Der Roman "Jessicas Geist" ist ein Buch, welches sehr einfach geschrieben ist. Anfangs hatte ich mir ehrlicherweise nicht viel von dem Buch erhofft, da es eigentlich nicht meinen Kriterien entspricht, allerdings schien der Klappentext relativ interessant, also hatte ich beschlossen, das Buch zu lesen. Und ich habe es nicht bereut.
Schon auf den ersten zwei Seiten begegnet der Protagonist, Francis Meredith, dem Geist von Jessica, womit auch direkt deren Freundschaft beginnt. Die Sätze sind eher kurz, aber dafür verständlich gehalten, der Leser/die Leserin muss nicht lange darauf warten, bis ein Problem der Freunde gelöst oder bis eine Handlung erklärt wird. Es sind keine Fremdwörter, beziehungsweise Fachwörter vorhanden, die das Buch kompliziert oder anstrengend zu lesen machen, was dazu führt, dass es eine einfache aber dennoch moralisch starke Geschichte bleibt.
Wie schon vorher erwähnt, begegnet Jessica zuerst Francis, welcher mit ihr zusammen eher die Hauptrolle des Buches ist, obwohl der Leser/die Leserin das Buch aus der Sichtweise der dritten Person liest. Es dauert nicht allzu lange, bis zwei weitere Charaktere, zwei weitere Freunde, zu ihnen stoßen, nämlich Andi und Roland. Ganz lange bleibt unbekannt, warum Jessicas Geist nur von den drei Freunden gesehen wird und warum Jessica noch immer auf der Erde umher geistert, was genau genommen auch der Plot der Geschichte ist. Der Roman ist so aufgebaut, dass die vier sich erstmal zusammenfinden, sich anfreunden und gegenseitig unterstützen und sich dann erst wirklich mit der Frage auseinandersetzen, warum Jessica auch nach einem Jahr noch nicht erlöst wurde. Die Antwort dafür, leitet über zu einer sehr berührenden und leider traurigen Nachricht, die das Buch vermitteln möchte. Alle jugendlichen Hauptcharaktere haben eine Gemeinsamkeit, sie sind Außenseiter und wollen ihrem Leben ein Ende setzen und genau da, kommt Jessica ins Spiel. Ihre Aufgabe ist es, denen, die sie sehen, zu zeigen, dass das Leben doch noch einen Wert hat, weil sie diejenige ist, die schon an Selbstmord gestorben ist. Das ist nämlich die Wendung des Buches, die mich wirklich sehr positiv überrascht und beeindruckt hat.
Mir sind einige Sachen aufgefallen, die mich fasziniert und mitgerissen haben, unterdessen die Beschreibung von Depressionen, die in dem Buch von Roland kommt, als die Freunde den Grund für Jessicas Tod herausfinden. Die Vergleiche, die für die Gefühle während einer Depression verwendet werden, sind so präzise erläutert und gewissenhaft ausgewählt, sodass auch Menschen, die noch nie persönlich eine Erfahrung damit hatten, verstehen können, wie es ist, wenn man keinen Grund mehr sieht, am Leben zu bleiben oder alles nur noch in schwarz-weiß sieht.
Des Weiteren wird sehr deutlich, dass der Autor, Andrew Norriss, darauf plädiert, dass Menschen mit anderen Menschen über deren Gefühle reden sollten. Mit seinem Buch macht er den Lesern klar, dass es wichtig ist, sich Hilfe zu holen und, dass es immer jemanden gibt, der für einen da ist und einen liebt. Dass man sich nicht sein ganzes Leben so unerwünscht und einsam fühlen muss. Ich persönlich finde, dass er damit eine sehr aussagekräftige und wichtige Nachricht überbringt. Auch, dass ein Geist diese Nachricht indirekt verkörpert, hat eine gewisse, aber niederschlagende Moral, denn dies soll wohl zeigen, dass es für manche Menschen leider schon zu spät ist. Für viele gibt es noch Hoffnung und für viele gab es bereits ein trauriges Ende, aber es besteht immer die Möglichkeit, dass man jemandem helfen kann und auch sollte.
Es ist kein besonders dickes Buch, dennoch zeigt es, dass das Leben gar nicht mal so schlimm ist, wenn man die richtigen Menschen um sich hat.
Zum Ende des Buches stößt noch eine weitere wichtige Person zu den vier Freunden. Das ist der Part, der Höhepunkt des Buches, wo ich Gänsehaut und Tränen in den Augen bekommen habe. Es ist sehr berührend und ging mir während des Lesens wirklich nahe. Ich muss sagen, dass Andrew Norriss einfach unfassbar tolle Arbeit geleistet hat.
Mit dem Mindestalter, welches Rowohlt festgelegt hat, stimme ich vollkommen mit ein, da es keine extremen Stellen gibt und auf einem Niveau geschrieben ist, welches sehr leicht und pragmatisch gehalten wurde. Meiner Meinung nach, ist das Buch für jedem geeignet, der soziale und persönliche Themen, wie Mobbing, Gewalt, Gruppenzwang und Minderwertigkeitskomplexe unter Jugendlichen und deren Umgang damit, auf einfache Weise verstehen möchte.
Mein Fazit: Eine wundervolle, rührende Geschichte, die beweist wie stark Freundschaft wirklich sein kann und wie wichtig es ist, mit seinen Mitmenschen zu kommunizieren und Hilfe von ihnen anzunehmen.