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Veröffentlicht am 29.08.2020

Und niemand sagt mehr Kind zu mir

Sterben im Sommer
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Es ist der heiße Sommer 2018, der für die Ich-Erzählerin aus „Sterben im Sommer“ viele Tränen, Leid und Trauer bereit hält. Sie erlebt die letzten Tage an der Seite ihres Vaters, der seit Monaten gegen ...

Es ist der heiße Sommer 2018, der für die Ich-Erzählerin aus „Sterben im Sommer“ viele Tränen, Leid und Trauer bereit hält. Sie erlebt die letzten Tage an der Seite ihres Vaters, der seit Monaten gegen eine unheilbare Erkrankung kämpft. Es ist wie ein letztes Aufbäumen und alle Familienmitglieder klammern sich an eine vage Hoffnung, dass er doch noch weiter leben darf. Zsuzsa Bánk berichtet, wie sie an seinem Bett sitzt und die Vergangenheit Revue passieren lässt. Es sind die schönen Erinnerungen, welche ihr Trost und Zuversicht vermitteln. Doch, was bringt die Zukunft und wie erträgt die Mutter den Verlust?

„Weihnachtshaus“ war das erste Buch, welches ich von der Autorin las. Ich wusste also schon, worauf ich mich einlasse. Ihr Schreibstil ist nicht alltäglich und das macht ihre Romane für mich so lesenswert. „Sterben im Sommer“ ist ein sehr persönliches Buch. Die Eltern kamen im Jahr 1956 nach Deutschland und waren die erste Generation der Banks, die sich hier niederließen. Die Heimat Ungarn konnten sie erst nach einigen Jahren wiedersehen. Zsuzsa Bánk lässt viele Stunden der Vergangenheit, die sie mit dem Vater erleben durfte, noch einmal an ihrem inneren Auge vorbeigleiten. Sie hatte ein inniges Verhältnis zu ihm und die Sommertage am Balaton gehörten zu den schönsten Tagen ihres Lebens.

„Sterben im Sommer“ schildert die Zeit von der schmerzhaften Diagnose „Krebs“ bis zum Tod. Die Erschütterung, das Nichtwahrhabenwollen, die Verdrängung. Viele Sätze konnte ich doppelt unterstreichen und immer wieder denken: Ja, so war es bei mir auch. Die Gewissheit, die Eltern abgeben zu müssen und die nächste Generation zu sein, ist schwer auszuhalten. Niemand nennt einen mehr „Kind“ und wo soll man anrufen, wenn einem etwas ganz Tolles gelang? Die Zeit vor der Beerdigung und dann dieser Akt, es ist schwer aber auch ein wichtiger Teil des Abschiednehmens. Ich gebe fünf Sterne und empfehle das Buch allen, die ein Elternteil zu Grabe tragen mussten. Ja, ich denke, dass die hier niedergeschriebenen Gedanken Trost und Hilfe sein können. Zumindest helfen sie, dass sich der Blickwinkel ändert.

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Veröffentlicht am 24.08.2020

Ein gelungenes Debüt

Zugvögel
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Fanny ist die Hauptperson in „Zugvögel“. Sie liebt das Meer und die Vögel, welche hier leben. Sie beobachtet die Küstenseeschwalben in Grönland und beringt sie. Aus Sorge um die Tiere macht sie sich auf ...

Fanny ist die Hauptperson in „Zugvögel“. Sie liebt das Meer und die Vögel, welche hier leben. Sie beobachtet die Küstenseeschwalben in Grönland und beringt sie. Aus Sorge um die Tiere macht sie sich auf den Weg zu den Brutplätzen. Sie möchte sehen, ob diese Vögel tatsächlich vom Aussterben bedroht sind. Das ist ein waghalsiges Unterfangen, da sie auf ein Boot muss, das ihr kaum Sicherheit oder Komfort zu bieten hat. Gleichzeitig ist es aber auch ein Flucht. Fanny will nicht mehr denken und die Vergangenheit hinter sich lassen. Ob ihr das gelingt und wie sie die Gefahren der See meistert, das ist spannend und in lebendiger Sprache erzählt.

Am Anfang tat ich mich schwer mit dem Lesen von „Zugvögel“. Die Autorin wechselte immer wieder die Zeiten und Orte und das machte das lesen anstrengend. Aber ich blieb dabei und es lohnte sich. Je weiter ich las desto gefälliger wurde für mich das Buch. Ich lernte etwas über die Intelligenz von Krähen, dem Kipppunkt des Artensterbens und der Arbeit von Ornithologen. Aber auch die realistische Darstellung einer großen Liebe, die in keiner Weise das Ihre suchte, gefiel mir ausgesprochen gut.

Die Autorin Charlotte McConaghy wuchs in Australien auf und „Zugvögel“ ist ihr Debüt. Sie beobachtet die Auswirkungen des Klimawandels auf die Tierwelt und sieht mit Sorge, wie viele Arten vom Erdball verschwinden. Das gibt sie auch als Begründung für das Schreiben dieses Buches an. Diesem beeindruckenden und mitreißenden Werk gebe ich gerne fünf Sterne. Wer gute Literatur mag, der wird es gerne lesen.

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Veröffentlicht am 16.08.2020

Ein sehr guter historischer Roman

Hill House - Der Wind in den Lilien
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Während die beiden Freundinnen Alice und Rose in der Heimat den Krieg verfolgen, versorgt und tröstet Vera Lyttleton Verwundete und Sterbende. Sie arbeitet als Krankenschwester in einem Lazarett in Arras. ...

