Der Funke Magie sprang nicht über
Die Ermordung des Commendatore Band 2„Im Leben gibt es einige Dinge, die man nicht erklären kann, und auch einige, die man nicht erklären sollte. Denn in den meisten Fällen geht dabei das Wichtigste verloren“, schreibt Murakami in „Die Ermordung ...
„Im Leben gibt es einige Dinge, die man nicht erklären kann, und auch einige, die man nicht erklären sollte. Denn in den meisten Fällen geht dabei das Wichtigste verloren“, schreibt Murakami in „Die Ermordung des Commendatore II“. Auch wenn ich das beim Lesen des Buches im Hinterkopf behalten hatte, so gelang es mir leider nicht, die Magie, die Murakamis Erzählweise noch im ersten Teil der Geschichte ausgelöst hatte, auch diesmal zu empfinden. Denn Murakami sprengt auch hier wieder die Grenzen zwischen Realität und Fantasie, gerät aber schnell in eine Richtung, die ich in weiten Teilen als zu abgedreht/ zu überdosiert empfinde. Zum Beispiel als der namenlose Maler in sein Unterbewusstsein – seine Abgründe – hinabsteigt. Von Murakami in der Form dargestellt, dass sich dem Protagonisten während eines Besuchs im Altenheim eine Luke im Boden öffnet (die eigentlich nicht existiert), durch die er in eine Unterwelt gelangt, und dort unter anderem mysteriösen Gestalten begegnet, einen geheimnisvollen Fluss überqueren und sich durch eigentlich nicht bezwingbare Höhlen kämpfen muss. Nur um dann in der rätselhaften Steinkammer in seinem Garten anzukommen (die schon während der gesamten Geschichte eine entscheidende Rolle spielt) und von seinem Nachbarn aus dieser befreit wird. Im Buch wird das alles noch viel verrückter dargestellt als es hier eh schon erscheint.
Doch nicht nur diese Passage wirft Fragen auf und hinterlässt Verwirrung. Eine weitere Stelle ist neben Maries Verschwinden (Wie tragen ihr tatsächlicher Aufenthaltsort und ihre Erlebnisse dort zum Fortgeschehen der Geschichte bei?) auch das plötzliche Ende der Geschichte. Für Murakami scheint der Weg das Ziel zu sein. Anders lässt sich der mehr als 900 Seiten andauernde Anlauf der Handlung, gefolgt von einem abrupten Ende voller offener Fragen, nicht erklären. So bleibt mir u.a. ein Rätsel, warum der Maler zum Teil wieder zu den von ihm zuvor so verhassten Verhaltensweisen zurückkehrt (z.B. das klassische Porträtmalen). Denn wirklich geläutert scheint er nach der Erfahrung in den Abgründen seines Unterbewusstseins auch nicht zu sein. Letztendlich bleibt er meist passiv, wie er es eh und je war, und nutzt seine Potenziale nicht.
Fasziniert war ich wieder von der Atmosphäre der Geschichte und der detaillierten Beschreibung von Person, Orten, Tätigkeiten etc. Wobei Murakamis Roman dadurch an manchen Stellen etwas langatmig erschien. Und auch diesmal schaffte es der Autor wieder, Spannung zu erzeugen, wo eigentlich keine ist. Wenn er dabei nicht, wie schon gesagt, über das Ziel hinausschoss… Hinzu kommt, dass ich in dieser Fortsetzung die Fixierung der 13-jährigen Marie auf ihre nicht vorhandene Oberweite, die immer und immer wieder zur Sprache gebracht wird, als störend und unpassend empfinde.
Wie ihr seht, konnte Murakami mich mit dem zweiten Teil seines Künstlerromans nicht überzeugen. Vielleicht bräuchte es eine weitere Fortsetzung (soweit ich weiß, ist diese nicht in Planung), um all die offenen Fragen und Verwirrung zu klären.