Profilbild von Readaholic

Readaholic

Lesejury Star
offline

Readaholic ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Readaholic über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.09.2020

Familien sind wie Nougat – vorwiegend süß mit ein paar tauben Nüssen

Das Haus in der Claremont Street
0

Tom ist neun Jahre alt, als sein gewalttätiger Vater Toms Mutter Mona erschlägt und sich anschließend erschießt. Tom zieht sich vollkommen in sich selbst zurück und spricht nicht mehr. Das Leben erscheint ...

Tom ist neun Jahre alt, als sein gewalttätiger Vater Toms Mutter Mona erschlägt und sich anschließend erschießt. Tom zieht sich vollkommen in sich selbst zurück und spricht nicht mehr. Das Leben erscheint ihm sinnlos und er gibt sich eine Mitschuld am Tod der Mutter.
Zunächst lebt Tom bei der ältesten Schwester seiner Mutter, Sonya, und deren Mann Alex. Die beiden versuchen seit Jahren ein Kind zu bekommen und freuen sich zunächst über die Aufgabe, doch das Leben mit einem schwer traumatisierten Neunjährigen, der nicht spricht und Nacht für Nacht ins Bett macht, überfordert ihre Fähigkeiten und Tom zieht zu Sonyas jüngerer Schwester Rose in die Claremont Street. Das Leben dort könnte nicht unterschiedlicher sein zu dem, was Tom bei Sonya erlebte. Während dort Perfektionismus herrschte, lebt Rose im absoluten Chaos. Mit im Haus leben Nick, Roses 14jähriger Sohn, sowie Sonyas und Roses Bruder Will. Obwohl Tom sich in dieser Umgebung weitaus wohler fühlt, bleibt er stumm und beginnt sich selbst zu ritzen. Nach einer Reihe von Vorkommnissen beschließt das Jugendamt, dass es das Beste für Tom ist, in einer Pflegefamilie zu leben. Wieder wird der Junge aus seiner gewohnten Umgebung gerissen, doch nun erwacht der Kampfgeist der Schwestern. Sie beschließen, ihre eigenen Probleme und Differenzen beiseite zu legen und dafür zu kämpfen, dass Tom in ihre Familie zurückkehrt.
Wiebke von Carolsfeld zeichnet in diesem Roman das Bild einer Familie, die alles andere als perfekt ist. Nicht nur Tom ist traumatisiert, auch Monas Geschwister machen sich die größten Vorwürfe. Sie alle hatten bemerkt, dass Monas Ehe nicht glücklich war, doch beschlossen wegzuschauen. So unterschiedlich die Geschwister sind, so versucht doch jeder auf seine Art, Tom zu helfen und mit dem Verlust weiterzuleben. „Das Haus in der Claremont Street“ ist ein sehr berührender und eindringlicher Roman. Er schockiert und macht traurig, doch gibt auch Hoffnung. Ein Buch, das aus der Masse hervorsticht.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 05.08.2020

Hello Harkness, my old friend

Alter Hund, neue Tricks
0

Sean Duffy, Teilzeitpolizist in Carrickfergus, muss nur noch 6 Tage im Monat arbeiten und das nur noch zwei Jahre lang, bevor er pensioniert wird. Mit seiner Partnerin Beth und der gemeinsamen Tochter ...

Sean Duffy, Teilzeitpolizist in Carrickfergus, muss nur noch 6 Tage im Monat arbeiten und das nur noch zwei Jahre lang, bevor er pensioniert wird. Mit seiner Partnerin Beth und der gemeinsamen Tochter lebt er mittlerweile in Schottland und nimmt die Fähre zur Arbeit. Als am Ende eines Arbeitstags ein Toter aufgefunden wird und niemand anders den Fall übernehmen kann, willigt Duffy ein, diesen vermeintlich aus dem Ruder gelaufenen Autodiebstahl zu übernehmen. Doch die Dinge sind sehr viel komplizierter, als es zunächst scheint...
Es ist vielleicht nicht so schlau, mit Band 8 in eine Thriller-Reihe einzusteigen, aber obwohl ich Sean Duffy und seinen Kollegen Crabbie vorher nicht kannte, bin ich gut in die Geschichte hineingekommen. Der Schreibstil des Autors, gepaart mit seinem herrlich trockenen Humor haben mich von Anfang an begeistert. Die Schilderung der politischen Zustände im Belfast der 1990er Jahre sind packend und eindringlich. Ein wirklich lesenswerter und intelligenter Roman!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.06.2020

Vom Paradies in die Hölle

Die Perlenfarm
0

Die junge Kiona lebt auf der idyllischen Südseeinsel Manihiki, wo ihre Familie eine Perlenfarm betreibt und Kiona nach Perlen taucht. Eines Tages läuft ein Segelboot auf das Riff vor der Insel auf. Der ...

Die junge Kiona lebt auf der idyllischen Südseeinsel Manihiki, wo ihre Familie eine Perlenfarm betreibt und Kiona nach Perlen taucht. Eines Tages läuft ein Segelboot auf das Riff vor der Insel auf. Der einzige Passagier an Bord kann gerettet werden und wird von Kiona und ihrer Mutter gesund gepflegt. Der Schiffbrüchige, Erik Bergmann, kommt ursprünglich aus Schweden, war aber zuletzt als Banker in London tätig. Er ist auf der Flucht, vor wem oder was ist zunächst unklar.
Erik und Kiona verlieben sich ineinander und gründen eine Familie. Durch die Verkettung unglücklicher Umstände erscheint Eriks Name in der Inselzeitung, woraufhin seine Verfolger auf seinen Aufenthaltsort aufmerksam werden und ihn holen kommen. Erik bittet Kiona inständig, sich zu ihrem eigenen Schutz von ihm loszusagen, da sie und die gesamte Familie sonst ebenfalls in Gefahr geraten.
Doch Kiona will sich auf die Suche nach Erik machen. Sie lässt die Kinder in der Obhut der Familie zurück, verlässt ihr Inselparadies und fliegt zunächst nach Los Angeles. Naiv und weltfremd wie sie ist, wird sie gleich nach ihrer Ankunft ausgeraubt. Mittellos, verletzt und gestrandet in einer fremden Stadt, hat sie das Glück, auf Clay zu treffen, die sie gesund pflegt und bei sich wohnen lässt. Die Krankenschwester Clay hat noch andere Hilfsbedürftige unter ihre Fittiche genommen. Die Gruppe bildet eine wild zusammengewürfelte Wohngemeinschaft, die sich mit dem Verkauf von Zeitschriftenabos über Wasser hält. Doch auch dieses Arrangement ist nur von kurzer Dauer. Mit Clays Hilfe fliegt Kiona weiter nach London, um mehr über Eriks Bank und seinen momentanen Aufenthaltsort herauszufinden. Ihre abenteuerliche Reise führt sie weiter nach Schweden und Tansania...
Was als Südseemärchen beginnt, entwickelt sich schnell zu einem Thriller um die Machenschaften korrupter Politiker und skrupelloser Banker. Für mich ist „Die Perlenfarm“ ein Lesehighlight dieses Sommers. Ganz anders als die frühen Annika Bengtzon Romane der Autorin, aber absolut lesenswert!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.05.2020

Pandamonium

Pandatage
0

Seit Danny vor über einem Jahr seine Frau Liz und sein Sohn Will seine Mutter verloren haben, ist nichts mehr wie zuvor. Will saß bei dem Unfall, bei dem Liz ums Leben kam, mit im Auto und spricht seitdem ...

