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Veröffentlicht am 04.09.2020

Auf der Suche nach der eigenen Persönlichkeit

Pax
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Pax - Eva Roman

Es ist eine Geschichte vom Erwachsenwerden. Nachdem seine Eltern und sein älterer Bruder von einer Afrika-Reise nicht zurückgekommen sind, wächst Pax bei seiner Tante Beatrix auf. Diese ...

Pax - Eva Roman

Es ist eine Geschichte vom Erwachsenwerden. Nachdem seine Eltern und sein älterer Bruder von einer Afrika-Reise nicht zurückgekommen sind, wächst Pax bei seiner Tante Beatrix auf. Diese meint es gut mit ihm, sie ist bemüht, aber auch ungelenk, leider ziemlich verklemmt, was immer schlimmer wird, je näher die Pubertät kommt. Pax ist sich sehr bewusst, dass er seiner Tante dankbar sein muss, dafür, dass sie ihn aufgenommen hat. Er gibt sich die allergrößte Mühe, ihr nicht zur Last zu fallen. Pax leidet unter Verlustängsten, doch auch Tante Beatrix klammert. Es ist ein gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis, das dem Jungen kaum Luft lässt, eine eigene Persönlichkeit auszubilden.
Diese Konstellation bildet den Hintergrund der Geschichte. Die beiden führen ein sehr respektvolles, vorsichtiges Zusammenleben. Was Pax aber wirklich beschäftigt, verschweigt er. Das Erwachen der Sexualität beispielsweise, etwas das die Tante am liebsten totschweigen würde, oder Mobbing, dem er ausgesetzt ist, weil er irgendwie anders ist. Eine wichtige Rolle spielt dabei noch seine Kindheitsfreundin Leni, von der er sich leider genau in dieser schwierigen Phase entfernt.

Den Figuren kommt man leider kaum nahe, was vermutlich am recht distanzierten Schreibstil liegt, der mir eigentlich auch sehr gut gefallen hat. Gerade über die Hintergründe der Tante hätte ich gerne noch mehr erfahren. Sie bleibt doch recht farblos, obwohl auch sie unter der Situation zweifelsfrei zu leiden hatte.
Dennoch liest sich dieser Roman sehr gut, setzt er doch eher auf die feinen zwischenmenschlichen Nuancen. Ein sehr ruhiger und leiser Roman, der mir gut gefallen hat, im Nachgang aber doch ein bisschen blass bleibt.
3,5 Sterne, die ich dann doch noch auf 4 aufrunde.

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Veröffentlicht am 22.08.2020

Vier Frauen - vier Schicksale

Wilde Freude
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Wilde Freude – Sorj Chalandon

Jeanne hat Brustkrebs. Ihr Mann kann damit nicht umgehen, benimmt sich ziemlich daneben und macht sich schließlich rar. In ihrer Not lernt Jeanne drei Frauen kennen – Leidensgenossinnen. ...

Wilde Freude – Sorj Chalandon

Jeanne hat Brustkrebs. Ihr Mann kann damit nicht umgehen, benimmt sich ziemlich daneben und macht sich schließlich rar. In ihrer Not lernt Jeanne drei Frauen kennen – Leidensgenossinnen. Allen hat das Leben übel mitgespielt. Eine große Rolle spielten jeweils Männer der untersten Schublade - und die Gesundheit ist auch dahin. Was als Zweckgemeinschaft beginnt, wird zu einer gegenseitigen Stütze. Da wird geholfen und getröstet, wenn beispielsweise die Nebenwirkungen einer Chemo überhandnehmen.
Da bietet sich die Gelegenheit, einer von ihnen etwas Gutes zu tun - wenn auch nicht mit legalen Mitteln. Diese Frauen haben nichts mehr zu verlieren und so wagen sie alles. Endliche nehmen sie ihr Schicksal selbst in die Hände. Die Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen. Auch dank einer überraschenden Wendung gegen Ende.

Letztes Jahr war ich von Chalandons Meisterwerk "Am Tag davor" restlos begeistert. Dieser Roman hier ist ganz anders und reicht meiner Meinung nach leider nicht an seinen Vorgänger heran. Auch wenn ich es sehr interessant und lesenswert fand.