Während die beiden Freundinnen Alice und Rose in der Heimat den Krieg verfolgen, versorgt und tröstet Vera Lyttleton Verwundete und Sterbende. Sie arbeitet als Krankenschwester in einem Lazarett in Arras. Aber das ist noch nicht alles. Die schüchterne und introvertierte Frau arbeitet für den englischen Geheimdienst. Ihr Vorgesetzter, der Stabsarzt Redmond bittet sie, dass sie das Lazarett verlässt und nach Lille eilt, um dort einen Auftrag fürs Vaterland zu erledigen. Dort muss sie gefährliche Aufgaben bewältigen und häufig um ihr Leben bangen. Nicht nur die Tatsache, dass die Stadt von Deutschen besetzt ist, macht ihre Mission schwierig.

Auch der letzte Band der Geschichte über „Hill House“ hat mich überzeugt. Dieses Mal wird viel von Vera berichtet, da sie unmittelbar am Kriegsgeschehen beteiligt ist. Sie hat eine tolle Entwicklung mitgemacht und ist selbstbewusst geworden. Nichts mehr zu spüren von dem jungen Mädchen, das unter der Strenge des Vaters litt. Aber auch die Freundinnen wurden reifer und das schönste ist, dass die drei sich nicht aus den Augen verlieren. Sie haben Leid erlebt aber auch Freude und das schweißte sie zusammen.

Mir gefiel nicht nur die Erzählung über den Krieg und die Entwicklung von Alice, Rose und Vera. Viele Fakten des Ersten Weltkriegs und dessen Folgen verarbeitete die Autorin und so entstand ein guter historischer Roman. Der Abschluss ist ebenfalls gelungen und offene Fragen gibt es nicht. Fünf Sterne plus und eine Leseempfehlung gebe ich für dieses lesenswerte Buch.

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Veröffentlicht am 15.08.2020

Abschied von den drei Hebammen

Schicksalhafte Zeiten
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Auch im dritten und wohl auch letztem Buch der Serie begleitete ich Edith, Margot und Luise. Während Edith in der neutralen Schweiz Unterschlupf fand, leben Margot und Luise mitten im Kriegsgeschehen. ...

Auch im dritten und wohl auch letztem Buch der Serie begleitete ich Edith, Margot und Luise. Während Edith in der neutralen Schweiz Unterschlupf fand, leben Margot und Luise mitten im Kriegsgeschehen. Sie fürchten keine Gefahr und helfen den Ärmsten der Armen. Das imponierte mir und ein wenig traurig bin ich schon, allerdings finde ich es richtig, dass eine Serie nicht bis zur Unendlichkeit ausgelutscht wird.

Das Buch Schicksalhafte Zeiten ist viel mehr, als eine „Hebammensaga“. Es ist auch der Bericht von Bestimmungen der Nazis, die bis heute wohl kaum bekannt sind. Die Rede ist von einem Frauengefängnis und der Hinrichtung junger Mütter, deren „Verbrechen“ keine waren. Oder die Zwangssterilisation der Mädchen, die angeblich geistig behindert waren. Sollten sie schwanger sein, dann wurde das Kind aus dem Mutterleib gerissen und getötet. Die Autorin hat viel Recherchearbeit geleistet und das Ergebnis mit uns Lesern geteilt. Dafür danke ich ihr sehr, da es Mut beweist.

Jetzt nehme ich Abschied von den drei Hebammen, die viel Leid durchlebten. Aber auch Freude war dabei. Besonders die vielen Kinder, welche sie in die glücklichen Arme ihrer Mütter legen konnten, werden ihnen helfen, die Gräuel des Krieges zu vergessen. Fünf Sterne und eine Empfehlung gibt es von mir.

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Veröffentlicht am 11.08.2020

Kopfkino vom Feinsten

Die Dirigentin
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Wie selbstverständlich ist es für mich als Frau, dass ich jederzeit das lernen darf, wozu ich Lust habe. Ich kann Ärztin oder Musikdirektorin werden und niemand stört sich daran. Ganz anders war es noch ...

Wie selbstverständlich ist es für mich als Frau, dass ich jederzeit das lernen darf, wozu ich Lust habe. Ich kann Ärztin oder Musikdirektorin werden und niemand stört sich daran. Ganz anders war es noch am Anfang von 1900 bis weit in die Mitte des Jahrhunderts. Auch Antonia Brico wurden viele Steine in den Weg gelegt als sie den Wunsch äußerte, Dirigentin zu werden. Viele Orchester, ob in Europa oder den USA, wurden von Männern dominiert und diese wollten sich niemals den Anweisungen einer Frau unterordnen. Frau Brico lebte ihren Traum und dafür tat sie fast alles. Und sie schaffte es bis zu einem gewissen Grad. Denn, die Festanstellung blieb ihr verwehrt. Trotz vieler Rückschläge und Anfeindungen sowie Sexismus ließ sie sich niemals unterkriegen. Dabei half ihr unter anderem, dass sie immer wieder Unterstützer fand, die ihr sowohl moralisch als auch finanziell unter die Arme griffen.

Die Dirigentin von Maria Peters ist so lebendig geschrieben, dass bei mir das Kopfkino hervorragend funktionierte. Ich sah sie vor mir, die feisten und selbstgerechten Herren, die Frauen nur als Gebärende oder Hausmütterchen sehen wollten. Vielleicht hätte Antonia Brico es leichter gehabt, wenn sie auf Avancen der Mächtigen reagiert hätte. Sie blieb sich treu und das macht sie zu einem Vorbild, das auch heute noch als solches gesehen werden kann. Spannend ist das Buch ebenfalls und die Autorin vereinte Tatsachen und Fiktion sehr gekonnt und abwechslungsreich. Am Schluss von #DieDirigentin schrieb sie auf, welche Quellen sie nutzte um möglichst eine zumeist wahre Story zu schreiben. Fünf Sterne und eine Leseempfehlung gibt es von mir.

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