Cover-Bild Herzklappen von Johnson & Johnson
10,99
inkl. MwSt
  • Verlag: Suhrkamp
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: Generationenroman
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Ersterscheinung: 17.02.2020
  • ISBN: 9783518764640
Valerie Fritsch

Herzklappen von Johnson & Johnson

Roman

Wie wird ein Kind zu einem mitfühlenden sozialen Wesen, wenn es die Verwundbarkeit nicht kennt? Wenn es nicht versteht, wie sehr etwas wehtun kann? In eindringlichen Bildern erzählt Valerie Fritsch von einem Trauma, das über die Generationen weiterwirkt.

Alma und Friedrich bekommen ein Kind, das keinen Schmerz empfinden kann. In ständiger Sorge um ihren Jungen kontrolliert Alma unaufhörlich seine körperliche Unversehrtheit. Halt findet Alma bei ihrer hochbetagten Großmutter, die nach lebenslangem Schweigen zu erzählen beginnt: vom Krieg, von Flucht, Hunger und Entbehrungen. Mit dem Kind auf dem Schoß, das keinen Schmerz kennt, sitzt Alma am Bett der alten Frau, die sich nichts mehr wünscht, als ihren Schmerz zu überwinden. Und in den Geschichten der Großmutter findet sie eine Erklärung für jene Gefühle der Schuld, der Ohnmacht und der Verlorenheit, die sie ihr Leben lang begleiten.

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Lesejury-Facts

  • Dieses Buch befindet sich bei Sadie in einem Regal.
  • Sadie hat dieses Buch gelesen.

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.09.2020

Almas Familie

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Die Schriftstellerin Valerie Fritsch hat einen beschwingten Schreibstil.
Für den Roman Herzklappen von Johnson & Johnson, fällt es mir schwer eine Rezension zu schreiben. Erstmal gefällt mir der Titel ...


Die Schriftstellerin Valerie Fritsch hat einen beschwingten Schreibstil.
Für den Roman Herzklappen von Johnson & Johnson, fällt es mir schwer eine Rezension zu schreiben. Erstmal gefällt mir der Titel nicht so. Nach dem Klappentext hatte ich etwas anderes erwartet.
In diesem Roman gibt es für mich nur deprimierende Figuren. In der Familie Almas, der Protagonistin gibt es keine Fröhlichkeit. Gut, ab und zu ist die Großmutter zufrieden, aber nicht wirklich glücklich.
Dann bekommt Alma auch noch ein Kind, das keinen Schmerz empfindet. Emil schafft es aber seine Kindheit zu überleben. Das ist gut nachvollziehbar erzählt.
Der Roman ist trotzdem gut lesbar und interessant.
Das Buch hat einen literarischen Text.





Veröffentlicht am 04.09.2020

Viel versprechender Beginn, dann verliert es sich

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Ach schade, das war nicht wirklich ein Buch für mich. Dabei hat es durchaus ansprechend angefangen und ist auch grundsätzlich recht schön, im Sinne von fast poetisch geschrieben - das hat mich dann aber ...

Ach schade, das war nicht wirklich ein Buch für mich. Dabei hat es durchaus ansprechend angefangen und ist auch grundsätzlich recht schön, im Sinne von fast poetisch geschrieben - das hat mich dann aber letztlich doch eher unbefriedigt zurückgelassen, mehr dazu gleich.

Zunächst einmal dies: Das Buch ist leider ein klarer Fall von fehl geleitetem Marketing. Der Klappentext spiegelt die hauptsächliche Thematik eher unzureichend wieder und führt diejenigen, die an dem dort im Mittelpunkt stehenden Thema interessiert sind, in eine frustrierende Irre. Für mich fließt das nicht direkt in meine Bewertung ein, da ich keine besondere Erwartung hatte, Klappentext hin oder her - zumal die Autorin nichts dafür kann. Dennoch hat es meine mit jeder Seite wachsende Verwirrung nicht wirklich reduziert.

Beherrschendes Thema ist der Umgang und das Leben mit Schuld. Im Mittelpunkt stehen Alma, ihre Lebensgeschichte (vom Kindesalter bis zur Mutterschaft) und Beziehungen. Wir erfahren einiges über ihre Kindheit, etwas über ihre Eltern, am meisten aber über ihre Großeltern. Abwechselnd werden Opa und Oma, deren persönliche Schicksale und die wechselnde bzw. wachsende Beziehung zu Alma beleuchtet.

Der Opa, der als junger Mann im Zweiten Weltkrieg kämpfte, dabei viel Schuld auf sich lud, in Kriegsgefangenschaft geriet und als Mann heimkehrte, dessen "Nachher" von eben jenen Faktoren und Erlebnissen geprägt wurde. Die Oma als seine Konstante, die die "Vorher"-Version ihres Mannes nie kennengelernt hat. Valerie Fritsch beschreibt die Gräuel des Krieges und ihre (Spät)folgen. Dieser Teil - gerade die Kontraste der kleinen Alma, die aus dem schweigsamen Opa nicht schlau wird, mit der großen Alma, die sich den Großeltern mit Wissen und Verständnis neu annähert, hat mir gefallen. Geschickt spielt Valerie Fritsch mit Selbst- und Fremdbild und wie sich diese durch Erfahrungen ändern - garniert mit wirklich tollen Sätzen wir zum Beispiel: "Wie alle wollten sie [die Eltern] anders sein als die eigenen Eltern, aber später Kinder haben, die waren wie sie.". So gut, so wahr.

Spätestens, als die Erzählung mehr in die Gegenwart schwenkte und die stets von der Vergangenheit der Geschichte geprägten Großelterngefilde verlässt, fing irgendetwas an, mich zu stören. Alma lernt ihren späteren Mann kennen, sie bekommen einen Sohn (jenen schmerzunempfindlichen Emil)... und dann fiel es mir auf: Hier passte die Erzählung für mich nicht (mehr). Das gesamte Buch kommt komplett ohne Dialoge aus, es findet sich keine einzige direkte und auch kaum indirekte Rede. Alles wird beschrieben, bis ins kleinste Detail, doch mir fehlte die direkte Interaktion, die Kommunikation zwischen den Figuren. Die "neuen" Verbindungen blieben für mich kalt, blass, unnahbar. Was bei den wie Rückblenden wirkenden Passagen gut funktioniert hatte, ja, mir dort nicht mal auffiel, störe mich umso mehr im späteren Teil.

Hinzu kam, dass die Geschichte ca. ab der Hälfte einen Bruch vollzieht und die zweite Hälfte - in der Alma mit ihrer Familie nach Kasachstan reist, um der Vergangenheit des Opas (der einst dort im Einsatz und in Kriegsgefangenschaft war) zu folgen, sich sehr gezogen hat. Da stimme die Gewichtung der Erzählstränge für mich überhaupt nicht mehr. Alma hält die Geschichte(n) zusammen, gleichzeitig fungiert ihr Sohn, der keinen Schmerz empfinden kann, als eine Art Klammer bzw. Spiegelung der "Stumpfheit" des Großvaters. Auch das ging alles nicht so richtig für mich auf. Das Thema postnatale Depression wurde auch noch für ein paar Seiten eingestreut - nun ist das Buch allgemein nicht wirklich lang, aber weniger wäre hier und da vielleicht (noch) mehr gewesen.

Allgemein hinterließ das alles einen sehr unausgegorenen Eindruck bei mir, schade und enttäuschend nach dem viel versprechenden Beginn.