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Venatrix

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Veröffentlicht am 15.09.2020

Toller Auftkat einer neuen Krimi-Reihe

Der falsche Preuße
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Dieser historische Krimi ist der Auftakt zu einer neuen Krimi-Reihe. Zentrale Figur ist der Ermittler und Offizier Wilhelm Freiherr von Gryszinski. Wie leicht aus dem Namen zu erkennen, kein waschechter ...

Dieser historische Krimi ist der Auftakt zu einer neuen Krimi-Reihe. Zentrale Figur ist der Ermittler und Offizier Wilhelm Freiherr von Gryszinski. Wie leicht aus dem Namen zu erkennen, kein waschechter Bayer, sondern ein Preuße. Als Sonderermittler soll er die königlich bayerische Polizei ein wenig modernisieren. Weg vom Herausprügeln eines Geständnisses, sondern hin zu ZDF (Zahlen, Daten und Fakten) wie er es bei seinem Lehrmeister Hans Groß in Graz gelernt hat.

Der Fall an sich beginnt recht normal: Man findet die Leiche eines stadtbekannten Bierbeschauers am Ufer der Isar. Ungewöhnlich ist allerdings der kostbare Umhang aus Federn, in den die Leiche gehüllt ist und der Abdruck eines einzelnen Fußabdrucks eines Elefanten. Wilhelm Freiherr von Gryszinski kommt auf der Suche nach dem Täter einer Verschwörung biblischen Ausmaßes auf die Spur und steht vor der Entscheidung, seine Ehre als bayerischer Beamter oder als preußischer Offizier aufgeben zu müssen. Wie wird er sich entscheiden?

Meine Meinung:

Autorin Uta Seeberg ist in ihrem Krimi gelungen, das ewige Spannungsfeld Bayern versus Preußen gut darzustellen. Auch dem heute altmodisch anmutenden Begriff von „Ehre“, sei es als Beamter oder sei es als Offizier schenkt sie gebührende Aufmerksamkeit.
Sehr gut ist das München um 1900 beschrieben. Da fährt Gryszinski mit der Pferdetramway zu den Ermittlungen. Er sammelt Informationen und benützt das bei Hans Groß gelernte Wissen, um auf wissenschaftliche Weise seinen Fall zu lösen. Die Autorin hat hier penibel recherchiert und stellt jedem Kapitel ein Zitat aus Hans Groß‘ Lehrbuch der Kriminalistik voran.

Dass Gryszinski dabei dem einen oder anderen gut vernetzten Bürger auf die Zehen tritt, versteht sich von selbst. Das führt dazu, dass sich der Ermittler, der ein Mann der Wissenschaft ist, gleich einmal duellieren muss, obwohl dies eigentlich verboten ist. Dennoch drückt die Obrigkeit hier gerne zwei bis drei Augen zu, wenn es um den Ehrbegriff geht.

Gut gefällt mir, dass wir einen Polizisten vor uns haben, der ein intaktes Familienleben besitzt. Er ist kein vom Leben zerstörter Mensch wie so manch anderer Ermittler. Mit dem Charakter des Wilhelm Freiherr von Gryszinski ist der Autorin ein sympathischer Protagonist gelungen. Doch auch alle anderen für die Geschichte relevanten Figuren wirken auf den Leser authentisch. Sie sind mit viel Liebe ins Detail von Uta Seeburg ausgearbeitet worden.

Durch einige unerwartete Wendungen bleibt der Krimi bis zum Ende spannend.
Gut gelungen ist auch der Epilog, in dem die Autorin den interessierten Leser aufklärt, was Fakt und/oder Fiktion ist. Der Stadtplan von München auf den Vorsatzblättern erleichtert allen jenen, das historische München nicht so gut, auf den Wegen von Wilhelm Freiherr von Gryszinski zu wandeln.

Fazit:

Ein tolles Krimi-Debüt, das sich 4 Sterne und eine Leseempfehlung verdient hat.

Veröffentlicht am 09.09.2020

Noch einmal davon gekommen

Kriegsgefangen
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Der Dichter Theodor Fontane reist im September 1870 während des Deutsch/Französischen Krieges nach Frankreich, um als Kriegsberichterstatter für sein Buch zu recherchieren. Als er am 5. Oktober 1870 am ...

