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Veröffentlicht am 05.09.2020

Mit Spaß und Fantasy zum Thema "Zeit"

Einstein
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Wie führt man Kinder spielerisch an das Phänomen Zeit heran? Das Problem der relativen Raum/Zeit-Theorie ist schon für Erwachsene nicht leicht zu begreifen. Da lässt Torben Kuhlmann eine kluge kleine Maus ...

Wie führt man Kinder spielerisch an das Phänomen Zeit heran? Das Problem der relativen Raum/Zeit-Theorie ist schon für Erwachsene nicht leicht zu begreifen. Da lässt Torben Kuhlmann eine kluge kleine Maus als Vermittlerin auftreten. Zu ihrem großen Pech hat diese das Schweizer Käsefest verpasst. Da sie dennoch auf die erhofften Leckerbissen nicht verzichten will, sinnt sie auf eine Möglichkeit, doch noch teilnehmen zu können - doch dazu müsste sie in der Zeit zurückreisen. Wie soll sie das anstellen? Kann eine solche Zeitreise überhaupt gelingen?
Mit ganz viel Hingabe an das Thema hat Torben Kuhlmann dieses Kinderbuch gestaltet. Bereits die Vorsatzblätter zeigen in zahlreichen, beinahe wissenschaftlich anmutenden Skizzen die Experimente des kleinen Protagonisten zur Konstruktion einer Zeitmaschine. Weiterhin geben großzügige, oft ganzseitige Bilder spezielle Eindrücke aus der Welt, in der die Maus sich bewegt. So können wir aus der „Mausperspektive" mit verfolgen, wie sie sich über Zeit und Zeitmessung informiert und welche Anstrengungen es unternimmt, um seinem Ziel näher zu kommen.
Kurze, klare Textpassagen erläutern - hübsch eingebettet in die vielen detailreichen Illustrationen - das fantasievolle Abenteuer. Humorvoll, in kindgerechter Sparche verfasst, aber auch nicht zu simpel, fügen sie sich harmonisch ein. Neben einer Kurzbiografie Albert Einsteins findet sich im Anhang auch ein Abschnitt über seine Relativitätstheorie, vom Autor gut erläutert und durch Illustrationen erhellt. Doch dieser Teil richtet sich vermutlich eher an die größeren bzw. erwachsenen (Vor-)Leser.
Mein Fazit: „Einstein" ist eine sehr liebevoll aufgemachte Lektüre, die nicht nur Kinder entzückt!

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Veröffentlicht am 01.08.2020

Evolutionäre Umbrüche

Warum es normal ist, dass die Welt untergeht
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Ganz bequem, wie von einem „Kinosessel in der Stratosphäre“ aus, verfolgen wir „einen Film, der die gesamte Menschheitsgeschichte“ zeigt - so führt uns Robert Kelly, Professor für Anthropologie in Wyoming, ...

Ganz bequem, wie von einem „Kinosessel in der Stratosphäre“ aus, verfolgen wir „einen Film, der die gesamte Menschheitsgeschichte“ zeigt - so führt uns Robert Kelly, Professor für Anthropologie in Wyoming, an das Thema seines Buches heran: wie sahen die Übergänge aus, an denen sich das Leben der Menschen von Grund auf verändert hat? Und was erwartet uns bei einem neuerlichen Umbruch?
Kellys Blick richtet sich auf die „Totale“; sehr gut verständlich und durchaus nachvollziehbar gelingt es ihm, seine Leser die menschliche Entwicklung als allmählichen, unaufhaltsamen Wandel im Ganzen sehen und damit „Muster in Raum und Zeit“ erkennen zu lassen. Knapp, aber eindringlich gibt er uns einen Überblick über die Menschheitsgeschichte, der den Zeitpunkt vom Auftreten der ersten Homininen bis heute umfasst. Wichtig ist ihm dabei, die diversen „Umbrüche“ deutlich zu machen, die stets zu einer Weiterentwicklung geführt haben. Es sind vier bedeutende: die (immer rasanter fortschreitende) Technologie, die ursprünglich mit Steinwerkzeugen begann; die Kultur mit all ihren Facetten; die Landwirtschaft und das Sesshaftwerden der Menschen und schließlich die Staatenbildung mit all ihren Vor- und Nachteilen, bis Kelly schließlich in der Gegenwart ankommt und die Frage stellt: was erwartet uns mit all unseren (selbst verursachten) Problemen? Wie beeinflussen Bevölkerungszunahme, Globalisierung, Aufrüstung, Pandemien, Klimawandel unsere Zukunft? Seine Erklärungsversuche, wie ein fünfter Umbruch aussehen könnte, beschwören kein Weltuntergangsszenario, sondern zeigen seinen Optimismus und Vertrauen in Vernunft und Lösungsstrategien des Menschen. Die Gegenwart nicht isoliert sehen: ganz der Blick des Archäologen, dessen Zeithorizont keine Grenzen kennt. Mit Humor und Einfühlungsvermögen schafft er es spielend, dem Leser einmal eine andere, vielleicht ungewohnte Perspektive auf sein Leben zu geben.

