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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.02.2017

leise und eindringlich

Der Ruf der Bäume
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Tracy Chevalier hat einen ganz eigenen Erzählstil, den ich schon aus ihren allerersten Büchern, z.B. „Das Mädchen mit dem Perlenohrring“ sehr schätze. Unaufgeregt und als Meisterin der leisen Töne zeigt ...

Tracy Chevalier hat einen ganz eigenen Erzählstil, den ich schon aus ihren allerersten Büchern, z.B. „Das Mädchen mit dem Perlenohrring“ sehr schätze. Unaufgeregt und als Meisterin der leisen Töne zeigt sie sich auch in ihrem neuen Buch „Der Ruf der Bäume“. Es handelt sich um eine generationsübergreifende Familiengeschichte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts im ländlichen Nordamerika. Das junge Ehepaar Goodenoughs wagt die Planwagenreise in den verheißungsvollen Westen, kommen aber nur bis Ohio, wo sie schließlich eine kleine Apfelplantage gründen. Aber das Leben ist nicht leicht und schmerzliche Verluste und Streit bis hin zur Gewalt zerrütten die Ehe und belasten die ganze Familie. Dies ist auch einer der Gründe, warum Sohn Robert sein Glück in Kalifornien sucht. Er folgt dem Ruf der Mammutbäume und hofft dort auf mehr Glück. Aber geprägt von seinen Kindheitserfahrungen ist er ein Mensch, der sich schwer mit Nähe und Vertrauen tut und auf andere Art ist auch sein Leben ein schweres.

Durch Briefe und Perspektiv- und Zeitsprünge erhält der Leser tiefe Einblicke in das Innere einer amerikanischen Familie. Die menschlichen Abgründe und Verwicklungen werden ebenso eindringlich wie nüchtern beschrieben. Die Tragik und Dramatik liegt in den Schicksalsschlägen, die die Familie erschüttern, auch in den Unbillen der Natur und den unerfüllten Wünschen der Protagonisten, die letztendlich alle nicht aus ihrer eigenen Haut können.

Das Buch hat mich auf stille Weise gefesselt und begeistert. Ich mag den menschlich einfühlsamen Ton, den Tracy Chevalier auch dann trifft, wenn sie über die Schwächen der Protagonisten schreibt . Es ist ein ruhiges trauriges Buch. Ich habe es sehr gerne gelesen.

Veröffentlicht am 25.01.2017

Leseempfehlung

Das Haus in der Nebelgasse
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Matilda Gray ist eine Heldin so liebenswert und lebensnah, wie ich sie von Susanne Goga kenne und schätze. Sie lebt im London des 20. Jahrhunderts das typische Leben einer jungen Lehrerin. Die durften ...

Matilda Gray ist eine Heldin so liebenswert und lebensnah, wie ich sie von Susanne Goga kenne und schätze. Sie lebt im London des 20. Jahrhunderts das typische Leben einer jungen Lehrerin. Die durften ja damals nicht heiraten und da ihr einziger Bruder im Ausland im Kriegseinsatz ist, wohnt sie im Haus der verwitweten Mrs. Westlake, die sie mütterlich und hilfsbereit in allen Lebenslagen unterstützt und der ruhende Pol dieser Geschichte ist. Das seltsame Verschwinden einer ihrer Schülerin weckt Matildas Neugier und sie entwickelt einen Spürsinn und eine kriminalistische Schläue, die bald zu ersten Ergebnissen führen. Was folgt ist ein regelrechtes Krimi-Puzzle in dem Matilda mit Hilfe des sympathischen Dr. Fleming Stück für Stück der Lösung des Rätsels auf den Grund geht. Der Leser kann sie dabei wunderbar begleiten und mit ihr ein Abenteuer erleben, wie man es der braven Lehrerin erst gar nicht zugetraut hätte.

Die Inkredenzien dieses Romans sind wie immer fein ausgewogen. Neben den interessanten Haupt-Charakteren und den diversen, teils sehr amüsanten Nebendarstellern, quillt das nebelverhangene Flair des alten London aus jeder Seite und man gelangt in so manchen alten Keller und blättert auch mal in alten Kirchenregistern und schnuppert die Luft der Themse und der Londoner Universität gleichermaßen. Eine würzige Prise Geschichte gemixt mit Unterhaltung.

Das letzte Drittel zieht der Spannungsbogen gewaltig an und ich konnte das Buch kaum mehr zur Seite legen. Die bittersüße, zarte Liebesgeschichte passt harmonisch in die Geschichte und ist frei von Kitsch aber dennoch voller Gefühl.

Mein Fazit: Ein wunderbarer neuer Roman von Susanne Goga. Vergnügliche Lesestunden garantiert. Wie immer eine dicke Leseempfehlung und auch als Geschenk wunderbar geeignet.

