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Veröffentlicht am 13.09.2020

Harte Kost, aber wichtig!

Ein Versteck unter Feinden
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Roxane van Iperen hat mit „Ein Versteck unter Feinden“ ein wichtiges und aufwühlendes Werk geschaffen: Ein Mahnmal, das an den Widerstand in der Nazidiktatur erinnert.

Die Entstehungsgeschichte des Buches ...

Roxane van Iperen hat mit „Ein Versteck unter Feinden“ ein wichtiges und aufwühlendes Werk geschaffen: Ein Mahnmal, das an den Widerstand in der Nazidiktatur erinnert.

Die Entstehungsgeschichte des Buches ist äußerst interessant:
Die niederländische Juristin und Publizistin Roxane van Iperen zog 2012 in die Villa „t‘Hooge Nest“ („Das hohe Nest“).
Bei den Renovierungsarbeiten stieß sie auf Verstecke und fand sie Papiere und andere Materialien, die auf den jüdischen Widerstand im zweiten Weltkrieg hinwiesen.

Ihre Neugierde war geweckt. Sie begann gründlich zu recherchieren.
So entstand dieser Roman.

Er ist die bewegende Biographie der jüdischen Schwestern Lien und Janny, die im zweiten Weltkrieg in den Niederlanden den jüdischen Widerstand während der Nazi-Besatzung organisiert und nach Kriegsende der Familie Frank die Nachricht vom Tod ihrer Töchter Anne und Margot überbracht haben.

Die mutigen Schwestern Lien und Janny wuchsen in Amsterdam auf, widmeten später ihr Leben dem Widerstand und versteckten genau hier, in dieser von ihnen gemieteten Villa, während des Krieges zahlreiche Menschen, die untertauchen mussten.
Juden auf der Flucht, politische Flüchtlinge, Leute aus dem Widerstand.
„Das hohe Nest“ wurde zu einem Zentrum des Widerstands gegen die deutsche Besatzungsmacht.

Die Autorin beschreibt das Leben in der Villa ausführlich. Man lernt Bewohner der umliegenden Orte kennen, die die Schwestern und die Untergetauchten unterstützen und man liest von brenzligen Situationen und kritische Begegnungen.

Im Sommer 1944 wurden sie verraten.

Die Schwestern und die meisten Bewohner wurden daraufhin ins Durchgangslager Westerbork deportiert.
Dort lernten Lien und Janny Anne und Margot Frank kennen.
Letztlich wurden die vier jungen Frauen nach Bergen-Belsen umquartiert, ein Lager, in dem es kaum etwas zu essen gab und in dem Krankheiten wie Ruhr und Flecktyphus grassierten.
Margot und Anne verstarben dort.

Die Autorin schildert die Zustände in den Konzentrationslagern eindringlich.

Sie schreibt insgesamt sehr nüchtern, weshalb das Buch wohl als Sachbuch beworben wird. Es liest sich aber trotz Faktenreichtum und Sachlichkeit spannend wie ein Roman, ist packend, ergreifend und informativ.
Ein Werk, das nachdenklich stimmt und nachhallt.

Wer sich für gut recherchierte Geschichte interessiert und gerade in der Stimmung ist, harte Kost zu verdauen, sollte dieses Buch lesen!

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Veröffentlicht am 12.09.2020

Eine anspruchsvolle und besondere Perle!

Der zerrissene Brief
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Dieser Roman ist etwas Besonderes!
Eine Lebensgeschichte, eine Liebesgeschichte - und noch viel mehr.

Die Sprache ist brilliant.
Scheinbar mühelos findet Hanns Zischler diskrete, einfühlsame und gleichzeitig ...

Dieser Roman ist etwas Besonderes!
Eine Lebensgeschichte, eine Liebesgeschichte - und noch viel mehr.

Die Sprache ist brilliant.
Scheinbar mühelos findet Hanns Zischler diskrete, einfühlsame und gleichzeitig prägnante und präzise Worte, um eine spannende Lebensgeschichte zu erzählen.
Kein Wort zu viel, keines zu wenig. Und trotzdem oder gerade deshalb poetisch und literarisch überzeugend.

Die Atmosphäre des beginnenden 20. Jahrhunderts wird anschaulich und glaubhaft vermittelt und die Sprachbilder, die der Autor verwendet sind einfach nur schön.

1899 gehörte schon was dazu, wenn eine junge Frau aus einem fränkischen Dorf sich auf den Weg nach New York machte.
Die lebenshungrige 17-jährige Pauline hat genau das getan.

Warum eigentlich, wo sie doch gerade den weltmännischen und um 30 Jahre älteren Max kennen und lieben gelernt hat?
Warum gibt er ihr 2000 Reichsmark und schickt sie für 2 Jahre nach Amerika?

In New York arbeitet Pauline in den Botanic Gardens in der Bronx.
Sie wird selbständig und lernt viel.
Nach den 2 Jahren heiratet das Paar.
Und dann beginnt das gemeinsame Abenteuer.
Klingt seltsam?
Ja, das tut es auf den ersten Blick.

