Zwei Leben im Kalten Krieg
Kinder ihrer ZeitOstpreußen im Januar 1945, das Ende des Krieges ist absehbar. Die Menschen haben Angst, sind verunsichert, denn die russischen Truppen sind auf dem Vormarsch. Viele entscheiden sich dazu, ihre Heimat zu ...
Ostpreußen im Januar 1945, das Ende des Krieges ist absehbar. Die Menschen haben Angst, sind verunsichert, denn die russischen Truppen sind auf dem Vormarsch. Viele entscheiden sich dazu, ihre Heimat zu verlassen, die Flucht ins Ungewisse anzutreten. So auch Rosa, die sich mit ihren beiden Kindern Alice und Emma auf den Weg gen Westen macht, nicht ahnend, dass die Mädchen unterwegs durch ein tragisches Ereignis auseinandergerissen werden…
Anhand zweier Einzelschicksale richtet Claire Winter unseren Blick einmal mehr auf das Leben in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg, ein Thema, das momentan in der Belletristik über die Maßen präsent ist. Auf der einen Seite Emma, die es mit ihrer Mutter nach Westberlin schafft und dort aufwächst, auf der anderen Seite Alice, deren Sozialisation von den „typisch sozialistischen Erziehungszielen“ geprägt ist und die sich zu einer strammen Kommunistin entwickelt. Als die beiden sich nach einigen Jahren wiederfinden, treten diese Unterschiede deutlich zutage.
Natürlich bietet das Nachkriegs-Berlin in der Zeit bis zum Mauerbau die ideale Kulisse für diese Vorlage. Hier West, da Ost, die Mauer zwar noch nicht errichtet, aber durch die Aufteilung in Zonen durchaus im Alltag für die Bewohner bereits spürbar. Die entsprechende Propaganda der verschiedenen Seiten zeigt ihre Auswirkungen, es ist die Hoch-Zeit des Kalten Krieges, in der alle Geheimdienste ihre Agenten im Sinne der Informationsbeschaffung möglichst wirkungsvoll platzieren. Und so bleibt es nicht aus, dass Bespitzelungen „im Dienst der guten Sache“ auch innerhalb von Familien gang und gäbe sind.
Okay, Claire Winter ist kein John le Careé, aber das diese Erwartungshaltung hat ihre Klientel auch nicht. Ihr Schwerpunkt ist die emotionale Sichtweise, sie fragt hier danach, was diese äußeren Bedingungen mit Menschen machen, die durch Blutsbande miteinander verbunden sind. Klar, daraus resultiert jede Menge persönliches Drama, Politik kommt nur am Rande vor und ist dann doch eher von den gängigen Klischees geprägt. Das ist in Ordnung, denn dieser Roman ist ein Schmöker und will in erster Linie unterhalten. Aber vielleicht weckt die Geschichte der beiden Schwestern das Interesse für diese spannende Zeit. Ich würde es mir wünschen.