Profilbild von walli007

walli007

Lesejury Star
offline

walli007 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit walli007 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.09.2020

Zweifaltigkeit

Triceratops
0

Die Verhältnisse im Elternhaus des Jungen sind schwierig. Der Vater hat für alles einen Bibelspruch zur Hand. Die Mutter ist häufiger wegen psychischer Probleme in der Klinik. Dann muss der Junge, dessen ...

Die Verhältnisse im Elternhaus des Jungen sind schwierig. Der Vater hat für alles einen Bibelspruch zur Hand. Die Mutter ist häufiger wegen psychischer Probleme in der Klinik. Dann muss der Junge, dessen Schwester noch nicht alt genug ist, um auf ihn aufzupassen, zur Tante oder zur Oma Aschenbach. Bei der Oma auf dem kleinen Bauernhof fühlt er sich wohl, denn die Oma kümmert sich um ihn, während er sich daheim des Öfteren um die Mutter kümmern muss. Eigentlich würde der Junge lieber malen und einfach nur Kind sein.

Es wundert einen nicht, dass der Junge von seiner Kindheit überfordert ist. Genau genommen hat er keine richtige Kindheit. So richtig auszudrücken wagt er es nicht, allerdings hat er schwerwiegende Hautprobleme, die der ärztlichen Behandlung bedürfen. Wenn man sich mit psychischen Erkrankungen nicht auskennt, könnte man auf die Idee kommen, die Eltern sollten sich besser um ihre Kinder kümmern, anstatt um sich selbst zu rotieren. Wahrscheinlich jedoch ist deren Wahlmöglichkeit eingeschränkt und wie eigentlich alle Eltern geben sie ihr Bestes, um den Kindern den Weg ins Erwachsenenleben zu ebnen. Es will ihnen nur nicht so recht gelingen. Der Vater flüchtet in die Bibel und wohl auch in den Alkohol, die Mutter flüchtet ins Krankenhaus. Die Oma scheint als Einzige relativ normal, auch wenn drei ihrer sechs Kinder früh gestorben sind und sie manchmal etwas viel vom Krieg redet.

Puh, so eine Familie möchte man nicht geschenkt. Man ist zum einen froh, dass es sich hoffentlich nur um einen Roman handelt und zum anderen ist man froh, dass es bei durchaus vorhandenen Schwierigkeiten in der eigenen Familie mehr Fröhlichkeit zu verteilen gab. In seiner Schwere hat der Roman durchaus einen Nachhall und die fehlende Gefälligkeit muss kein Nachteil sein. Die szenischen Beschreibungen entwerfen Bilder im Kopf. Doch manchmal fragt man sich, ob es der Tragödien nicht zu viele sind für ein kleines Leben. Immerhin der Junge ist stark und er steht seine Kindheit durch. Man fragt sich, ob man seine Stärke hätte oder ob man lieber auswandern würde.

Veröffentlicht am 11.09.2020

Roll the Dice

Die Rückkehr des Würfelmörders (Ein Fabian-Risk-Krimi 5)
0

Kann die Gemeinsamkeit sein, dass es keine Gemeinsamkeit gibt? Kommissar Fabian Risk und sein Team stehen immer noch vor einem Rätsel. Sie haben unterschiedliche Morde und nicht wirklich einen Ansatzpunkt. ...

Kann die Gemeinsamkeit sein, dass es keine Gemeinsamkeit gibt? Kommissar Fabian Risk und sein Team stehen immer noch vor einem Rätsel. Sie haben unterschiedliche Morde und nicht wirklich einen Ansatzpunkt. Dennoch kommt Risk der Verdacht, dass die Fälle zusammenhängen und dass es möglicherweise einen Trittbrettfahrer gibt. Abseits von der eigentlichen Ermittlung geht Risk noch weiteren Hinweisen nach, was ihn bei der Chefin nicht gerade beliebter macht. Und wieder gibt es ein Opfer. Ein Opfer, das eigentlich gerettet schien. Wie perfide kann ein Täter vorgehen?

In seinem fünften Auftritt muss Kommissar Fabian Risk die rätselhaften Morde endlich aufklären. Zu diesem Band gehört der vorherige Teil „Der Würfelmörder“, der bereits unter dem Titel „10 Stunden tot“ erschienen ist. Im laufenden Fall bekommt man den Eindruck, Risk muss an allen Fronten kämpfen. Er verfolgt diese anderen Hinweise. Und auch in seiner Familie gibt es Probleme. Seine Tochter glaubt an Geister und sein Sohn hat sich mit den falschen Leuten eingelassen. Wie es um seine Ehe steht, kann auch nicht so leicht beantwortet werden. Doch wenigstens hat er eine Kollegin, der er vertrauen kann. Kann er es unter den ungünstigen Umständen überhaupt schaffen, den oder die Täter zu schnappen?

