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Veröffentlicht am 02.11.2020

Weihnachtliches Rätselabenteuer für junge Spürnasen

Escape Room Adventskalender. Die drei unheimlichen Geschenke
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Auch wenn die titelgebenden "drei Geschenke" eher mysteriös als "unheimlich" sind, so macht dieses Adventskalender-Escape-Room-Abenteuer dennoch richtig Spaß.

Als die zwei Geschwister Toni und Luka ein ...

Auch wenn die titelgebenden "drei Geschenke" eher mysteriös als "unheimlich" sind, so macht dieses Adventskalender-Escape-Room-Abenteuer dennoch richtig Spaß.

Als die zwei Geschwister Toni und Luka ein Hilferuf des Weihnachtsmanns erreicht, zögern die beiden nicht lang und stürzen sich in die Mission. Der Leser darf die beiden bei ihrer Aufgabe begleiten, wobei die Geschichtenhäppchen jeden Tag eine gute Länge haben, die zum Selbst- aber auch gemeinsamen Lesen gut geeignet ist. Die Story hat für Kinder einen guten Spannungsgrad und enthält auch zusätzlich auch noch den einen oder anderen pädagogischen Subtext, wie z.B. die "wahren" Weihnachtsgeschenke. Die Rätsel sind sehr abwechslungsreich, haben oft einen schönen weihnachtlichen Bezug und sind vom Schwierigkeitsgrad für acht- bis neunjährige Kinder sehr passend, einige sind dabei sogar recht knifflig, da braucht es dann schon mal erwachsene Unterstützung.

Was mir persönlich nicht ganz so gut gefallen hat, waren die etwas lieblosen Zeichnungen, die sehr viel von einer Computergrafik hatten. Vielleicht geht es bei einem Escape-Room-Abenteuer nicht anders, aber da hätte ich mir etwas mehr Wärme und Weihnachtstouch gewünscht.

Alles in allem aber ein sehr gelungener, interessanter, unterhaltsamer und abwechslungsreicher Adventsspaß zum (gemeinsamen) Rätseln!

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Veröffentlicht am 08.10.2020

Unterhaltung nach bewährtem Muster

Und die Welt war jung
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Carmen Korn nimmt uns mit auf eine Reise durch die 50er Jahre im Auftaktband ihrer neuen Drei-Städte-Trilogie, in deren Mittelpunkt die Familien Aldenhoven und Borgfeldt stehen, die ihre Heimat in Köln, ...

Carmen Korn nimmt uns mit auf eine Reise durch die 50er Jahre im Auftaktband ihrer neuen Drei-Städte-Trilogie, in deren Mittelpunkt die Familien Aldenhoven und Borgfeldt stehen, die ihre Heimat in Köln, Hamburg und dem italienischen San Remo haben. Den Leser erwarten viel Familiengeschichte, Alltag, kleine und große Sorgen und das unaufhörliche Ticken der Zeit.

Wer Carmen Korns Jahrhundert-Trilogie bereits kennt, dem kommt in diesem Band einiges schon fast unheimlich vertraut vor – Und die Welt war jung zu lesen, ist fast wie nach Hause kommen – das hat sein Gutes, aber leider auch ein paar Schattenseiten. Der Aufbau des Romans ist identisch mit dem der drei Bände rund um die Hebammen in der Finkenau. Wir begleiten die Familien an ihren Heimatorten durch die Jahre, schlaglichtartig wird der Blick des Lesers auf einzelne Tage innerhalb des Jahresverlaufs gerichtet, an denen sich an den drei Orten die Handlung entwickelt. Diese wohlbekannte Art des Handlungsaufbaus führt trotz ihres fragmentarischen Charakters nicht dazu, dass der Leser den Eindruck hat, wichtige Teile des Geschehens zu verpassen. Gewählt wird dieser „Highlight-Stil“ von Carmen Korn wohl, weil es so möglich scheint, Längen im Erzählten zu vermeiden, leider gelingt dies, besonders im Hamburger Strang, der sich schier endlos um das Thema der von Schuldgefühlen geplagten Schwiegermutter zu drehen scheint, nur bedingt.