Seit Danny vor über einem Jahr seine Frau Liz und sein Sohn Will seine Mutter verloren haben, ist nichts mehr wie zuvor. Will saß bei dem Unfall, bei dem Liz ums Leben kam, mit im Auto und spricht seitdem nicht mehr. Danny versucht mehr schlecht als recht seinen Alltag zu meistern, indem er auf einer Baustelle schuftet, um Geld zu verdienen. Als er dann auch noch seine Stelle verliert und er mit der Miete in Rückstand ist, muss er sich etwas einfallen lassen, denn sein rabiater Vermieter droht damit, ihn auf die Straße zu setzen, nicht ohne zuvor seine Kniescheiben zertrümmert zu haben...
Als Danny die Straßenkünstler im Londoner Hyde Park beobachtet, kommt ihm eine Idee. Er kauft ein ziemlich heruntergekommenes Pandakostüm und versucht damit sein Glück im Park. Zunächst läuft das Geschäft nicht gerade gut, statt Geld nimmt Danny Zitronenbonbons und Kronkorken ein, doch dann läuft ihm die eigenwillige Krystal über den Weg, die fantastisch tanzen kann. Danny schafft es, sie dazu zu überreden, ihm Nachhilfe im Tanzen zu geben.
Wills Leben ist ebenfalls alles andere als leicht. In der Schule wird er gemobbt, sein Vater scheint sich nicht für ihn zu interessieren – er glaubt immer noch, ein Elfjähriger liebt Tapeten mit kleinen Lokomotiven – und er vermisst seine Mutter, die zugleich seine beste Freundin war, unendlich. Das Schicksal wendet sich, als Will im Park einen Panda kennenlernt. Mit ihm spricht Will plötzlich wieder und der Panda stellt sich als guter Zuhörer heraus...
„Pandatage“ erzählt eine sehr emotionale, aber nie kitschige Geschichte. Trotz des tragischen Hintergrunds sind viele Situationen urkomisch, ich habe mehr als einmal laut gelacht. Dazu kommt die wunderbare Erzählweise des Sprechers Hendrik Duryn. Eine ganz und gar wundervolle Vater-Sohn-Geschichte, die ich mit viel Vergnügen gehört habe!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 11.05.2020

Warmherziger Rückblick auf ein langes Leben

Wie uns die Liebe fand
0

In „Wie uns die Liebe fand“ erzählt die 92jährige Madame Nan, die ihr ganzes Leben im Dörfchen Bois-de-Val im Elsass verbracht hat, aus ihrem langen Leben. Dabei berichtet sie aus der grausamen Zeit des ...

In „Wie uns die Liebe fand“ erzählt die 92jährige Madame Nan, die ihr ganzes Leben im Dörfchen Bois-de-Val im Elsass verbracht hat, aus ihrem langen Leben. Dabei berichtet sie aus der grausamen Zeit des zweiten Weltkriegs, als Frauen, denen „horizontale Kollaboration“ vorgeworfen wurde, gedemütigt und anschließend aus dem Dorf vertrieben wurden. Ihr Mann Bernard wurde bei dem Versuch, die Grenze zur Schweiz zu überqueren, von deutschen Soldaten erschossen. So musste Madame Nan ihre vier Töchter allein großziehen. Aus allen ist etwas geworden, die beiden Ältesten leben inzwischen mit ihren Partnern bei Madame Nan.
Malou, Partner der ältesten Tochter Marie, rettet eines Tages den Besitzer der Dorfladens, Monsieur Boberschram, das Leben, zumindest sieht es Monsieur Boberschram so, woraufhin dieser beschließt, seinen Laden, der ihm ohnehin ein Klotz am Bein ist, der Familie von Madame Nan zu vermachen. Dies stellt einen Wendepunkt in ihrer aller Leben dar. Madame Nan und ihre Töchter und Schwiegersöhne stürzen sich mit Feuereifer auf die neue Aufgabe und verwandeln den heruntergekommenen, von Kakerlaken infizierten alten Laden in ein wahres Schmuckstück, das Besucher von nah und fern anzieht, nicht zuletzt aufgrund der Koch- und Backkünste Madame Nans . Dies ist erst recht der Fall, als Marie und Malou sogenannte „Liebesbomben“ herstellen, mit deren Hilfe man sich die Zuneigung der geliebten Person sichern kann. Obwohl zunächst Skepsis herrscht, zeigt der Erfolg der Bomben, dass sie wirken. Doch leider kann es dabei auch zu Pannen kommen, wie Madame Nan feststellen muss...
„Wie uns die Liebe fand“ ist ein ganz und gar wundervolles Buch, das mich hervorragend unterhalten hat. Ich habe des Öfteren während der Lektüre laut gelacht, zu komisch sind manche Beschreibungen. Doch geht das Buch, wie bereits erwähnt, auch auf dunklere Kapitel in der Geschichte des Elsass ein und verfügt über eine gehörige Portion an Spannung. Ein nettes Detail ist außerdem die Sammlung von Madame Nans elsässischen Rezepten am Ende des Buchs, das ich mit gutem Gewissen weiterempfehlen kann.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere