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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.08.2020

Eine Dekade bissige Kolumnen

Das muss gesagt werden
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In diesem Buch sind rund 70 Kolumnen aus der spitzen Feder von Elfriede Hammerl zusammengetragen, die sie im Laufe der letzten Dekade in der Wochenzeitschrift „Profil“ veröffentlich hat.

Die Autorin schreibt ...

In diesem Buch sind rund 70 Kolumnen aus der spitzen Feder von Elfriede Hammerl zusammengetragen, die sie im Laufe der letzten Dekade in der Wochenzeitschrift „Profil“ veröffentlich hat.

Die Autorin schreibt kritisch, selbst- und treffsicher. Stilistisch hebt sie sich von Allerweltsschreiberlingen jeglicher Altersstufe und Ausrichtung wohltuend ab. Seit rund 35 Jahren beobachtet sie das Tagesgeschehen (vor allem in Österreich) und darf sich mit Fug und Recht die Doyenne des österreichischen Journalismus nennen.

Elfriede Hammerl spannt den Bogen weit: von der rosa Pille (Viagra für Frauen)
über die bestehenden Ungerechtigkeiten und Diskriminierungen von Frauen bis hin zur Leihmutterschaft, die sie als „temporäre Sklaverei“ bezeichnet.
Es fallen so grandiose Sätze wie: „Eva arbeitet Teilzeit. Adam beneidet sie. Na ja, um ihre Altersrente eher nicht.“

Ob Familienpolitik, Migrationsfragen, Verteilungsgerechtigkeit, Intoleranz oder das Altern - die Autorin ist in jedem Thema zu Hause und scheut sich nicht, den Mächtigen des Landes (egal welcher Couleur) mit dem nötigen Misstrauen zu begegnen.
Immer wieder versucht sie, den unterschiedlichen Lebenssituationen von Frauen Gehör zu verschaffen.

Fazit:

Manche Sätze scheinen auf den ersten Blick humorvoll und bleiben aber bei einem zweiten im Hals stecken. Elfriede Hammerls Kolumnen spiegeln die Gesellschaft wieder. Gerne gebe ich hier eine Leseempfehlung und 5 Sterne.

Veröffentlicht am 28.08.2020

Eine Hommage an eine zu Unrecht fast Vergessenen

Wer ein einziges Leben rettet, rettet die ganze Welt
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„Wer ein einziges Leben rettet, rettet die ganze Welt“, das ist nicht nur der Titel des Romans von Dagmar Fohl. So lautet auch die Inschrift auf dem Grabstein von Aristides de Susa Mendes. Wer ist dieser ...

„Wer ein einziges Leben rettet, rettet die ganze Welt“, das ist nicht nur der Titel des Romans von Dagmar Fohl. So lautet auch die Inschrift auf dem Grabstein von Aristides de Susa Mendes. Wer ist dieser Mann, der oft als „Oskar Schindler von Portugal“bezeichnet wird? Mit diesem biografischen Roman hat ihm Dagmar Fohl ein Denkmal gesetzt.

Aristides de Susa Mendes stammt aus einer reichen Adelsfamilie Portugals und hat mit seiner Gemahlin 14 Kindern. Er ist Konsul unter Diktator António de Oliveira Salazar. Nach mehreren Stationen u. a. in den Niederlanden verschlägt ihn und seine Familie nach Bordeaux, Frankreich.

Nazi-Deutschland vertreibt rigoros Judden aus dem Land und bald will kein Land der Welt den Flüchtlingen auch nur die Durchreise geschweige denn die Einreise und einen Aufenthalt gewähren. Nur das diktatorische Portugal verhält sich neutral. Salazar ergreift für niemanden Partei, außer für sich selbst. Und so gerät Mendes, der Tag und Nacht Visa für ca. 30.000 Flüchtlinge, darunter 10.000 Juden, ausstellt, in Bannstrahl des Diktators. Denn er hat sich dessen ausdrücklichen Befehlen, „keine Visa für Juden“ widersetzt. Alles, was Salazar fordert, ist Disziplin, Befehlsverweigerung kann er nicht dulden. Salazar hält die Menschen in Portugal künstlich dumm. Sie sollen mit dem Fado, der Religion und Fußball ruhig gestellt werden. Es gibt kaum Schulen.

Weder die zahlreichen Eingaben, die der erschreckend naive Mendes an Salazar schreibt, erweichen den Diktator. Aristides de Susa Mendes verliert alles: Seine Anstellung, seinen guten Ruf, seine Gesundheit, die Immobilien und das Vermögen sowieso. Beinahe zehn Jahre kämpft er für seine Rehabilitierung, vergebens. Während Aristide nach wie an die Weitsicht des Diktators glaubt, weiß Aristides Bruder, dass Salazar die Familie Mendes vernichten will. Denn sie steht für alles, was er selbst nicht hatte: eine große Familie, Reichtum und Adel.

„In Salazars Kopf ist kein Platz für Barmherzigkeit. Mendes ist ein naiver Trottel, denkt er. Er hat nicht die winzigste Chance.“

Aristides de Susa Mendes stirbt am 3. April 1954, völlig verarmt in Lissabon. Salazar wird ihn um 16 Jahre überleben.

Aristides de Susa Mendes wird postum von Kanada und den USA geehrt. In der Gedenkstätte „Allee der Gerechten“ (Yad Vashem) in Jerusalem wird 1966 ein Baum für ihn gepflanzt und mit seinem Namen versehen.

In seinem Heimatland Portugal wird es noch bis 1988 dauern, bis Aristides de Susa Mendes offiziell rehabilitiert wird. 1995 erklärt Regierungschef Mario Soares Sousa Mendes zu „Portugals größtem Helden des 20. Jahrhunderts“

Fazit:

Ein, in der Ich-Form, fesselnd erzählter biografischer Roman, dem ich gerne 5 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 23.08.2020

Hat mich bestens unterhalten

Manche mögen's tot
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In diesem, nunmehr dritten Krimi, ermitteln Konny und Kriemhild wieder in eigener Sache. Kriemhild wird beim morgendlichen Pilzesammeln Augenzeugin, wie ein angesehener Bürger des Ortes, sich seiner Frau ...

In diesem, nunmehr dritten Krimi, ermitteln Konny und Kriemhild wieder in eigener Sache. Kriemhild wird beim morgendlichen Pilzesammeln Augenzeugin, wie ein angesehener Bürger des Ortes, sich seiner Frau entledigt. Leider bleibt si nicht unbeobachtet und erleidet einen Streifschuss.

Um den Täter, den es zu überführen gilt, in Sicherheit zu wiegen, beschließen K & K, den Tod von Konny bekannt zu geben. Dazu muss natürlich ein Sarg her (selbstredend aus Mahagoni), der in der Frühstückspension der Schwestern aufgestellt wird. Das sorgt naturgemäß für diverse skurrile Situationen, da die Pension gut gebucht ist. Sogar ein Parapsychologe kreuzt auf, der die seltsamen Geräusche untersuchen soll. Wie der geneigte Leser sicher errät, gibt es keine übernatürlichen Erscheinungen.


Meine Meinung:

Ich habe mich wieder köstlich amüsiert, wie die beiden Schwestern gemeinsam mit dem üblichen „Personal“ auf Mörderjagd gehen. Wieder mit an Bord sind der Nacktkater Amenhotep, der lautstark fluchende Papagei Chuck Norris sowie der Gärtner Herr Hirsch mit seiner Frau Gemahlin, der Kriminalhauptkommissarin.

Fazit:

Wer skurrile und humorvolle Krimis mag, kommt hier voll auf seine Kosten!

Veröffentlicht am 23.08.2020

Von Yvonne zu Benjamin - ein langer Weg

Endlich Ben
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Benjamin Melzer ist als Yvonne geboren und weiß von klein auf, mit „Mädchenkram“ nichts anzufangen. Yvonne gilt als Wildfang. In der Pubertät wird dann klar, dass Yvonne im falschen Körper steckt.

In ...

Benjamin Melzer ist als Yvonne geboren und weiß von klein auf, mit „Mädchenkram“ nichts anzufangen. Yvonne gilt als Wildfang. In der Pubertät wird dann klar, dass Yvonne im falschen Körper steckt.

In diesem Buch beschreibt Ben den langen Weg zur Geschlechtsumwandlung. Von seinen Gefühlen, den Reaktionen seiner Familie und seiner Freunde sowie von den vielen Operationen, die ihn letztlich auch äußerlich zu Ben werden ließen.

Dabei verschweigt er nicht, wie steinig und schmerzhaft dieser Weg war.

Für mich ist „Endlich Ben“ das zweite Buch über eine Transgenderperson. Das erste Buch „Ich pfeif auf alles“ von Jeanette Schmid (1924-2005) schildert das Leben des Rudolf Schmid, der lieber Mädchenkleider trägt. Mit viel Glück überlebt er die Nazi-Zeit als Soldat der Wehrmacht und unterzieht sich 1964 der Geschlechtsumwandlung und ändert seinen Namen zu „Jeanette“. Jeanette feiert internationale Erfolge als Kunstpfeiferin. Ich durfte sie als Jugendliche kennenlernen.

https://www.lovelybooks.de/autor/Jeanette-Schmid/Ich-pfeif-auf-alles-Das-Leben-der-Kunstpfeiferin-Baronesse-Lips-von-Lipstrill-1550761201-w/

Benjamin Melzers Biografie ist ein Buch, das allen jenen Mut macht, die sich in einer ähnlichen Situation befinden, auch den letzten Schritt zu wagen.

Während in Jeanette Schmids Biografie noch die Sensation der Geschlechtsumwandlung als „Kuriosität“, die ins Nachtleben gehört, mitschwingt, scheint die heutige Gesellschaft Transgender akzeptiert zu haben.

Für Betroffene und deren Angehörige zeigt Benjamin Melzer die Schritte auf, die nötig sind, deren Weg zu erleichtern.

Fazit:

„Endlich Ben“ erklärt anschaulich, worum es geht und macht Mut. Dafür gebe ich sehr gerne 5 Sterne.

Veröffentlicht am 22.08.2020

Eine Bestandsaufnahme

Die Herrschaft der Rotzlöffel
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Das Autoren-Duo Susanne Schnieder und Carsten Tergast zeigen schonungslos die aktuelle Situation in Kindergärten, Schulen und Familien auf.

Wie konnte es passieren, dass die Rotzlöffel die Herrschaft ...

Das Autoren-Duo Susanne Schnieder und Carsten Tergast zeigen schonungslos die aktuelle Situation in Kindergärten, Schulen und Familien auf.

Wie konnte es passieren, dass die Rotzlöffel die Herrschaft übernahmen? Oder, ist dieser plakative Titel falsch? Oder haben sich vielmehr zahlreiche Eltern aus der Verantwortung gestohlen und lassen ihre Kinder vom „externen Personal“ betreuen?

Anhand zahlreicher Beispiele wird aufgezeigt, was der Gesetzgeber so alles von Kindergartenpädagoginnen verlangt und wie wenig ihm diese Arbeit wert ist. Von fehlendem Unterstützungspersonal, mangelnder Infrastruktur, verzogenen Kindern und maßlos fordernden Eltern ist hier die Rede.

Über das eine oder andere Beispiel müsste man fast lachen, wenn es nicht so abstrus wäre. Wochenlange Eingewöhnungszeiten für Kinder oder eher für die Eltern? Ein Vater, der trotzdem in den Kindergarten zum Eingewöhnen kommt, obwohl der dazugehörende Fortpflanz in häuslicher Pflege weilt? Wer tickt da nicht richtig?

Kinder, die bislang nie ihre Grenzen erfahren haben und das erste Mal mit Struktur und dem Wort „NEIN“ in Berührung kommen, machen es den Pädagoginnen nicht leicht. Oftmals scheinen die Eltern die „Rotzlöffel“ zu sein und nicht die Kinder.

Die Autoren beschreiben die ernsten Zustände dennoch launig und das Buch lässt sich leicht lesen. Außerdem bieten sie Anregungen, wie man einen passenden Kindergarten findet, und zeigen auch Lösungsansätze, um aus diesem Dilemma herauszukommen.

Fazit:

Ein Buch, das die nach wie vor angespannte bis dramatische Situation in den Kindergärten beleuchtet. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.