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Der Plot:
Das Nachkriegs-Wien kurz vor den 1920er Jahren ist dicht beschrieben, hervorragend eingefangen. Es ist genau das, was ich unter einem Kriminalroman verstehe. Mehr Roman, als Krimi. Die erste ...
Der Plot:
Das Nachkriegs-Wien kurz vor den 1920er Jahren ist dicht beschrieben, hervorragend eingefangen. Es ist genau das, was ich unter einem Kriminalroman verstehe. Mehr Roman, als Krimi. Die erste Hälfte der Story ist genial aufgebaut, führt zu verständlichen, logischen Verquickungen und ungewöhnlichen Situationen. Zum Schluss möchte der Autor jedoch – so hatte ich das Gefühl – zum Thriller-Genre überwechseln, was ihm für mein Dafürhalten aber nicht ganz gelingt. Fast alle „Bögen“, „geöffnete Türen“ werden geschlossen. Bis auf eine: Ein zwielichtiger Jugendfreund. Den lässt Alex Beer in der Luft hängen.
Die Personen:
Rayonsinspektor Emmerich ist ein typischer Antiheld, Einzelgänger und zäher Kerl, dem immer wieder Prügel in den Weg geworfen werden. Ein bisserl Schimanski, immer an der Grenze zwischen Recht und Unrecht dahintorkelnd. Seine Moralvorstellungen sind mit dem Mainstream der damaligen Zeit oft nicht kongruent. Sein ambivalentes Verhältnis zu seinem jungen Kollegen Winter (das sich aber im Laufe der Story einspielt) bietet immer wieder Reibungsflächen. Alex Beer bietet vielen Protagonisten Platz, sich vorzustellen, um ihre Wesenszüge herausarbeitet. Vielen, aber nicht allen. Bei Einigen hätte ich es mir gewünscht!
Die Sprache:
Die direkte Sprache im Wiener Dialekt - geprägt von den 20er Jahren - finde ich sehr gut. Wirklich nur dort (sparsamst) eingesetzt, wo es zur Stimmung beiträgt. Ansonsten gut leserlich, flüssig geschrieben, ohne wirkliche Highlights. Die Buchstaben dienen der Inhaltsvermittlung. Und einige Absätze ließen in mir den Verdacht aufkeimen, als hätten sie eine Frau geschrieben (Ich dachte, der Verfasser sei ein ER!" Schande über mich!) – und siehe da, Alex Beer ist das Pseudonym für Daniela Larcher.
Mein Fazit:
Wenn man den Krimi als historischen Roman liest, kommt man auf seine Kosten. Die gut konstruierte Geschichte, hat mir gefallen, auch wenn die Wendungen immer verworrener werden, um nicht zu sagen, an den Haaren herbeigezogen sind. Die Spannung ist gegeben, aber durch die jeweiligen, relativ schnell folgenden Auflösungen, nicht von Nachhaltigkeit geprägt. Ich wollte zuletzt nur wissen, wie die Story zu Ende geht. Wenn ich einmal am Strand liege, lese ich den zweiten Teil, „Die rote Frau“.