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Venatrix

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Veröffentlicht am 21.09.2020

Eine Hommage an den Wald

Aromatischer Wald
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Schon meine Oma (Jahrgang 1910) hat große Stücke auf das „Waldbaden“ und Hustensaft aus Fichten-Wipferln gehalten. Als Kind „mussten“ Opa und ich ihrer Leidenschaft mit mehr oder weniger Enthusiasmus folgen. ...

Schon meine Oma (Jahrgang 1910) hat große Stücke auf das „Waldbaden“ und Hustensaft aus Fichten-Wipferln gehalten. Als Kind „mussten“ Opa und ich ihrer Leidenschaft mit mehr oder weniger Enthusiasmus folgen. Das Sammeln der Spitzen der Nadelbäume war und ist streng verboten, was die Heilkraft (vermutlich) noch verstärkt hat.

Dieses Buch ist eine Hommage an den Wald, der unentwegt der Zerstörung durch uns Menschen ausgesetzt ist. Saurer Regen, Monokulturen und Fraßfeinde wie der Borkenkäfer setzen ihm zu. Dabei schenkt uns der Wald neben seinem Schatten und Wohlgerüchen die Früchte seiner Bäume.

Doris Kern stellt in diesem Buch 14, der am häufigsten im mitteleuropäischen Wald wachsenden Bäume vor. Neben seinem Erscheinungsbild werden die Teile des Baumes erklärt, die für uns Menschen Nutzen bringen. Die Autorin lässt auch den Waldboden nicht unbeachtet. Denn der schenkt uns köstliche Pilze.

Zahlreiche Rezepte für kulinarische Genüsse (Hollersprudel (S. 92), Steinpilzbutter, Waldmeistersirup etc.) und solche für diverse Badeessenzen (Badeschokolade S. 140) und Massageöle lassen den Wald in unser oft städtisches Leben einziehen. Für Kinder ist auch etwas dabei: Neben vielen neuen Eindrücken und Entdeckungen, kann mit Mitbringseln aus dem Wald gebastelt werden, z.B. Blumenstecker aus Birkenreisig (S. 35), Weihnachtslicht (S. 78) oder Topfuntersetzer aus Walnüssen (S.169).

Fazit:

Ein lehrreiches Buch, das man auch in den Wald mitnehmen kann. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 21.09.2020

Herrlich amüsante Lesestunden

Grantlkatz
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In seinem 5. Fall ist Kommissar Steinböck persönlich betroffen: Sein Freund und Polizeipsychologe Horsti Schmalzl wird des Mordes an einer jungen Frau verdächtigt. Nicht nur, dass er mit der Toten im Arm ...

In seinem 5. Fall ist Kommissar Steinböck persönlich betroffen: Sein Freund und Polizeipsychologe Horsti Schmalzl wird des Mordes an einer jungen Frau verdächtigt. Nicht nur, dass er mit der Toten im Arm und der Tatwaffe in der Hand angetroffen wird, ist er mit Drogen vollgepumpt und hat blöderweise ein Motiv. Die Tote ist jene Venusfalle, die ihn und zahlreiche andere Männer um eine Menge Geld betrogen hat. Unter diesen Auspizien ist der Mord an dem windigen Bauunternehmer Roberto Maucher nur nachrangig, denn es gilt Horstis Unschuld zu beweisen. Als dann noch eine mögliche Zeugin ermordet wird, nimmt der Fall eine größere Dimension an, die alle Kräfte fordert.

Mit dabei sind wieder Ilona Hasleitner (und ihre morgendlichen Butterbrezen) sowie Emil Mayer jr., der Rollstuhl fahrende Afro-Bayer. Nicht zu vergessen Frau Merkel, die schwarze Katze, die alles besser und vor allem mit der Fernbedienung des Fernsehers umzugehen weiß. Allerdings bekommt die Katz‘ diesmal einen kongenialen tierischen Partner: Horstis namenlosen Dackel, der sich ungeniert aus ihrem höchstpersönlichen Futternapf bedient.

Das polizeiliche Team wird diesmal noch von den Zivilisten Sokrates und Obstler verstärkt, beides Schulkollegen von Steinböck, denen das Leben ein wenig übel mitgespielt hat. Eine neue Figur ist der schwule Staatsanwalt, der von Steinböcks Gesprächen mit Frau Merkel weiß, sich darüber aber gar nicht so sehr wundert.

Es dauert eine Weile bis Steinböck & Co alle Puzzleteilchen zusammenfügen können.

Meine Meinung:

Obwohl diese Reihe als Cosy-Krimi durchgehen kann, findet der Autor zu einigen brisanten Themen klare Worte. Es ist Sokrates, der unter Brücke wohnt, den er als Sprachrohr dafür ausersehen hat. Auch Steinböck muss wohl oder übel sich dessen Ansichten anhören. Der Informationsgewinn ist richtungsweisend und deshalb darf nach der Auflösung ein rauschendes Fest am Isar-Ufer nicht fehlen. Dazu sind auch jene geladen, die der windige Bauunternehmer schamlos ausgenützt hat.

Die Dialoge zwischen Frau Merkel und Steinböck sowie der witzig, spritzige Schreibstil haben mich regelmäßig laut auflachen lassen. Ein paar Kostproben gefällig?
Steinböck zum Taxi-Fahrer, der die Katze misstrauisch beäugt: „Koa Angst, die ist stubenrein. Des ist nämlich eine ausgebildete Drogenkatz. Die hat sich perfekt unter Kontrolle. Komisch, a bisserl ang’spannt ist sie schon. Schau mal, wie die schnuppert.“

Oder die Bemerkung der illegal beschäftigten vietnamesischen Reinigungsfrau im Polizeipräsidium: „Polizeikatze verlieren viele Haare und reden viele Unsinn. Bei uns in Vietnam Katze lecker Mittagessen.«

Und den „veganfreien“ Schweinsbraten mit knuspriger Schwarte und wenig Sauerkraut probiere ich gerne aus.

Die amüsanten Zeilen dürfen aber nicht hinwegtäuschen, dass Steinböck & Co. saubere Ermittlungsarbeit leisten müssen, um einerseits Schmalzl zu rehabilitieren und andererseits die Morde aufzuklären.

Der Fall selbst ist verzwickt, denn, wie man bei der Auflösung sehen wird, steckt ein bisserl mehr dahinter. Geschickt werden die Fäden verknüpft, sodass am Schluss keine losen Enden übrig bleiben. Auch Horstis Dackel erhält den längst überfälligen Namen.

Fazit:

Dieser 5. Fall für Kommissar Steinböck und Frau Merkel hat mir wieder herrliche Lesestunden beschert. Ich revanchiere mich mit 5 Sternen.

Veröffentlicht am 19.09.2020

Eine gelungene Fortsetzung

Die letzte Geliebte
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Hat Will Hays, Präsident des Verbandes der amerikanischen Filmproduzenten und Filmverleiher, Dreck am Stecken? Und, wenn ja welchen? Und kann die Information seinen Klienten Dorothy Reid bzw. Herbert Somborn ...

Hat Will Hays, Präsident des Verbandes der amerikanischen Filmproduzenten und Filmverleiher, Dreck am Stecken? Und, wenn ja welchen? Und kann die Information seinen Klienten Dorothy Reid bzw. Herbert Somborn helfen, Hays, dem ehemaligen Regierungsbeamten sein unmoralisches Handwerk zu legen? Ist er „Cäsar“? Viele Ermittlungsansätze hat Hardy Engel zu Beginn nicht.

„Nur dass mächtige Männer offenbar eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf sie ausüben. Und mächtiger als Mr. Hays ist hier niemand.“

Bei seinen Ermittlungen tritt Hardy Engel einigen Leuten aus dem Dunstkreis von Will Hays kräftig auf die Zehen. Das wäre ja bei dem deutschstämmigen Ex-Polizisten und nunmehrigen Privatermittler nichts Neues. Nur diesmal bekommt er es einerseits mit Mitgliedern des Ku-Klux-Klans und andererseits mit einer Verschwörungen zu tun, die bis an die Spitze der amerikanischen Regierung reicht, zu tun. Engel muss mitansehen wie der Klan Menschen teert und federt, jener archaischen Mordmethode, die man schon längst überwunden geglaubt hat.

Unterstützt wird Hardy von Freundin Polly, deren Freund Opfer des Klans wird, und Buck, dem Eigentümer des Jail-Cafés, in dem man nicht nur das Koffein haltige Getränk bekommt, sondern auf den verbotenen Alkohol.

Meine Meinung:

Dieser dritte Krimi, der die Traumfabriken Hollywoods als Moloch aus Gewalt, Korruption, Intrigen und Drogen entlarvt, spielt wie seine Vorgänger in den „Goldenen Zwanzigern“, die so golden nicht waren. Hardy Engel, selbst einmal Schauspieler in Hollywood, sticht - wie schon in „Der Mann der nicht mitspielt“ und „Blutroter Teppich“ - in ein Wespennest voller unseliger Machenschaften und Verschwörungen. Diesmal ist die Grundtendenz ein wenig ernster. Hardy hat zwar nach wie vor flapsige Sprüche auf den Lippen, aber als Zeuge eines rassistisch motivierten Mord, ist ihm das Lachen längst vergangen. Auch so mancher Leser wird die detailliert geschilderten Abläufe des abscheulichen Mordes schwer verdauen können. Interessant sind allerdings die Mechanismen, mit denen der Klan neue Mitglieder „wirbt“. Aus heutiger Sicht ist wenig Unbekanntes dabei.

Ich bin recht bald auf die wirkliche Identität des geheimnisvollen Liebhabers gekommen. Das hat der Spannung allerdings nicht geschadet. Für mich ist meistens der „Weg das Ziel“ und ich schaue den Ermittlern gerne über die Schulter, bis sie einen Fall aufgeklärt haben.
Eine recht interessante Figur ist der neue Polizeichef von L.A.: August Vollmer.

Dieser historische Krimi ist wie schon seine Vorgänger penibel recherchiert und wir begegnen den Namen zahlreicher Hollywood-Größen wie Douglas Fairbanks, Gloria Swanson oder Pola Negri. Herrlich ist jende Szene beschrieben, in der die beiden Schauspielerinnen, die einander nicht grün sind, zu einer Veranstaltung im selben Kleid erscheinen. Welch eine Blamage!

Das in schwarz/gold gehaltene Cover hat einen hohen Wiedererkennungswert, da es stimmig durch die Reihe führt. Das gefällt mir und macht sich gut im Bücherregal. Die Verarbeitung ist gediegen.

Fazit:

Christof Weigold verquickt abermals gekonnt Fakt und Fiktion. Manche Begebenheit könnte sich durchaus auch heute so abspielen. Der Hass auf Schwarze, zahlreiche korrupte Polizisten oder das menschenverachtende Filmbusiness. Auch die Vertuschung von Skandalen in der Politik nicht zu vergessen. Gerne gebe ich für den 3. Fall für Hardy Engel 5 Sterne.

Veröffentlicht am 19.09.2020

Vom unbedingten Willen zu überleben

Der Aufstand von Treblinka
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Der polnische Journalist Michał Wójcik erzählt vom Aufstand der jüdischen Häftlinge im deutschen Vernichtungslager Treblinka im August 1943.

Dieser Lager, rund 80 km nördlich von Warschau gelegen, ist ...

Der polnische Journalist Michał Wójcik erzählt vom Aufstand der jüdischen Häftlinge im deutschen Vernichtungslager Treblinka im August 1943.

Dieser Lager, rund 80 km nördlich von Warschau gelegen, ist von Beginn an als reines Vernichtungslager angelegt - ca. 900.000 Menschen werden hier unter dem Code „Aktion Reinhardt“ umgebracht. Selbst für die arbeitsfähigen Deportierten gibt es nur eine kurze Überlebensphase. Sie wurden lediglich für die Sortierarbeiten von geraubten jüdischen Vermögen, wie schon ihre Bezeichnung „Goldjuden“, „Schuhjuden“ oder Kleiderjuden beweist, benötigt. Keiner konnte sich sicher sein, bei der Ankunft des nächsten Zuges nicht selbst in die Gaskammer geschickt zu werden - jeder ist leicht ersetzbar.

Die Augenzeugenberichte der wenigen Überlebenden berichten von besonders grauenvollen Erlebnissen. So sind die Knochen der Ermordeten zu feinem Knochenmehl zermahlen und gemeinsam mit Zement als Straßenbelag verwendet worden. Das klingt einfach so grausam, dass man es kaum glauben kann. Diese und ähnliche Ereignisse sind vermutlich auch daran schuld, dass die Engländer, die von den Gräueltaten gewusst haben, diese nicht glauben konnten.

Um dieser Vorhölle zu entkommen haben mehrer Ausbruchsversuche stattgefunden, die alle schon im Anfangsstadium gescheitert sind. Denn ohne Hilfe von außen, von der Bevölkerung der umliegenden Gehöfte ist ein Gelingen nicht möglich. Zudem wissen die Drahtzieher nie, ob sich unter den Verschwörern nicht doch ein Spitzel ist, der für einen Teller Suppe das Vorhaben verraten würde. Im August 1943 ist es dann soweit: Eine kleine Gruppe Entschlossener, teils mit militärischer Ausbildung aus dem Großen Krieg, haben kleinweise Waffen aus den Depots beiseitegeschafft und wagen den Aufstand. Und der gelingt! Rund 250 der 800 Lagerinsassen schaffen es, zu entkommen. Vieles ist improvisiert.

Doch damit ist ihre Flucht noch nicht zu Ende, denn einige polnische Partisanengruppen machen ebenso Jagd auf die Juden wie die Nazi-Schergen selbst. Hier widerspricht der Autor dem tradierten Geschichtswissen seiner Landsleute, die sich „ihren“ Anteil am Gelingen des Aufstandes in Treblinka auf ihre Fahnen heften.
Es stellt sich die Frage, warum nicht mehr aus dem Lager geflohen sind. Der Autor begründet das nicht nur mit der allgemeinen körperlichen Schwäche, sondern auch damit, dass nur ganz wenige in den Aufstand eingeweiht waren. Taktisches Geschick, das für eine solche beinahe militärisch anmutende Operation nötig ist, hat man den Juden ja seit Jahrzehnten abgesprochen. Die meisten sind gar nicht in der mentalen Lage, die Möglichkeit zu erfassen. Sie sind geknechtet, demoralisiert und nehmen sich selbst (fast) nicht mehr als Menschen wahr, sondern nur als dem Tod geweihte Masse.

Obwohl ich schon viele Bücher über die Shoa gelesen habe, war mir dieser Aufstand nicht bekannt. Es scheint, als würden es nicht einmal die Historiker so genau wissen (wollen). Ob dies an der Rolle der polnischen Partisanen und der nachfolgenden Politik der Warschauer Pakt-Staaten liegt?

Michał Wójcik hat jenen rund 100 Insassen, die Treblinka überlebt haben, nachgespürt. Einige von ihnen, wie Chil Rajchman oder Samuel Willenberg haben Erinnerungen hinterlassen, die Grundlage für dieses Buch sind. Allerdings lässt sich der Aufstand mangels weiterer, anderer Quellen nicht mehr rekonstruieren. Vielleicht gibt es noch Dokumente oder Berichte, die (noch?) tief in unzugänglichen Archiven schlummern. Und das ist gleichzeitig auch die Schwäche dieses Buches: Der Autor hat ausschließlich polnische Quellen benutzt, die im Anhang (samt deutscher Übersetzung) genannt sind
Das wundert mich ein wenig, denn die Ergebnisse der neueren (deutschen) Forschung sowie Gerichtsakte sollten eigentlich zur Verfügung stehen.

Dennoch gebe ich diesem Buch volle 5 Sterne, denn Michał Wójcik hat den Menschen, die im August 1943 alles riskierten, ein Denkmal gesetzt.

Veröffentlicht am 15.09.2020

Eine humorvolle Autobiografie

Duschen und Zähneputzen – Was im Leben wirklich zählt
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Der deutsche Schauspieler Robert Atzorn, den die meisten als „Unser Lehrer Dr. Specht“ bzw. als Kommissar aus „Nord Nord Mord“ kennen, hat diese sehr persönliche Autobiografie vor allem für seine Enkel ...

Der deutsche Schauspieler Robert Atzorn, den die meisten als „Unser Lehrer Dr. Specht“ bzw. als Kommissar aus „Nord Nord Mord“ kennen, hat diese sehr persönliche Autobiografie vor allem für seine Enkel geschrieben. Obwohl er anfänglich von dieser Idee nicht wirklich begeistert war, ist sie ihm sehr gut gelungen.

Er schildert sein Leben, seine Ehen und seine Karriere sehr offen und schreckt auch nicht davor zurück, Fehler, Zweifel und eigene Unzulänglichkeiten bekannt zu machen.

Besonders liebenswert ist, dass seine zweite Frau Angelika ihre eigenen Gedanken in diesem Buch einbringen konnte.

Der Schreibstil ist schnörkellos und erfrischen echt, so als säße der Schauspieler seinen Leser gegenüber und erzählte höchstpersönlich.

Gut gelungen und eher ungewöhnlich ist der Abdruck Atzorns handschriftlicher Notizen auf den Vorsatzblättern. Einige liebevoll ausgewählte Fotos ergänzen diese Autobiografie, der ich gerne 5 Sterne gebe.