Veröffentlicht am 20.01.2017

Kochen mit Esprit

Easy. Überraschend. Low Carb.
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Low Carb heißt ja das neue magische Zauberwort auf dem Koch-Sektor. Es gibt ja immer wieder neue Trends. Nach Vegetarisch und Vegan jetzt Superfood und Low Carb. Das Buch von Bettina Matthaie eignet sich ...

Low Carb heißt ja das neue magische Zauberwort auf dem Koch-Sektor. Es gibt ja immer wieder neue Trends. Nach Vegetarisch und Vegan jetzt Superfood und Low Carb. Das Buch von Bettina Matthaie eignet sich auf jeden Fall sehr gut als Einstiegshilfe und für erste Geh- sprich Kochversuche auf diesem Gebiet.

Die Einleitung ist relativ kurz und unspektakulär gehalten. Es werden die Grundsätze erklärt und auch darauf hingewiesen, dass es keine reine Diät sein soll und man nicht alleine aus der Menge der Kalorien sagen kann, wer wieviel abnimmt. Mir ging es auch nicht um eine Diät sondern um neue gesunde Ansatzpunkte für meinen Speiseplan. Dieses Kriterium konnte das Buch voll und ganz erfüllen, denn es gab jede Menge Neues zu entdecken.

Die Aufmachung ist sehr ansprechend. Jedes Rezept wird gut beschrieben und auch mit einem Bild abgerundet. Die Fotos sind ästhetisch und die Zusammenstellung der Gerichte ist nicht nur geschmacklich interessant sondern auch immer optisch ein Knaller. Hier wird mit Farben und Geschmacksnoten jongliert und dabei versucht, dem Körper die optimale Mischung an Nährstoffen und Fetten zuzuführen und möglichst auf Ballaststoffe zu verzichten.
Das Buch ist für mich ein Feue
rwerk neuer Ideen. Auch wenn ich mich sicherlich nicht sklavisch an die Rezepte und die Beilagen halten werde, ist es doch ein Volltreffer was Kreativität und Esprit betrifft.

Von mir eine unbedingte Kochbuchempfehlung für Leute, die aufgeschlossen und neugierig auf Neues sind.

Veröffentlicht am 30.12.2016

abenteuerlich und spannend - mehr davon

Der Sturm der Normannen
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Mit „Der Sturm der Normannen“ geht die historische Saga von Ulf Schiewe in die vierte Runde. Drei Jahre sind vergangen und Robert und seine Normannen stehen mal wieder vor Cosenza und versuchen, die Stadt ...

Mit „Der Sturm der Normannen“ geht die historische Saga von Ulf Schiewe in die vierte Runde. Drei Jahre sind vergangen und Robert und seine Normannen stehen mal wieder vor Cosenza und versuchen, die Stadt zu erobern. Ihm zur Seite sein jüngerer Bruder Roger, Ziehbruder Gilbert und all die anderen liebgewonnenen Nordmänner aus den Vorgängerbänden. Und wieder wird gekämpft und erobert, was das Zeug hält. Bald gibt Streit unter den Brüdern Hauteville, aber auch neue Allianzen und ungeahnte Freundschaften, die hier geschlossen werden. Das Italien des Elften Jahrhunderts ist der Schauplatz dieser historischen Reihe, die nicht nur durch eine unterhaltsame abenteuerliche Story und stark gezeichnete Charaktere besticht, sondern auch durch jede Menge geschichtliche Fakten und Zusammenhänge.

Es gibt vieles, was mir wieder genauso gut gefallen hat, wie schon in der ganzen Reihe. Z.B. die starken Frauenfiguren, die neben den wilden Nordmännern zu bestehen wissen und die der Geschichte eine ganz eigene Note geben. Allen voran natürlich Gerlaine, die diesmal etwas sanfter rüber kommt, da sie ja jetzt Mutter und um ihre kleine Familie besorgt ist. Mehr als einmal blickt sie weise in die Zukunft und hat ein Gespür für Dinge, die anderen verborgen bleiben. Der Ich-Erzähler, Gilbert ist ein kluger, mutiger Kopf, der seine Frau liebt, Robert treu ergeben ist und trotzdem auch mal eigene Ideen ausprobiert und etwas wagt und gerade deshalb wohl auch meistens gewinnt.

Es ist ein Buch, wie man(n) und Frau es sich wünscht. Mit all dem, was ich an Schiewe-Büchern so schätze: coole Kämpfern, die z.B. Ragnar und Thore heißen und jede Menge Abenteuer erleben; Frauen, die Wissen, was sie wollen und für ihre Liebe kämpfen und mutig Wagnisse eingehen; mit blutigen Schlachten, aus denen nicht jeder als Sieger hervorgehen kann und die auch mal Opfer fordern; mit Verlierern und Gegnern, die das Salz in der Suppe sind und die maßgeblich dafür sorgen, dass die Helden in der Geschichte auch als solche glänzen können.

Es scheint, als habe diese tolle Reihe zu wenig Leser und der Verlag möchte sie nicht fortführen. Ich kann das wirklich gar nicht nachvollziehen, denn Schiewe kann problemlos mit den Büchern von Bernard Cornwell mithalten. Und dessen Serie geht gerade in die 10.te Runde. Das würde ich mir hier auch wünschen. Oder zumindest, dass sie noch mit den von Ulf Schiewe angekündigten zwei Abschlussbänden zu Ende geführt wird.

Von mir volle Punktzahl für allerbeste Unterhaltung.

Veröffentlicht am 12.12.2016

sehr spannend

Lunapark
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Am Anfang des neuen Kutscher-Krimis „Lunapark“ steht ein toter SA-Mann. Da in der Nähe der Leiche kommunistische Parolen gefunden werden, wird auch die Geheime Staatspolizei auf den Fall aufmerksam und ...

Am Anfang des neuen Kutscher-Krimis „Lunapark“ steht ein toter SA-Mann. Da in der Nähe der Leiche kommunistische Parolen gefunden werden, wird auch die Geheime Staatspolizei auf den Fall aufmerksam und Rath muss widerwillig mit seinem ehemaligen Kollegen Gräf zusammenarbeiten, der jetzt dort als Kommissär den gleichen Rang wie Geron bekleidet. Aber Rath zweifelt an den politischen Motiven für diesen Mord. Er beginnt im Geheimen und auf eigene Faust zu ermitteln und findet schnell eine heiße Spur, die ihn auch in die eigene Vergangenheit führt.

Schnell ist man wieder drinnen im Berlin der 30er Jahre. Die Nazis sind seit einem Jahr an der Macht und es ist erschreckend, wie sie die politische Stimmung in Deutschland nach ihren Wünschen bereits verändert haben. SA und SS führen ein hartes Regime. Politisch Andersdenkende werden ebenso rigide verfolgt wie Juden und Homosexuelle. Es wird gedroht und gefoltert, bei Verhaftungen kommt es schon mal zu Verletzten und Toten und nur allzu schnell kann man im KL landen.

Gereon Rath versucht diese Zustände noch immer auf seine eigene Art zu verdrängen. Er hofft darauf, dass die Nazis nur eine kurze Episode in Deutschland sind und dass er und seine Familie das Ganze schon aussitzen könnten, wenn sie sich nur unauffällig verhalten. Während weitere SA-Männer erschlagen werden muss er erkennen, dass der mutmaßliche Mörder ein alter Bekannter ist, den die Polizei auf keinen Fall verhaften darf, da er sonst auch Rath mit ins Verderben reißen könnte. Auch der Gangsterboß Marlow hat ein gesteigertes Interesse daran, dass der Täter verschwindet und er versucht deshalb Rath unter Druck zu setzen. Von all dem weiß Charly wenig. Sie ist auf der Suche nach einem jungen Kommunisten, der irgendwo im Berliner Untergrund leben soll und den seine Schwester unbedingt treffen möchte. Ihrem Mann erzählt Charly wohlweislich nichts von ihren eigenen Ermittlungen und bringt sich damit in große Gefahr.

Volker Kutscher hat diesmal den Kriminalfall etwas mehr in den Hintergrund treten lassen, um die politische Situation Deutschlands unter den Nazis und die persönliche Entwicklung der Protagonisten noch intensiver erzählen zu können. Gereon ist kein strahlender Held sondern einer mit Ecken und Kanten, der manchmal mehr Glück als Verstand hat, während er versucht ohne Wissen von Gräf und der SA den Mörder zu fassen. Charly ist eine liebenswerte für ihre Zeit erfrischend selbstständige Frau, die ihre eigene Meinung mit Vehemenz vertreten kann. Und der junge Fritze wird zum Leidwesen seiner Pflegeeltern und zum Schrecken des Lesers von der Propaganda der Nazis eingelullt und hinterfragt die Handlungen der Erwachsenen mit wachsendem Interesse. Die historisch belegten Ereignisse sind eng mit der Geschichte um diese Hauptpersonen verknüpft. Alle drei werden in einen Strudel der Ereignisse gezogen und unterschätzen mehr als einmal die Brisanz und die Bedrohung für ihre kleine Familie. Nebenbei gibt es auch kleine Gastspiele historischer Prominenz wie z.B. Adenauer und Heydrich, die dem Ganzen noch mehr Authentizität geben.

Das Buch ist unglaublich spannend und auch wenn die Stimmung eine bedrückende ist, so macht es doch Spaß „Lunapark“ zu lesen. Bei zwei, drei Stellen hat der Zufall die Hand im Spiel aber ich kann das dem Autor nachsehen, denn ansonsten ist es ein kluger historischer Krimi und eine hervorragende Fortsetzung dieser Reihe. Ich freue mich schon auf das nächste Buch - und auf die Verfilmung, die bereits im nächsten Jahr zu sehen sein wird.