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Veröffentlicht am 21.12.2020

Wunderbare Kopfreisen

HOLIDAY Reisebuch: Atlas der Naturwunder
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Der Atlas der Naturwunder ist ein wunderbares Buch zum Kopfreisen und Träumen. Er widmet sich in verschiedensten Rubriken der einzigartigen, abwechslungsreichen Schönheit und den besonderen Phänomenen ...

Der Atlas der Naturwunder ist ein wunderbares Buch zum Kopfreisen und Träumen. Er widmet sich in verschiedensten Rubriken der einzigartigen, abwechslungsreichen Schönheit und den besonderen Phänomenen unseres Planeten.

Die Aufmachung und der Aufbau des Bandes sind äußerst gelungen. So sind die besprochenen Naturwunder nach Kontinenten gegliedert – und recht ungewöhnlich - selbst die Antarktis fehlt hier nicht. Die Kapitel zu den Kontinenten werden mit einer recht groben Übersichtskarte eingeleitet und dann noch mal in Unterkapitel wie „Geologie“, „Fauna“, Flora“ und „Wüste“ eingeteilt. Neben diesen offensichtlicheren, erwartbaren Kategorien gibt es aber auch außergewöhnlichere wie „Lost Places“ oder „Wetter & Astronomie“. Besonders die unter diesen Überschriften gelisteten „Sehenswürdigkeiten“ sind oft sehr reizvoll. Jedes Naturwunder wird von einem kurzen Erläuterungstext, einem Tipp zur besten Reisezeit und zum bestmöglichen Erlebnis sowie von mindestens einem hochwertigen und Foto, das bei bekannteren Einträgen durchaus auch mal einen ungewöhnlicheren Blickwinkel präsentiert, begleitet. Die kurzen, lexikonartigen Begleittexte sind aufschlussreich, für meinen Geschmack allerdings etwas eintönig und aufgrund der Kürze auch manchmal zu oberflächlich. Ausgesprochen überzeugend ist hingegen die Auswahl der vorgestellten Naturwunder. Nicht nur die unglaubliche Vielfalt der dargestellten Schönheiten, sondern auch die Tatsache, dass hier so viele „unbekannte“ Plätze gezeigt werden, begeistert sehr. Sicher mag man vielleicht etwas vermissen oder hätte selbst einen anderen Ort hinzugefügt, aber insgesamt bietet der Atlas der Naturwunder sehr anregende und inspirierende Lese- und Blätterstunden. Ein wunderschönes Buch für zukünftige Reiseträume!

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Veröffentlicht am 11.12.2020

Lebendige Geschichtsstunde

Trümmermädchen
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Marie und Anna führen trotz des Krieges ein recht geordnetes und komfortables Leben in Köln. Als Maries Mann, der Bäckermeister Matthias, doch noch eingezogen wird, geraten ihre Lebensentwürfe und Zukunftsaussichten ...

Marie und Anna führen trotz des Krieges ein recht geordnetes und komfortables Leben in Köln. Als Maries Mann, der Bäckermeister Matthias, doch noch eingezogen wird, geraten ihre Lebensentwürfe und Zukunftsaussichten ins Wanken. Mit der Stunde Null spitzt sich die Lage in Köln zu und ihre Situation wird immer kritischer, doch Marie und Anna wollen nicht aufgeben.

Trümmermädchen ist ein sehr lehrreicher und lebendiger Roman, der zu einem Großteil im zeitlichen Kontext der Stunde Null und der unmittelbaren Nachkriegs- und Besatzungszeit angesiedelt ist. Diese zeitliche Situierung hat sicherlich einen wesentlichen Anteil am Reiz der Geschichte, denn diese Zeitwahl ist nun doch eher selten. Umso spannender ist die genaue historische Recherche und Ortskenntnis der Autorin, die dem Leser ein Köln präsentiert, das so völlig anders als die heutige neue Stadt ist. Ebenso faszinierend sind die Einblicke in das Chaos, den Hunger, die Trümmer, die diese Zeit, in der das Recht des Stärkeren gilt, ausmachen . Wenn man diesen Roman liest, kann man sich gar nicht vorstellen, dass irgendwann wieder auch nur ein Hauch von Ordnung in dieser zerstörten Stadt herrschen kann.

Die Figuren sind sympathisch und man leidet und fiebert sehr mit, allerdings war mir speziell Marie auch so manches Mal für eine Protagonistin nicht "kantig" genug. Annas Weg ist relativ authentisch, insbesondere die fast schon zornige Abnabelung während ihres Heranwachsen ist überzeugend. Anna und Marie bewegen sich durch eine mitreißende und interessante Geschichte, die sich sehr flüssig und ansprechend liest. Lediglich die Liebeshandlungsteile waren nicht so berührend und etwas blutleer. Obwohl vom Klappentext zentral gesetzt, wirken sie im Gesamtkonstrukt eher wie etwas, was eben zu einem historischen Roman dazugehört und daher seinen Platz in der Handlung finden muss.

Trümmermädchen ist ein sehr lesbarer, äußerst lebendiger und spannender Schmöker, der mit Lokalkolorit überzeugt und wertvolle Lücken im Geschichtswissen anschaulich zu schließen vermag.

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Veröffentlicht am 24.10.2020

Anspruchsvolle Sündenfall-Variation

Westwind
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Samantha Harveys Roman Westwind ist ein Roman, der nicht ganz einfach zu rezensieren ist, da man mit jedem Satz Gefahr läuft, etwas preis zu geben, was lieber ungesagt bleiben sollte. Hierin ähnelt man ...

Samantha Harveys Roman Westwind ist ein Roman, der nicht ganz einfach zu rezensieren ist, da man mit jedem Satz Gefahr läuft, etwas preis zu geben, was lieber ungesagt bleiben sollte. Hierin ähnelt man als Rezensent auf unheimliche Art der Erzählinstanz des Romans: John Reve, Pater, Beichtvater und geistliches Oberhaupt von Oakham, der sich nach dem Verschwinden des reichen und beliebten, aber auch reformgeistigen, Bürgers Thomas Newman (die Bedeutung des Nachnamens kommt nicht von ungefähr – dies gilt auch für den Namen des Großgrundbesitzers Townshend) der Herausforderung stellen muss, das Verschwinden aufzuklären und seine Schäfchen zu beschützen.

Das herausragende und außergewöhnlich gut umgesetzte Merkmal dieses Romans ist seine Erzählstruktur. John Reve, der sich allmählich als unzuverlässiger Erzähler entpuppt, berichtet chronologisch rückwärts von den Umständen um Newmans Verschwinden. Er beginnt also an Tag 4 und endet mit dem Tag, an dem Newman das letzte Mal gesehen wurde . Die Art, wie es Harvey gelingt, den Leser trotz dieser anspruchsvollen Erzähltechnik nicht vollends zu verwirren, graduell immer mehr und vor allem Tag für Tag sich ergänzende Informationen zu enthüllen und im Grunde schon auf Seite 111 von 350 die passende Endnote des Romans zu setzen (keine Sorge, man erfährt hier dennoch nichts, was die Auflösung vorwegnähme) ist bravourös. Ebenso exzellent gelingt es ihr, John Reves Perspektive zu nutzen. Er ist der Dreh- und Angelpunkt unserer eigenen Wahrnehmung – wir erleben und sehen die Geschehnisse und alle weiteren Figuren nur durch ihn, gefärbt durch sein Urteil und seine Absichten, seine eigene Position gegenüber seinem Selbst.

Erstklassig eingefangen ist auch die noch mittelalterlich geprägte, düstere und provinzielle Atmosphäre eines Dorfes am Ende des 15. Jahrhunderts mit seiner tiefen Gottesfurcht, Frömmigkeit und dem allgegenwärtigen Aberglauben und alten Bräuchen. Harvey macht mit leichter Hand sehr deutlich, wie beschwerlich, karg und begrenzt das Leben der Menschen war. Es gelingt ihr so ausgezeichnet, einen geeigneten Kontext für die wesentlichen Probleme und Zweifel ihres Romans zu schaffen, der sich mit den Grundfragen von Moral und Religiosität, menschlicher Einmischung und Bedürfnissen befasst und so bei aller zeitlichen Distanz durchaus auch deutliche Bezüge zur heutigen Gesellschaft und Kirche ermöglicht.

Trotz all dieser positiven Aspekte hat mich der Roman dennoch nicht vollends begeistert. Er ist zwar ein wunderbares, anspruchsvolles und viele Interpretationsmöglichkeiten anbietendes Schmuckstück von Literatur, aber ich konnte keine Nähe zu John Reve aufbauen und war an der Handlung meist nur mäßig interessiert , was mit den manchmal recht langen und langatmigen Ausführungen zur Religion zusammenhing. Wer darüber hinwegsehen kann, wird mit einem innovativen Erzählaufbau und sehr viel Stoff zum Nachdenken belohnt.

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Veröffentlicht am 25.09.2020

Damals, 1985...

Die Optimisten
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In Die Optimisten verarbeitet Rebecca Makkai auf mitreißende, packende und emotional tief berührende Weise und auf zwei Zeitebenen (Chicago 1985 bis frühe 90er und Paris 2015) Ereignisse rund um die erste ...

In Die Optimisten verarbeitet Rebecca Makkai auf mitreißende, packende und emotional tief berührende Weise und auf zwei Zeitebenen (Chicago 1985 bis frühe 90er und Paris 2015) Ereignisse rund um die erste Aids-Welle.

Ich habe sehr lang für diesen Roman gebraucht, was weder meinem üblicherweise rasanten Lesetempo geschuldet ist, noch der Tatsache, dass dieses Buch mich nicht angesprochen hätte. Im Gegenteil: ich konnte Die Optimisten nicht schnell lesen, weil es sich hier um einen wirklich ganz tollen, gut gemachten Roman handelt, der den Leser allerdings auch oftmals so stark erschüttert und angreift, dass man die Lektüre unterbrechen muss.

Die Autorin versteht es ganz hervorragend, die Unsicherheit, das Unwissen, die Angst und das mit einer Aids-Diagnose verbundene Bewusstsein des herannahenden Todes zu transportieren, ohne dabei zu unnötigen Schaueffekten oder übertriebener Dramatik zu greifen. Die Optimisten ist vielmehr ein sehr ruhiger Roman, der zu fesseln versteht, indem er die Furcht und Verzweiflung der ersten Aids-Jahre anhand des äußerst sympathisch gezeichneten, intellektuellen und mitfühlenden Yale personalisiert, den der Leser auf seinem Weg begleitet. Dabei geht es mitnichten nur um die Krankheit, sondern auch um Liebe, Freundschaft, Gemeinschaft, Familie und vor allem Kunst und die Bedeutung von Erinnerung und Vergangenheit. Makkai lässt sich viel Zeit, ein Bild der Zeit heraufzubeschwören, Freundeskreise auszuloten, aber auch die Realität der homosexuellen Community und den noch ungewohnten Alltag auf den Aids-Stationen darzustellen. Durch das gemäßigte Erzähltempo wird auch der Leser Teil dieser Welt und „freundet“ sich sozusagen mit Yale an, leidet und bangt mit ihm. Der Chicago-Teil weist trotz seines Umfangs nicht allzu viele Längen auf und ist in seiner Darstellung der Hilflosigkeit angesichts des Virus regelrecht – in einem positiven Sinne - schmerzhaft. Ebenso beeindruckend ist die Einsamkeit, die Isoliertheit der als Outsider betrachteten gay community, die hier anhand von Yale fast greifbar gemacht wird.
Der Paris-Teil hat mich nicht ganz so begeistert, was sicherlich daran liegt, das Fiona, eine Freundin von Yale, als Figur für den Leser schwieriger zu begreifen ist. Dennoch hat dieser Teil für den Romanaufbau seine wesentliche Funktion – auch wenn er sicherlich etwas kürzer hätte sein können - und verfügt durch Fionas Suche nach ihrer Tochter Claire über einen eigenen Spannungsbogen.

Die Optimisten ist ein besonderer und gelungener Roman, der mich wegen seiner Geschichte, seines großartig ausgestalteten Protagonisten und seines Erzählstil zutiefst bewegt hat.

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Veröffentlicht am 27.08.2020

Ganoven, Magie und Rätsel

Die Jagd nach dem magischen Detektivkoffer, Band 1: Die Jagd beginnt!
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"Die Jagd beginnt" mit diesem gelungenen Band. Ein Zwillingspärchen bekommt von seiner umtriebigen Tante Gundula einen geheimnisvollen Koffer mit magischem Inhalt geschenkt, auf den es auch die ausgebufften ...


"Die Jagd beginnt" mit diesem gelungenen Band. Ein Zwillingspärchen bekommt von seiner umtriebigen Tante Gundula einen geheimnisvollen Koffer mit magischem Inhalt geschenkt, auf den es auch die ausgebufften Ganoven Doris und Theodor abgesehen haben.

Das Kinderbuch schildert flüssig und kindgerecht den Wettlauf um den Koffer. Die Geschichte ist sehr unterhaltsam und abwechslungsreich und die sprachliche Umsetzung glücklicherweise nicht zu simpel. Die Spannung ist altersentsprechend angepasst - die Ganoven sind nicht wirklich furchterregend, aber hartnäckig und durchtrieben genug, um für eine aufregende, aber nicht angsterzeugende, Handlung zu sorgen. Sehr schön sind die in den Fließtext eingefügte Briefe von Tante Gundula, da sie für ein sehr abwechslungsreiches Leseerlebnis sorgen und dazu noch mit ihren etwas schwerfälligen Reimen für Schmunzler sorgen. Richtig gut kommen auch die eingefügten Rätselaufgaben an. Sie sind zumindest teilweise gar nicht mal so einfach zu lösen und sorgen für eine sehr wertvolle, genauere Auseinandersetzung mit dem Text und vor allem auch mit den sehr stimmig die Handlung ergänzenden Bildern. Die magischen Gegenstände, vor allem das Fernglas (auf dessen großen Einsatz wir noch warten), beflügeln die Fantasie. Ein wirklich gelungenes Kinderbuch, das viel Lesespaß bietet, aber vielleicht insgesamt etwas kurz geraten ist.

Für meinen Sohn (8) war das Buch leider viel zu schnell zu Ende und eins der Rätsel war auch viel zu leicht. Dennoch hat das Buch ihn unglaublich gut unterhalten und interessiert. Es ist meiner Meinung nach jedoch eher - auch wegen der recht großen Schrift - etwas für Kinder, die gerade aus der Erstleser-Phase heraus sind, für Drittklässler ist es (zumindest in unserem Fall) zu wenig umfangreich und fordernd, für Erstleser, die es allein lesen wollen, könnte es etwas zu schwierig sein.

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