Zeitsprung,

1966 wird die nun 84-jährige Pauline von Elsa besucht.
Die Biologiestudentin Elsa hat als Kind ihre Ferien bei Pauline verbracht und kürzlich eine Beziehung beendet.
Anhand von Paulines Erinnerungen an ihr abenteuerliches, bewegtes und aufregendes Leben, taucht Elsa nun in eine ganz andere Welt ein.

Pauline erzählt nicht chronologisch sondern bruchstückhaft. Sie beantwortet Elsas Fragen und lässt sich von Einfällen und Erinnerungen leiten.

Sehr originell finde ich den Beginn des Romans: Elsa schreibt einen Brief an den Autor. Sie erklärt ihm darin, woher sie Pauline kennt und wie sie zu deren umfangreichen Aufzeichnungen kam.

Dieser gleichermaßen anspruchsvolle wie bereichernde Roman sollte meines Erachtens langsam und am Stück gelesen werden, damit man voll darin eintauchen kann.
Auf diese Weise kann man sich intensiv auf die Unterhaltungen, Gedankensprünge und Themenwechsel einlassen.
Da der Text etwas Bruchstückhaftes hat und ein bisschen an ein Puzzle erinnert, fällt die Lektüre leichter, wenn man dran bleibt und sich ihr uneingeschränkt zuwendet.

Absolut Lesenswert!

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Veröffentlicht am 11.09.2020

Wie Eines zum Anderen führt und wie alles zusammenhängt.

Jägerin und Sammlerin
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In diesem Roman erzählt Lana Lux eindrücklich von einer schwierigen Mutter-Tochter-Beziehung vor dem Hintergrund einer Migrationsgeschichte.

Alisa, die kurz vor dem Abitur steht, mehrere Nebenjobs hat ...

In diesem Roman erzählt Lana Lux eindrücklich von einer schwierigen Mutter-Tochter-Beziehung vor dem Hintergrund einer Migrationsgeschichte.

Alisa, die kurz vor dem Abitur steht, mehrere Nebenjobs hat und mit ihrer Freundin Mascha zusammenlebt, hadert mit sich und der Welt.
Sie hat eine Essstörung. Um ihre Affekte zu kontrollieren und ihr inneres Gleichgewicht einigermaßen aufrecht zu erhalten, versinkt sie wiederholt in Phasen des Fressens und Erbrechens. Auf diese Phasen folgen regelmäßig Tiefpunkte, in denen sie unter Versagensgefühlen, Selbstvorwürfen, Selbsthass und Hoffnungslosigkeit leidet.
Der Teufelskreis einer Bulimie.
Aber die Bulimie hat auch ihre gute Seiten. Sie ist ständig präsent.
Wie eine beste Freundin.

Tanya, Alisas Mutter, bemerkt nichts von der Not ihrer Tochter. Sie ist mit ihren eigenen Angelegenheiten beschäftigt und hat ihre eigenen Probleme. Um ihr Selbstwertgefühl stabil zu halten, jagt sie der Wertschätzung und Anerkennung der Anderen hinterher. Alles muss besser, schöner und erfolgreicher werden.

Die Autorin seziert eine schädigende und ungesunde Mutter-Tochter-Beziehung. Sie erzählt glaubhaft und beschreibt feinfühlig und ohne zu werten.
Man bekommt ein Gefühl für die Protagonisten und erlebt sie in Ihrer Vielschichtigkeit.

Alisa wuchs unter erschwerten Bedingungen auf.
Sie konnte den hohen Ansprüchen und Erwartungen ihrer perfektionistischen Mutter nicht genügen, die Mutter war mit ihren eigenen Sorgen beschäftigt und zudem gab es nach der Emigration aus der Ukraine nach Deutschland (da war Alisa zwei Jahre alt) Schwierigkeiten bei der Integration.

Der Vater, in der Ukraine ein erfolgreicher Geschäftsmann, fand nach dem Umzug keine Arbeit und sträubte sich, die deutsche Sprache zu erlernen.
Die Eltern stritten sehr viel und schließlich verließ der Vater die Familie und ging zurück in die Ukraine.

Eine Rollenumkehr zwingt Alisa, sich um die Mutter zu kümmern, anstatt von ihr Beistand, Trost und Zuwendung zu bekommen.

Viel mehr möchte ich nicht erzählen, weil ich niemandes Lesevergnügen mindern möchte.

Nur so viel: Es liegt auf der Hand, dass Alisa Hilfe braucht.
Sie macht den ersten und wichtigsten Schritt und beginnt eine Therapie...

Lana Lux hat hier ein sehr realistisches, bedrückendes und berührendes Szenario entworfen.

Wenn jemand vor der Lektüre noch nicht wusste, was eine Bulimie ist, so hat er danach ein umfangreiches, detailliertes und wahrheitsgetreues Bild davon.
Und darüber hinaus hat er ein Verständnis dafür bekommen, was hinter den Kulissen versteckt sein kann.

Neben der oben erwähnten Essstörung und Mutter-Tochter-Beziehung geht es um Probleme von Migrantenfamilien wie Entwurzelung, Heimatlosigkeit und Einsamkeit.
Brisante Themen literarisch gekonnt umgesetzt.

Ich empfehle diesen kurzweiligen Roman sehr gerne!

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Veröffentlicht am 11.09.2020

Ein kleines Juwel!

Herr Origami
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Als e-book gelesen und prompt als Printausgabe verschenkt!

Was für ein zauberhafter, poetischer und philosophischer Kurzroman, der noch dazu wunderschön gestaltet ist!
Schon das schlichte Cover sticht ...

Als e-book gelesen und prompt als Printausgabe verschenkt!

Was für ein zauberhafter, poetischer und philosophischer Kurzroman, der noch dazu wunderschön gestaltet ist!
Schon das schlichte Cover sticht einem ins Auge und die Kapitelüberschriften in schön gestalteten japanischen Schriftzeichen sind eine Augenweide.

Aus Liebe reist Meister Kurogiko als junger Mann einer jungen Frau hinterher und landet in Italien.
In der Toskana.
Doch enttäuschenderweise findet er seine Angebetete nicht!
Er bleibt trotzdem.
Er richtet sich in einem alten, verfallenen Haus ein und verbringt seine Tage mit Meditieren und der Produktion von Washi, dem traditionellen japanischen Papier, aus dem Origami, die Kunststücke aus Papier, hergestellt werden.
Bald schon hat er seinen ganz speziellen Namen bei den Dorfbewohnern: Herr Origami.

Ich möchte nicht zu viel erzählen, weil dieses kleine Juwel so kurz ist und ich niemandes Lesevergnügen mindern möchte.

Nur so viel: ein Uhrmacher kommt ins Dorf, die beiden Männer begegnen sich und diese Begegnung ist einschneidend und lebensverändernd für beide.

„Herr Origami“ ist ein schnörkellos geschriebener Debutroman mit gerade mal 160 Seiten.
Kein Wort zu wenig, keines zu viel.
Auf manchen Seiten stehen nur wenige Sätze.
Ein berührendes Buch zum entschleunigen!

Ich empfehle dieses gleichermaßen anspruchsvolle wie schlichte Werk, das einen innehalten lässt und zum nachdenken anregt, sehr gerne weiter!

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Veröffentlicht am 09.09.2020

Familiengeschichte, historischer Roman und Agententhriller in einem!

Der Empfänger
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In dem Roman, der Familiengeschichte, historischer Roman und Agententhriller in einem ist, geht es um die Lebensgeschichte des Rheinländers Josef Klein, der 1925 22-jährig nach New York auswandert.

Josef, ...

In dem Roman, der Familiengeschichte, historischer Roman und Agententhriller in einem ist, geht es um die Lebensgeschichte des Rheinländers Josef Klein, der 1925 22-jährig nach New York auswandert.

Josef, der in einer Druckerei arbeitet, liebt die Lebendigkeit und die kulturelle Vielfalt in den Straßen Harlems und er interessiert sich begeistert fürs Amateurfunken.
Für den aufkeimenden Rassismus, Antisemitismus und deutsch-Nationalismus hat er nicht viel übrig. Politik interessiert ihn nicht besonders, zu Vielem hat er keine eigene Meinung.

Dann lernt er Lauren kennen. Sie ist eine Aktivistin, die durchaus Gefühle für ihn geht.

Aber noch jemand anders interessiert sich für ihn, bzw. für seine Kompetenz, was das Funken anbelangt: die deutsche Spionageabwehr.

Heimlich, still und leise wird Josef, der ziemlich naiv ist, zu einem Teilchen des Spionage-Netzwerkes.

Neben diesem „USA-Strang“ gibt es noch eine Erzählebene, die 1949 in Deutschland spielt. Josef besucht dort seinen Bruder und dessen Familie, aber er fühlt sich fremd.

Die Autorin, die wertneutral erzählt, beschreibt Innen- und Außenwelten gleichermaßen beachtlich und meisterhaft.
Sie schreibt feinfühlig, authentisch, wort- und bildgewaltig und erschafft ein gleichermaßen historisch bedeutsames wie hochaktuelles Werk.

Die Figuren erwachen zum Leben, Orte und Szenerien werden plastisch und lebendig. Die Atmosphäre wird authentisch vermittelt.

Über Josef Klein zu lesen ist beeindruckend und erschreckend. Wer kann sicher sein, in bestimmten Ausnahmesituationen kein Josef zu sein?
Wer kann nicht nachvollziehen, dass ein Mensch fern der Heimat und um sein Leben bangend zum Opportunisten werden kann?

Brisante und schwierige Fragen, die durch einen Roman ausgelöst werden, in dem es um Entwurzelung, Heimatlosigkeit, Verantwortung und Schuld geht.

Ich möchte diesen fesselnden, unterhaltsamen und erkenntnisreichen Roman, in dem Ulla Lenze die Lebensgeschichte ihres Großonkels literarisch verarbeitet, unbedingt weiter empfehlen!

Ein rundum gelungenes Werk!

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