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Veröffentlicht am 19.02.2019

Keine Satire, kein Thriller, nur Oberflächlichkeit

Luckiest Girl Alive
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Was bin ich froh, daß ich dieses Buch nun durch habe. Ich habe zwischendurch schon geschaut, wie viele Seiten noch zu bewältigen sind, und wurde nur durch meine Hoffnung auf ein halbwegs sinnvolles Ende ...

Was bin ich froh, daß ich dieses Buch nun durch habe. Ich habe zwischendurch schon geschaut, wie viele Seiten noch zu bewältigen sind, und wurde nur durch meine Hoffnung auf ein halbwegs sinnvolles Ende bei der Stange gehalten.

Angesichts des Covers und des Klappentextes hatte ich mir eine dunkle ausgefeilte Geschichte erwartet, das allmähliche Ans-Licht-Treten der dunklen Geheimnisse hinter der Fassade. Solche Geschichten mag ich ausgesprochen gerne. Bekommen habe ich eine unausgegorene Mischung. Für eine Satire war es nicht bissig genug, für eine Entwicklungsgeschichte fehlte die Entwicklung, die tumbe Oberflächlichkeit einer SATC-Episode wurde abrupt abgelöst von einem platten Schocker.

Hauptperson ist TifAni FaNelli, deren Geschichte wir auf zwei Zeitebenen verfolgen, immer mit abwechselnden Kapiteln, was eine gute Idee ist. In der Gegenwart ist sie achtundzwanzig und so substanzlos, daß sie schnell langweilig wird. Im ersten Kapitel erfahren wir bereits deutlich ihre Maxime: dazugehören um jeden Preis. So hat sich TifAni alles zugelegt, was in Manhattan zum „Dazugehören“ erforderlich ist: einen hippen Job bei einer hippen Frauenzeitschrift, einen Verlobten aus alter vermögender Familie und eine gut gepflegte Eßstörung, denn nur mit Größe 32 und drunter ist man wer. Den Verlobten - der entgegen des Klappentextes nicht adelig ist, schon weil es in den USA keinen Adel gibt - schätzt sie wegen seines Nachnamens und seines Vermögens, den Job wegen seines Prestiges. Sie hat eine ganze Liste an zu beachtenden Verhaltensweisen und während sie einerseits ständig Angst hat, daß man ihr die bescheidenere Herkunft anmerkt, be- und verurteilt sie mit Hingabe alle um sie herum.
Die Autorin hat früher für Cosmopolitan geschrieben und das merkt man eben auch - der Stil ist leicht verdaulich, ohne besondere Tiefe, mit vielen Wiederholungen. Für eine Frauenzeitschrift ganz angenehm, für ein Buch nicht ausreichend. Die Hingabe, mit der immer wieder aufs Neue beschrieben wird, wie TifAni die Aufnahme von Nahrung vermeidet oder innerlich jubelt, wenn sie ihre Kleidung ohne Aufknöpfen ausziehen kann, wirkt schon fast wie eine Anleitung zur Eßstörung, und natürlich pflegen auch in TifAnis Umfeld alle Frauen ähnliche Verhaltensweisen. Es wird keine Gelegenheit ausgelassen, Markennamen zu erwähnen, denn auch in tiefen Beziehungskrisen ist es wichtig, daß der Leser weiß, daß der Verlobte Pradaschuhe trug. Das alles ist weder humorvoll noch satirisch beschrieben und wiederholt sich in allen weiteren Gegenwartskapiteln. Obwohl wir TifAni bereits nach drei Seiten voll begriffen haben (schon alleine weil es nicht viel zu begreifen gibt), geht es 250 Seiten ausführlich so weiter. Ab und an wird auf düstere Geschehnisse in ihrer Jugend hingewiesen, auch das nutzt sich schnell ab, weil sich ansonsten nichts tut.

