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Veröffentlicht am 16.01.2021

Spannender Krimi über einen kontroversen Autor

Der Fall Alice im Wunderland
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Was für ein faszinierendes Dreieck: Mathematiker - Fantastische Literatur - Oxford/Cambridge. Beweis? Lewis Carroll für Oxford und Alan Alexandre Milne (Puh der Bär) für Cambridge.
Zwar nicht Mathematik ...

Was für ein faszinierendes Dreieck: Mathematiker - Fantastische Literatur - Oxford/Cambridge. Beweis? Lewis Carroll für Oxford und Alan Alexandre Milne (Puh der Bär) für Cambridge.
Zwar nicht Mathematik sondern Sprachwissenschaftler war auch J.R.R .Tolkien, der durch sein Werk auch den Beweis erbrachte, dass exakte Wissenschaften und Elite Universität einen hervorragenden Urboden für unsterbliche Fantasy-Literatur abgeben.

Ich war in Oxford. Zwar viel zu kurz für meinen Geschmack, aber ich habe in diesem Hörbuch die Atmosphäre dieses bezaubernden Ortes wiedergefunden. Die geschäftigen Studenten, die ehrwürdigen Professoren, teilweise in ihren Dogmen, Talaren und Dünkel erstarrt, die Debatierkreise und Gesellschaften, die sich zur Lebensaufgabe einen einzigen Autor oder Thema gemacht haben, sie sind alle da. Hinzu kommen noch Verleger, Polizei. Ach ja, die Polizei: wer Endeavor oder Inspector Lewis kennt, die „Krimi in Oxford“ Serien, wird auch hier Parallelen zwischen dem ermittelnden Inspector Petersen im Hörbuch und den Inspektoren aus den geliebten Serien finden.
Was mir wieder einmal bewusst geworden ist: jede Epoche hat seine eigene Einstellung zur Sexualität. Wenn im alten Griechenland noch die Knabenliebe ein vollkommen öffentliches Phänomen war, sollte sich das im Christentum ändern. Im 19 Jahrhundert in England, vor allem im viktorianischen Zeitalter, hatte sich die Sexualität gewandelt. Zu keiner Zeit gab es mehr Prostituierte in England als zur Zeit Königin Victorias. Und so prüde und ehrzüchtig die ehrwürdige Gesellschaft auch tat, galten Mädchen mit 12 Jahren als voll heiratsfähig. Nackte Mädchen zu fotografieren galt nicht als anrüchig, höchstens als schwierig, sie so lange zum Stillhalten zu bringen, bis die Platte korrekt beleuchtet war. Die Eltern dieser Mädchen dachten sich nichts Böses dabei und der Fotograf meistens auch nicht. Ja, im 20. Jahrhundert trat ein erneuter Wandel ein, aber seht mal nach in den Fotoalben eurer Kindheit: ganz bestimmt liegt da irgendwo ein nacktes Baby auf dem Bärenfell. Heutzutage, im 21. Jahrhundert würden wir solche Fotos nicht mehr machen, oder wenn doch, sie niemals ins Internet setzen. Aber das zeigt auch, wie pervers die Gesellschaft geworden ist, dass Babyfotos eine Gefahr für die Babys bedeuten könnten. Doch zurück zum 19. Jahrhundert und Lewis Carroll. Er war nicht pervers, er war ein Kind seiner Zeit. Da hat der Verleger Hinch im Roman hingegen richtig Kerbholz am Stecken. Denn was er tut, ist weder unschuldig noch uneigennützig. Ganz im Gegenteil. Aber ja, auch Hinch ist ein Kind seiner Zeit, oder eben unserer Zeit.
Das Ende ist unerwartet, aber was macht einen guten Krimi aus? Eben die unerwartete Auflösung, der Mörder ist wieder einmal nicht der Gärtner, und in diesem Fall ist auch der Täter der drei Morde und des Mordversuches an Kristin nicht der gleiche. Schade auch, dass der argentinische Student am Ende so abrupt zurück nach Argentinien aufbrechen muss. Aber manche Herren der ehrenwerten High Society sind eben nicht ganz so ehrenwert, wie sie sich gerne geben. Und bevor G., der junge Doktorand ebenfalls in einen Unfall mit tödlichem Ausgang verwickelt wird, muss er fluchtartig das Vereinigte Königreich verlassen. Schade eigentlich.
Denn ich habe nachgesehen: Dies ist nicht die erste kriminalistische Zusammenarbeit zwischen Professor Arthur Seldom und dem jungen Doktoranden in Oxford. Schon vor einigen Jahren erschien das Buch „Die Oxford Morde“, „Der Fall Alice im Wunderland“ war also die zweite gelungene Kooperation. Ob Martinez wohl doch noch ein drittes Buch plant? Wenn nicht in Oxford, dann vielleicht tatsächlich irgendwo in der Welt auf einem gemeinsam besuchten Kongress oder Tagung. Uns, die Leser und Hörer würde es freuen.
Ein paar Worte noch zu Sascha Tschorn: Er hat eine angenehme, tiefe Stimme. Sein Vorlese-Stil ist zunächst etwas gewöhnungsbedürftig, weil fast eintönig und mit wenig Modulationen. Doch sobald Dialoge auftauchen, vermag er jeder Person im Detail einen eigenen stimmlichen Charakter zu verleihen und das Eintönig-Einschläfernde verschwindet vollkommen, der Hörer ist ihm nun mit Haut und Haaren verfallen.

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Veröffentlicht am 10.01.2021

Geballte Frauenpower

Dark
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Candice Fox läuft hier wieder zu Höchstform auf. Vier Frauen, aus unterschiedlichen sozialen Schichten, mit unterschiedlichen Bildungsabschlüssen (oder gar keine Schule) werden uns hier vorgestellt. Da ...

Candice Fox läuft hier wieder zu Höchstform auf. Vier Frauen, aus unterschiedlichen sozialen Schichten, mit unterschiedlichen Bildungsabschlüssen (oder gar keine Schule) werden uns hier vorgestellt. Da wäre eine aus dem Gefängnis entlassene Ärztin die sich nun mehr Schlecht als Recht als Tankstellen Wartin durchschlägt, eine junge Polizistin, die von ihren Kollegen und Vorgesetzten gehasst, schikaniert und gemobbt wird, weil sie eine teure Villa geerbt hat, eine gefährliche Verbrecherin und eine ehemalige Zellenkollegin der Ärztin. Eine sehr explosive Mischung die dann sowohl die Verbrecherwelt aber auch einige Polizeistationen aufmischen wird. Dies alles auf der Suche nach der verschwundenen Tochter der Zellenkollegin.
Die Handlung ist interessant, spannend und glaubwürdig. Aber für mich ausschlaggebend ist, dass am Ende die Polizistin die Ärztin in ihrer geerbten Villa wohnen lassen will und vielleicht, vielleicht ergibt sich aus dem Tandem Polizistin-Ärztin ein gemeinsamer Beruf, der uns hoffentlich viele spannende neue Krimis bescheren wird.
Über Candice Fox‘ Schreibstil braucht man nicht viel Worte verlieren. Sie tut es auch nicht. Knapp, schnörkellos, mit genau der richtigen Dosis an Spannung hält sie die Leser bei der Stange. Ihre schlagfertigen Dialoge und unerwartete Wendungen sowohl in der Sprache als auch während der Handlung machen ihre Bücher zum Lesegenuss

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Veröffentlicht am 08.12.2020

#Ein Comic als Bilderbuch

Asterix - Der Goldene Hinkelstein
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Nachdem ich mich von Comic auf Bilderbuch einmal umgestellt hatte, fand ich das Buch ganz gut. Zwar fehlten mir die Piraten zuerst etwas, weil die eben bei einem Asterix mit dazu gehören, aber ansonsten ...

Nachdem ich mich von Comic auf Bilderbuch einmal umgestellt hatte, fand ich das Buch ganz gut. Zwar fehlten mir die Piraten zuerst etwas, weil die eben bei einem Asterix mit dazu gehören, aber ansonsten waren alle da. Asterix, Obelix, Troubadix, Miraculix, Majestix, Automatix. (Hat jemand Idefix gesehen?). Anstelle der Piraten halten ein paar (fast) unschuldige Wegelagerer her. Auch die Soldaten der römischen Besatzungslager rings ums namenlose gallische Dorf sind reichlich vertreten.
Die Sprache ist unnachahmlich: wie in allen Asterixbänden gespickt mit "Bang! Tschraaack! Bong! Tschong! Patschack! Zoiiing!" Ich liebe diese Onomatopöien! Die Texte sind genauso knapp gehalten, wie bei einem Comicbuch, Beschreibungen und Erklärungen sind überflüssig.
Die Zeichnungen sind akkurat bis ins letzte Detail ausgeführt, so wie sie nur aus Uderzos Feder entspringen können.
Bleibt nur eine einzige letzte Frage: seit wann sind Asterix- Bände Kinderbücher? Es ist doch eine Sünde, sie auf eine Altersklasse zu beschränken.

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Veröffentlicht am 22.09.2020

Geschichte aus einer Zeit in der das Mittelalter tatsächlich dunkel war

Das Erbe der Päpstin
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Geschichte aus einer Zeit, in der das Mittelalter tatsächlich dunkel war und das Europa, so wie wir es heute kennen noch lange nicht existierte. Das mächtige römische Reich war zersplittert, Ostrom konnte ...

Geschichte aus einer Zeit, in der das Mittelalter tatsächlich dunkel war und das Europa, so wie wir es heute kennen noch lange nicht existierte. Das mächtige römische Reich war zersplittert, Ostrom konnte sic zwar behaupten, wurde aber immer wieder von Wikingern heimgesucht, wie übrigens das restliche Europa auch. Rom, Paris, ganz England, küstennahe Städte oder solche die an befahrbaren Flüssen gelegen waren, niemand war vor den Drachenbooten sicher. Im Mittelmeer kamen noch die sarazenischen Piraten hinzu. Gar nicht so einfach im ersten Jahrtausend nach Christus zu leben.
Donna W. Cross schrieb einen Roman vor einigen Jahren der unter den Liebhabern historischer Romane Furore machte. Leider liefen ihr ein paar historische Ungenauigkeiten unter, aber nichtsdestotrotz war das ein gelungenes Buch, durchaus lesenswert. Und dann griff Helga Glaesener das Thema auf und setzte es auf grandiose Art um. Es geht um die Frau die ihren Mann steht, sich in einer primitiven Männerwelt behauptet und unglaubliches leistet.
Gerold, Markgraf von Villaris und Päpstin Johanna aus Donna W Cross‘ Roman tauchen auch hier auf. Johanna wird nach Papst Leos Gifttod zum neuen Papst gewählt, Gerold ist der Hauptmann der päpstlichen Garde. Sie werden zum Liebespaar und Johanna tut alles in ihrer Macht Liegende, das Leben der Römer zu verbessern. Zu ihnen stoßen nun Freya, Gerolds Enkelin und Kasimir, ihr Begleiter. Gerold und Johanna nehmen die beiden auf, alles könnte gut sein, wenn nicht eine Intrige und Mordanschlag Gerold töten würde und Johanna mitten auf der Straße eine Fehlgeburt erleidet und auch stirbt. Freya und Kasimir müssen fliehen, Aristid, ein päpstlicher Gardist nimmt sie mit sich. Aus Freya und Aristid wird ein Paar, alles könnte so schön sein, wenn nicht Hugo Abbas ihnen nicht auf den Fersen wäre. Freya gelingt es zu fliehen, zusammen mit der kleinen Cosima, der Tochter der getöteten Freundin. Sie finden Zuflucht in einem Nonnenkloster auf dem Frauenchiemsee wo Johannes Fähigkeiten als Heilerin bald anerkannt und geschätzt werden. Ohne es zu wollen, wird Johannas Schicksal immer wieder verwoben mit den Mächtigen jener Zeit, mal König Lothar, mal Hasteinn, der plündernde und mordende Däne, Robert, Graf von Paris oder König Karl der Kahle. Dabei will sie nichts als mit Aristid, Cosima und ihrem kleinen Neffen in Frieden leben. Wenn sie in Frieden lebt und ihrer Berufung als Heilerin folgt, lebt sie als Frau und in Frauenkleidern, wenn, wie so oft, sie mal wieder fliehen oder Aristid oder die Kinder retten muss, zieht sie wieder Männerkleidung an. Als Frau wäre sie in Kriegswirren schutzlos den Männern ausgeliefert, als Mann kann sie sich unbehelligt durchschlagen. Es ist dieses ständige Auf und Ab, dieses permanente Alternieren zwischen friedlichen Leben und höchste Lebensgefahr, das den Roman so lesenswert macht. Die historischen Details, die uns helfen, die Handlung besser zu verstehen und zu verfolgen, zum Beispiel der beiden Inseln auf der Seine die in jener Zeit eigentlich Paris darstellten, oder auch Rom, dass seinen antiken Glanz gänzlich eingebüßt hatte, und die meisten Menschen in ärmlichen Behausungen inmitten ehemaliger Ruinen sich errichtet haben, all dies lässt vor unseren Augen das neunte Jahrhundert erstehen, wie es wirklich gewesen sein könnte.
Spannend erzählt, treibt einen das Buch voran. In manchen Dialogen fallen manchmal zu moderne Ausdrücke, die im damaligen Vulgärlatein, Mittelhochdeutsch oder Altfranzösisch so kaum zu finden waren: „Einkalkulieren“, oder „Finger weg vom König“, „Spion“ und einige mehr. Aber es ist in Ordnung so. Die Geschichte wird hier und jetzt erzählt, auch wenn sie vor 1150 Jahren spielt. Wir können heute das Nibelungenlied auch nicht mehr im Original lesen, brauchen eine moderne Transkription.

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Veröffentlicht am 16.09.2020

Ein Plädoyer für das Leben schlechthin

Oma, die Nachtcreme ist für 30-Jährige!
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Was Anja Fritzsche da erzählt ist ein wundervolles Buch voller Liebe in einer Familie in der sich die Mitglieder gegenseitig achten, ehren und lieben. Das ist bestimmt mit einer der Gründe weshalb die ...

Was Anja Fritzsche da erzählt ist ein wundervolles Buch voller Liebe in einer Familie in der sich die Mitglieder gegenseitig achten, ehren und lieben. Das ist bestimmt mit einer der Gründe weshalb die beiden alten Damen in der Familie auch so alt werden konnten: Oma Maria, väterlicherseits Anja Fritzsches Oma, ist 107 Jahre alt, Oma Mia, die Großmutter mütterlicherseits, ist 100 Jahre alt. Oma Maria hat sich in allen Lebenslagen ihren Humor und Optimismus bewahrt. Und so genießen wir durch das ganze Buch immer wieder ihre Schlagfertigkeit und unglaublichen Wortwitz, von dem übrigens auch die anderen Familienmitglieder eine gesunde Portion besitzen. Ich erinnere da nur an eine Szene die aber exemplarisch für den Humor in dieser Familie steht: Bei einem Gespräch mit Freunden auf Mallorca gibt Oma Maria zu, sie braucht keinen Hund, weil sie mit ihrem Sohn zusammen wohnt und „Der folgt auch ganz gut“.
Man stelle sich vor, mit 101 wird sie am Herzen operiert und bekommt eine neue Herzklappe. Wie viele Hundertjährige mit solchen Operationen kennen Sie? Und danach legt Oma Maria noch einen richtig drauf. Reisen an den Gardasee, nach Berlin, Flüge nach Spanien. Mit 103 hat sie einen Oberschenkelhalsbruch und muss erneut operiert werden. Danach kein Grund inne zu halten. Oma Maria fährt und fliegt mit Sohn, Enkeltochter, Schwiegertochter und Gegenmutter weiterhin ihre geliebten Ziele an.
Oma Maria ist eine Maharani, im schönsten Sinne des Wortes. Sie regiert unangefochten über ihre Familie, neue Familienmitglieder, wie Nick, Anja Fritzsches Freund, fügen sich willig ein und tragen dazu bei, dass Oma Maria sich wohl fühlt und verwöhnt wird.
Das Buch erschien im Dezember 2017. Nachdem das Buch in den Druck ging, erlitt Oma Maria einen bösen Unfall der sie dann endgültig an den Rollstuhl fesselte. Sie musste in ein Heim übersiedeln, wo sie die professionelle Pflege und Unterstützung erhalten konnte, die zu Hause nicht möglich war. Leider starb Oma Maria im Juni 2018, mit 108 Jahren. Und bitte, es sage niemand, sie hat lang genug gelebt. Sie hat bestimmt noch viel Liebe, Charme und Witz zu vergeben gehabt. Sie wird in unseren Herzen und Gedanken weiterleben

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