Mit Axt und Weißwein durch die Krise
Vermutlich gibt es ihn ohnehin nicht, den besten Zeitpunkt, um verlasssen zu werden. Kurz vor der Silberhochzeit ist es jedenfalls bestimmt nicht ideal - vor allem, wenn der noch-Ehemann mit dem Vorschlag ...
Vermutlich gibt es ihn ohnehin nicht, den besten Zeitpunkt, um verlasssen zu werden. Kurz vor der Silberhochzeit ist es jedenfalls bestimmt nicht ideal - vor allem, wenn der noch-Ehemann mit dem Vorschlag kommt, die geplante Feier trotz Trennung durchzuführen, um die Familie - vorzugsweise seine eigene Mischpoche - nicht vor den Kopf zu stoßen. Dass die 48-jährige Diane vom künftigen Ex mit der Begründung konfrontiert wird, sie sei nun mal so furchtbar langweilig, macht die Sache nicht leichter. Plötzlich ist die Mutter dreier erwachsener Kinder - das Nesthäkchen ist gerade zum Studium ausgezogen - allein zu Haus. Und der Vater der drei Kinder startet in sein neues Leben mit einer 30-Jährigen.
Ist es unter diesen Umständen verständlich, dass Diane abwechselnd zu Weißwein oder einer Axt greift, um die Krise zu bewältigen? Erst das Ehebett zerlegt und dann weitere Teile, die sie an ihre gescheiterte Ehe erinnern? Dass die Trennung vom Mann auch die Trennung von den ungeliebten Teilen der angeheirateten Familie bedeutet, kann sie erst nach und nach positiv verbuchen - kein Pflicht-Babysitting für die Schwägerin mehr, die sich regelmäßig selbst verwirklichen will. Keine mühsame Freundlichkeit mehr im Umgang mit der Ex-Schwiegermutter, die nie akzeptiert hat, dass der älteste Enkelsohn schwul ist. Und Freundin Charlotte, die das Verlassenwerden zugunsten einer Jüngeren schon vor einer ganzen Weile durchlitten hat, ist gerne bereit, zu trösten und zu helfen.
Mit ihrem "Tagebuch einer furchtbar langweiligen Ehefrau" hat Marie-Renée Lavoie ein Thema gewählt, das für die reifere Leserinnen-Generation von Chicklit-Romanen ja nicht gänzlich neu ist. Zum einen womöglich aufgrund eigener Lebenserfahrung, sehr viel mehr aber, weil ja schon seit Jahren Variationen zu dem Thema erscheinen, mit ein bißchen Humor und Augenzwinkern und am Ende der voraussehbaren Wiederentdeckung der Heldin, meist mit einem neuen Mann an ihrer Seite.
Augenzwinkern und Humor fehlt auch hier nicht. Statt einer neuen Romanze gibt es Phantasien über den ansehnlichen Bürokollegen aus der Buchhaltung- aber der ist verheiratet. Der Hipster-Bauarbeiter aus der Nachbarschaft ist einfach nur hilfsbereit. Nicht jedes verlassene Schneewittchen wird von einem Prinzen wachgeküsst. Statt dessen kann frau beim Lesen über die mitunter bitterbösen Bewältigungsstrategien von Diane schmunzeln. Das Buch endet vielleicht nicht gerade romantisch, aber dennoch happy. Leichte Wohlfühllektüren zum Schmökern, vielleicht nicht gerade während der Planung einer Silberhochzeit.