Ein Buch mit Nachhall
Seelen unter dem Eis„Seelen unter dem Eis“ war mein erstes Buch von Astrid Korten und ich sage euch direkt: Es wird nicht mein Letztes sein.
Die Geschichte wird aus der Sicht von Tom Döbbe geschildert, der im Todestrakt ...
„Seelen unter dem Eis“ war mein erstes Buch von Astrid Korten und ich sage euch direkt: Es wird nicht mein Letztes sein.
Die Geschichte wird aus der Sicht von Tom Döbbe geschildert, der im Todestrakt eines US-amerikanischen Gefängnisses sitzt. Nach und nach gibt Tom preis, wie es dazu kommen konnte. Sein fast perfektes Leben wurde auf den Kopf gestellt, als er eine Affäre mit seiner Studentin Amal beginnt. Amal ist mittlerweile tot und Tom sitzt im Todestrakt. Klingt einfach?! Ist es aber nicht. Lange Zeit war mir nicht klar, was mich im Buch erwartet. Ich blieb jedoch trotzdem gespannt, da ich so viele Fragen im Kopf hatte, die ich beantwortet haben musste.
„Amal wirkte fremd, eiskalt und unerschütterlich, und ich wusste, dass ich es mit einer vollkommen unberechenbaren Frau zu tun hatte.“ S. 68
Die Figuren in „Seelen unter dem Eis“ blieben lange Zeit für mich unergründlich. Weder Tom, von dem man am meisten erfährt, noch Amal oder Helen konnte ich wirklich einschätzen. Ich wusste nicht, wie viel die Frauen über die Andere wissen oder wieso sie auf eine bestimmte Art und Weise handeln. Keine der Hauptfiguren war mir sonderlich sympathisch und doch interessierte mich ihr Schicksal.
Tom, der eigentlich alles im Leben hatte, was er brauchte, hat sich von Amal lenken lassen wie von einer Puppenspielerin. Amal war (laut Tom) unattraktiv und untalentiert und doch hatte sie eine enorme Anziehungskraft auf ihn. Er war es gewohnt die Fäden zu ziehen und plötzlich war sie es, die bestimmte. Die toxische Beziehung der beiden Figuren ist der Dreh- und Angelpunkt der ganzen Geschichte und ich fand es extrem spannend, zu verfolgen, wie Tom dieser Frau verfiel ohne es zu verstehen. Und dann war da noch Helen: Toms Ehefrau. Sie wirkte sehr zerbrechlich und tat mir unendlich leid, weil Tom sie so hinterging. Auch Helen hat natürlich eine andere Seite. Aber sie wirkte lang nicht so unberechenbar wie Amal.
„Sobald du die Türen durchschreitest, blickst du wie durch einen Schleier auf deine bisherige Existenz.“ S. 16
Der Aufenthalt im Todestrakt wurde seitens der Autorin mehr als packend beschrieben. Die anderen Gefangenen, die Wärter, die Gefahr, die Tag für Tag lauert, das Warten auf den Tod. All das beschreibt Astrid Korten sehr authentisch. Die Stimmung ist angespannt und bedrückend. Selbst wenn Tom nicht ohne Grund dort sitzt, denkt man doch darüber nach, ob Menschen anderen Menschen so etwas antun sollten. Die Autorin thematisiert genau das auch hintergründig in Toms Gedanken und in seinen Gesprächen mit einem der Wärter. Dabei ging sie jedoch so geschickt vor, dass es nie belehrend wirkte.
„Der Mond schwimmt am staubgrauen Himmel als kahler Schatten vor dahinziehenden Wolkenfetzen.“ S. 117
Der Schreibstil gefiel mir richtig gut. Astrid Korten wählte oft eine bildgewaltige Darstellung und wechselte dann doch wieder zu einer kürzeren und prägnanteren Erzählweise, je nachdem, was gerade im Buch geschah. Die Kapitel hatten eine angenehme Länge und animierten mich zum Weiterlesen. Die ganze Zeit über hatte ich einen Film vor Augen und konnte mir alle Figuren und Szenenbilder direkt vorstellen. Besonders toll fand ich auch die Abwechslung in den Kapiteln. Mal lag der Fokus auf den voraus gegangen Ereignissen, mal lag er wieder in der Gegenwart. Die Übergänge waren sehr gut gewählt und ließen es so nie langweilig werden.
Das Highlight jedoch war das ausgeklügelte Ende. Einen Großteil davon habe ich erwartet, da im Buch mit Andeutungen daraufhin gearbeitet wurde. Aber auch ich wurde durch das ein oder andere Detail wirklich überrascht. Es gefiel mir richtig gut, dass das Buch mit einem „Knall“ endete.
Zusammenfassend kann ich sagen, dass „Seelen unter dem Eis“ ein eher ruhiges und bedrückendes Buch ist. Der Schwerpunkt liegt hier eindeutig auf der psychischen Komponente, die durch die verschiedenen Charaktere und deren Beziehungen zueinander auch genug Spannung bietet. Ich empfehle das Buch sehr gern an alle Thriller- und Spannungsroman-Liebhaber. Hier findet ihr ein einzigartiges Buch, das nachhallt.