Wie aus Unbekannten Freunde werden – ohne es zu merken…
Das Buch:
Der beste Notfall der Welt ist ein Buch für Leser ab 9. Ich habe es im Zuge einer Verlosung bei vorablesen.de gewonnen, wofür ich mich herzlich bedanke – für das Buch und den Spaß am Lesen. Das ...
Das Buch:
Der beste Notfall der Welt ist ein Buch für Leser ab 9. Ich habe es im Zuge einer Verlosung bei vorablesen.de gewonnen, wofür ich mich herzlich bedanke – für das Buch und den Spaß am Lesen. Das Buch hielt, was die Leseprobe versprochen hatte.
Worum geht’s?
Bens Eltern wollen zu zweit in den Urlaub fahren. Eigentlich sollte seine Oma in dieser Zeit auf ihn aufpassen, springt aber kurzfristig ab. Gut, dass Bens Vater einen guten Freund hat, der diesen Job gern übernimmt. Dessen Sohn Gustav ist im gleichen Alter wie Ben und meint, dass die beiden sich schon verstehen würden… Wenn er sich da mal nicht täuscht! Auf dem Weg nach Hause fährt Gustavs Vater eine Maus an, welche Gustav und Ben unbedingt retten und gesund pflegen möchten. Aber ob diese Maus wirklich eine normale Maus ist?
Charaktere:
Ben und Gustav könnten unterschiedlicher nicht sein. Der eine ist der typische Nerd mit Interesse für sein Mikroskop und Bücher, der andere der Draufgänger – sportlich, manchmal vorlaut und draufgängerisch. Ich finde die beiden Jungs toll getroffen und habe mehr als einmal an meinen Sohn und seinen Kumpel gedacht, während ich das Buch las. Beide Charaktere sind wunderbar eingefangen, bleiben natürlich und jeder auf seine Art sympathisch. Auch ihre Probleme miteinander werden großartig lebendig und vor allem dem Alter entsprechend beschrieben. Ich konnte mir die Situationen sehr gut vorstellen – sowohl jene wenn sie gegeneinander agieren, als auch jene, in denen sie miteinander am selben Strang ziehen. Darüber hinaus ist es toll zu sehen, wie sich ihre Beziehung zueinander mehr und mehr entwickelt, sie die Vorzüge des jeweils anderen zu schätzen lernen um am Ende festzustellen, dass sie wohl doch sowas wie Freunde sind.
Gustavs Vater pflegt ein nicht alltägliches Hobby, welches ihn mir auf Anhieb sympathisch machte. Irgendwie dachte ich bei mir, das könnte auch mein Hobby sein. Und ganz sicher können daraus echte Geschichten entstehen. Vielleicht pflegt der Autor selbst dieses Hobby – wer weiß…?
Ein bisschen nervig fand ich das Fabel. Aber ohne es wäre die Geschichte nicht diese Geschichte. Sehr lebhaft beschreibt der Autor wie dieses kleine Wesen Ben und Gustav ärgert und sie manchmal sogar fast auffliegen lässt, einfach weil es Recht haben will. Mit etwas Abstand betrachtet ist das Fabel sogar ganz niedlich, aber mitten in der Geschichte gelingt es dem Autor immer und immer wieder dessen Nervigkeit darzustellen, sodass sich der Leser hin und wieder zusammen reißen muss, um nicht mit den Augen zu rollen. Etwas in den Hintergrund tritt allerdings die Maus, um die sich ja so fast alles dreht. Sie ist der Grund, warum Ben und Gustav überhaupt eine gemeinsame Mission haben, dennoch erfährt man über sie recht wenig. Es bleibt Raum für Spekulation und eigene Interpretation. Das gefällt mir einerseits gut, andererseits hätte ich gern etwas mehr über die Geschichte hinter der Geschichte erfahren.