Die Figurenzeichnung erscheint – ebenfalls wie bei der Jahrhundert-Trilogie – recht alltäglich. Es entsteht zumindest auf den ersten Blick der Eindruck es mit authentischen, lebenden Personen zu tun zu haben, allerdings sind die Figuren zumeist auch alle recht einfach konzipiert und eine etwaige Tiefe entsteht hauptsächlich aus einem traumatischen Kriegs- oder Lebensereignis, an dem sich auch mit teilweise großer Beharrlichkeit festgehalten wird. Der Figurenkosmos, den der Roman aufspannt, ist dabei sehr umfassend. Obwohl ich den Roman fast in einem Rutsch durchgelesen habe, musste ich mir immer wieder bewusst klar machen, was zu Hamburg, was zu Köln gehört. Größere Lesepausen sollte man sich hier eher nicht gönnen. Außerdem gibt es in der Figurenkonstellation und -anlage zwei Punkte mit denen ich hadere: zum einen störte mich massiv, wie sich alles so wunderbar am Ende zusammenfügte – ich bin durchaus eine Verfechterin von glücklichen Schicksalen, aber hier war es mir einfach zu viel und zu überraschungsarm. Ich las ab einem gewissen Punkt nur noch, um meine Vermutungen bestätigt zu bekommen. Zum anderen erschien mir die Figurenanlage etwas eindimensional. Der Roman behandelt die Nachkriegszeit in Deutschland und Italien, seine Figuren sind aber ausschließlich Opfer der NS-Zeit und des Krieges: traumatisiert, ausgebombt, um die vergangene Zeit, die psychische und physische Gesundheit betrogen. Von den Tätern ist fast kaum eine Spur zu finden. Eine Personalisierung des verbrecherischen Regimes auf der Ebene der Hauptfiguren erfolgt nicht. Diese Entpersonalisierung kann eine bewusste Wahl der Autorin sein, um die Entmenschlichung der Diktatur zu unterstreichen, erscheint aber möglicherweise etwas zu unrealistisch und simplifizierend im Kontext eines Romans, der das Nachkriegsdeutschland beschreibt.

Stilistisch bleibt sich Carmen Korn treu. Sie blickt in ihre Figuren und neigt dabei zu vielen, elliptischen Sätzen. So liest sich dieser vorwiegend unterhaltende Roman sprachlich ansprechend und gerät nicht zu einfach. Dabei flicht Korn immer wieder Nostalgie-Momente und Lokalkolorit, sowie genaueste Orts- und Geschichtskenntnis ein. Das funktioniert sehr gut, manchmal erschienen mir die Fünfziger Jahre dennoch etwas sehr modern und der politische Kontext zu beiläufig. Richtig schön sind die kleinen Querverweise in die Welt der Jahrhundert-Trilogie, die sich natürlich nur nach der Lektüre der drei Bände erschließen. Man muss diese aber nicht gelesen haben, um sich durch Carmen Korns neues Werk unterhalten zu fühlen.

Insgesamt ist der Roman eine unterhaltsame Lesereise in die Nachkriegszeit, auf die ich mich sehr gefreut habe und die mir schöne Lesestunden beschert hat. Der Text baut solide auf dem bewährten Muster auf. Da liegt allerdings auch die Krux des Buches – für meinen Geschmack ist etwas zu bewährt und eingefahren. Viele Versatzstücke und Handlungselemente sind schon bekannt und erscheinen so wie eine Variation. Wenn die neue Trilogie nur das Universum der Jahrhundert-Bände erweitern soll, dann ist der Roman sehr gut gelungen, wenn es aber um eine Weiterentwicklung und Erneuerung geht, dann ist „Und die Welt war jung“ zu vorhersehbar und etwas betulich ausgefallen.

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Veröffentlicht am 22.09.2020

Großartiges Island, toller Erzähler, schwächere Handlung

Kalmann
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Kalmann ist ein sehr liebenswerter, in seinen intellektuellen Fähigkeiten eingeschränkter, Isländer, der im kleinen, einsamen Raufarhöfn seinen Lebensunterhalt mit Gammelhai verdient. Als ein wohlhabender ...

