Cover-Bild Der verlorene Sohn
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22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Aufbau
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: historischer Roman
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 383
  • Ersterscheinung: 07.09.2020
  • ISBN: 9783351037833
Olga Grjasnowa

Der verlorene Sohn

Roman

»So sinnlich und anschaulich wie Olga Grjasnowa schreiben auf Deutsch nur wenige.« DER SPIEGEL. Akhulgo, Nordkaukasus, 1839: Jamalludin wächst als Sohn eines mächtigen Imams auf. Seit Jahrzehnten tobt der Kaukasische Krieg, und sein Vater wird von der russischen Armee immer mehr bedrängt. Schließlich muss er seinen Sohn als Geisel geben, um die Verhandlungen mit dem Feind aufzunehmen, und Jamalludin wird an den Hof des Zaren nach St. Petersburg gebracht. Bald schon ist der Junge hin - und hergerissen zwischen der Sehnsucht nach seiner Familie und den verlockenden Möglich keiten, die sich ihm in der prächtigen Welt des Zaren bieten. Olga Grjasnowa erzählt sprachmächtig von einem Kind, das zwischen zwei Kulturen und zwei Religionen steht und seine Identität finden muss. Und von der verheerenden Wirkung eines Krieges, in dem es keine Sieger geben kann. »Olga Grjasnowa ist eine vielbeachtete Stimme ihrer Generation.« NDR

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 11.09.2020

Verlust der eigenen Identität

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Olga Grjasnowa begibt sich in ihrem neuen Roman „Der verlorene Sohn“ in ferne Welten: Jamalludin ist Sohn eines kaukasischen Herrschers. Als der Krieg gegen Russland verloren scheint, wird Jamalludin zum ...

Olga Grjasnowa begibt sich in ihrem neuen Roman „Der verlorene Sohn“ in ferne Welten: Jamalludin ist Sohn eines kaukasischen Herrschers. Als der Krieg gegen Russland verloren scheint, wird Jamalludin zum Spielball der Mächte: Der Zar lässt das Kind im Sommer 1839 nach St. Petersburg verschleppen, wo er am Hof des russischen Zaren aufwächst.

Die Absicht des Zaren ist klar: er will später in Jamalludin einen treuen Vasallen als kaukasischer Herrscher haben. Jamalludin wächst in einer russischen Familie auf, ohne Kontakt zu seiner echten Familie. Er schlägt schließlich sogar eine militärische Laufbahn ein – wohl wissend, dass er eines Tages gegen das russische Militär in den Krieg ziehen könnte.

Jamalludin, selbst Muslim, wächst in einer ganz anderen Kultur auf als die eigene. Nach Jahren rechnet er gar nicht mehr damit, jemals wieder nachhause zu kommen, verlobt sich sogar mit einer Russin. Doch sein Vater, Schamil, kann seine Freilassung vom Zaren erpressen. Wieder zuhause, in seiner Familie, wird er mit Argusaugen beobachtet. Man traut ihm nicht über den Weg, er muss noch beweisen, ob er einer der Ihrigen ist. Denn: „Ihre Vertrautheit lag zu lange zurück und sie wussten nicht, wie sie an die Vergangenheit anknüpfen sollten.“

So hat Olga Grjasnowa einen Roman verfasst, der den Verlust der eigenen Identität thematisiert, ohne auf eine starke erzählerische Entfaltung zu verzichten. Denn Jamalludin erweist sich unter anderem als ein genauer Beobachter der russischen Verhältnisse, der Unzufriedenheit in der Bevölkerung und des Arrangements der Macht am Ende des Zarenreichs.

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Veröffentlicht am 07.09.2020

Tief abtauchen

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Beim Lesen von Olga Grjasnowas großartigen, neuen Roman „Der verlorene Sohn“ habe ich mir keine Gedanken gemacht, was ich schlaues als Rezension schreiben kann. Dazu war keine Zeit, da ich ganz und gar ...

Beim Lesen von Olga Grjasnowas großartigen, neuen Roman „Der verlorene Sohn“ habe ich mir keine Gedanken gemacht, was ich schlaues als Rezension schreiben kann. Dazu war keine Zeit, da ich ganz und gar in die Handlung und ins 19.Jahrhundert in Russland und im Nordkaukasus versunken war.
Man erlebt Jamalludins Entwicklung von Ende der 30ziger bis Ende der 50ziger Jahre des 19.Jahrhunderts mit. Seine kurze Kindheit bei seiner Familie als Sohn eines Imams, dann jahrelang als Geisel in Russland, wo er aber auch eine hochwertige Offiziersausbildung erhält, bis er schließlich nach 15 Jahren zurückkehrt. Aber das wird eine schwierige Heimkehr, zu sehr wurde er inzwischen von dem moderneren Russland geprägt. Diese Wandel von einer Welt in die andere und zurück, bewirken etwas bei einem Menschen.
Zudem kommen andauernde Konflikte, denn die anfangs erhoffte Annäherung scheitert, weil die Führer zu sehr Hardliner sind.
Eigentlich ist der Roman nicht so kurz, aber ich habe ihn innerhalb einiger intensiver Lesestunden gelesen. Diesem Roman wünsche ich so viel Erfolg wie möglich!