Die Kapitel, die die vierzehnjährige TifAni durch ihre Zeit in einer prestigereichen Privatschule begleiten, sind zumindest etwas abwechslungsreicher. TifAni ist die Gleiche wie in der Gegenwart - es zählt nur die Akzeptanz durch die „popular kids“, die „richtige“ Kleidung, jedes verlorene Pfund. Jeder, der schon einmal einen amerikanischen Teeniefilm gesehen hat, weiß, wie es weitergeht: die popular kids, deren reiche Eltern ihnen jeden Weg ebnen, sind gewissenlos und nutzen die sich andienende TifAni aus, denken ausschließlich an sich und ihre Bedürfnisbefriedigungen. Das ist alles nicht neu, wenn es auch hier etwas drastischere Formen annimmt. Hier blitzt ab und an eine potentiell interessante Geschichte durch, aber letztlich ist TifAnis Verhalten so wenig nachvollziehbar, daß ich beim Lesen häufig mit den Augen rollte, der Reichtum der popular kids wird, passend zum restlichen Stil des Buches, beständig erwähnt und das Nicht-Essen findet selbstverständlich reichlich Raum. Subtilität gehört nicht zum Repertoire der Autorin.

Nach den oben erwähnten 250 Seiten mit den ewig gleichen Themen, ohne Charakterentwicklung, fast ohne Handlung, kommt dann das dunkle Ereignis recht plötzlich und ziemlich platt erzählt. Zu dem Zeitpunkt war ich von dem dahinplätschernden Buch ohnehin schon so genervt, daß es mir ziemlich egal war, was nun geschah. Die Autorin schaffte es, meine ohnehin schon kaum noch vorhandenen Erwartungen noch zu unterbieten. Nach also wirklich schockierenden Ereignissen mit zahlreichen Todesfällen zeigt sich, daß TifAni keinerlei Entwicklung durchgemacht hat. Egal, wer alles grausam gestorben ist, für TifAni geht es weiterhin nur um ihre gesellschaftliche Weiterentwicklung, ihre Anerkennung. Dies wird noch plakativ und albern untermalt durch die Erleuchtung, die sie beim Anblick einer Frau mit Pradahandtasche ereilt. (Wer es noch nicht wußte: Prada macht unverwundbar und erfolgreich. Ist mir bei meiner Handtasche zwar noch nicht aufgefallen, aber vielleicht geht es nur in Kombination mit den anderen unverzichtbaren Faktoren.) Nicht nur TifAnis Verhalten ist so unglaublich, daß das Weiterlesen keinen Spaß macht, auch das ihrer Eltern ist schlichtweg absurd. Das Oberflächliche gleitet ab ins Lächerliche. Das Ende reißt es dann tatsächlich noch ein klein wenig raus und man bekommt das Gefühl, daß es eine gute Geschichte hätte sein können, wenn sie gut erzählt worden wäre. So aber erstickt Potential unter Schichten platter Oberflächlichkeit.

Veröffentlicht am 03.02.2019

Nicht besonders gut erzählte Geschichte im 08/15-Gerüst

Am dunklen Fluss
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Anna Romer nimmt die schon unzählig oft benutzten Bausteine solcher Bücher: zwei Frauen in zwei verschiedenen Zeiten; Tagebuch und Briefe, welche der modernen Protagonistin ein dunkles Geheimnis verraten. ...

Anna Romer nimmt die schon unzählig oft benutzten Bausteine solcher Bücher: zwei Frauen in zwei verschiedenen Zeiten; Tagebuch und Briefe, welche der modernen Protagonistin ein dunkles Geheimnis verraten. Natürlich hat die moderne Protagonistin, Ruby, einen kleinen Buchladen - irgendwann wurde es zum festen Bestandteil vieler Frauenromane, daß die Hauptperson Inhaberin eines originellen kleinen Buchladens ist und davon natürlich problemlos leben kann. Selbstverständlich fehlt am Ende auch nicht die Szene, in der der Bösewicht noch detailreich seine dunklen Pläne erklärt und danach überwältigt wird. Dies alles haben wir schon unzählige Male gelesen und es überrascht mich immer wieder, daß so viele Autoren immer noch diesem 08/15-Gerüst folgen.

