Profilbild von Readaholic

Readaholic

Lesejury Star
offline

Readaholic ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Readaholic über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.09.2021

Seicht und vorhersehbar

Erben wollen sie alle
0

Die Witwe Bianca, die auf Mallorca eine schöne Finca besitzt, wird 75. Vor kurzem hat sie den etwas jüngeren Wolfgang kennengelernt und spontan beschlossen, ihre Finca zu verkaufen und mit „Wolfi“ eine ...

Die Witwe Bianca, die auf Mallorca eine schöne Finca besitzt, wird 75. Vor kurzem hat sie den etwas jüngeren Wolfgang kennengelernt und spontan beschlossen, ihre Finca zu verkaufen und mit „Wolfi“ eine Weltreise zu unternehmen. Wozu alles den Kindern vererben, die sich sowieso nicht um sie kümmern?
Doch ebendiese werden von Biancas Putzfrau Teresa über das Vorhaben informiert und fliegen höchst alarmiert ein, schließlich sehen sie ihre Felle bzw. das Erbe davonschwimmen. Sie sind überzeugt, dass es sich bei Wolfi um einen Heiratsschwindler handelt.
Biancas Sohn und Tochter hatten sich von ihr entfremdet, nachdem sich Bianca von ihrem Mann getrennt hatte und dieser kurz darauf starb. Obwohl sie eigentlich nur des Geldes willen nach Mallorca kamen, entwickelt sich nun doch wieder eine Art von Familienverbundenheit und manches kommt zutage, von dem sie keine Ahnung hatten.
Den Beginn des Buchs fand ich noch ganz amüsant. Nach vielen Lektüren mit schwerer Kost wollte ich mal zwischendurch mal etwas Lustiges lesen. Allerdings war mir diese Geschichte dann doch zu seicht und klischeehaft. Bianca hat die nervige Angewohnheit, ihre Tage abends im Telegrammstil in Form von Tagebucheinträgen festzuhalten. Man liest unzusammenhängende Gedankenfetzen, z.B. „also weiterlügen, würde Steffen helfen, zurück nach Deutschland?“, das Ganze gespickt mit Emojis. Diese Art von Schreibstil mögen manche Leute lustig finden, ich empfand es als Zumutung. Überhaupt ist das Ganze äußerst leichte Kost, ich hatte mir mehr Humor und ein Minimum an Tiefgang versprochen. Wie das große Geheimnis um den verstorbenen Ehemann gelüftet wird, ist einfach lachhaft und an den Haaren herbeigezogen. Die vielen Missverständnisse und Probleme werden selbstverständlich nach entsprechendem Hin und Her aus der Welt geräumt und am Ende sind alle wie zu erwarten glücklich. Ich habe mich ziemlich durch das Buch gequält.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 21.05.2021

Dümpelt so vor sich hin

Venezianische Verwicklungen (Ein Luca-Brassoni-Krimi 1)
0

Ein renommierter deutscher Kunstprofessor reist mit einer Doktorandin nach Venedig, um die Echtheit eines neu aufgetauchten Gemäldes von Picasso zu untersuchen. Kurz danach wird er ermordet, auf die Doktorandin ...

Ein renommierter deutscher Kunstprofessor reist mit einer Doktorandin nach Venedig, um die Echtheit eines neu aufgetauchten Gemäldes von Picasso zu untersuchen. Kurz danach wird er ermordet, auf die Doktorandin wird ebenfalls ein Anschlag verübt. Commissario Luca Brassoni , der den Fall untersucht, hat alsbald Zweifel an der Integrität sowohl des Professors als auch des Leiters des Museums, dem der Picasso zum Kauf angeboten wurde.
„Venezianische Verwicklungen“ lebt hauptsächlich von den Beschreibungen des Schauplatzes Venedig und den vielen eingestreuten italienischen Sätzen, der eigentliche Kriminalfall dümpelt so vor sich hin. Erst ganz am Schluss nimmt die Geschichte Fahrt auf und es entsteht Spannung. Was für meine Begriffe vollkommen unnötig ist und mich entsprechend gelangweilt hat, waren die Exkursionen in Brassonis Liebesleben, das teilweise äußerst schwülstig beschrieben wird.
Brassoni, der bereits eine gescheiterte Ehe hinter sich hat, benimmt sich wie ein pubertierender Teenager, wird in Gegenwart seiner Angebeteten rot und fängt an zu stammeln, und obwohl er die Affäre mit einer verheirateten Sekretärin am liebsten beenden möchte, ist er nicht dazu in der Lage, sondern ist angesichts ihrer körperlichen Reize (tolle Figur, meerblaue Augen, perlweiße Zähne) völlig hilf- und willenlos. Anscheinend entwickelt sich der Commissario im Lauf der nächsten Bände der Reihe und benimmt sich wie man es von einem Mann seines Alters eher erwarten würde, doch mir hat diese kurze Begegnung mit Brassoni gereicht, ich werde sie nicht weiter vertiefen.
Am meisten gestört hat mich an diesem Hörbuch, dass mir einiges ganz und gar unlogisch erschien und so mancher Verdacht ohne irgendwelche Beweise plötzlich zur Tatsache mutiert.
Was ich mir allerdings gut vorstellen könnte, ist eine Verfilmung der Geschichte. Es wäre sicher viel interessanter, den morbiden Charme Venedigs zu sehen, anstatt ihn nur beschrieben zu bekommen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 03.05.2021

Im Osten nichts Neues

Kim Jiyoung, geboren 1982
0

Die 33jährige Kim Jiyoung leidet unter einer Persönlichkeitsstörung. Sie spricht und verhält sich wie ihre Mutter, dann wieder wie eine verstorbene Freundin, wobei sie von Ereignissen erzählt, die sie ...

Die 33jährige Kim Jiyoung leidet unter einer Persönlichkeitsstörung. Sie spricht und verhält sich wie ihre Mutter, dann wieder wie eine verstorbene Freundin, wobei sie von Ereignissen erzählt, die sie gar nicht miterlebt hat, ein Umstand, der nicht weiter erklärt wird.
Kim Jiyoung sucht daraufhin einen Psychiater auf, der Kims Werdegang in knappen und emotionslosen Worten schildert. Als mittlere von drei Geschwistern wächst sie in einer Familie auf, in der die Mutter die Fäden in der Hand hält und dafür sorgt, dass die Kinder ein gutes Leben führen können. Trotzdem ist es der wenig erfolgreiche Vater, der sich damit brüstet, wie weit sie es gebracht haben. Die Mutter, eine starke Frau, lässt dies jedoch so nicht stehen und bietet ihm Paroli.
Mit einer starken Mutterfigur vor Augen wundert es mich sehr, dass Kim Jiyoung so unterwürfig und duckmäuserisch durchs Leben geht. Ja, das Leben in Südkorea scheint ausgesprochen sexistisch und frauenfeindlich zu sein. Aber wenn man sich wie Kim Tag für Tag diesem Sexismus unterordnet und nie traut, den Mund aufzumachen und sich zu wehren, wie soll sich dann jemals etwas an der Situation ändern? Als Kim hochschwanger in der U-Bahn beleidigt wird, rennt sie beispielsweise tränenüberströmt davon und geht den restlichen langen Weg zu Fuß nach Hause, anstatt wütend zu werden und sich zu verteidigen. Dieses Verhalten ging mir unheimlich gegen den Strich. Vieles, was in diesem Buch geschildert wird, ist wirklich übel, aber Kims Verhalten ist es auch. Mimimi auf über 200 Seiten!
Es ist kaum vorstellbar, dass die geschilderten Zustände sich auf die jüngste Vergangenheit beziehen sollen. Ist Südkorea in gesellschaftlicher Hinsicht wirklich so rückständig? Zu gern würde ich eine südkoreanische Doktorandin befragen, die ich vor 2 Jahren kennenlernte, zu der ich aber leider den Kontakt verloren habe. Ihre Meinung würde mich wirklich sehr interessieren. Ich erinnere mich, dass sie auf jeden Fall von Deutschland nach Seoul zurückkehren wollte, weil sie sich dort gute Zukunftschancen ausrechnete. Das passt überhaupt nicht zu der im vorliegenden Roman propagierten Darstellung.
Ich hatte die Leseprobe sowie begeisterte Rezensionen gelesen, erwartete also ein interessantes Buch. Leider bin ich sehr enttäuscht. Der Sprachstil ist simpel und erinnert mich an den Schulaufsatz eines Drittklässlers, und leider konnte ich keine Empathie mit der Protagonistin empfinden, da ich mich so über ihre passive Opferrolle geärgert habe. Mir ist es ein Rätsel, wie es dieses Buch geschafft hat, zum „Weltbestseller“ zu werden!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.04.2021

Von Kommunisten und Kommunarden

Teufelsberg (Wolf Heller ermittelt 2)
0

Zu Beginn des Buchs wird eine Frau von einem jungen Mann erdrosselt, mit dem sie eben noch getanzt und gekifft hat. Ein völlig sinnloser Mord, doch da der Mörder kurz darauf selbst das Zeitliche segnet, ...