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Veröffentlicht am 11.07.2020

Ein Gute-Laune-Buch

Storm und der große Fußballsturm
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Ihr wollt wissen, wer das Fußballspiel erfunden hat? Daran hat ein kleiner Junge namens Storm einen großen Anteil. Als Klosterschüler von der großen Insel England geflüchtet, ist er in Reydarfjordurthoft ...

Ihr wollt wissen, wer das Fußballspiel erfunden hat? Daran hat ein kleiner Junge namens Storm einen großen Anteil. Als Klosterschüler von der großen Insel England geflüchtet, ist er in Reydarfjordurthoft gelandet, wo er als Sklave bei den Wikingern arbeiten muss. Doch mit der Hilfe neuer Freunde und des Fußballspiels hat er seine Stellung erheblich verbessern und sogar die nordischen Götter Odin und Thor davon begeistern können. Auf göttliches Geheiß soll er nun dieses Spiel überall verbreiten. Doch sein Rivale Elmar verfolgt einen finsteren Plan, und Storm landet schneller auf der Insel Britannien, als er eigentlich vorhatte…
Wieder einmal werden wir Zeugen eines Abenteuers des ideenreichen jungen Storm, dessen liebenswertes und warmherziges Wesen jeden Leser für ihn einnimmt.
Spannend und temporeich liest sich Jan Bircks Geschichte, wobei immer wieder humorvolle Passagen zum Lachen reizen. In moderner kindgerechter Sprache schildert er, dass auch wilde kriegerische Wikinger sich von Gefühlen leiten lassen, wenn es auch meistens recht turbulent zugeht. Und wir lernen nicht nur, dass ein Wikingeransturm ohne Blutvergießen verlaufen und eine Auseinandersetzung schließlich „spielerisch“ mit einem Wettkampf geklärt werden kann, sondern auch, wie die Abseitsregel beim Fußball und das Pokalspiel entstanden sind.
Wie schon in den zuvor erschienenen Bänden um Storm und seine Abenteuer unterstreichen zahlreiche in den Text integrierte großzügige Illustrationen mit vielen witzigen Details Bircks Erzählung und sorgen für zusätzlichen Spaß.
Ob zum Vor- oder Selberlesen: „Storm“ ist ein Gute-Laune-Buch, das ich nur jedem wärmstens empfehlen kann.


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Veröffentlicht am 11.06.2020

Klug und nachdenklich

Der Leopard
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„Ich bin jetzt dreiundsiebzig Jahre alt, gelebt habe ich davon … zwei, höchstens drei Jahre…“
Ein ernüchterndes Resumé, das Fabrizio, Protagonist des Romans, am Ende seines Lebens zieht. Fürst Fabrizio ...

„Ich bin jetzt dreiundsiebzig Jahre alt, gelebt habe ich davon … zwei, höchstens drei Jahre…“
Ein ernüchterndes Resumé, das Fabrizio, Protagonist des Romans, am Ende seines Lebens zieht. Fürst Fabrizio betrachtet sein Dasein als Anghöriger des Adelsgeschlechts Salina im Königreich Sizilien äußerst kritisch. Einerseits den Traditionen seiner adligen Vorfahren verbunden, liebt er es auf der anderen Seite besonders, sich mit Naturwissenschaften wie Mathematik und Astronomie zu beschäftigen, was allein ihm sinnvoll erscheint. Als engagierter Beobachter seiner Umgebung kommentiert er die Anstrengungen seiner Mitmenschen, die nach höheren gesellschaftlichen Positionen, Reichtum oder Einfluss streben. Aus der (Ein-)Sicht des Fürsten scheint ihr Streben sinnlos, wenn man es in dem größeren Zusammenhang zur geschichtlichen Entwicklung betrachtet. Giuseppe Tomasi di Lampedusa (1896-1957) lässt auf kluge und humorvolle Weise den Leser teilhaben am Leben Salinas und seiner Familie und den Ereignissen der Jahrzehnte zwischen den Frühsommern 1860 und 1919. Kritisch betrachtet er ihr Dasein vor dem historischen gesellschaftlichen Hintergrund und den grundlegenden politischen Veränderungen jener Zeit. Salina selbst kommentiert die Geschehnisse in seinen Gedanken, manchmal (selbst)kritisch, oft ironisch. Es scheint fast, als sei Fürst Fabrizio das Alter Ego Lampedusas, der ebenfalls aus einem alten Adelsgeschlecht stammt.
Zu Lebzeiten des Schriftstellers wurde der Roman von den Verlagen abgelehnt; erst im Jahr 1958 nach seinem Tod konnte er in Italien erscheinen. Bei allem Humor, den der Leser hier spürt, lässt er ihn doch nachdenklich zurück.

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Veröffentlicht am 24.05.2020

Eindringlich

Ich bleibe hier
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Überaus prägnant gibt bereits das Buchcover einen Eindruck zum Romaninhalt: es zeigt den Kirchturm des ehemaligen Dorfes Graun, der aus dem Wasser des Reschensees ragt. Marco Balzano erzählt die Geschichte ...

Überaus prägnant gibt bereits das Buchcover einen Eindruck zum Romaninhalt: es zeigt den Kirchturm des ehemaligen Dorfes Graun, der aus dem Wasser des Reschensees ragt. Marco Balzano erzählt die Geschichte dieses Südtiroler Ortes und wie es dazu kam, dass er gegen den Willen seiner Bewohner geflutet wurde und in einem Stausee versank. Hierbei mischt er Fiktion und Tatsachen auf unterhaltsame Weise. Die historischen Fakten von Planung und Ausführung des Stauvorhabens verwebt er gekonnt mit der ganz persönlichen Lebensgeschichte von Trina und ihrer Familie. Aus ihrer Sicht erlebt der Leser ein halbes Jahrhundert Südtiroler Geschichte mit und spürt, wie sie sich auf das Schicksal der Einwohner ausgewirkt hat. Unaufdringlich, aber durchaus eindrucksvoll lässt Balzano uns an Trinas Seite die einschneidenden Konsequenzen miterleben, welche die häufigen politischen Veränderungen und neuen Grenzziehungen für die Bevölkerung des Vinschgau mit sich brachten.
Während Trina und ihr Ehemann Erich sich mit dem Dorf Graun und seinem Los verbunden fühlen und für seinen Fortbestand kämpfen, ziehen andere Einwohner entmutigt fort. Auch Trinas geliebte Tochter sieht keine Zukunft in ihrer Heimat und verlässt heimlich ihre Familie. So gestaltet der Autor Trinas Erzählung als Bericht an Marica, eine Art Erbe an ihre verschollene Tochter, wobei er sich einer bodenständigen, schlichten Sprache bedient, wie sie zu den Dorfbewohnern passt.
Obwohl die Unterdrückung und Missachtung von Rechten der Südtiroler Bevölkerung zugunsten politischer und wirtschaftlicher Interessen einzelner Gruppen Thema des Romans ist, verfällt der Autor weder in einen klagenden noch kämpferischen Ton. Sein Stil bleibt ruhig, authentisch, und vielleicht gerade darum wirkt seine Geschichte so eindringlich.

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