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Veröffentlicht am 29.10.2020

Aufwachsen in einer fremden Welt

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Im Jahr 1838 wird Jamalludin als Geisel aus der Obhut seiner Familie gerissen. Der Grund liegt in der lang währenden Auseinandersetzung zwischen Russen und Awaren, der Kaukasische Krieg. Dem Jungen wird ...

Im Jahr 1838 wird Jamalludin als Geisel aus der Obhut seiner Familie gerissen. Der Grund liegt in der lang währenden Auseinandersetzung zwischen Russen und Awaren, der Kaukasische Krieg. Dem Jungen wird gesagt, dass es nur wenige Tage oder Wochen dauert, bis er wieder bei seinen Eltern und den Geschwistern sein darf. Jedoch kommt es ganz anders. Jamalludin kommt zum Hof des Zaren und lernt hier eine völlig neue „Welt“ kennen. Voller Luxus und Angeboten zum Lernen und zur Freizeitgestaltung zeigen der Zar und seine Frau, was er verpasst hätte, wäre er im Kaukasus geblieben. Also, ist die Entführung ein Segen für den Jungen?

„Der verlorene Sohn“ ist nicht das erste Buch, welches ich von Olga Grjasnowa las. Neben ihrem Debüt „Der Russe ist einer der Birken liebt“ gefiel mir auch „Gott ist nicht schüchtern“ sehr gut. Frau Grjasnowa wurde in Armenien geboren und weiß sehr gut, wovon sie schreibt. Für mich ist aber auch klar, dass hier einige allgemeine Vorstellungen bedient werden. Prachtvolle Bälle auf der einen und Misshandlungen von Familienmitgliedern auf der anderen Seite gehören dazu. Auch die Ermordung eines unerwünschten Kindes, weil es genug „Mäuler zu stopfen“ gilt. Will sagen, dass Frau Grjasnowa in diesem Buch nicht ihre Ansicht über die Russen verbergen kann (will?).

Dennoch, wer sich nicht nur auf die Ausführungen des Buches verlässt und ein wenig tiefer forscht, der hat eine perfekt Grundlage, in die Geschichte der Awaren einzutauchen. Das Ende gefiel mir nicht und es bleiben einige Fragen offen. Trotzdem empfehle ich das Buch. Die klare und erzählende Sprache der Autorin sowie ihre lebhafte Beschreibung von Land und Leuten, lassen eindrückliche Bilder entstehen.

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Veröffentlicht am 20.09.2020

Der verlorene Sohn

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Im Jahr 1838 wird Jamalludin der Sohn eines mächtigen Imans als Geisel an den russischen Zaren gegeben. Am Hof des Zaren in St Petersburg erwartet ihn eine völlig neue Welt. Der Junge ist auf der einen ...

Im Jahr 1838 wird Jamalludin der Sohn eines mächtigen Imans als Geisel an den russischen Zaren gegeben. Am Hof des Zaren in St Petersburg erwartet ihn eine völlig neue Welt. Der Junge ist auf der einen Seite fasziniert von der schillernden Welt die er hier erlebt, auf der anderen Seite vermisst er seine Familie.

Die Autorin erzählt eine mitreißende Geschichte, die dem Leser sehr eindrucksvoll Einblicke in das Leben der russischen Adeligen gibt. Es ist spannend diese Welt mit den Augen eines Heranwachsenden zu sehen, der in einer völlig anderen Welt aufgewachsen ist. Vor dem inneren Augen erwachen Kadettenanstalten genauso wie Tanzsäle und der Zarenpalast zum Leben. Wir erleben Vorurteile gegen das Fremde, aber auch Freundschaft und Liebe.

Jamalludin ist ein interessanter Charakter, mit dem man gerne durch die Geschichte geht und der einen Einblicke in seine Gedankenwelt und sein Leben gibt.
Absolut lesenswert uns authentisch.

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Veröffentlicht am 12.09.2021

Ein historischer Roman abseits der üblichen Schauplätze

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Olga Grjasnowa erzählt in ihrem Roman „Der verlorene Sohn“ die Geschichte von Jamalludin, der als Sohn des Imams im Krieg der Awaren gegen die Russen als Geisel ausgetauscht wird.

1839, Akhulgo, Nordkaukasus: ...

Olga Grjasnowa erzählt in ihrem Roman „Der verlorene Sohn“ die Geschichte von Jamalludin, der als Sohn des Imams im Krieg der Awaren gegen die Russen als Geisel ausgetauscht wird.