Kalmann ist ein sehr liebenswerter, in seinen intellektuellen Fähigkeiten eingeschränkter, Isländer, der im kleinen, einsamen Raufarhöfn seinen Lebensunterhalt mit Gammelhai verdient. Als ein wohlhabender Bürger seines Ortes verschwindet, gerät Kalmann mitten hinein in den Strudel der Ereignisse.

Ich liebe idiosynkratische, eigenartige und unzuverlässige Erzähler, und deshalb liebe ich auch Kalmanns Figur. Er ist in seinen Kommentaren und seiner Bewertung der Welt einfach herrlich authentisch und belebend. Es macht Freude der Langsamkeit seiner Gedanken und Überlegungen, seinen intuitiven Wahrnehmungen und seinen Gefühlen zu folgen und darüber nachzudenken, was seine Auslassungen und sein Schweigen zu gewissen Fragen zu bedeuten haben. Dem Autor ist es durchgängig gelungen, Kalmanns Stimme einzufangen. Da knirscht nichts, es wird nie vergessen, wer hier eigentlich spricht und wie er die die Welt sieht. Allerdings schöpft dieser Roman, trotz des andeutungsschwangeren letzten Kapitels, die Möglichkeiten, die ein unzuverlässiger Erzähler bietet nicht vollends aus - und das ist sehr schade, denn so bleibt der Roman hinter seinem eigentlichen Potenzial zurück und der (oder mehrere) finale Plot-Twists bleiben aus.

Die Handlung ist eigentlich gut angelegt, wird aber ebenfalls nicht konsequent zu Ende geführt. Die red herrings lösen sich zu schnell in Wohlgefallen auf, das Ganze könnte verstrickter, vertrackter, komplexer sein - für meinen Geschmack ist es einfach etwas zu gemächlich, zu beschaulich. Dazu: ein Krimi ist für mich gerade kein Genre für lose Enden, Mysteriöses darf zwar auch mal ruhig in der Luft hängen bleiben, aber dem Leser sollten zumindest Hinweise zum eigenständigen Schließen der Lücken an die Hand gegeben werden. Darüber hinaus empfinde ich die Eisbären-Handlung als befremdlich - aber das ist mein persönlicher Geschmack. Sie ist so angelegt, dass sie in der heutigen Zeit trotz ihres fiktionalen Charakters, eher unschön und unpassend ist.

Was mich absolut bezaubert hat, ist hingegen das wunderbare isländische Setting. Der Autor weiß, wovon er spricht und bannt diese großartige Insel mit ihren Besonderheiten vollkommen lebensecht auf die Seiten. Man spürt die raue Natur und Einsamkeit, die Abgeschiedenheit und Einfachheit des Lebens, aber auch die Bedrohung durch den Bevölkerungsschwund.

Kalmann ist ein Roman für Island-Liebhaber mit einem Herz für besondere Erzähler, für die die Krimihandlung nicht an erster Stelle steht.

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Veröffentlicht am 18.09.2020

Familiensaga, die sich mehr Zeit nehmen könnte

Die Frauen von Gut Falkensee
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Das Gut Falkensee in Westpreußen ist der Schauplatz dieses fesselnden Schmökers, der uns in eine fast schon vergessene Welt entführt. Im Mittelpunkt der Geschichte, die ihren Ausgangspunkt im Jahr 1904 ...

Das Gut Falkensee in Westpreußen ist der Schauplatz dieses fesselnden Schmökers, der uns in eine fast schon vergessene Welt entführt. Im Mittelpunkt der Geschichte, die ihren Ausgangspunkt im Jahr 1904 nimmt, steht Charlotte, eine recht modern denkend junge Frau, die gern unabhängig und selbstbestimmt wäre, aber recht schnell erkennen muss, dass Wünsche und Pflichten sich selten vereinbaren lassen.

Die Frauen von Gut Falkensee ist eine groß angelegte, unterhaltsame und spannende, sehr lesbare und ansprechende Familiensaga für Liebhaber historischer Romane – ein Downton Abbey auf Papier. Er ist durch zahlreiche Perspektivenwechsel und viele Handlungsstränge äußerst abwechslungsreich zu lesen und entwirft durch die vielen beteiligten Figuren quasi ein Panorama der damaligen Gutshauswelt mit ihrem „Oben“ und „Unten“. Sehr positiv ist dabei, dass die Autorin sich nicht nur ausschließlich auf die feine Welt der Herrschaften konzentriert, sondern auch oftmals einen Blick in die Leutestube der Dienstboten wirft. Sicherlich wird hier das innige Verhältnis zwischen Herrschaft und Dienerschaft für den modernen Lesegeschmack auch beschönigt, aber es handelt sich ja auch um einen Unterhaltungsroman.

So lebendig der Roman durch seine Perspektivenwechsel und Zeitsprünge auch ist, liegt hier doch gleichzeitig auch ein wenig die Crux des Ganzen: die recht rasche Abfolge der Ereignisse und der Blick vom Standpunkt der verschiedenen Figuren führen dazu, dass es häufig etwas an emotionaler Durchschlagkraft fehlt. Der Roman wird so sehr stark von der Handlungsebene getrieben, dass die Figurenzeichnung dadurch leider etwas zu kurz kommt. Durch den Handlungsfokus entsteht außerdem der Eindruck, dass einige Ereignisse „untererzählt“ werden – viele wesentliche Themen werden nicht ausformuliert oder passieren, wie man im Theater sagen würde, „off stage“. Sie werden dann im folgenden Kapitel als Verweis auf Vergangenes erwähnt und verpuffen so. Stattdessen sieht sich der Leser vielen einzelnen Schlaglichtern gegenüber. Das ist schade, denn tatsächlich ist dies ein Roman, bei dem so viel passiert, dass ich mir gewünscht hätte, er wäre doppelt so lang – denn dann hätte er die Üppigkeit und das im positive Sinne Ausufernde gehabt, nach der eine solche historische Familiensaga verlangt.

Die Frauen von Gut Falkensee hat alle Anlagen für einen wunderbaren historischen Schmöker, agiert dann aber stellenweise zu hastig. Dennoch habe ich mich sehr mit Charlotte angefreundet, sodass ich gespannt auf den zweiten Teil warte.

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Veröffentlicht am 09.09.2020

Nicht schön, aber gut

Das lügenhafte Leben der Erwachsenen
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Das lügenhafte Leben der Erwachsenen von Elena Ferrante ist eine faszinierende, aber keine schöne, Reise durch die Untiefen weiblichen Heranwachsens mit allem, was dazugehört. Giovanna, genannt Giannì, ...

Das lügenhafte Leben der Erwachsenen von Elena Ferrante ist eine faszinierende, aber keine schöne, Reise durch die Untiefen weiblichen Heranwachsens mit allem, was dazugehört. Giovanna, genannt Giannì, sucht durch den Kontakt mit anderen Menschen nach sich selbst, verliert und erfindet, missversteht und erkennt sich dabei immer wieder aufs Neue.

Mag ich Giovanna? Das ist die Frage, die mich beschäftigt. Und die Antwort darauf lautet: Nein. Ein klares, kategorisches Nein. Es gibt nichts, was mir an ihr gefällt – so wie ihr selbst eigentlich auch nichts an ihr gefällt. Kann ich Giovanna verstehen? Ja, sehr häufig sogar.

Der Name Elena Ferrante war mir zwar geläufig, gelesen hatte ich aber bisher keinen ihrer Romane, daher habe ich keine Vergleichsmöglichkeiten, stehe außerhalb des #FerranteForever-Hypes und konnte mich sehr unvoreingenommen daran machen, ihre Protagonistin Giovanna auf dem steinigen Weg durch das Alter von 13-16 zu begleiten. Was Ferrante hier gelungen ist, verdient Hochachtung, denn sie versteht es aufs Überzeugendste, die Zerrissenheit, Orientierungslosigkeit, Einsamkeit, Ausgeschlossenheit, Neugier, Erkenntnis, Eigenständigkeit und Hilflosigkeit des Heranwachsens einzufangen. Die Verwirrungen der Teenagerzeit, das Desinteresse am Leben, die Enttäuschung gegenüber den Eltern, all dies wird von der Autorin gnadenlos, atemlos und tabulos durch eine ungeschönte Innensicht auf ihre Protagonistin geschildert. Der Leser ist unglaublich nah an Giovanna dran, die sich selbst nur selten schont, auch wenn sie sich selbst nicht immer versteht. Diese sehr authentische Darstellung der Introspektion einer Heranwachsenden ist allerdings nicht der Glanzpunkt des Romans, es ist vielmehr die graduelle Weiterentwicklung der Protagonistin durch diese Einblicke in ihr eigenes Ich. So sieht man sich als Leser am Ende des Roman fast staunend einer erwachseneren Giovanna gegenüber, aber weiß kaum mehr, wie sich diese Reifung eingeschlichen hat – nur, dass sie eben allmählich passiert ist. Giovannas Konzeption und ihre Darstellung sind rundum gelungen. Selten gibt es so realistische, authentische, verstörte und dabei nachvollziehbare Romanfiguren wie sie.

Sprachlich (und auch inhaltlich) gleitet der Roman in dem Wunsch, die unterschiedlichen sozialen Hintergründe überzeugend darzustellen, ab und an ins Vulgäre ab. Derbe Sprache und Handlungsteile sind nicht mein Fall, aber in diesen Roman sind diese Aspekte sinnvoll in die Erzählung integriert und notwendig, um die Frage nach Herkunft und Weiterentwicklung aufzuzeigen. Die beiden Einflussgrößen, die von Giovannas Heranwachsen prägen, werden durch ihre Tante Vittoria und ihren Vater bzw. den Studenten Roberto repräsentiert. Diese Nebenfiguren polarisieren in gewisser Weise, vor allem, weil sie im Gegensatz zu Giovanna und dadurch, dass die Wahrnehmung dieser Figuren ausschließlich durch Giovannas Ich-Perspektive gefiltert wird, zu simpel, zu einfach sind, wie im Übrigen alle Nebenfiguren des Romans. Giovanna schreibt jeder Figur nur bestimmte Handlungsmöglichkeiten und Charakteristika zu, sie hinterfragt diese nur sehr begrenzt und ist auch nicht an ihren Motiven interessiert. So tritt durch die wenig komplexe Nebenfigurendarstellung die grenzenlose Ich-Bezogenheit der Heranwachsenden auch erzählerisch zutage – und wird so zu einem kleinen Meisterstück.

Darüber hinaus erfüllt der Roman auch sonst alle Kriterien, die es für einen (weiblichen) Bildungsroman braucht: zahlreiche Mentorenfiguren, an denen sich die Protagonistin ausrichtet (lediglich der Uneigennutz dieser Figuren muss angezweifelt werden), eine Reise, die zu Erkenntnis führt, unerfüllte Liebe, die Diskussion der eigenen, angeblich mangelnden Attraktivität (das ist ja bereits seit Charlotte Brontës Jane Eyre DAS Thema in der weiblichen Entwicklung), das Auflehnen gegen Autorität usw. Dies ist alles sehr überzeugend, aber auch sehr konventionell – fast schon klassisch – aufbereitet, und birgt daher nicht zu viele Überraschungen und auch das immer wieder zentral gestellte Armband kommt als Symbol nicht besonders raffiniert daher – da wäre sicherlich mehr möglich gewesen.

Der Roman hat mich unterhalten, interessiert, einen Lesesog entfaltet, aber hat mich auch manchmal abgestoßen. Am Ende stelle ich fest: ich habe das lügenhafte Leben aufgesogen, aber „schön“ in der reinsten Form des Wortes war es nicht. Ich mag den Roman nicht einmal besonders, aber gut ist er.

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