Der Autor (ein Mann!) erzählt einfühlsam von Jeannes Diagnose, von den Behandlungen und deren Nebenwirkungen, von Schuldgefühlen und Trauer. Das fand ich sehr gelungen dargestellt und ich klebte regelrecht an der Geschichte. All die Schicksale der anderen Frauen fand ich dann beinahe schon wieder etwas viel und irgendwie zu ähnlich (Männer und Krankheit).
Der Überfall, der leider bereits im Klappentext angekündigt wird, wird akribisch vorbereitet und begann mich ein wenig zu langweilen. Doch dann reißt Chalandon das Ruder noch einmal herum und lässt alles in neuem Licht erscheinen. Ich glaube, gerade diese Kehrtwende kurz vor Schluss kann der Autor besonders gut, das fiel mir beim Vorgänger bereits auf.
Der Roman ist großartig geschrieben und wirft grundsätzliche Fragen auf. Was zählt im Leben? Die Geschichte regt zum Nachdenken an und macht betroffen.

Insgesamt ein wunderbarer Roman, die Latte lag aber etwas hoch. Im Vergleich zum Vorgänger relativ einfach konstruiert. Zwischendurch war ich nicht besonders begeistert, das Ende hat es für mich aber noch gerettet.
4 Sterne


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Veröffentlicht am 14.08.2020

Faszinierend

Das Buch Ana
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Das Buch Ana – Sue Mon Kidd

"Mein Name ist Ana. Ich war die Frau von Jesus aus Nazareth. Ich bin eine Stimme." Seite 559

Ein wirklich ehrgeiziges Unterfangen, einen Roman zu schreiben über das Leben ...

Das Buch Ana – Sue Mon Kidd

"Mein Name ist Ana. Ich war die Frau von Jesus aus Nazareth. Ich bin eine Stimme." Seite 559

Ein wirklich ehrgeiziges Unterfangen, einen Roman zu schreiben über das Leben von Jesus Frau.
Die Handlung bleibt zwar insgesamt recht nah an der überlieferten Geschichte, trotzdem ist die Religion an sich kaum ein Thema. Denn die Hauptfigur ist tatsächlich nicht Jesus, sondern Ana. Ein mutiges Mädchen, später junge Frau, die dafür kämpft, ihren eigenen Weg gehen zu dürfen.
Jesus wird als für die damalige Zeit! als außergewöhnlich liberaler junger Mann beschrieben. Gütig und gut. Fast zu gut, um wahr zu sein. Doch man weiß ja, wie die Geschichte unweigerlich enden muss. Das hat mich beim Lesen zum Teil etwas irritiert – das Ende eigentlich schon zu kennen.

Der Leser verfolgt Anas Lebensweg, Jesus erscheint eher als Randnotiz, auch wenn er für Ana natürlich eine große Rolle spielt.
Nun weiß ich gar nicht, ob ich überhaupt schon einmal ein Buch aus dieser frühen Zeit im Nahen Osten gelesen habe. Es war zu erwarten und die Autorin spart auch nicht mit der Beschreibung furchtbarer Grausamkeiten und nicht zuletzt auch der absoluten Unterdrückung der Frau im Allgemeinen als Selbstverständlichkeit. Hier kommt nun Ana, die sich nicht unterordnen will und darum kämpft, Schreiben zu dürfen. Überflüssig zu erwähnen, dass sie sich damit ständig in Lebensgefahr bringt.
In aussichtslosesten Situationen öffnet sich mehrmals plötzlich ein Ausweg. Naja.

Obwohl man diese Thematik in fast allen historischen Romanen finden kann, wenn man will, ist es mir hier nochmal besonders aufgefallen. Die Rolle der Frau, der weibliche Kampf um ein selbstbestimmtes Leben – dieses große Thema zieht sich durch den Roman.
Über weite Strecken ist dies aber dennoch einfach ein interessanter, sehr gut recherchierter und ausgearbeiteter historischer Roman. Ich fand ihn fesselnd zu lesen und den Schreibstil sehr ansprechend.

Gerade auch im Nachgang übt diese Geschichte eine große Faszination auf mich aus. Anas Stärke und Weisheit sind beeindruckend.
Trotzdem habe ich es nicht gerne gelesen. Irgendetwas hat mich gestört, etwas das ich nicht benennen kann. Liegt es daran, dass das tragische Ende von vorneherein festgesetzt war, oder lag es am historischen Setting, das ich wegen seiner Grausamkeiten normalerweise eher meide. Ich weiß es nicht. Gerade das Ende, das ich gefürchtet hatte, fand ich sogar sehr gut gelöst. Dennoch blieb über die gesamte Lektüre ein gewisses Unbehagen.
Ich schwanke gefühlsmäßig zwischen drei und vier Sternen und runde schließlich auf 4 Sterne auf.



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Veröffentlicht am 04.08.2020

Nachdenkliches Werk

Ein Sonntag mit Elena
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Ein Sonntag mit Elena - Fabio Geda

Ruhig und stimmungsvoll ist diese Geschichte um einen älteren Mann. Früher war er als Brückenbauer viel unterwegs in der Welt, heute lebt er allein in seiner Wohnung. ...

Ein Sonntag mit Elena - Fabio Geda

Ruhig und stimmungsvoll ist diese Geschichte um einen älteren Mann. Früher war er als Brückenbauer viel unterwegs in der Welt, heute lebt er allein in seiner Wohnung. Seine Tochter musste kurzfristig das geplante gemeinsame Mittagessen absagen. Zufällig trifft er genau an diesem Sonntag Elena und ihren Sohn Gaston, mit denen er diesen Tag verbringt. Alle Beteiligten fühlen sich einsam, gewähren dem Gegenüber Einblicke in ihre Lebensgeschichten. Diese Begegnung und deren Auswirkungen auf ihrer aller Leben werden hier einfühlsam erzählt.

Etwa die Hälfte der Kapitel werden aus der Sicht seiner zweiten Tochter, Giulia, erzählt, was dem Leser erstmal seltsam vorkommt. Sie gibt Einblicke in das Familienleben ihrer Kindheit, zeigt, wie der nun alte Mann als Vater war, gibt auch seine Fehler und alte Verletzungen preis. Es ist ein Rückblick, in welchem man die Fehler und Versäumnisse eines gelebten Lebens zumindest erahnen kann.

Eigentlich passiert kaum etwas in diesem sehr ruhigen Roman und doch hat er etwas sehr Berührendes. Die Geschichte des Mannes ist nicht besonders spektakulär, ein ganz gewöhnliches Leben, eindringlich erzählt. Es ist diese ruhige, sehr schöne Erzählstimme, die ihre Leser fesselt und mitfühlen lässt.
Hat mir gut gefallen. 4 Sterne

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Veröffentlicht am 04.08.2020

Realistische Zukunftsvision

Paradise City
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Paradise City - Zoe Beck

Zoe Beck zeichnet in ihrer Dystopie das Bild eines möglichen Deutschlands in naher Zukunft. Durch mehrere Pandemien wurde die Bevölkerungszahl dezimiert, weite Landstriche sind ...

Paradise City - Zoe Beck

Zoe Beck zeichnet in ihrer Dystopie das Bild eines möglichen Deutschlands in naher Zukunft. Durch mehrere Pandemien wurde die Bevölkerungszahl dezimiert, weite Landstriche sind überflutet.
Frankfurt am Main ist zur Megacity geworden. Die Menschen sind gesund und glücklich wie nie, dafür sorgt KOS, ein Programm, das jeden einzelnen lückenlos überwacht und auch gleich die benötigten Medikamente liefert. Behinderungen oder unheilbare Krankheiten sind allerdings nicht gerne gesehen. Denn das Gesundheitssystem ist nahezu perfekt, solange man keine Fragen stellt.

Mir hat dieser Roman sehr gut gefallen. Eine überzeugende Zukunftsvision, so erschreckend wie realitätsnah. Einmal mehr wird dem Leser vor Augen geführt, was passieren könnte, wenn man zu viele Daten von sich preisgibt, wichtige Fragen, auch der Humanität, einem Computerprogramm überlässt. Fortschreitende Digitalisierung hat bei allem Nutzen eben auch immer seine Schattenseiten.

Die Protagonistin Liina fand ich authentisch, die Geschichte sehr gut und spannend erzählt. Ein Thriller, für mich eher Roman, der mich bestens unterhalten hat und denn ich binnen zwei Tagen ausgelesen hatte. Allerdings hat die Autorin beinahe zu viele Ideen in dieses doch recht dünne Werk gepackt. Das hätte man schon wesentlich breiter anlegen können.
Literarisch ist das kein großer Wurf, aber eine gut erzählte Story mit einer wichtigen Message.
4 Sterne

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