Nun wäre das halb so schlimm, wenn man dieses Gerüst mit einer interessanten gut geschriebenen Geschichte ummanteln würde. Leider gelingt auch das hier nicht. Die Ansätze sind durchaus da - Australien ist eine nette Abwechslung von all den englischen Landhäusern oä, in dem junge Frauen sonst die Dokumente mit dunklen Geheimnissen entdecken. Die unwirtliche Natur, das Leben der Maori, ihre Rechtlosigkeit, der Rassismus - das alles sind noch recht unverbrauchte Themen, relevant und interessant dazu. Es beginnt auch alles ganz vielversprechend. Wir begleiten abwechselnd Ruby in der heutigen Zeit und Breann im Jahre 1898. Ruby hat ihre Schwester durch einen Unfall (so sagt man ihr jedenfalls) verloren, war damals sogar dabei, hat durch eine Amnesie aber keine Erinnerung und merkt jetzt allmählich, daß irgendwas an der Geschichte nicht stimmt. Dann hat sie noch einen schmierigen Freund mit weiterem Konfliktpotential. (Hier leider auch schon eine irritierende Schludrigkeit, denn des Freundes Augen sind braun, zwei Seiten später dann blau). Die Schmierigkeit des Freundes wird dann so überdeutlich dargestellt, wie auch später im Buch viele weitere Dinge. Der Leser hat im ganzen Buch keine Möglichkeit, eigene Schlüsse zu ziehen, alles wird mehrfach überdeutlich auf dem Silbertablett serviert und zur Sicherheit später noch mal zusammengefaßt.

Rubys Kapitel wurden leider zunehmend langweilig. Sie bestehen aus unzähligen inneren Monologen, ständigen Wiederholungen dessen, was wir schon gelesen haben, wirren Träumen und Erinnerungen und sehr vielen völlig überflüssigen Szenen. Man hätte problemlos 200 Seiten aus dem Buch entfernen können, ohne daß es Einfluß auf die Geschichte gehabt hätte.

Breanns Kapitel sind interessanter, auch Breann selbst ist interessanter als die unentschlossene, konturlose Ruby. Hier gibt es auch eine Handlung, die lesenswert ist - leider fasert sie auch ein wenig aus und leidet an den ständigen Wiederholungen und Erklärungen des Offensichtlichen, aber immerhin sind diese Kapitel nicht zu 80% irrelevantes Füllmaterial wie Rubys Kapitel. Breanns Geschichte alleine wäre ein ganz gutes Buch gewesen. Leider schlägt sich aber auch hier ein weiteres Problem des Buches nieder: die ständigen Beschreibungen. Jeder Raum, jede Person, jede Landschaft, alles wird beschrieben, wir erfahren wo jeder einzelne Stuhl steht, wo welcher Baum wächst, usw. Für die Geschichte ist es selten relevant, für die Gestaltung der Atmosphäre viel zu viel. An manchen Stellen wird die Handlung nach jedem Absatz für eine Beschreibung unterbrochen.

Ich habe an diese "Frau entdeckt Unterlagen mit dunklem Geheimnis"-Bücher keine großen Erwartungen. Es ist nette Zwischendurch-Lesekost; wenn man Glück hat, mit spannend dargestellter interessanter Geschichte. Hier wurden aber sogar meine überschaubaren Erwartungen enttäuscht und das Lesen wurde zunehmend unerfreulicher. Die große Auflösung des dunklen Geheimnisses war dann auch nicht so spektakulär, daß es sich gelohnt hat, sich durch das Dickicht von Wiederholungen, Beschreibungen, Füllszenen und öden inneren Monologen zu kämpfen. Man hätte hier aus der Grundidee ein passables Buch machen können, aber das ist leider danebengegangen.

Veröffentlicht am 13.11.2023

Eine alberne Nichtigkeit

Der ungeladene Gast
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Ich war schon länger auf die Autorin neugierig und da der Klappentext Amüsantes und Abgründiges versprach, griff ich bei diesem Buch gleich zu. Das einzig Gute, was ich sagen kann, ist, daß es konstant ...

Ich war schon länger auf die Autorin neugierig und da der Klappentext Amüsantes und Abgründiges versprach, griff ich bei diesem Buch gleich zu. Das einzig Gute, was ich sagen kann, ist, daß es konstant ist: es fängt schlecht an und geht schlecht weiter. In der ersten Szene begegnen uns drei Charaktere, die noch recht farblos, aber schon unsympathisch wirken. Der einzig angenehme Charakter verabschiedet sich und kehrt erst am Ende des Buches zurück. Die Unterhaltungen lasen sich maniriert und inhaltslos, doch muß man einem Buch natürlich etwas Zeit geben, die Atmosphäre aufzubauen und in die Handlung einzuführen.

Allerdings änderte sich dann nichts. Die Leser werden Zeuge der belanglosen Ereignisse in dem Landhaus mit dem irritierenden Namen "Sterne". Jeder Ausritt, jedes Haarekämmen, jeder Handgriff wird ausladend erzählt, so daß man dauernd erwartet, irgendwann würde sich die Relevanz davon erweisen. Aber nur sehr wenig in diesem Buch ist relevant für den weiteren Verlauf der Geschichte oder das Kennenlernen der blassen, eindimensionalen Charaktere. Sie führen inhaltslose, oft alberne Dialoge und ich habe selten beim Lesen eines Buches so oft gedacht: "Kein Mensch würde so reden!"

Die Autorin bemüht sich um einen leichten Stil und versucht recht krampfhaft, humorvolle Bemerkungen einzustreuen. Dieses so offensichtliche Bemühen wirkt ziemlich angestrengt. Gelegentlich gibt es mal eine trockene Bemerkung, die mich zum kurzen Schmunzeln brachte, aber vieles ist auf dem Niveau der Gedanken der Tochter des Hauses beim Haarekämmen - beim Frisieren werden so viele Haarnadeln verwendet, daß sie beim Kämmen immer fürchtet, in ihren Haaren auf ein Mäusenest zu treffen. Was haben wir gelacht ... 😒

Als dann endlich ein klein wenig Handlung ins Buch kommt, ist diese so abstrus, daß sich zu dem "Kein Mensch würde so reden" für mich ein häufiges: "Das ist doch völlig unrealistisch" und "Kein Mensch würde so handeln" gesellte. Auch hier wird jede Kleinigkeit seitenweise aufgebauscht und mit manirierten Dialogen zugekleistert. Als der titelgebende uneingeladene Gast nach etwa einem Drittel des Buches dann endlich auftaucht, hoffte ich darauf, daß sich die Lektüre nun allmählich lohnen würde, aber es geht immer so weiter - langatmig, albern, banal. Das Buch hat solche Mängel im Handlungs- und Charakteraufbau, derart schlecht geschriebene Dialoge, daß es sich eher wie eine Schreibübung von jemandem liest, der noch sehr, sehr viel weitere Übung braucht.

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  • Cover
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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 09.09.2020

Verunglückte Mischung aus langweilig und albern

Ommh Arsch vorbei geht auch ein Weg
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Die Buchbeschreibung fand ich ausnehmend interessant – die Autorin probiert verschiedene Wege zur Erkenntnis aus, von traditionell (Kirchbesuch) bis hin zu den abgedrehtesten Ecken der Esoterikwelt. Der ...

Die Buchbeschreibung fand ich ausnehmend interessant – die Autorin probiert verschiedene Wege zur Erkenntnis aus, von traditionell (Kirchbesuch) bis hin zu den abgedrehtesten Ecken der Esoterikwelt. Der Titel versprach einen humorvollen Blick auf diese Erfahrungen. Ich habe mir also ein Buch vorgestellt, das mich schmunzeln läßt und auch einen Blick hinter die Kulissen der Esoterikindustrie bietet, die mit dem guten Glauben der Menschen dicken Profit macht. Bekommen habe ich eine Mischung aus Langeweile und unerträglicher Albernheit. Ich habe mich tapfer ziemlich lange durchgekämpft, aber ganz bis zum Ende habe ich es nicht durchgehalten.

Die Autorin berichtet am Anfang, wie sie überhaupt auf den Gedanken kommt, verschiedene Wege zu Erkenntnis zu suchen, oder eher: sie versucht, es zu berichten. Letztlich wird es nämlich nicht wirklich klar, es scheint eine Momentidee ohne wirklichen Hintergrund zu sein – oder eher einfach eine Buchidee ohne wirklichen Hintergrund? Egal. In verschiedenen Kapiteln wird nun vom Besuch einer Esoterikmesse berichtet, eines Engelsseminars, eines Schamanenkurses usw. An Vielfalt der Erfahrungen mangelt es wirklich nicht.

Zuerst werden die jeweiligen Methoden vorgestellt, das geschieht meistens recht langweilig durch Aufzählungen und Texte, die sich lesen, als ob sie aus Wikipedia oder ähnlichen Seiten kopiert wären. Es gibt sehr viel Theorie, die auch oft zu ausführlich berichtet wird. Dazu gibt es reichlich Links und Adressen – ein Großteil des Buches hat also eher was von einer trockenen Werbebroschüre. Das hätte man alles unterhaltsamer und kürzer zusammenfassen können – die meisten Leser dürften sich für die persönlichen Erfahrungen interessieren. Diese sind leider unfassbar albern geschrieben. Man merkt richtig, wie sehr die Autorin versucht, wahnsinnig komisch zu sein. Die Thematik gibt reichlich her, was man unterhaltsam und amüsant verpacken könnte. Das scheint aber nicht zu reichen, denn es werden haufenweise versucht witzige kreischige Bemerkungen drumherum gepackt. Das sowohl bei den eigenen Erlebnissen wie bei den unecht wirkenden Dialogen mit den zwei klischeehaften Freundinnen und dem Lebenspartner. Alles wird platt, schrill und übertrieben vermittelt. Es gab durchaus interessante Momente bei den jeweiligen Erfahrungen, aber leider werden sie unter dieser unerfreulichen Mischung aus Theorie-Nacherzählungen und dem verkrampften, komplett verunglückten Versuch, witzig zu schreiben, völlig erstickt. Ein vielversprechendes Thema, das bemerkenswert schlecht umgesetzt wurde.

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Veröffentlicht am 11.06.2019

Ob der prollige Stil originell sein oder eine schwache Geschichte überdecken sollte?

Die Hirnkönigin
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Auf den ersten Seiten dachte ich noch „Na ja, schnoddriger Stil, zu schnelle Absatz- und Perpektivwechsel, aber wird schon noch.“ Nun habe ich mich bis Seite 70 durchgekämpft und stelle fest, abgesehen ...

Auf den ersten Seiten dachte ich noch „Na ja, schnoddriger Stil, zu schnelle Absatz- und Perpektivwechsel, aber wird schon noch.“ Nun habe ich mich bis Seite 70 durchgekämpft und stelle fest, abgesehen vom aufgesetzt schnoddrigen Stil wird hier nicht viel geboten. Der Mordfall spielt bislang noch eine ziemliche Nebenrolle und läßt sich ohnehin nicht interessant an.

Hauptsächlich hat der Leser das zweifelhafte Vergnügen, die Journalistin Kyra Berg zu begleiten, die auf diesen 70 Seiten schon einige Leute grundlos angebrüllt hat, ihre Kippen überall herumwirft, kaum einen Satz ohne Beleidigung aussprechen kann, gerne Filmrisse hat und innerhalb von wenigen Tagen zwei Leute tätlich angegriffen hat. Ihre Gedanken beim Geräusch von Flaschen im Glascontainer der Nachbarschaft: „Kyra war noch nicht dahinter gekommen, ob das Balg die Flaschen deshalb so donnerte, weil es auch nicht mitanhören wollte, wie Papi Mami fickte, oder weil es wütend war, dass es nicht zugucken durfte.“ Relevanz für die Geschichte? Keine. Aber voyeuristische Kinder, pardon: Bälger, sind so ein irre origineller Gedanke, nicht wahr?

Auch sonst gibt sich die Autorin redliche Mühe, so oft wie möglich ein Fäkalwort oä einzufügen. Vielleicht will sie so die schwache Geschichte interessanter erscheinen lassen? Der Mordfall läuft wie gesagt so nebenher, weil wir lesen müssen, wie Kyra in der Oper pöbelt, im Restaurant pöbelt, in ihrer Wohnung pöbelt, mit Kollegen pöbelt. Dazu gibt es noch ein paar exaltierte Visionen einer unbekannten Person, eine Prise klassischer Zitate und sinnlose Unterhaltungen.

Auf dem Umschlag steht, das Buch hätte den Deutschen Krimipreis gewonnen. Vielleicht wird es ja noch ganz toll, aber ich habe nicht das geringste Interesse, mir die diversen Ausfälle der nervigen Kyra durchzulesen und darauf zu hoffen, daß dieses verkrampft-gewollte Geschnodder irgendwann lesenswert wird.