Zu Beginn des Buchs wird eine Frau von einem jungen Mann erdrosselt, mit dem sie eben noch getanzt und gekifft hat. Ein völlig sinnloser Mord, doch da der Mörder kurz darauf selbst das Zeitliche segnet, kann er nicht mehr zu seinen Beweggründen befragt werden. Die Nichte der Ermordeten, die junge attraktive Amerikanerin Louise, findet die Tante und alarmiert die Polizei. Es stellt sich heraus, dass Louise und der herbeigerufene Kommissar Wolf Heller mal was miteinander hatten, was schon ein großer Zufall ist, aber hej, Berlin ist ja ein Dorf.
Es geschehen weitere Morde, die Polizei stößt auf einen Vierfachmörder von Frauen, doch statt ihn dingfest zu machen, wird er erst mal beschattet. Dass er derweil die Frau, bei der er gerade wohnt, übelst zurichtet, ist anscheinend ein hinzunehmender Kollateralschaden und wie so manches in diesem Roman ziemlich fragwürdig.
Wolf Hellers Halbschwester Petra, gerade erst aus Berchtesgaden angereist, wo es ihr in sexueller Hinsicht zu langweilig war, zieht in kürzester Zeit in eine angesagte Kommune zu einem stadtbekannten Terroristen, erpresst einen Immobilienhai und fackelt zusammen mit ihrem Lover ein Auto ab. Außerdem erfährt der Leser, dass „die Uschi“ darauf aufpasst, dass „der Rainer“ nicht fremdgeht. Jüngere Leser haben wahrscheinlich keine Ahnung, um wen es sich hierbei handelt, aber mal ganz abgesehen davon, wen sollte es heute noch interessieren, wer vor 50 Jahren mit wem im Bett war?
Die hübsche Louise verliebt sich währenddessen in einen russischen KGB Agenten, der sich als Amerikaner ausgibt und sie prompt entführt. Die ganze Story ist äußerst lahm und ich habe mich über weite Strecken gelangweilt.
Im übrigen frage ich mich, ob Bücher heutzutage nicht mehr korrekturgelesen werden? Gleich zweimal wird „dass“ mit „das“ verwechselt, ein Armutszeugnis für einen renommierten Verlag. Von diesem Buch hatte ich mir weitaus mehr versprochen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.09.2020

Vom Ozelot, der sein Leben für einen Bikini lassen musste

Ozelot und Friesennerz
0

Als ich das Buch entdeckte, dachte ich, endlich einmal ein Sylt-Buch ohne Sommer-Sonne-Strandkorb-Liebe. Auch die Leseprobe hat mich angesprochen, wenngleich ich die Aussage, dass man „als echte Sylterin ...

Als ich das Buch entdeckte, dachte ich, endlich einmal ein Sylt-Buch ohne Sommer-Sonne-Strandkorb-Liebe. Auch die Leseprobe hat mich angesprochen, wenngleich ich die Aussage, dass man „als echte Sylterin qua Geburt automatisch etwas Besonderes“ und „automatisch einem Adelsgeschlecht angehört“ doch etwas fragwürdig finde.
In ihrem Buch (das übrigens für mein Empfinden kein Roman, sondern eine Sammlung von Anekdoten und Ereignissen ist) beschreibt Sabine Matthiessen ihre Kindheit und Jugend auf Sylt, einem Sylt, das man – Gottseidank – so heute nicht mehr vorfindet. Der Mief der Sechziger und Siebzigerjahre kroch einem während der Lektüre praktisch in die Knochen.
Die Familien vermieteten die eigenen Schlafzimmer und campierten während der Saison zusammengepfercht im Wohnzimmer. Für die Kinder war keine Zeit, die mussten sich selbst beschäftigen und gut benehmen. Abends gingen die Eltern dann auch gerne noch aus und gaben den Kindern Schlaftabletten, damit sie nicht aufwachten, während die Eltern außer Haus waren. Äußerst befremdlich fand ich, dass die Autorin als Baby im Schlafzimmer mit im Ehebett der Feriengäste schlief und nach deren Syltaufenthalt sogar mit ihnen „in Urlaub“ fuhr.
Die Autorin entstammt einer bekannten Kürschnerfamilie, damals gehörte es wohl dazu, dass die reichen Urlauber mit einem Pelz nach Hause fuhren. Es war eine andere Zeit, Pelz zu tragen war noch nicht verpönt. Trotzdem finde ich es sehr bedenklich, wie unreflektiert Frau Matthiessen gewissen Anekdoten erzählt. Zum Beispiel die Geschichte, in der ein namentlich genannter Bankier für seine junge Gespielin einen Bikini aus Ozelot anfertigen lässt und die Autorin das Fell dieses vom Aussterben bedrohten Tieres als „Wildware“ bezeichnet. Sicher ist dies der Fachbegriff, aber ich empfinde ihn in der heutigen Zeit doch als ausgesprochen zynisch.
Überhaupt erzählt Susanne Matthiessen gerne Klatschgeschichten über bekannte Personen. Will ich wirklich wissen, wie Willy Brandt betrunken vom Balkon fiel oder ein bekannter Verleger ungepflegt mit fettigem Haar im Laden saß? Nein! Wenn ich solche Geschichten lesen will, kaufe ich mir die Zeitung mit den großen Buchstaben.
Es gab Passagen, die ich interessant fand, aber im Großen und Ganzen hat mich das Buch eher gelangweilt. Mir fällt nicht eine Person im gesamten Buch ein, die mir sympathisch war, und der Schreibstil kommt sehr abgehackt und holprig daher. Für mich war es eine ziemlich enttäuschende Lektüre.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere