Super schön, aber teilweise auch nervig
Kissing in the RainCamryn hat es oft nicht leicht mit ihrer lauten und verrückten Familie. Da ist Drama vorprogrammiert, als ihr Freund kurz vor der Hochzeit ihrer Schwester mit ihr Schluss macht. Alle werden wieder nur ...
Camryn hat es oft nicht leicht mit ihrer lauten und verrückten Familie. Da ist Drama vorprogrammiert, als ihr Freund kurz vor der Hochzeit ihrer Schwester mit ihr Schluss macht. Alle werden wieder nur Camryn belagern und warum sie nicht erfolgreicher ist oder mehr aus sich macht. Also lässt sie sich von ihrer Schwester überreden, Troy als ihren Freund auszugeben. Troy, der quasi zur Familie gehört. Troy, der nie mehr als ein guter Kumpel war. Doch während sie eine Beziehung vorspielen, verschwimmt das „Als ob“ mit der Realität.
Eine Bewertung für Kissing in the Rain fällt mir nicht ganz leicht, denn einerseits fand ich das Buch wunderbar, andererseits hat mich auch einiges aufgeregt.
Der Schreibstil (übrigens aus der Erzählperspektive) hat mir total gut gefallen, Kelly Moran schreibt wirklich schön, mit tollen Formulierungen und greifbaren Emotionen. Auch, wie sie die Geschichte aufgebaut hat, die Szenen, das Tempo und die Art der Entwicklung usw., das kann sie echt gut.
Die Grundidee ist genial, und dass sich mehr zwischen Camryn und Troy entwickeln könnte, fand ich total schön und hab ich gerne verfolgt. Ich liebe das, wie sie nach und nach merken, dass da irgendwie mehr ist, aber unsicher sind, ob sie sich das eingestehen dürfen, und die vielen kleinen süßen Szenen, die die beiden zusammen bekommen haben. Dazu ein bisschen Familiendrama, das mir bis zu einem gewissen Punkt auch gefiel und auch reinpasste.
Aber ich hatte teilweise doch so meine Probleme. Camryn hat gar kein Selbstbewusstsein, und darzustellen, wie sie langsam selbstsicherer wird, war eine schöne Idee und gefällt mir an sich. Aber es war teilweise schon grenzwertig, weil es nervig wurde. Weil sie teilweise völlig realitätsferne Gedanken hatte, sich grundsätzlich gegen alles noch so Offensichtliche gewehrt hat. Das ist nicht unrealistisch, war aber irgendwann, als es gar nicht besser wurde, anstrengend zu lesen. Troy war zum Teil auch so. Vor allem im letzten Drittel war ich einfach nur genervt, weil die beiden so sehr auf der Stelle getreten sind, sie jedes Signal, jede Geste des anderen irgendwie komplett ignoriert haben und sich felsenfest was Falsches eingeredet haben. Selbst, als die metaphorische Neonreklame mit tausend blinkenden Pfeilen schon laut piepend über ihnen schwebte, meinten sie noch „nee, kann ja gar nicht sein“.
Außerdem wundert sich Troy teilweise über Camryns fehlendes Selbstwertgefühl. Ernsthaft? Er ist mit der Familie aufgewachsen, er weiß doch, wie die sind und wie die Camryn behandeln? Was ein zweiter Kritikpunkt war. Ich mag laute, verrückte Familien und gerne darf die auch mal ein wenig nerven, das kann auch lustig sein. Aber bei der Familie gings halt echt unter die Gürtellinie. Kein Wunder, dass Camryn nichts von sich hält, wenn sie ständig solche Beleidigungen und Demütigungen ertragen muss. Und niemand aus der Familie ist bisher so richtig ernsthaft für sie eingetreten. Wenn du dir das die ersten 30 Jahre deines Lebens anhören musst – da kannst du auch echt auf die Familie verzichten (obwohl sie ja doch im Buch teilweise schon ziemlich witzig war und für trubelige, interessante Szenen gesorgt hat).
Das Buch ist toll geschrieben, mit einer schönen Story, die eine schöne Message rüberbringt, was Camryns und Troys Entwicklung angeht (denn auch er hat sein Päckchen zu tragen). Wie die beiden füreinander da sind, war einfach unfassbar süß, sie haben sich gegenseitig bestärkt, Halt gegeben und gut zugeredet. Das war wirklich so so schön! Aber dadurch, dass ich irgendwann so oft die Augenrollen und etwas genervt aufseufzen musste, gebe ich dem Buch leider „nur“ 3,5 Sterne. Wer sich nicht so leicht nerven lässt, sollte das Buch aber auf jeden Fall lesen und ich spreche eine Empfehlung aus! Schön war’s ja trotzdem.