1839, Akhulgo, Nordkaukasus: Jamalludin ist der Sohn des mächtigen Imams Schamil und als dieser ist er ein wichtiger Pfand im Kaukasischen Krieg , der schon seit Jahrzehnten tobt und viele Opfer fordert. Als Schamil immer mehr bedrängt wird, muss er seinen Sohn als Geisel an die russische Armee übergeben. Was eigentlich nur als Lösung für wenige Tage und Wochen gedacht ist, wird zu Monaten und Jahren, in denen Jamalludin beim Feind aufwächst. Er wird nach St. Petersburg gebracht, genießt dort die beste Bildung und ist bald schon hin- und hergerissen zwischen den glanzvollen Leben im Zarenreich und seinem alten Leben in den kargen Bergen des Nordkaukasus. Was macht es mit einem Kind, wenn es aus seinem gewohnten Umfeld gerissen wird? Und wie findet man seine eigene Identität, wenn dies passiert?

Dieses Buch ist eine Leseempfehlung von Nadine/Histolicious, dass ich mir dieses Jahr zum Geburtstag habe schenken lassen. Der Klappentext klang interessant und Russland und der Kaukasus sind nicht die typischen Handlungsorte in historischen Romanen.
Der Schreibstil konnte mich sofort in seinen Bann ziehen. Wir sind ganz nah an Jamalludin dran, dennoch wird die Geschichte nicht von ihm direkt erzählt, sondern wir haben einen allwissenden Erzähler, der uns auch Hintergrundinfos zu seiner Familie und dem Krieg im Kaukasus liefert. Die Geschichte wird sehr ruhig erzählt, ohne große Spannungsmomente und wir sind Zeugen der Ereignisse, bekommen aber zusätzlich etwas von seinen Gedanken und Gefühlen mit.
Es ist viel Wissen in diesen Roman eingeflossen. Wir erfahren etwas zu den politischen Verhältnissen und Konflikten jener Zeit, sind am Hof des Zaren, in russischen Akademien, in unterschiedlichen Provinzen des Zarenreiches oder auch in Ländern des russischen Protektorats. Immer an der Seite von Jamalludin, dem als Gefangener im russischen Reich eine umfassende Bildung zuteil wird, die auch vor militärischem Wissen nicht Halt macht. Er wird im Zarenreich zum Erwachsenen, findet dort Freunde, nimmt an Militärparaden und Bällen des Zaren teil, erlebt den Glanz von St. Petersburg und lernt eine vollkommen neue Kultur kennen, die ihm anfangs zwar fremd ist, die aber auch viel zu bieten hat. Das Leben im russischen Zarenreich hat einen deutlich größeren Anteil als das karge Leben in den Bergen des Kaukasus, aber auch hier bekommen wir zumindest einen kleinen Einblick. Der Kontrast zwischen diesen beiden Welten könnte nicht stärker sein, gerade auch in Hinsicht auf die Religion, den Islam, der bei den Awaren eine zentrale Rolle spielt und das Denken und Handeln deutlich beeinflusst.
Jamalludin ist die zentrale Figur in diesem Roman. Wir erleben die Geschichte zwar nicht aus seiner Sicht, aber mit ihm und haben Einblick in seinen Zwiespalt, der über die Jahre unterschiedlich ausgeprägt ist. Das hat mir insgesamt gut gefallen und war gut dargestellt, dennoch hat mir irgendwas gefehlt, um komplett mit ihm mitzufühlen. Ich hatte eine gewisse Distanz, so dass ich die Ereignisse und seine Gefühle recht nüchtern betrachten konnte.
Sehr interessant gelöst, fand ich die Darstellung von Antisemitismus in diesem Roman. Antisemitismus war im russischen Zarenreich ein recht präsentes Thema und es war eine vollkommen neue Perspektive für mich, das von außen betrachtet aus der Sicht einer Geisel, die selber komplett aus seinem ursprünglichen Umfeld gerissen wurde, zu betrachten.
Ein Nachwort sucht man in diesem Roman vergeblich, am Anfang des Buches gibt es den Hinweis, dass dieser Roman auf historischen Fakten beruht, einiges allerdings auch erfunden wurde, wenn es der Struktur des Romanes diente. Ein Literaturverzeichnis am Ende des Buches gibt einen Überblick über das Recherchematerial zu den unterschiedlichen Themen im Buch. Zu Jamalludin selber konnte ich nichts im Internet finden, sondern nur zu seinem Vater, daher glaube ich das hier auch recht viel frei erzählt werden konnte, dennoch sind hier sicher viele Informationen eingeflossen, wie Geiseln im Zarenreich behandelt worden sind und so wirkt die Geschichte insgesamt schlüssig auf mich.

Fazit: Ein Roman abseits der üblichen Schauplätze des historischen Romanes, der mit seiner Perspektive überzeugen kann, aber in gewisser Weise dennoch distanziert bleibt. Das Prunk des russischen Zarenreichs trifft hier auf die karge Welt des kaukasischen Gebirge und zeigt die Geschichte eines Jungen, der in beiden Kulturen aufwächst und seinen Weg finden muss. Empfehlenswert für Menschen, die ruhige Geschichten mögen und neue Perspektiven entdecken möchten.