Schreibstil:
Der Autor schreibt dem Alter angemessen. Es gibt kaum schwierige Sätze, dafür aber herrliche Beschreibungen. Zitat S. 7 „Das traf Gustav wie ein nasser Lappen“. Hier war die Rede von einer Bemerkung, die sein Vater gemacht hatte. Mit solchen Sätzen wird dem Leser sofort klar, was gemeint ist. Das Buch ist gespickt mit solchen bildlichen Beschreibungen, die sehr deutlich machen, wie die Gefühlslage der Person gerade ist. Das finde ich absolut wundervoll.
Auch gelingt es dem Autor Dinge, die vielleicht nicht jedem Kind auf Anhieb bekannt sind, zu erklären ohne oberlehrerhaft zu wirken. Oft erklärt Ben – der Nerd, der eh alles weiß – solche Umstände und zwar so, dass es immer noch nicht von oben herab wirkt. In diesem Zusammenhang ist es Pauli wirklich super gelungen, Kindgespräch mit Wissen zu vereinen. Es macht Spaß Ben dabei „zuzuhören“, wie er seine Welt erklärt.
Ein Name hat mir ganz besonders gefallen. Ich habe schallend gelacht: Frau Koller. Dazu muss man wissen, dass Frau Koller ständig schimpft, Kinder nicht mag und überhaupt eher ruppig daher kommt. Der Name ist einfach perfekt gewählt!
Der Autor ist Schweizer und bisweilen merkt man dies auch in seinen Formulierungen, die in meinen Ohren so typisch schweizerisch klingen. „Hat es noch ein Brot?“ um zu fragen, ob vielleicht noch ein Brot da wäre. Vielleicht könnten Kinder darüber fallen, eben weil es im deutschen Sprachgebrauch nicht ganz so geläufig ist. Aber ich denke, man gewöhnt sich daran und es ist auch recht offensichtlich, was mit solchen Formulierungen gemeint ist.
Alles in allem lässt sich die Geschichte leicht und locker lesen, man kann darin versinken und die Bilder auferstehen lassen, sich manchmal vielleicht etwas hinzudenken oder auch weg lassen, wenn es für einen selbst nicht passt.
Illustrationen:
Die Illustrationen im Buch sind wundervoll. Bereits in der Leseprobe war ich fasziniert davon. Sie sind in schwarz-weiß gehalten und sehen wie Bleistiftzeichnungen aus. Im Gegensatz zu Büchern für Erstleser unterstreichen sie zwar noch die Geschichte, sind aber nicht mehr ganz so häufig zu finden. Es lohnt sich auf jeden Fall, genauer hinzusehen. Ich bin beeindruckt von ihnen.
Tauglichkeit für Kinder:
Bei dem Buch handelt es sich um ein Hardcover mit etwas dickeren Seiten. Die Kapitel sind sehr kurz – nie länger als 5 Seiten – sodass auch Lesemuffel diese Geschichte lesen können oder dieses Buch perfekt als Abendlektüre vor dem Schlafengehen dienen kann. Die Schriftgröße ist ebenfalls sehr kindgerecht. Inhaltlich spricht die Geschichte sicherlich Jungs eher als Mädchen an, immerhin geht es auch um zwei Jungen. Aber abenteuerlustige Mädchen werden hier ganz bestimmt auch ihren Spaß haben.
Durch die Entwicklung der Freundschaft zwischen Ben und Gustav kann die Geschichte vielleicht auch zum Nachdenken anregen. Ist der Andere wirklich doof, nur weil er anders ist? Pauli gelingt es die Individualität des Einzelnen zu vermitteln – auch hier wieder ohne den erhobenen Zeigefinger.
Fazit:
Eine tolle Geschichte über Freundschaft und Einfallsreichtum, witzig und vor allem kurzweilig erzählt. Eine Geschichte, die den Leser zum Lachen und Nachdenken bringt und eine Geschichte, die das Leben eines 9jährigen wundervoll einfängt. Absolut lesenswert! 5 von 5 Sternen.