zum Nachdenken an, wirft viele Fragen auf und bietet Einblicke in eine Welt die den meisten von uns wohl nur rudimentär bekannt sein dürfte. Die Darstellung des einfachen Lebens in Syrien ist sehr gelungen und auch die karge, heiße Landschaft kann sich der Leser sehr gut vorstellen.

Sehr zu kämpfen hatte ich jedoch mit dem Aufbau des Buches. Mir haben ein roter Faden und ein chronologischer Ablauf gefehlt. Vor allem im ersten Teil ist das Buch eine Aneinanderreihung von Erzählungen. Mal eine Seite lang, mal nur aus drei Sätzen bestehend. Dabei gibt es immer wieder Zeitsprünge, ohne dass jedoch der Leser verstehen kann in welchem Jahr die jeweilige Erzählung nun eigentlich stattfindet. Man kann alles nur sehr schwer in einen chronologischen Zusammenhang bringen und immer nur rätseln wie alt Leyla bei den gerade stattfindenden Ereignissen eigentlich gerade ist.

Trotz der aufwühlenden und bewegenden Inhalte bleibt die Erzählung immer etwas distanziert, teilweise sogar emotionslos. Ronya Othmann verzichtet komplett auf lebendige Dialoge und die Verwendung von Anführungszeichen. So bleiben auch die Gespräche immer nur Erzählungen und es kommt kaum zu Interaktion zwischen den Figuren.

Mit Leyla bin ich leider so gar nicht warm geworden. Obwohl das Buch aus ihrer Sicht erzählt ist bleibt sie farblos und nicht greifbar. Sie ist absolut unscheinbar und nickt immer nur anstatt endlich einmal ihre eigene Meinung kundzutun, dabei hätte sie so viel zu sagen. Als Kind kann ich das noch einigermaßen verstehen, doch als Erwachsene sollte sie doch zu etwas mehr Interaktion und Kommunikation fähig sein. Aber auch hier schweigt sie nur und erwartet von ihrem Umfeld, dass es Fragen stellt, anstatt einfach selbst einmal über die Geschehnisse in Syrien und ihre Gefühle und Ängste zu sprechen.

Fazit
„Die Sommer“ hat mir spannende und auch vereinzelt berührende Einblicke verschafft. Leider schafft es die Autorin aber nicht, dass aus der bruchstückhaften Erzählung ein klares Bild entsteht und auch nicht, dass dem Leser die Protagonistin so richtig ans Herz wächst. Es bleibt der Eindruck, dass zu vieles auf diesen wenigen Seiten vermittelt werden sollte und der Autorin dabei ein wenig das Konzept gefehlt hat.

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Veröffentlicht am 13.04.2020

Zäh wie Honig

Die geheime Mission des Kardinals
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Dass ich ein Buch abbreche kommt bei mir fast nie vor. In seltenen Fällen überspringe ich mal Seiten oder Kapitel, aber an sich bringe ich fast jedes Werk zu Ende. Und dann kam Rafik Schami mit seinem ...

Dass ich ein Buch abbreche kommt bei mir fast nie vor. In seltenen Fällen überspringe ich mal Seiten oder Kapitel, aber an sich bringe ich fast jedes Werk zu Ende. Und dann kam Rafik Schami mit seinem Kardinal, auch noch ein von Presse und Kritik hoch gelobtes Buch. Die Geschichte beginnt wie ein Krimi, doch irgendwann verzettelt sich der Autor so in seinen Erzählungen, dass er mich dabei verloren hat. Schade, denn von dem Buch hatte ich mir viel versprochen.

Dass Rafik Schami toll schreiben kann merkt man schon nach wenigen Seiten. Er hat einen sehr opulenten und bildhaften Stil, der mir an sich recht gut gefällt. Auch die kleinen Geschichten über Land, Menschen und Kultur fand ich toll. Der Rest des Buches ist mir aber mit zu vielen Belanglosigkeiten überladen, es fehlt ein roter Faden. Die Ermittlungen im Mordfall treten immer mehr in den Hintergrund und Schami verliert sich in Nebensächlichkeiten. Er schafft es, wirklich jede Kleinigkeit in seine Geschichte mit aufzunehmen. So beschreibet er, wann der Ermittler eine Toilettenpause macht, berichtet über belanglosen Smalltalk zweier Figuren oder lässt seine Charaktere umfangreich irgendwelche Gerüchte über die Cousine des Onkels eines Bekannten erzählen. Dazu kommen noch sich wiederholende Essgelage bei denen die Ermittler über alles mögliche Debattieren und sich doch stets im Kreis drehen. Auf mich wirkt das Buch so, als sollte zu viel hinein, es ist überladen an Ideen und Eindrücken des Autors und liest sich mühsam und zäh.

𝐅𝐚𝐳𝐢𝐭
Wen viele Ausschweifungen und wenig Handlung nicht stören, könnte gefallen am Buch finden. Mir war es nach gut 200 Seiten zu langweilig.

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