Der Dichter Theodor Fontane reist im September 1870 während des Deutsch/Französischen Krieges nach Frankreich, um als Kriegsberichterstatter für sein Buch zu recherchieren. Als er am 5. Oktober 1870 am Fuße des Jeanne-d’Arc-Denkmal in Domrémy verweilt, wird er als deutscher Spion verhaftet. Da ist er nicht allein. Ihm droht, wie Dutzenden anderen Deutschen, die standrechtliche Erschießung. Aufgrund verschiedener glücklicher Umstände wird er nicht erschossen, sondern nur inhaftiert. In diesem sehr persönlichen Buch schildert er die Verlegung in die diversen, oft nur provisorischen Gefängnisse bis er letztlich für zwei Monate auf der Atlantikinsel Oléron landet.

Meine Meinung:

Durch die Schilderungen ist der Leser direkt im Geschehen. Allerdings liest sich das Buch wie ein Abenteuerroman. Die Kriegsgefangenen werden gut behandelt, auch wenn es ziemlich unbequem einhergeht. Man liest kaum von Misshandlungen, weder durch Soldaten noch durch Zivilisten, obwohl das zu vermuten wäre.

Fazit:

Fontanes persönlichstes Buch, die Schilderung seiner Gefangenschaft im Deutsch-Französischen Krieg, als er als vermeintlicher preußischer Spion verhaftet worden ist. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Veröffentlicht am 08.09.2020

Ein ungewöhnliches Krimi-Debüt

Ruhet in Friedberg
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Rudolf Ruschel sucht sich für sein Krimi-Debüt die kleine Stadtgemeinde Friedberg, die am südlichen Abhang des Wechselgebirges im Dreibundesländereck Niederösterreich, Steiermark und Burgenland liegt, ...

Rudolf Ruschel sucht sich für sein Krimi-Debüt die kleine Stadtgemeinde Friedberg, die am südlichen Abhang des Wechselgebirges im Dreibundesländereck Niederösterreich, Steiermark und Burgenland liegt, aus. Hier leben rund 2.700 Menschen. Viele müssen auspendeln, um Arbeit oder Freizeitaktivitäten zu finden. Die, die im Ort bleiben, finden sich häufig in den Gaststätten auf ein oder mehrere Gläser Bier oder Wein ein.

Zentrum dieses Krimis ist der Rebhansel-Wirt, der in seiner „Bier-Allee“ sich vorrangig für die Flüssignahrung seiner Klientel sorgt. Um das geistliche Wohl kümmert sich Pfarrer Geri und Bestatter Macho widmet sich gemeinsam mit seinen Aushilfen Fipsi und Andi um die Verblichenen und ihre letzte Ruhestätte.
Und es ist auch ein Begräbnis, das Auslöser für eine beispiellose Serie am Verschwinden mehrerer Personen ist. Denn als ein Bekannter zu Grabe getragen wird, kommt Andi der Sarg doppelt so schwer vor als üblich, zumal der Verstorben aufgrund einer Krebserkrankung nur mehr Haut und Knochen gewesen soll. Andi und sein bester Freund Fipsi beginnen zu stöbern und dann läuft plötzlich alles aus dem Ruder. Nur ganz wenige Bewohner von Friedberg werden unbeschadet aus dem Schlamassel herauskommen.


Meine Meinung:

Grundsätzlich ist der Krimi leicht zu lesen. Für manche Leser wird der doch sehr schwarze Humor eigenwillig und gewöhnungsbedürftig sein. Nichts ist wie in einem „normalen“ Krimi.

Die Charaktere sind alle ziemlich skurril - allen voran natürlich Andi und Fipsi. Manche Figuren gleichen Karikaturen und kaum ein Klischee wird ausgelassen. So tauchen ein schwuler Pfarrer, eine albanische Schönheit, die von ihrer Mutter ängstlich unter einem Hijab verborgen wird (zu Recht wie man lesen wird) sowie Mitglieder der serbischen Mafia und jede Menge Leichen auf.

Viele Zufälle, clowneske Handlungen und skurrile Dialoge geben dem Krimi das Attribut „Räuberpistole“. Der Leser kann nur wenig Ernst nehmen, doch ein Cosy-Krimi liegt hier nicht vor.

Fazit:

Ein ungewöhnliches Krimi-Debüt, das von mir 4 Sterne erhält.

Veröffentlicht am 25.08.2020

Ein gelungener Reihenauftakt

Mörderische Brandung
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Die 29-jährige Cassandre „Cass“ Lynch arbeitet als Skipper auf einem nachgebauten Wikingerboot, auf dem gerade ein Film gedreht wird. Eines Abends findet Cass auf dem Wikingerboot eine Frauenleiche. Die ...

Die 29-jährige Cassandre „Cass“ Lynch arbeitet als Skipper auf einem nachgebauten Wikingerboot, auf dem gerade ein Film gedreht wird. Eines Abends findet Cass auf dem Wikingerboot eine Frauenleiche. Die Tote ist die Hauptdarstellerin. Cass und ihr Vater geraten unter Verdacht, sodass sie beschließt, auf eigene Faust nach dem Täter zu suchen.


Meine Meinung:

Obwohl ich eine echte Landratte bin, lese ich gerne Bücher, die am Meer und auf Segelbooten spielen. Es geht ein wenig beschaulich zu. Keine Nerven zerfetzenden Verfolgungsjagden mit quietschenden Reifen (dazu passen die Shetlands nicht). Es dauert ein wenig, bis die Story Fahrt aufnimmt, wie das so beim Segeln eben so ist. Es kann nicht immer gleich der passende Wind wehen.

Die Autorin greift ein Stilelement auf, das schon mehrfach verwendet worden ist: Das doppelte Lottchen - Zwillingsschwestern, die ihre Rollen tauschen. Nur, diesmal ist dieser Rollentausch gewünscht, denn die Zwillingsschwestern haben höchst unterschiedliche Interessen.

Der Schauplatz der Krimihandlung - eben die Shetland-Inseln - hat mir gut gefallen. Manche Leser werden vielleicht mit den nautischen Begriffen nicht so viel anfangen können. Für mich war hier wenig unbekannt.

Die Charaktere sind recht gut beschrieben. Cass ist eine ungewöhnliche junge Frau mit einem Geheimnis, das sich dem Leser im Verlauf der Handlung immer mehr erschließt. Mit dem Kilt tragenden DI Gavin Macrae hat die Autorin eine interessante Figur geschaffen. Er will natürlich nicht, dass Cass sich in die Ermittlungen einmischt, doch sie kennt quasi „Gott und die Welt“ und kann dem Ermittler den einen oder anderen Hinweis geben.


Fazit:

Das Buch lässt sich gut und flüssig lesen. Die Geschichte und das Setting lohnen sich! 4 Sterne.

Veröffentlicht am 25.08.2020

Klassischer Krimi, raue Insel

Mörderische Insel
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Cass Lynch, die leidenschaftliche Seglerin, lebt nach wie vor auf ihrem Boot, das im Hafen von Brae vertäut liegt. Sie will sich ihren Traum, Skipper auf einem Windjammer zu sein, erfüllen. Doch dazu muss ...

Cass Lynch, die leidenschaftliche Seglerin, lebt nach wie vor auf ihrem Boot, das im Hafen von Brae vertäut liegt. Sie will sich ihren Traum, Skipper auf einem Windjammer zu sein, erfüllen. Doch dazu muss sie erst ihre abgebrochene Schulbildung nachholen. Um das Geld für das College zu verdienen, gibt sie u.a. Segelkurse für den hoffnungsvollen Inselnachwuchs.

Natürlich entgeht ihr so gut wie nicht, was sich im Hafen und an der Küste so abspielt. Diesmal beobachtet sie zwei Luxusyachten, die anlegen und dann doch plötzlich wieder verschwinden. Gleichzeitig gibt es Einbrüche und Diebstähle in Herrenhäuser mit Zugang zum Meer. Ob die beiden Boote damit in Zusammenhang stehen? Als dann einer ihrer Segelschüler ums Leben kommt, will weder Cass noch DI Gavin Macrae an einen Unfall mit dem Quad glauben.

Wieder ein Mal kann es Cass nicht lassen und beginnt zu schnüffeln.

Meine Meinung:

Dieser zweite Band rund um Cass Lynch und Gavin Macrae gefällt mir sehr gut. Diesmal ist die Spannung schon gleich zu Beginn da und steigert sich bis zur Auflösung. Auch wenn die Leser noch nicht genau wissen, wie alles zusammen hängt - einiges lässt sich erahnen, einiges muss ermittelt werden. Marsali Taylor bindet die raue Landschaft und den Erdölreichtum der Shetland-Inseln gekonnt in den Krimi ein. Doch die wenigsten Inselbewohner haben persönlich etwas von den Ölquellen. Die Erdölkonzerne speisen sie mit Brotkrumen ab, während sie selbst den großen Profit machen. Gleiches gilt für die Errichter und Betreiber der Windparks.

Man merkt, dass die Autorin die Inseln gut kennt und ebenfalls eine leidenschaftliche Seglerin ist.

Fazit:

Ein klassischer Krimi, in dem eine raue Landschaft mitspielt und für eine einmalige Atmosphäre sorgt. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.