Gelungener Spagat zwischen Düsternis und Humor
Ostfriesengier"Hier gab es etwas, dass sie erschreckte und zugleich begeisterte. Sie waren sich im Grunde alle einig darüber, dass die Welt verrückt geworden war. Sie ließen sich keine Vorschriften machen, sondern entschieden ...
"Hier gab es etwas, dass sie erschreckte und zugleich begeisterte. Sie waren sich im Grunde alle einig darüber, dass die Welt verrückt geworden war. Sie ließen sich keine Vorschriften machen, sondern entschieden für sich selbst, was sie richtig oder falsch fanden."
Dieses Zitat aus dem Buch trifft es genau, was ich an den Ostfriesenkrimis so toll finde: Egal wer oder was da kommt, Ann Kathrin und Co lassen sich nicht umbiegen und gehen ihren eigenen Weg weiter wie bisher.
Ein düsteres, aber die schöne ostfriesische Landschaft zeigendes Cover lädt wieder mal ein, den neuesten Ostfriesenkrimi von Klaus-Peter Wolf zu lesen.
Schon alleine mit den ersten Sätzen lässt er buchstäblich eine Bombe platzen, spannender geht es fast gar nicht. Als Leser:in ist man sofort mitten in der Geschichte.
Ann Kathrin Klaasen ist zwar die Hauptcharakterin, aber es ist sehr sympathisch, dass jetzt eine Frau den Posten der Polizeidirektor:in bekommt. Bei ihrer Amtseinführung wird sie direkt auf die erste Probe gestellt und scheint eine gewisse Ehrfurcht vor der legendären, aber bodenständigen Ann Kathrin Klaasen zu haben. Wo das wohl noch hinführt? Selbst für mich als große Fanin, die alle Bücher kennt und an den Stil des Autors gewöhnt ist, war besonders eine Situation sehr überraschend oder gar schockierend. Damit habe ich wirklich nicht gerechnet.
Klaus-Peter Wolf schafft es mit tollen Formulierungen und wenigen Worten und kurzen Sätzen, komplizierte Vorgehen ausführlich zu beschreiben. Der Spagat zwischen Humor und düsteren, traurigen Szenen ist mal wieder gewagt, aber auf verblüffende Weise gelingt er jedesmal aufs Neue. Großartig finde ich auch, dass er so wichtige aktuelle Themen wie das Gendern mit einbezieht und dass all seine Schauplätze und genannten Orte auch in der Realität existieren und man sie sich somit noch besser vorstellen kann. Dass einige real existierende Personen vorkommen, finde ich manchmal etwas ungewohnt und gewöhnungsbedürftig. Alle erfundenen Charakter:innen wirken dafür auch wie aus dem echten Leben gegriffen, nichts scheint aufgesetzt oder übertrieben. Gefühlt kennt man alle schon lange persönlich.
Als Fanin aller Ostfriesenkrimis bin ich wieder begeistert über diesen neuen Fall und freue mich aufs nächste Buch!