Ein Kriminalroman in zwei Teilen, ob das für den klassischen Krimileser, der davon ausgeht, der laufende Fall ist zum Ende des Romans weitgehend abgeschlossen, das Richtige ist, sollte eben jener Leser einfach ausprobieren. Spannend ist die weitergesponnene Handlung allemal. Zwar gerieren sich manche der handelnden Personen so, als ob sie einen ordentlichen Dämpfer gebrauchen könnten. Und wieder kann man sich fragen, was daraus noch werden wird. Dennoch fesselt Fabian Risk mit seinen ungewöhnlichen Ermittlungsmethoden und seinem Durchsetzungswillen. Er kämpft förmlich bis zur Erschöpfung, um dem Täter endlich das Handwerk zu legen. Hin und wieder fragt man sich, wie er denn jetzt darauf kommt, aber grundsätzlich ist die Handlung schlüssig und bei dem furiosen Finale hält man während des Lesens tatsächlich manchmal die Luft an.

Veröffentlicht am 10.09.2020

Gitarrensolo

Vintage
0

Sein Chef fliegt nicht gerne, deshalb wird sein Aushilfsmitarbeiter Thomas Dupré nach Inverness geschickt, um eine seltene Gitarre auszuliefern. Der Abnehmer Lord Whinsley erweist sich als wahrer Kenner ...

Sein Chef fliegt nicht gerne, deshalb wird sein Aushilfsmitarbeiter Thomas Dupré nach Inverness geschickt, um eine seltene Gitarre auszuliefern. Der Abnehmer Lord Whinsley erweist sich als wahrer Kenner und als er Thomas erlaubt Gitarren aus seiner Sammlung auszuprobieren, schwebt dieser über den Wolken. Doch der Lord hat noch einen Auftrag für Dupré, er soll die seltenste Gitarre der Welt finden, eine Gibson Moderne, von der der Lord behauptet, sie sei ihm gestohlen worden. Ein geringfügiges Problem gibt es dabei, soweit bekannt, soll es von dem Instrument allenfalls Prototypen geben.

Thomas, der eigentlich ein eher unbekannter Musiker, aber auch Journalist ist, ist von der Geschichte des Lords angefixt und natürlich lockt eine lukrative Belohnung. Er begibt sich also auf eine Spurensuche sowohl nach der Geschichte der Gitarre als auch nach einem möglicherweise tatsächlich noch existierenden Instrument. Er beginnt damit in seiner Heimatstadt Paris bei seinem Chef, der sogar ein paar kleine Hinweise für ihn hat. Bald weist jedoch vieles in die USA, die Heimat der Gibson Gitarrenbauer. Dupré reist zunächst nach Tennessee, um einem Post nachzugehen, den er in einem Internetforum gefunden hat.

Über die Gibson Moderne aus dem Jahr 1957 lassen sich im weltweiten Netz einige wenige Informationen finden. Aus diesen hat der Autor einen ausgesprochen spannenden Musik-Thriller geformt. Zwar erscheinen einige wenige Szenen etwas over the top, aber insgesamt liest sich diese Spurensuche wie eine packende investigative Reportage mit persönlichem Touch. Dupré entwickelt sich dabei von einem relativ unbedarften Aushilfsverkäufer zu einem cleveren Detektiv, der sein Ziel nie aus den Augen verliert und sich auch nicht so schnell aus der Ruhe bringen lässt. Gerne hätte man einige seiner Beschreibungen der Musikstücke nachgehört, aber da hat der Autor wohl seine Phantasie spielen lassen. So muss man sich selbst die Vorläufer des Metall komponieren, was die Lektüre beinahe noch packender macht.

Veröffentlicht am 07.09.2020

Wahrheit hinter der Lüge

Feuerrache
0

Nach dem plötzlichen Tod ihrer Mutter wohnen die Schwestern Sara und Lina in Stockholm. Die beiden gehen sehr unterschiedlich mit ihrer Trauer um. Es sieht so aus, als würden sich Sara und Lina entzweien. ...

Nach dem plötzlichen Tod ihrer Mutter wohnen die Schwestern Sara und Lina in Stockholm. Die beiden gehen sehr unterschiedlich mit ihrer Trauer um. Es sieht so aus, als würden sich Sara und Lina entzweien. Doch das Leben muss weitergehen und Sara nimmt ein Stellenangebot bei der Armee an. Schließlich hat sie den Militärdienst abgeleistet und damit eine gewisse Vorbildung. Sara ist sogar froh, dass sie zunächst in der Poststelle landet, denn für komplizierte Aufgaben fühlt sie sich noch nicht wieder gewappnet. Sara hofft, dass sie endlich Ruhe hat vor den unheimlichen Mächten, die ihr in letzter Zeit nach dem Leben getrachtet haben.

Ob dieser Traum zur Wahrheit wird? Zu Beginn dieses Abschlussbandes der Widerstandstrilogie sieht es nicht so aus. Noch immer weiß Sara nicht, wieso verschiedene Organisationen sie und genau genommen alle, die sie liebt, bedrohen. Sie weiß nur, dass sie manchmal nicht mehr sicher ist, ob sie ihre sieben Sinne noch beieinander hat. Es ist einfach zu mysteriös, wie ihre Widersacher wieder und wieder an sie herankommen. Sara sieht nur noch ihre engen Freunde Sally und Andreas als Vertraute an. Sonst herrscht in ihrem Leben keine Sicherheit mehr. Kann sie überhaupt noch jemandem vertrauen?

Der Abschlussband der Trilogie um die unheimlichen Erlebnisse der jungen Sara ist wirklich gelungen. Auch wenn die Informationen zu Beginn etwas langsam sprudeln und auch eher fragmentarisch erscheinen, gelingt es der Autorin immer wieder über strecken zu packen und zu konsternieren. Tatsächlich fängt man an, sich zu fragen, welche Informationen möglicherweise gesteuert gestreut werden. Dieses Wecken des Zweifels ist ausgesprochen gelungen. Da ist man mitunter beinahe froh, wenn es Momente zum Durchatmen gibt. Zum Finale hin wird es nochmal mächtig spannend. In einem furiosen Showdown treffen die Widersacher aufeinander und man kann lange nicht erahnen, wer schließlich am längeren Hebel sitzt.

Der Abschluss der Widerstandstrilogie fesselt mit politischen und ökonomischen Zusammenhängen und die Wahrheit hinter den vielen Lügen zu entschlüsseln, fasziniert ungemein.

Veröffentlicht am 06.09.2020

Aufs Ganze

Die Unschärfe der Welt
0

Ins Banat ist Florentine ihrem Hannes gefolgt. Als neue Pfarrersfamilie bewohnen sie das zur Gemeinde gehörende Haus, dessen Türen immer offen stehen. Wie weit ab sie von der Zivilisation sind, merkt Florentine ...

Ins Banat ist Florentine ihrem Hannes gefolgt. Als neue Pfarrersfamilie bewohnen sie das zur Gemeinde gehörende Haus, dessen Türen immer offen stehen. Wie weit ab sie von der Zivilisation sind, merkt Florentine als sie befürchten muss, dass mit ihrer Schwangerschaft etwas schief gehen könnte. Zum Bahnhof gelangt sie mit einem Pferdefuhrwerk. Zum Glück geht alles gut, denn Samuel wird ihr einziges Kind bleiben. Hannes hat es als Pfarrer nicht immer leicht. Manchmal ist er unsicher wie er dem Leid in den Familien begegnen soll. Besonders wenn der Tod vor der Zeit Einzug hält in einem Haus.

Zu Beginn meint man, die Handlung spielt möglicherweise zum Beginn des 20. Jahrhunderts. Doch da täuscht man sich, Geschätzt setzt die Geschichte in den 1970ern ein. Ein Besuch aus der DDR lässt die Familie eine andere Wirklichkeit erfahren, was den Vater durchaus in Gefahr bringen kann. In sieben Kapiteln erzählt die Schriftstellerin von Florentine und ihrer Familie. Auf den ersten Blick scheinen diese Geschichten nur wenig zusammen zu hängen. Doch je weiter man liest, desto mehr lernt man die intelligent durchdachte Storyline zu schätzen. Immer neue Facetten kann man entdecken. Auf erstaunliche Weise schließt sich endlich ein Kreis und die verwobenen Lebenswege finden zu einer ausgewogenen Ruhe.

Zu Beginn fragt man sich logischerweise nach dem Sinn, kein Wunder, denn man weiß nicht, was auf einen zukommt. Doch mit jeder Geschichte wird der Zusammenhang klarer und man wird immer mehr gefesselt von den Menschen, die über ihr Leben berichten. Sie alle haben ihren eigenen Blick auf die Zeit. Die Umwälzungen in Rumänien, aber auch die Zeit der Wende, hinterlassen Spuren in dem Erleben, der Lebenssicht. Etwas eigen wirken sie, aber auch stark und irgendwie so normal und gleichzeitig besonders. Dieser Roman schleicht sich nach und nach an, um lange in Erinnerung zu bleiben.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere